12. Buick
♪ Born to be wild - Steppenwolf
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Wie auch in der Nacht zuvor, weinte ich mich in den Schlaf und lag prompt am nächsten Tag bis elf Uhr im Bett. Im Haus war es totenstill, doch als ich nach unten ging, begrüßte mich Derry freudig. Er war es gewöhnt, meist bis mittags alleine zu sein und freute sich dementsprechend heute ein wenig eher Gesellschaft zu haben.
Ohne groß zu überlegen sprang ich unter die Dusche, zog mich an und schnappte mir die Leine, um mit Derry nach draußen zu gehen.
Frühstück wurde überbewertet und konnte durchaus warten. Außerdem tat es mir gut, die zwei Kilos, die sich an meinem Körper angesetzt hatten, wieder abzunehmen.
Nach einer halben Stunde kehrten wir wieder zurück und ich schnappte mir eine kleine Schüssel, die ich mit Cornflakes füllte und mit Milch übergoss. Das war dann Frühstück und Mittagessen gleichzeitig.
Cheyenne und ich waren in der Innenstadt verabredet und dementsprechend musste ich mich auf den Weg machen, damit ich nicht zu spät kam.
Es gab einen Bus, dessen Haltestelle gleich um die Ecke lag und der direkt vor dem großen Einkaufszentrum hielt, das wir unsicher machen wollten.
Wolken zierten den Himmel aber regnen tat es nicht, sodass ich trockenen Fußes zum Bus gelangte.
Während der Fahrt schaute ich aus dem Fenster, betrachtete die mir leicht fremde Stadt. Obwohl ich Texas vermisste, brachten mich im Augenblick keine zehn Pferde dorthin zurück.
Nach einer halben Stunde Fahrt kam ich an meinem Ziel an und sah Cheyenne bereits heftig winkend an der Haltestellte stehen. Zur Begrüßung umarmten wir uns und auf ihre Frage, ob ich gut geschlafen hätte, antwortete ich: „Es ging so. Das lag aber nicht am Bett. Mir gehen einfach zu viele Gedanken durch den Kopf."
„Du solltest mal abschalten, wenigstens hin und wieder. Auch wenn es schwerfällt", lautete ihr Kommentar.
Abschalten tat ich in den nächsten Stunden auf jeden Fall. Wir durchkämmten sämtliche Klamotten- und Schuhgeschäfte in der Shopping Mall, aßen zwischendurch etwas und drehten erneut eine Runde.
Dabei kamen wir an einem Nagelstudio vorbei und prompt sprach Cheyenne das aus, was so typisch für sie war: „Wollen wir uns die Nägel machen lassen?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Warum eigentlich nicht. Es heißt ja immer, wenn Frauen eine Veränderung in ihrem Leben über sich ergehen lassen, schneiden sie sich die Haare ab. Da ich darauf aber keinen Bock habe, fände ich die Idee mit den Nägeln cool."
„Okay, du bist eingeladen." Ehe ich mich versah, saß ich auf einem der Stühle, mir gegenüber ein junger Typ mit asiatischem Touch, der sich nun bestens um meine Fingernägel kümmerte.
Cheyenne hatte ein dunkles Rot ausgesucht, während ich zwischen Schwarz und Weiß schwankte. Letztendlich entschied ich mich für weiß, weil es freundlicher und nicht so auffällig wirkte. Stan würde so oder so einen Schock bekommen, wenn er mich mit lackierten Nägeln erblickte. Sowas hatte ich noch nie gemacht, vielleicht früher mal, als ich dreizehn war und Esra und ich alles ausprobierten, was nur ging.
Mit Einkaufstüten beladen gingen wir in Richtung Ausgang, der zum Parkdeck führte. Auf dem Weg dorthin liefen wir an einem Shop vorbei, an dessen Glasscheiben ein großes Plakat hing, das sofort meine Aufmerksamkeit erregte.
„Warte kurz", wies ich meine Schwester an, bevor ich laut vorlas was auf dem Plakat stand: Don's Oldtimer, Aushilfe gesucht. Bei Interesse bitte im Laden melden."
Der Aushang befand sich zwar in einem Geschäft, das Bücher und Zeitschriften verkaufte, aber nachfragen konnte ja nicht schaden.
„Du willst doch nicht wirklich jobben, oder?" Cheyenne schaute mich erstaunt an, doch ich zuckte nur mit den Schultern.
„Warum nicht? Ich plane nicht, den ganzen Tag auf der faulen Haut zu liegen und ich plane auch nicht, innerhalb der nächsten vier Wochen nach Texas zurückzukehren. So kann ich wenigstens etwas zu eurem Haushalt beisteuern."
