~25~
Ich wusste, ich hatte ihm keine Möglichkeit gegeben, sich zu erklären. Aber bereuen tat ich das ganz sicher nicht.
Es gab da diese leise Stimme in meinem Kopf, die mir zuflüsterte, ich wäre an allem Schuld. Und vor meinem näheren Kontakt mit Ryan hätte ich ihr auch definitiv geglaubt. Doch jetzt nicht mehr. Ich war mir sicher, alles richtig gemacht zu haben. Auch wenn ich nach meinem Gespräch mit Ryan den ganzen Weg nach Hause zu Fuß gegangen war und dabei vermutlich wie ein nasser Waschlappen ausgesehen hatte.
Ich musste zugeben, dass ich vor meiner Unterhaltung mit ihm noch die Hoffnung hatte, Stacy hätte mich belogen. Aber die kleine Pause, die er hatte verstreichen lassen, nachdem ich ihn gefragt hatte, ob er mich nach dem Sex hatte fallen lassen wollen, belehrte mich eines Besseren.
Und obwohl meine Reaktion darauf besser gewesen war, als sie es gewesen wäre, wenn Ryan mich damit auf dem Schulhof überrascht hätte, fühlte ich mich wie der Idiot in dieser Geschichte, wieder einmal.
Ich war mir sicher gewesen, dass Ryan mich besser behandeln würde als Kyle. Allein die Tatsache, wie er ausrastete, als er erfuhr, was Kyle mir angetan hatte, hatte mich in meiner Vermutung eigentlich nur bestärkt. Jetzt zu erfahren, dass alles nicht echt gewesen war, ließ mich noch verzweifelter und trauriger zurück als nach meiner Trennung von Kyle.
Ich hoffte aber dennoch, dass Ryan wenigstens so viel Anstand besitzen würde, um mein Geheimnis nicht der Schule zu erzählen. Schließlich hatte er ja schon, was er wollte. Er hatte mich gründlich verarscht.
Das Schlimmste daran war jedoch, dass es mir so sehr zu Herzen ging. Seit ich hier in meinem Zimmer war und mein Kissen vollheulte, versuchte ich mir einzureden, dass es mich ja eigentlich gar nicht interessierte. Dass es auch für mich nur ein Spaß gewesen war und ich ihn deshalb auch so locker hatte bloßstellen können. Locker, von wegen. Selbst wenn ich so für einen Außenstehenden gewirkt hätte, wusste ich es besser und Ryan auch. Er kannte mich. Ich hatte ihm in diesen wundervollen Wochen einen Einblick in meine Gedanken gegeben. Hatte ihm gezeigt, wie ich auf verschiedene Situationen reagierte. Ja sogar, wie ich fühlte.
Und wenn ich so über all das nachdachte, wurde mir bewusst, dass ich gar nicht sauer auf Ryan war. Eher auf mich. Das aber auch nur, weil ich ihn nicht als Bösen in dieser Geschichte stehen lassen wollte. Allein für diesen Gedanken könnte ich mich selbst verhauen.
Tief ich mir drin wusste ich jedoch, warum ich so empfand. Denn obwohl ich es unbedingt verhindern und es auch jetzt eigentlich nicht wahrhaben wollte, war mir eine Sache leider glasklar.
Ich hatte mich in Ryan verliebt.
~~
"Ich fasse es einfach nicht. So ein Arsch." Wütend stopfte Kai sich einen weiteren Löffel Eis in den Mund. "Ich hab es ganz genau gewusst."
Ich rollte die Augen. "Ach, tu doch nicht so. Du hast Ryan vom ersten Moment an vergöttert. Hast mich doch immer ermutigt, mal etwas offener sein. Und damit will ich nicht sagen, es wäre deine Schuld. Ganz im Gegenteil, vielleicht brauchte ich diese Erfahrung einfach."
Maggie zog die Augenbrauen hoch. "Das glaubst du doch selbst nicht."
Ich zog eine Schnute. "Ja, okay. Ihr habt recht."
Maggie war am Nachmittag zu mir gekommen und Kai war, als ich ihm von Ryan und mir erzählte, sofort von der Uni nach Hause zurückgekehrt. Er hatte zuvor noch an einem Supermarkt Halt gemacht, um uns etwas Gesundes zu kaufen. So hatte er es zumindest genannt, während er die 3 Packungen Eis, die Schokotorte und die Oreos auspackte. Genau das, worauf ich jetzt Appetit hatte.
"Aber sowas hätte ich niemals von ihm gedacht", überlegte mein Bruder. "Er war immer so sympathisch und du schienst ihm wirklich etwas zu bedeuten."
Ich zuckte einfach nur lustlos mit den Schultern.
"Vor allem ergibt das für mich gar keinen Sinn. Du standest ja schon vorher auf ihn und wenn er doch so ein krasser Frauenheld ist, hätte er das doch bemerken müssen. Dann wäre die ganze Aufregung doch völlig umsonst gewesen." Ein weiterer Löffel Eis landete in seinem Mund, während er mir einen Keks in die Hand drückte. "Warum sich die ganze Mühe machen? Warum erst bei der zweiten Gelegenheit mit dir schlafen?"
"Vielleicht hatte er so mehr Spaß."
Kai verzog den Mund. "Das glaube ich nicht."
Ich seufzte. "Worauf willst du hinaus, Kai?"
"Ihr müsst euch missverstanden haben. Der Typ mag dich definitiv."
"Aber er hat es doch selbst zugegeben."
"Hat er nicht. Laut deiner Erzählung hast du ihm gar keine Zeit zum Antworten gelassen."
"Kai, bitte fass dich zusammen und rede Klartext."
"Du liebst ihn?"
Mit einem bösen Murren nickte ich.
"Dann lass dir das von mir sagen. Ich bin ein Mann oder zumindest ein angehender Mann. Ich weiß, wie sie ticken und wie sie alles vermasseln können. Und Ryan wollte nicht, dass ihr so endet. Und du kannst mir nichts anderes erzählen." Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.
Seufzend drehte ich mich zu Maggie, die die ganze Zeit stumm geblieben war. "Was meinst du?"
Sie besah zuerst mich, dann Kai. "Ich stimme deinem Bruder zu."
Meine Augen weiteten sich überrascht. Es konnte doch nicht sein, dass beide an ihren lächerlichen Meinungen festhielten.
Mag setzte sich gerade hin, um ihre Antwort näher zu erläutern. "Du weißt, ich war von Anfang an für eine Beziehung zwischen dir und Ryan. Und das, was du von Stacy erfahren hast, passt - wie Kai schon sagte - überhaupt nicht zu dem Verhalten, welches Ryan dir gegenüber hatte. Er hat auf dich aufgepasst, hat dir wahre Zuneigung geschenkt und ist in deiner Anwesenheit sogar glücklicher gewesen. Du hast es selbst gesagt. Ich glaube, dass Stacy dich verarscht hat, weil sie dich und ihn auseinander bringen wollte. Vermutlich wollte sie sich rächen und du bist auf sie hereingefallen. Auf ihre lächerliche Lüge."
"Das mag zwar alles ganz logisch erscheinen, aber Ryan hat mir deutlich gemacht, dass er mich verarscht hatte. Er wollte nur mit mir schlafen und ihr wisst, dass er mir in diesem Fall nicht widersprochen hatte." Ich atmete tief ein und wieder aus. "Es ist besser, wenn ich ihn nie wiedersehe. Oder nur, wenn ich muss." Ich sah in die Ferne. "Ich muss Ella sagen, dass ich nicht mehr auf Tommy aufpassen kann."
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