24. Fußball
♪ Viva La Vida - Coldplay
❃ ❃ ❃ L I A M ❃ ❃ ❃
Mit einem heftigen Ruck hielt der Bus vor dem Stadion, in welchem das Charity Match stattfand.
Unsere komplette Mannschaft war bester Laune, denn es ging nicht ums Gewinnen, sondern vielmehr darum, Geld für eine Organisation einzuspielen, die Bedürftige unterstützte.
Niall, der neben mir saß und den Platz am Gang belegte, erhob sich zuerst und ich folgte ihm auf den Fersen. Wir hatten uns nur über das bevorstehende Match unterhalten, nichts anderes schwirrte derzeit in unseren Köpfen umher.
Während der letzten Woche hatte Niall gemeinsam mit dem Rest der Mannschaft die Trainings absolviert. Unser Coach zeigte sich sehr zufrieden über seine Leistungen und führte uns vor Augen, was für Luschen wir doch im Vergleich zu unserem Aushilfsspieler waren. „Der weiß wenigstens etwas mit dem Ball anzufangen", lauteten seine Worte nach dem ersten Training.
Das konnte Niall wirklich, obwohl er schon, laut seinen Aussagen, eine ganze Weile nicht mehr gespielt hatte. Aber man verlernte solche Dinge nicht, jedenfalls nicht gänzlich. Das war wie beim Fahrradfahren. Alles in allem war Niall eine Bereicherung für unsere Mannschaft und wir hofften, zumindest ein Tor erzielen zu können und nicht wie im letzten Jahr mit fünf zu null abserviert zu werden.
Es machte mich schon ein kleines bisschen stolz, dass ich Niall in unser Team gebracht hatte, wenngleich nur als Ersatz für den Ersatzspieler. Niall hatte den Sonderstatus, kein reicher Geldsack zu sein, wie der Rest von uns. Umso mehr schätzte ich sein Angebot, uns unter die Arme zu greifen.
In der Kabine angekommen, ging es erstmal ans Umziehen. Die blauen Trikots fand ich klasse, denn im letzten Jahr trugen wir gelb, eine Farbe, die ich an mir nicht sonderlich mochte. Bevor wir jedoch die Trikots anziehen durften, ging der medizinische Betreuer durch die Kabine und verteilte schwarze Sport-BHs.
„Was ist das denn?" Misstrauisch beäugte Niall den seinen und ich erklärte ihm sofort, dass er das Teil unbedingt tragen müsste.
„Damit werden unsere Herzfrequenzen gemessen", warf Tommy, unser Torwart ein, dessen Vater die wohl größte Versicherungsagentur in Texas besaß. Als Niall ein wenig verständnislos dreinschaute, begann ich die Sache näher zu erläutern.
„Das ist wichtig. Falls die Frequenz dauerhaft zu hoch wird, musst du ausgetauscht werden. Man möchte schließlich nicht, dass hier einer umfällt."
„Okay, wenn das so ist, dann ziehe ich es an." Mit diesen Worten streifte Niall sich den BH über den Kopf und prompt kamen mir schmutzige Gedanken. Ich schalt mich selbst einen Narren, denn einen Mann in einem Sport-BH attraktiv zu finden, hörte sich für mich mehr als merkwürdig an.
Fakt war, ich fand Niall so oder so anziehend, egal, welche Kleidung er trug.
Die Fußballschuhe drückten auf meine Blasen, die ich mir beim Training eingefangen hatte, doch ich zog sie tapfer an und zurrte die Schnürsenkel so fest es nur ging.
Heute war der Tag, an dem meine jährliche Blamage stattfand. Fußball gehörte für mich zum Weibersport, aber für einen guten Zweck tat ich gerne etwas und lieferte meiner Familie, die allesamt anwesend waren, jeden Grund um mich aufzuziehen.
Allerdings meinten sie das stets liebevoll, denn auch meine Mutter und vor allem meine Tante hatten Sinn für die Wohltätigkeit.
Einer nach dem anderen stellte sich auf, bis der Coach den Befehl gab, die Kabine zu verlassen. Wenige Minuten später liefen wir ins Stadion ein, begleitet durch den Jubel der Menschen, die auf den Tribünen saßen.
Das Grande Communications Stadium in Midland war bis auf den letzten Platz ausverkauft. 15.000 Menschen passten dort hinein und dafür, dass es sich um ein Lokales Charity Match handelte, waren die Karten rasend schnell verkauft worden.
Ich wusste genau, wo meine Familie saß und schaute kurz in die Richtung, als wir einliefen. Dabei glaubte ich Harrys Gejohle zu hören, unterstützt durch Milo. Beide würden mich nachher vermutlich aufziehen, aber das war mir wurscht, da stand ich drüber.
