07. Pizza
♪ Everywhere – Niall Horan
❃ ❃ ❃ E L E A N O R ❃ ❃ ❃
Seit Tagen erhielt ich fast täglich E-Mails von Menschen, die Anfragen bezüglich einer Hochzeitsplanung stellten. Dies verwunderte mich sehr, zumal ich bereits seit fast drei Jahren in dieser Branche selbstständig arbeitete, jedoch noch niemals einen derartigen Ansturm erlebt hatte.
Einigermaßen konzentriert versuchte ich alles zu ordnen, ging Anfrage für Anfrage durch, um herauszufiltern, welche am ehesten in Frage kamen. Als Hochzeitsplaner konnte man sich nicht mit allen gleich gut anfreunden. Jedoch schrieb ich allen zurück, erkundigte ich mich nach den konkreten Wünschen und rief sogar zwei der potenziellen Kunden an.
Beide schienen nett zu sein und wie üblich stellte ich die Frage, wie sie auf mich aufmerksam geworden waren. Ich wusste, dass Sophia in ihrem Atelier einige meiner Visitenkarten herumliegen hatte und auch sonst unter Freunden und Bekannten Werbung für mich machte. Mit Mund zu Mund Propaganda erreichte man in dieser Branche erstaunlich viel. Außerdem existierte der Hinweis auf meine Homepage im Verzeichnis der Hochzeitsplaner in Texas.
Somit ging ich fest davon aus, dass man mir gleich das eine oder andere als Hinweis geben würde. Umso erstaunter war mein Blick, als der erste Kunde erwiderte, dass er einen Flyer in einer Tankstelle gefunden hätte, auf dem Telefonnummer und Homepage meiner Agentur standen.
„In einer Tankstelle? Sind Sie sich sicher?", erkundigte ich mich perplex.
„Ja, ich weiß noch genau, wie sehr mich das erstaunte, aber der Mann meinte, Sie würden ganz hervorragende Arbeit leisten", bekam ich zur Antwort.
Voll böser Ahnung hakte ich weiter nach: „Wissen Sie noch zufällig welche Tankstelle das war und wie der Mann aussah, der Sie bediente?"
„Er sah nett aus", flötete die weibliche Stimme mir ins Ohr. „Schlank, braune Haare, blaue Augen und ein sehr markantes Gesicht. Und es war eine Tankstelle in Midland, gegenüber einer Bushaltestelle."
Hart schluckte ich. Diese Beschreibung traf auf Louis zu und die Tankstelle, in der er arbeitete, lag tatsächlich gegenüber einer Bushaltestelle. Einmal hatte ich ihn dort abgeholt, deshalb erinnerte ich mich daran.
Die Frage war nur: Warum tat er sowas? Weshalb machte er für mich Werbung? Er glaubte doch wohl nicht, dass ich dadurch weich wurde und zu ihm zurückkehrte?
„Danke, Sie haben mir sehr geholfen. Man möchte ja gerne wissen, woher die Werbung kommt, die man kostenlos erhält", erwiderte ich und rutschte nervös auf meinem Hocker hin und her. Verdammt! Louis schien noch immer überall in meinem Leben aufzutauchen. Egal, wohin ich schaute, egal, wohin ich ging. Selbst in meinem beruflichen Umfeld trieb er sich herum.
Nachdem ich das Gespräch mit der netten Kundin beendet hatte, warf ich den Kaffeevollautomaten an und gönnte mir erstmal einen Latte Macchiato. Den brauchte ich jetzt ganz dringend, um ein wenig zu verschnaufen und meine Gedanken zu ordnen. Bevor ich dazu kam, den Zucker in das große Glas zu schaufeln, läutet es an der Tür.
„Eleanor, mach auf", vernahm ich die Stimme meines besten Freundes, der es wohl sehr eilig zu haben schien. Seufzend schlenderte ich zum Eingang, öffnete die Tür und blickte auf Max, der strahlte, als hätte er gerade den Jackpot der Lotterie gewonnen. In seinen Händen trug er eine Flasche Sekt, sowie ein kleines Paket, das er mir mit den Worten: „Ich habe Kuchen mitgebracht", überreichte.
Lächelnd nahm ich es entgegen und umarmte ihn erst, nachdem ich den Kuchen auf dem Küchentisch abgestellt hatte.
„Das passt prima, willst du auch einen Latte?", fragte ich und Max antwortete mit einem Nicken, während er die Sektflasche im Kühlschrank verstaute.