„Gill, du bist Familie, du musst doch kein Geld bei uns abgeben."
„Chey, es geht nicht in der Hauptsache darum. Aber ich glaube es wird mir guttun, wenn ich alte Autos um mich herum habe."
Cheyennes sanftes Lächeln zeigte mir, dass sie mich verstanden hatte und wenige Sekunden später stand ich im Laden. Ohne Umschweife kam ich auf das Plakat zu sprechen und man gab mir eine Adresse sowie eine Telefonnummer.
Artig bedankte ich mich und lief euphorisch aus dem Laden. Vor der Nase meiner Schwester schwenkte ich den Zettel mit der Anschrift.
„Kannst du mich bitte dahin fahren?"
Ihr Grinsen sprach Bände. „Kein Problem."
Ungeduldig rutschte ich auf dem Beifahrersitz hin und her, konnte es kaum erwarten, an der Oldtimer Werkstatt anzukommen. Es schien Ewigkeiten zu dauern, bis Cheyenne den Wagen vor unserem Ziel parkte, doch tatsächlich waren wir nur 15 Minuten unterwegs.
Stürmisch riss ich die Beifahrertür auf und wäre um ein Haar noch gestolpert.
„Langsam, dir nimmt niemand was weg", rief meine Schwester mir hinterher, doch ich rannte, als sei der Teufel hinter mir her.
In der Werkstatt standen zwei Männer, der eine etwa in Milos Alter, der andere schon etwas älter. Beide schauten mich erstaunt an, als ich schwungvoll durch dir Tür trat und der Ältere meinte: „Guten Tag, Miss. Können wir Ihnen behilflich sein?"
„Ich komme wegen der Aushilfsstelle", kam ich sofort zum Punkt und prompt begann der ältere der beiden Männer zu lächeln. „Dachte ich es mir doch. Mein Neffe kann Ihnen alles zeigen, Miss. Ich habe hier nämlich noch an einem Wagen zu tun."
Ein wenig seltsam fand ich es ja schon, dass Duke, mit diesem Namen stellte sich der junge Kerl vor, mich aus der Werkstatt herausführte. Als wir dann noch in einem Nebenraum landeten, der wie eine Putzkammer aussah, fiel ich vom Glauben ab.
„So, da wären wir. Die Putzutensilien findest du alle hier. Wie war doch gleich dein Name?"
Sprachlos starrte ich ihn an, brauchte einige Sekunden um mich zu fassen, ehe ich antwortete: „Mein Name ist Gillian und ich bin eigentlich nicht wegen der Putzstelle hier."
Duke verschränkte die Arme vor seinem durchtrainierten Oberkörper. Seine braunen Augen musterten mich von oben bis unten, während sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht zeigte. „So? Warum denn dann?"
Eiskalt hielt ich seinem Blick stand. „Ich möchte hier als Mechanikerin arbeiten."
Mit einem lauten Lachen platzte der eingebildete Kerl heraus. „Der war gut. Heute ist aber nicht der erste April, Schätzchen."
Wenn ich etwas hasste, dann war das, wenn jemand mich 'Schätzchen' nannte. Und vor allem, wenn es sich um einen eingebildeten Typen wie diesen Duke handelte. Dem musste ich wohl beibringen, dass es auch Frauen gab, die sich mit Autos auskannten.
„Also hör mal, mein Onkel wird das für einen Witz halten", sprach Schmalzlocke. Diesen Namen hatte ich ihm gedanklich verpasst, denn sein dunkles Haar rollte sich über der Stirn nach hinten.
Doch ich gab nicht nach. „Fragen wir ihn doch, ob ich Probearbeiten darf. Nur so wird er herausfinden, was ich kann."
Mit einem leichten Schnaufen setzte Duke sich in Bewegung. „Wenn du meinst. Aber deine lackierten Nägel werden das Probearbeiten nicht überstehen, das kann ich dir garantieren."
Nun ja, vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sich heute die Nägel machen zu lassen. Aber wer hatte schon ahnen können, dass ich in einer Autowerkstatt landete?
„Hey, Don, das Schätzchen möchte nicht den Putzlappen schwingen. Sie ist hier, um an unseren Autos zu arbeiten", rief Duke seinem grauhaarigen Onkel entgegen, der darauf erstaunt den Kopf hob.
„Sind Sie sich sicher, Miss? Ich meine, Sie sehen nicht gerade so aus, als ob sie einen Ölwechsel vornehmen können." Dabei ging sein Blick, wie sollte es auch anders sein, auf meine Fingernägel.