Wie immer spielte ich in der Verteidigung mit der Rückennummer drei. Niall hatte die Acht und besetzte die Position des Linksaußen. Unser Kapitän, der Torwart, schritt zum Schiedsrichter, der bereits in der Mitte stand und die Mannschaftsführer auslosen ließ, auf welcher Seite ihr Team zuerst das Match bestritt.
Ein kurzer Windhauch streifte meine Wange, als der Anpfiff ertönte und sofort spürte ich den Adrenalinrausch, der sich durch meine Adern wühlte.
„Nur nicht stolpern, Liam", sprach ich mir selbst Mut zu und wurde im nächsten Moment fast vom Ball abgeschossen, der gegen meine Brust prallte. Gott sei Dank waren die Striemen, die ich mir im Swinger Club hatte zufügen lassen, inzwischen gut verheilt und somit gelang mir die Ballannahme einigermaßen. Viel größere Probleme hatte ich nämlich damit, zielgenaue Pässe zu fabrizieren. Eine Sache, die Niall wirklich gut beherrschte.
Ich strengte mich an, denn er sollte nicht glauben, dass ich total unfähig war, nur leider übersah ich den gegnerischen Spieler, der mir fix ein Bein stellte und flog prompt auf die Schnauze.
„Du Vollpfosten!", schrie ich außer mir, da pfiff der Schiedsrichter bereits das Foul und zeigte einen Freistoß für unser Team an. Schmerzverzerrt rieb ich mir den Knöchel, stand langsam auf und legte mir den Ball zurecht, den man an mich übergab.
Ein kurzer Pass und Niall hatte den Ball. Er fackelte nicht lange, sondern dampfte mit dem Ding ab in die gegnerische Hälfte. Selten hatte ich jemanden gesehen, der sich dermaßen schnell durchwurstelte, ohne gelegt zu werden, aber Niall gelang dies ohne Probleme.
Kurz vor dem Sechzehner zog ihm jedoch ein Spieler die Beine weg, worüber ich mich tierisch aufregte. Was fiel dem Holzklotz ein? Meine Empörung kannte keine Grenzen und ich machte meinem Ärger verbal Luft: „DU ARSCHGEIGE!"
Wenn man mich faulte, konnte ich das gerade noch so ab aber Niall war für alle anderen tabu. Am liebsten hätte ich dem Idioten eins in die Fresse gehauen, aber das gab im Zweifel eine rote Karte, also den Platzverweis, und darauf legte ich nun wirklich keinen Wert. Schließlich sollte meine Familie nicht umsonst hier eingelaufen sein.
Niall verwandelte den Strafstoß in ein Beinahe-Tor. Haarscharf knallte der Ball an den Außenpfosten, wo er abprallte und von einem der gegnerischen Verteidiger angenommen wurde.
Trotzdem war die Situation für das Gegenteam brenzlig gewesen und demnach rissen sie sich nun zusammen. Es war kein Kunststück besser zu sein als eine zusammengewürfelte Mannschaft wie unsere, was sich in den nächsten Minuten recht deutlich zeigte.
Das erste Tor fiel nach genau zehn Minuten, leider nicht für uns.
Jetzt hieß es, das Tempo anzuziehen und ein weiteres Tor zu verhindern. Obwohl wir alles gaben, uns die Hacken beinahe blutig liefen, gelang den Gegnern ein weiteres Tor, was wir fluchend hinnahmen.
Zwei zu null aus der ersten Halbzeit zu gehen fühlte sich nicht gerade toll an, aber da es um keine Meisterschaft ging, nahmen wir es einigermaßen gefasst auf. Der Coach machte Vorschläge, wie wir weiter vorgehen sollten und lobte Nialls gutes Zusammenspiel mit Brian.
Ich pumpte fast eine ganze Flasche Wasser ab und fühlte mich gleich ein wenig besser. Auch Niall führte seinem Körper Flüssigkeit zu und als ich ihn anschaute, da grinste er verschmitzt drein.
„Auf geht's, Leute, die zweite Halbzeit ruft", hörte ich die Stimme vom Coach und erhob mich seufzend.
Meine Füße würden es mir nachher danken, wenn sie aus den Schuhen befreit wurden. Nur noch fünfundvierzig Minuten galt es zu überstehen und die hielt ich ganz sicher noch aus.
Nach dem Seitenwechsel versuchten wir nach vorne zu preschen, Ronny kam durch, aber leider schoss er den Ball über das Tor. Trotzdem war das eine gute Chance für unser Team.
Das Spiel gewann erheblich an Schnelligkeit, die Gegner machten Druck, doch wir reagierten zum Glück schnell, womit ein erneuter Treffer verhindert werden konnte.