Kurze Zeit später schaufelten wir die Sahnetorte mit Erdbeerstückchen in uns hinein, meine Lieblingstorte. Max war einfach ein Schatz, aber wenn ich ehrlich zu mir war, denn hätte ich die nächsten Stunden lieber alleine verbracht. In Selbstmitleid suhlend, mit einer Flasche Rotwein und dem gebrochenen Herzen, das Louis mir verpasst hatte.
Innerlich seufzte ich, als Max meinte: „Was wollen wir heute noch machen? Hast du Lust, shoppen und danach essen zu gehen?"
Ich brauchte einige Sekunden, um mich innerlich zu sammeln. Nach beidem stand mir nicht der Sinn, aber so brutal wollte ich das meinem besten Freund nicht servieren. Immerhin kümmerte er sich sehr um mich, seit ich die Beziehung zu Louis beendet hatte.
„Weißt du", erwiderte ich lahm, „eigentlich wollte ich heute einen gemütlichen Abend zuhause veranstalten."
Doch mein bester Freund war nicht davon abzubringen, seine Zeit mit mir zu vertrödeln: „Super, dann machen wir das doch. Wir bestellen Pizza, schauen einen Film oder eine Serie auf Netflix und ich massiere dir die Füße."
Zugegeben, Pizza klang super und Fußmassage auch, womit mir langsam die Argumente ausgingen, oder besser gesagt die Ausreden. Ihm auf die Nase zu binden, dass ich meine Depriphase noch immer nicht komplett überwunden hatte, lag mir so fern, wie meinen Urlaub auf dem Mars zu verbringen und somit ging der Punkt an Max.
„Also gut, Pizza, Netflix und Fußmassage", gab ich klein bei und erntete einen Kuss auf die Wange, gefolgt von den Worten: „Du riechst himmlisch, ich liebe dein Parfum."
Gedanklich zog ich den Kopf ein, denn das Parfum war ein Geschenk von Louis. Bisher hatte ich es nicht übers Herz gebracht, die Flasche zu vernichten, da es sich um ein sehr teures Produkt handelte. Er hatte es mir zu Weihnachten geschenkt, als meine Welt sich noch im Gleichgewicht befand und wir beide unsere Nächte im Liebesrausch verbrachten.
Die Zeiten hatten sich geändert, meine Vorliebe für diesen Duft jedoch nicht. Noch immer verband ich damit die bisher beste Zeit meines Lebens. Zu schade, dass der Mensch, mit dem ich diese verbracht hatte, ein skrupelloses Exemplar war.
Max und ich übersiedelten zur Couch, wo ich mich hinlegte, damit er meine Füße massieren konnte. Mein bester Freund tat dies stets mit Hingabe und ich genoss diese Zeit wirklich, wenngleich Louis stets in meinem Kopf herumgeisterte.
Wieso konnte ich nicht aufhören, an ihn zu denken? Warum nur musste er Werbung für mich machen? Er sollte sich besser aus meinem Leben heraushalten, nur so würde es mir gelingen, eines Tages den nötigen Abstand zwischen uns zu bringen.
Während Max sich meinen zweiten Fuß vornahm, zappte ich mich durch die Netflix App auf dem Fernseher und suchte nach den Serien, die ich bevorzugte. Max schaute sich sowieso alles an, was ich mochte, von daher gab es keine Probleme bei der Auswahl.
Nachdem ich gefunden hatte, was ich wollte, griff ich nach dem Flyer der Pizzeria, der wie üblich auf dem Wohnzimmertisch lag.
„Wollen wir uns eine Familienpizza bestellen?", schlug Max vor und ich runzelte die Stirn.
„Dann musst du aber nehmen, was ich gerne esse, denn ich mag keine Artischocken", gab ich zur Antwort. Max liebte diese Dinger auf seiner Pizza, bei mir hingegen lösten sie einen hemmungslosen Brechreiz aus.
„Kein Problem, ich passe mich dir an." Max lächelte und in Momenten wie diesen wurde mir mal wieder bewusst, weshalb wir nie mehr als beste Freunde sein würden. Ich wollte keinen Mann, der zu allem Ja und Amen sagte. Ich wollte einen Partner, der mir auch die Stirn bot, mit dem dich zwar Gemeinsamkeiten hatte, aber der trotzdem in manchen Dingen einen anderen Standpunkt vertrat.
So ein Mann war Louis.