Tief atmete ich durch. „Ich kann das sehr wohl. Wenn Sie mir die Chance dazu geben, werde ich es Ihnen beweisen."
Ein wenig skeptisch schaute Don mich an, aber dann wischte er sich die Hände an einem alten Lappen ab, nickte und sprach: „Also gut. Versuchen wir es." Anschließend trat er einen Schritt zur Seite. „Der Wagen gehört dir. Zeig, was du darauf hast. Aber wenn du ihn ruinierst, musst du den Schaden bezahlen."
„Keine Sorge, ich werde pfleglich mit dem alten Buick umgehen", versprach ich.
Wie zu erwarten konnte Duke sich einen hämischen Spruch nicht verkneifen: „Bist du dir sicher, Onkel Don, dass du das riskieren möchtest? Unser Kunde wird uns lynchen."
Konnte die Schmalzlocke mal bitte die Fresse halten? Ich kochte schon vor langsam vor Wut, beherrschte mich jedoch und trat an den babyblauen Buick heran.
Er war ein wundervolles Auto. Majestätisch, brillant, formvollendet.
„Ein Buick Le Sabre Sedan", sprach ich mit verträumtem Blick. „Er ist wunderschön."
Überrascht und gleichsam anerkennend nickte Don mir zu, während Duke nur abfällig grinste.
„Na ja, vielleicht kennst du jemanden, der so ein Auto fährt aber das beweist noch lange nicht, dass du ihn reparieren kannst."
Diesem eingebildeten Schnösel würde ich es zeigen!
Just in diesem Moment trat Cheyenne in die Werkstatt. „Dauert es noch lange?"
Mist! Ich hatte völlig vergessen, dass meine Schwester draußen auf mich wartete. Nur war ihr Auftritt gerade im ungünstigsten Moment erfolgt.
„Ich denke, sie ist gleich fertig", meinte Duke gehässig, was mich erst recht wütend werden ließ.
„Nein, das bin ich nicht. Cheyenne, es wird dauern. Du solltest nach Hause fahren, ich nehme dann den Bus." Mehr brauchte ich nicht zu sagen und meine Schwester nickte, bevor sie verschwand. Sie kannte mich genau, wusste, dass hier eine Herausforderung auf mich wartete, die ich auf keinen Fall verstreichen lassen wollte.
In der Tat war der Buick Le Sabre Sedan eines der ersten Autos an dem ich einen Ölwechsel durchgeführt hatte. Großvaters bester Freund besaß einen und ich durfte mich unter Opas strenger Aufsicht nach Herzenslust an diesem Wagen ausprobieren. Gerade deshalb hatte ich mir die Besonderheiten gemerkt. Die Schrauben saßen sehr fest und man musste kurz dagegen drücken, damit sie sich richtig lösten.
Nachdem ich den passenden Schraubenschlüssel gefunden hatte, machte ich mich an die Arbeit. Dabei blendete ich so gut es ging aus, dass ich von zwei Männern beobachtet wurde.
Konzentriert löste ich die Schrauben, ließ das alte Öl vorsichtig in einen Behälter laufen, der bereitstand und sah anschließend nach dem Ölfilter. Er musste unbedingt ausgetauscht werden.
„Habt ihr einen neuen da?" Als ich zu Don schaute, nickte dieser mir anerkennend zu. „Duke holt ihn sofort."
Seinem Neffen schien es gar nicht zu passen, dass er weggeschickt wurde, aber er hatte wohl keine andere Wahl, als das Zubehörteil zu organisieren. Währenddessen sprach Don mit mir.
„In welcher Werkstatt hast du vorher gearbeitet?"
„In der meines Großvaters, in Texas."
Don nickte erneut. „Du kennst dich wirklich aus. Jeder Anfänger scheitert an diesen verdammten Schrauben. Von daher gesehen habe ich kein Problem damit, wenn du uns unterstützt. Allerdings-," er brach kurz ab, schmunzelte und fuhr dann fort: „deine Nägel brauchst du dir hier nicht zu lackieren."
„Ich weiß", seufzte ich. „Das war eine dumme Idee und normalerweise mache ich sowas auch nicht. Das war eine spontane Geschichte."
Don musste laut lachen und ich stimmte mit ein. In diesem Moment betrat Duke wieder die Werkstatt. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war er nicht gerade erbaut über die Tatsache, dass sein Onkel und ich miteinander lachten.
Missmutig reichte er mir den neuen Ölfilter, doch ich schnallte sofort, was er vorhatte. „Das ist der Falsche", meinte ich, „der passt nicht."