„Gut gemacht, Liam", hörte ich unseren Coach rufen, nachdem ich einem gegnerischen Spieler den Ball abgejagt hatte und mich nun anstrengte, einen einigermaßen zielsicheren Pass zu unserem Linksaußen herauszuhauen. Es klappte tatsächlich und ich war selig, mal nicht danebengeschossen zu haben.
Ich konnte gar nicht so schnell schauen, da war Niall wieder am Ball, hetzte durch den gegnerischen Strafraum und Sekunden später zog ihm jemand die Beine weg.
Vor Wut kochend entsprangen mir die schlimmsten Schimpfwörter, aber zum Glück eilte unser Sanitäter herbei, um nach Niall zu schauen, der noch immer am Boden lag.
Nach relativ kurzer Zeit stand er jedoch wieder auf den Beinen und als der Schiedsrichter den fälligen Elfmeter verkündete, schnappte er sich den Ball. Ich hielt die Luft an, betete, dass er traf und verfolgte angespannt jede seiner Bewegungen.
Niall wirkte hochkonzentriert, als er sich den Ball zurechtlegte, genau auf den Punkt, der dafür vorgesehen war. Dann ging er zurück, nahm Anlauf und pfefferte das Ding eiskalt in die rechte Ecke.
„Tooooooooooor!", brüllte ich, sah wie Niall die Arme nach oben riss und rannte in seine Richtung, wo bereits vier Mannschaftskameraden an ihm klebten. Unsere Euphorie kannte keine Grenzen und wir freuten uns maßlos.
Direkt nach dem Tor ging Niall vom Platz, unser Coach tauschte ihn aus, damit sein Knöchel, der durch das Foul in Mitleidenschaft gezogen wurde, nicht noch mehr abbekam.
Es blieb bei dem einen Tor für uns aber auch unsere Gegner schossen keines mehr. Somit waren wir mit einem Ergebnis mit zwei zu eins mehr als zufrieden.
In der Umkleide herrschte beste Stimmung, alle lobten Niall, der sich riesig über sein Tor freute. Als er unter die Dusche verschwand, ließ ich mir noch ein wenig Zeit, denn ich hielt es für keine gute Idee, ihm jetzt nackt zu begegnen. Nicht in einer Gemeinschaftsdusche, wo alle uns beobachten konnten, denn ich hatte Angst, dass man mir ansah, welche Gedanken bei seinem Anblick durch meinen Kopf schwirrten. Ich wollte Niall nackt sehen, wenn wir alleine waren, nur wir beide.
Es fiel nicht auf, dass ich trödelte und erst als Niall mit einem Handtuch um die Hüften wieder auftauchte, trat ich den Gang zur Dusche an. Ich beeilte mich, damit die anderen nicht warten mussten, da wir alle mit dem Bus zurück zum Trainingsgelände gebracht wurden, wo auch unsere Autos standen. Dort wartete meine Familie auf uns, denn im Bus wurde selbstverständlich Alkohol getrunken, sodass ich nicht mehr fahren durfte.
„Mensch, Liam, du hast sogar einen richtig guten Pass gespielt", begrüßte Harry mich und umarmte mich fest.
„Ja, das war echt cool." Milo schlug mir auf die Schulter und Onkel Ken tat es ihm gleich. Direkt danach kam Großvater an die Reihe, gefolgt von Mum, Tante Charly, Gillian und Esra.
„Wir gehen jetzt was Essen", bestimmte meine Mutter freudig. „Ihr habt so toll gespielt, das muss gefeiert werden. Und Niall ist natürlich eingeladen."
Als es darum ging, wer nun mein Auto fahren durfte, kam ich echt ins Straucheln, denn ich hätte Niall gerne fahren lassen, aber er musste ja Isabella wegbewegen. Somit ließ ich meiner Cousine den Vortritt, die schon ganz heiß darauf war, sich hinter das Steuer des Maserati zu klemmen. Milo nahm den Platz neben ihr ein und ich stieg zu Niall ins Auto.
Den Weg zum Restaurant kannte ich auswendig, denn es war Tradition, dass unsere Familie nach dem Charity Spiel dorthin ging. Ich lotste Niall durch Midland und während der Fahrt unterhielten wir uns über das Spiel. So lange bis Niall mir eine Frage stellte: „Warum hast du eigentlich so lange mit dem Duschen gewartet?"
Er hatte es also bemerkt, dass ich mich vor dem Anblick und somit vor den Reizen seines Körpers drückte.
Kurz schluckte ich. „Weißt du, ich habe dich noch niemals nackt gesehen, nur gefühlt und ich finde es besser, wenn wir alleine sind, wenn das passiert."
Niall verstand mich, er konnte das nachvollziehen und mir fiel ein Stein vom Herzen.
Als Isabella vor unserem Ziel zum Stehen kam, fühlte ich mich unglaublich erleichtert, um nicht zu sagen beschwingt. Vielleicht lag es am Alkohol, vielleicht auch daran, dass Niall und ich auf einer Wellenlänge schwammen, was sich heute erneut gezeigt hatte.