Wütend auf mich selbst, versuchte ich das aufkeimende Selbstmitleid in mir zu unterdrücken so gut es ging. Am liebsten würde ich laut losheulen wollen, aber nicht in der Gegenwart eines anderen. Max hätte es so oder so nicht verstanden.
Seufzend starrte ich auf die Speisekarte der Pizzeria und kam schließlich zum Entschluss meine Lieblingspizza zu bestellen. Tomate, Mozzarella, Zwiebeln, Schinken, Salami und scharfe Peperoni. Wir orderten die Familiengröße, davon wurden wir locker satt, sowie einen gemischten Salat mit Essig und Öl.
Während wir auf den Lieferservice warteten, erzählte Max von einer Begebenheit aus Sophias Atelier: „Die Braut war so dick, dass keines der Kleider passte. Also muss Sophia jetzt Überstunden einlegen, damit das übergroße Zirkuszelt bis zur Hochzeit fertig wird. Der Termin ist nämlich äußerst knapp."
Ich schüttete mich aus vor Lachen, als er den Begriff 'Zirkuszelt' verwendete. Das war so typisch Max.
„Die Ärmste", kommentierte ich, „und ich kann ihr nicht mal helfen, da ich nichts vom Nähen verstehe."
„Sie wird es hinkriegen. Sophia ist ein Profi", entgegnete Max schmunzelnd und streichelte eine meiner Haarsträhnen aus meinem Gesicht. „Du siehst hübsch aus, Eleanor", merkte er an und prompt seufzte ich auf.
„So fühle ich mich aber im Moment nicht."
„Ach komm schon. Hat der Idiot dir auch noch dein Selbstbewusstsein genommen? Du bist eine wunderschöne Frau."
Seine Worte bewirkten eine Art Widerstand in mir: „Das hat nichts mit Louis zu tun, verdammt! So jemand wie er kann mir nicht das Selbstbewusstsein nehmen."
Louis' Namen laut auszusprechen fühlte sich merkwürdig vertraut aber gleichzeitig auch schmerzvoll an. Mein Herz war ausgehungert. Es sehnte sich nach Liebe, Verständnis und Zuversicht. All das hatte er mit in der kurzen Zeit, die wir zusammen verbrachten, gegeben.
Und nun fühlte es sich an, als würde mein Herz auf eiskalten Fließen liegen, blutüberströmt, einsam und vergessen. Niemand würde es aufheben, es liebkosen und beschützen. Keiner konnte das tun, weil ich es nicht zuließ. Ich ließ niemand mehr an mich heran, zumindest nicht zu nahe.
Max war mein bester Freund und durfte mich jederzeit besuchen, aber wir kamen uns niemals so nahe wie Mann und Frau dies in einer Beziehung taten. Dafür war ich äußerst dankbar, denn wenn ich jetzt etwas nicht brauchte, dann war das ein Mann, der sich für mich als Partnerin interessierte. Ich wollte Single bleiben, bis in alle Ewigkeit.
Das Läuten an der Tür bewirkte, dass Max aufsprang, nach seiner Geldbörse langte, die in der Hosentasche seiner Jeans steckte und zur Tür lief. Dort nahm er unser Essen in Empfang und als sich der Duft der Pizza in meiner Nase festsetzte, lief mir das Wasser im Mund zusammen. Beim Anblick der großen Familienpizza knurrte mein Magen wie verrückt und ich nahm das erste Stück, bevor Max sich richtig hinsetzte. Er hatte vorher noch einen Abstecher in die Küche gemacht, um zwei Gabeln für den Salat zu holen, die er nun auf dem Tisch platzierte.
„Lass es dir schmecken, El."
„Danke", nuschelte ich mit halbvollem Mund.
Fast schweigend verdrückten wir unser Essen. Außer unseren Kaugeräuschen war nichts zu vernehmen und als die Pizza verschwunden war, nahmen wir uns den Salat vor, den wir teilten.
Max überließ mir die schwarzen Oliven, da er diese nicht mochte, ich jedoch fast süchtig danach war. Oliven gingen immer, in jeder Lebenslage.
Nachdem der letzte Bissen verschlungen war, erhob sich mein bester Freund mit den Worten, dass er nun den Sekt aus dem Kühlschrank holen würde und ganz plötzlich überkam mich ein merkwürdiges Gefühl.
In meinen Augen gab es nichts zu feiern, oder hatte ich etwa etwas Wichtiges vergessen? Nachdenklich spielte ich mit den Ringen an meiner rechten Hand, überlegte, ob vielleicht heute ein besonderer Tag sein könnte, doch mir fiel partout kein plausibler Grund dafür ein.