„Zeig mal her." Don nahm den Filter in seine Hand. „Duke, du hast dich wohl vergriffen. Der hier gehört zu einem anderen Modell."
Schmalzlocke trollte sich erneut, ließ ein unmotiviertes Schnaufen dabei hören und in mir keimte der Verdacht auf, dass wir noch einige Kämpfe auszustehen hatten, wenn ich hier arbeiten würde. Aber diese Kampfansage nahm ich gerne an.
Schweigend tauschte ich den Filter aus, füllte das neue Öl nach und startete anschließend den Motor. Er musste warm werden, damit sich der Ölstand richtig überprüfen ließ. Während ich wartete, hörte ich wie Don sagte: „Du bist engagiert. Wie war doch gleich dein Name?"
„Gillian."
„Fein. Die Arbeit für dich beginnt morgen früh um acht. Duke wird da sein, denn ich habe morgen Vormittag noch etwas zu erledigen und werde nicht vor elf Uhr zurück sein."
Das waren ja tolle Aussichten. Drei Stunden alleine mit Schmalzlocke, ich konnte mir Besseres vorstellen. Allerdings erheiterte mich der Gedanke, dass er heute auf ganzer Linie verloren hatte, während ich den Sieg davontrug.
Nachdem wir solch essentielle Dinge wie Lohn und Pausenregelung geklärt hatten, wurde es Zeit für mich zu gehen.
„Also bis morgen dann. Oh und ich habe noch eine Frage. Wo ist denn hier die nächste Bushaltestelle?", wollte ich wissen.
Inzwischen war es fast dunkel draußen, aber ich hatte keine Angst alleine mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren. Davon wollte Don jedoch nichts wissen.
„Ich bringe dich nach Hause, Mädchen. Mir ist nicht wohl dabei, wenn du jetzt noch mit dem Bus fährst."
Ein Gentleman der alten Schule, wie Großvater, schoss es mir durch den Kopf. Wie sehr ich ihn in diesem Augenblick vermisste, war unbeschreiblich. Vielleicht sollte ich ihn heute noch anrufen. Cheyenne lieh mir sicher ihr Handy oder ich konnte auch den Festnetzanschluss nutzen.
Don kannte sich gut in Burlington aus, jedenfalls fragte er nicht großartig nach, als ich ihm die Adresse nannte und während der Fahrt unterhielten wir uns. Natürlich ging es dabei um Oldtimer und als ich von Isabella, dem alten Borgward schwärmte, staunte Don nicht schlecht.
„Die sind unglaublich selten hier in den USA, zumal es sich um eine deutsches Fabrikat handelt", lauteten seine Worte. Mit Sicherheit kannte er sich genauso gut mit Oldtimern aus wie Großvater, was ihn unglaublich sympathisch machte. Die Frage war nur, inwieweit Schmalzlocke da den Durchblick hatte. Das würde ich spätestens morgen testen können.
„So, da wären wir." Don parkte den Wagen auf dem Gehsteig vor Stans und Cheyennes Haus und ich bedankte mich, bevor ich ausstieg.
„Bis morgen, Gillian."
„Bis morgen, Don."
Im Haus brannte noch Licht und nachdem ich Derry begrüßt hatte, der mir bereits im Flur entgegensprang, lief ich ins Wohnzimmer. Dort saß meine Schwester mit ihrer Gitarre im Arm, der sie einige Töne entlockte. Mit leuchtenden Augen und andächtig lauschend, versank Stan in seinem Ohrensessel. Er war so gefesselt, dass er mich nicht kommen hörte und erschreckte, als ich mich plötzlich auf dem anderen Sessel niederließ.
„Gillian, da bist du ja endlich. Wir haben uns schon Sorgen gemacht", meinte er.
„Ach was, ich bin hergebracht worden und ich habe einen Job", verkündete ich stolz, worauf Stan applaudierte.
„Herzlichen Glückwunsch. Darauf müssen wir trinken."
Während er ein Weinglas aus dem Schrank holte, erkundigte sich Cheyenne ob ich etwas essen wollte.
„Oh ja, ich habe einen Bärenhunger", gestand ich. In Gesellschaft des alten Buicks mutierte Essen einfach zur reinen Nebensache. Dafür meldete sich mein Magen nun vehement.
„Es ist noch einiges übrig geblieben, obwohl mein Gitarrenlehrer mitgegessen hat", ließ Cheyenne mich wissen.
„Das ist aber lieb von dir, dass du ihn verköstigst", zog ich sie auf. „Er muss ja irre nett sein, wenn er bei euch zu Abend essen darf."