Beim Essen saßen wir nebeneinander, doch für alle schien das nur natürlich zu sein, da wir gerade ein gemeinsames Fußballspiel bestritten hatten. Ich durfte mir blöde Sprüche anhören, nach dem Motto: „Heute bist du mal nicht ganz so dolle über deine Füße gestolpert", was ich mit einem matten Lächeln quittierte.
Die konnten mich heute alle mal.
„Macht ihr es doch besser, ihr Flaschen. Ihr traut euch ja nicht mal, bei so einem Match anzutreten", warf ich Milo und Harry vor, worauf meine Mum sagte: „Da hat mein Sohn allerdings Recht."
„Willst du mir in den Rücken fallen, Florence?", zog Harry meine Mutter auf, doch sie schlug ihm spielerisch auf den Arm.
„Nicht doch, mein Schatz. Aber ich fände es interessant, dir bei einem Fußballspiel zuzuschauen. Ich habe gehört, dass die Spieler neuerdings Sport-BHs unter ihrem Trikot tragen. Das sieht bestimmt sexy an dir aus."
„Nicht nur an ihm", entfuhr es mir plötzlich und fühlte wie die Röte in meinen Nacken kroch, als alle erstaunt zu mir blickten. „Ähm, ich meine, die Frau unseres Trainers war der gleichen Ansicht. Also, dass die Teile sexy an uns ausschauen", redete ich mich heraus.
Nialls Schmunzeln entging mir nicht, ebenso seine verbale Unterstützung: „Ich glaube, das habe ich auch gehört."
„Männer BHs, sowas gab es zu meiner Zeit nicht", brummte Großvater kopfschüttelnd. Ich schätze, ich bin zu alt für den neumodischen Kram."
„Wenn es danach geht, dann bin ich da ebenfalls raus. Ich würde keinen BH tragen, auch dann nicht, wenn er speziell für Männer gemacht wurde", ließ Onkel Ken verlauten.
Schelmisch blickte ich meinen Onkel an. „Auch dann nicht, wenn es sich um ein Kostümfest handelt?" Damit hatte ich alle Lacher auf meiner Seite und merkwürdigerweise dachte ich prompt an den verbalen Schlagabtausch mit Niall, bei dem die Latexunterwäsche zum Running Gag mutierte. Gott sei Dank kam das Thema am heutigen Abend nicht zur Sprache.
Wir ließen uns das Essen schmecken und Tante Charly seufzte plötzlich. „Wisst ihr, es ist so schade, dass die Familie so selten zusammenkommt, weil der Alltag es nicht zulässt."
„Da stimme ich dir zu, aber Gott sei Dank ist nächste Woche Thanksgiving", meinte meine Mum.
Thanksgiving wurde bei uns, wie in jedem anderen amerikanischen Haushalt, groß gefeiert. Man lud Freunde oder Familie ein, oder beides. Esra war bei uns regelmäßig zu Thanksgiving zu Gast, da ihre Eltern das Fest nicht feierten, sie aber diese Tradition unterstützte.
Es juckte mich, Niall zu fragen, wie er diesen Tag verbrachte, aber Gillian kam mir zuvor. „Was machst du eigentlich an Thanksgiving, Niall?", richtete sie die Frage an den attraktiven Mann zu meiner Linken.
„Ich weiß noch nicht, vermutlich feiere ich dieses Mal alleine. Mein bester Kumpel hat neuerdings eine Freundin und nach Hause zu fliegen lohnt sich für den einen Tag nicht." Er wirkte ein wenig traurig und dies schien auch Gillian zu bemerken.
„Alleine? Das kommt überhaupt nicht in Frage! Du feierst selbstverständlich mit uns."
„Klar, das ist eine super Idee", brachte ich sogleich hervor.
Kurz überlegte Niall, dann erteilte er eine Antwort, die so ganz nach meinem Geschmack war: „Also wenn es euch nichts ausmacht, komme ich gerne."
Noch niemals hatte ich Thanksgiving so sehr herbeigesehnt wie in diesem Augenblick, denn die Stimme in meinem Inneren flüsterte mir zu, dass es ein besonderer Abend werden würde.
Hoffentlich täuschte ich mich in dieser Hinsicht nicht.
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Hallo meine Lieben, hier ist das neue Update, das euch hoffentlich Spaß beim Lesen gebracht hat.
Ich hatte jedenfalls Spaß beim Schreiben und würde mich freuen, wenn ihr mir Kommentare und Votes hinterlasst. Was hat euch denn am besten gefallen?
Also mir persönlich gefiel die Stelle mit dem Sport BH ^^
Denkt ihr Thanksgiving wird toll für Liam und Niall?
LG, Ambi xxx
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