Sorgsam platzierte Max die Gläser vor meinen Augen, öffnete gekonnt die Sektflasche und verteilte die prickelnde Flüssigkeit in die beiden Sektkelche. Mit großen Augen starrte ich ihn an, denn er sah aus, als würde er mir gleich eine wichtige Mitteilung machen wollen.
„Also, Eleanor, lass und anstoßen."
Wenn er mich Eleanor nannte, war ganz bestimmt etwas im Busch. Misstrauisch beäugte ich meinen besten Freund.
„Was ist los, Max? Gibt es einen besonderen Grund auf den wir anstoßen?" Ich musterte ihn gründlich, sah, wie seine Wangen sich leicht rot färbten, während er neben mir Platz nahm und nach meinen Händen griff.
„Ja, Eleanor, den gibt es."
Schärfer als geplant kam das Wort über meine Lippen: „Welchen?"
„Nun", begann er, „ich dachte, es ist an der Zeit, meine Gefühle offen auszusprechen. Ich habe mich in dich verliebt, Eleanor und ich hoffe, dass du das Gleiche für mich empfindest."
Ich fühlte mich, als hätte ein Ackergaul seine Hufe ganz tief in meinem Hinterteil vergraben und mich damit in den größten Misthaufen aller Zeiten befördert. Das konnte nicht wahr sein! Wieso passierte das ausgerechnet mir?
„Nein", keuchte ich völlig überfordert, „nein, ich empfinde nicht das Gleiche für dich, Max. Und es ist besser, wenn du jetzt gehst."
Leider kam seine Beratungsresistenz zum Vorschein. „Aber Eleanor, kannst du denn nicht sehen, dass ich der Richtige für dich bin? Ich würde durch dick und dünn mit dir gehen, hätte dich auch nicht alleine gelassen, wenn ein Kind von einem anderen in dir getragen hättest!"
„Darauf kommt es aber nicht an, jedenfalls nicht ausschließlich", entfuhr es mir barsch. „Ich liebe dich nicht, ich könnte niemals mit dir Sex haben und außerdem -." Schwer atmend brach ich ab, zeigte mit dem Finger zur Tür: „Bitte geh jetzt und lass mich alleine. Ich brauche Zeit für mich."
Der letzte Satz kam ein wenig sanfter über meine Lippen, weshalb Max auf den Boden der Tatsachen zurückkehrte.
„Okay, ich gehe, aber ich komme wieder und ich gebe nicht auf."
Fassungslos schaute ich ihm nach und als er die Tür hinter sich zuzog, sank ich zurück in die Sofakissen. Das Gesicht in den Händen vergraben, saß ich da und spürte, wie die Tränen sich ihren Weg über meine Wangen suchten.
Max hatte mir gerade bewusst gemacht, dass ich Louis noch immer liebte und das zu schlucken war eine bittere Pille.
Es dauerte bestimmt zehn Minuten, ehe ich mich wieder gefasst hatte und weitere fünf, bis ich merkte, wie mir die Decke auf den Kopf fiel. Ich musste unbedingt hier raus! Sofort!
Da ich nicht einen Schluck Sekt getrunken hatte, konnte ich noch gefahrlos Autofahren und suchte nach den Schlüsseln, die ich letztendlich im Schlafzimmer fand. Schnell schlüpfte ich in meine Sneakers, schnappte meine Handtasche und lief eilig die Treppe nach unten.
Laue Abendluft schlug mir entgegen, als ich zu meinem Wagen hechtete als seien tausend Teufel hinter mir her. Ohne Ziel fuhr ich los, ließ den Motor aufheulen und wunderte mich, dass der Wagen seinen Weg von selbst zu suchen schien.
Erst als er das Ziel gefunden hatte, trat ich auf die Bremse.
Ich stand direkt vor einer Tankstelle.
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Hallo meine Lieben, endlich geht es hier nun weiter und ich hoffe, dass noch einige von euch an der Geschichte interessiert sind und weiterlesen.
Was sagt ihr zum Kapitel aus Eleanors Sicht?
Dachtet ihr, dass Max in sie verliebt ist?
Und dass El Louis noch immer liebt?
Danke an alle, die noch hier sind. Ich hoffe, es geht euch gut und ihr seid alle gesund. Ich habe einen Tipp für euch: hört mal in Nialls neues Album 'Heartbreak Weather' rein - die Musik macht richtig gute Laune.
LG, Ambi xxx
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