Sogleich klärte sie mich auf: „Stanley hat das gemacht. Er hat gekocht, während ich den Unterricht bekam. Und zu deiner Bemerkung, er ist irre nett und zudem sehr gutaussehend."
Im Hintergrund vernahm ich Stanleys Räuspern, das sich nach und nach in ein Glucksen verwandelte. „Sieh mal einer an", zog er sie auf, „ich wusste gar nicht, dass du eine Schwäche für deinen Gitarrenlehrer hast."
„Komm schon, er ist ein netter Kerl."
„Und gutaussehend."
Ich liebte den Schlagabtausch zwischen den beiden. Er zeigte mir, dass die Beziehung offen und ehrlich war. Verzweifelt dachte ich an Milo, spürte, wie mein Herz sich schmerzhaft zusammenkrampfte. Warum war bei uns etwas schief gelaufen? Weshalb musste das passieren?
Mit aller Macht versuchte ich die Gedanken an dieses Thema abzuschütteln. Ich wollte das Essen genießen und über den heutigen Tag reden. Aufmerksam hörten Stan und Cheyenne zu, als ich von der Werkstatt berichtete.
„Deine Nägel sind hin", bemerkte meine Schwester trocken. „Aber was soll's. Das ist eh nicht dein Ding und es sollte nur zum Spaß sein."
Froh darüber, dass sie diese Vorkommnisse wie ruinierte Nägel so locker sah, schaufelte ich das Essen in mich hinein und kostete den Wein, der ausgezeichnet schmeckte. Wenn das so weiterging, würde ich noch zum Weintrinker werden und das Bier irgendwann stehen lassen.
Direkt nach dem Essen bat ich meine Schwester, mir Großvaters Nummer zu geben. „Kannst du ihn um diese Uhrzeit denn noch anrufen?", erkundigte sie sich erstaunt.
„Klar, er geht nie vor Mitternacht ins Bett."
Cheyenne wohnte schon so lange in Vermont, dass sie Großvaters Gewohnheiten nicht mehr verinnerlichte. Ich hingegen hatte ihn ja jeden Tag um mich, kannte seinen Tagesablauf wie kein anderer.
Ich nutzte das Festnetz, um ihn zu erreichen und als ich seine Stimme hörte, bekam ich prompt Heimweh. Nach ihm, nach der Werkstatt und nach Rusty.
„Gillian, meine Kleine, wie geht es dir?"
„Mir geht es gut, Opa. Cheyenne und Stan freuen sich so, dass ich sie mal länger besuche."
Ich brachte es nicht übers Herz, die Wahrheit zu erzählen, aber Großvater ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen.
„Hör mal, wenn du Probleme hast, dann solltest du dir jemanden suchen, mit dem du darüber redest. Das tut wirklich gut und manchmal lösen sich solche Probleme während man darüber quatscht", riet er in seiner brummigen Art.
„Alles gut, Opa, ich weiß was du meinst."
„Dann ist ja alles in Butter."
Eine kurze Pause entstand, dann erzählte ich von dem Buick und Großvater hörte gespannt zu. „Welches Baujahr hat er?"
„1966 und er ist babyblau."
Begeisterung schwang in meiner Stimme, die sich auch auf Großvater übertrug.
„Die Farbe war damals sehr gefragt. Ist bestimmt ein schönes Stück."
„Ich mache ein Foto davon und schicke es dir."
Morgen würde ich mein neues Handy bekommen, darauf freute ich mich schon riesig, denn es war ein Stück Freiheit, endlich wieder sein eigenes Telefon zu besitzen.
Ich brauchte nur noch das letzte Back-up aufzuspielen und würde dann auch sämtliche Telefonnummern wieder haben.
Mein Plan, mich bei Niall auszusprechen, gelangte somit in greifbare Nähe.
Dennoch hatte ich vor einer Sache Angst. Wie sollte ich reagieren, wenn Milo eventuell versuchte mich anzurufen?
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Hallo meine Lieben, breits das dritte Kapitel in dieser Woche. Im Moment läuft es mit dem Schreiben und ich hoffe, ihr habt nach wie vor Spaß beim Lesen.
Was sagt ihr zu Gillians Aushilfsjob? Denkt ihr, sie kann Duke auch irgendwann von ihren Fähigkeiten überzeugen?
Und glaubt ihr, Milo wird sich telefonisch bei ihr melden?
Die Frage aller Fragen ist jedoch: Wann und wie wird sie auf Niall treffen. Vermutungen?
Danke für eure Kommis und die Votes.
Im Bild über dem Kapitel seht ihr übrigens einen Buick Le Sabre Sedan, Baujahr 1966.
LG, Ambi xxx
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