18 • restart
Ich spürte die Blicke der Mitschüler, die mich durchbohrten, als ich die Cafeteria betrat, die Essensausgabe ansteuerte und mich mit einem Tablett bewaffnet in die Schlange stellte.
Es waren glücklicherweise nicht alle, die mich so anstarrten und mir teilweise sogar dummes Zeug zuriefen, doch es waren genug, sodass es auffiel.
Die Sache hatte sich relativ schnell im Jahrgang verbreitet, zumindest unter den restlichen Leuten, die auf der Party anwesend waren und mit Eunji und den anderen Idioten in Kontakt standen. Und das waren einige.
"Hast du das mitbekommen, was am Wochenende auf Donghyuns Party erzählt wurde?" - "Dass er was mit nem Typen hatte? Heftig, oder?" - "Und dann dieses komische Verhalten und die Ausraster" - "Meinst du, das stimmt?"
Ich ignorierte die zwei Mädchen, die wild hinter mir diskutierten und vermutlich gar nicht mehr darauf achteten, dass ich jedes ihrer Worte hören konnte.
Und auch, wenn ich ebenfalls einfach so tun wollte, als wäre diese negative Aufmerksamkeit mir egal - Sie war es nicht. Diese Situation war mehr als beschissen.
Mit meinem mittlerweile mit Essen beladenen Tablett ging ich auf unseren Stammtisch zu, an dem bisher nur Mark, Doyoung und Jungwoo saßen. Erleichterung machte sich in mir breit, als ich mich das erste Mal heute nicht mehr alleine fühlte.
"Hey Leute" seufzte ich und setzte mich den Dreien gegenüber, die mich prüfend und besorgt zugleich ansahen und direkt begrüßten.
"Ich.." mein Blick wanderte zwischen ihnen umher, "Ich schätze mal, ihr wisst schon, dass der halbe Jahrgang über mich ablästert"
Als hätte er nur darauf gewartet, dass das Thema angesprochen wurde, schlug Mark mit den flachen Händen auf den Tisch: "Ich komm' einfach nicht drauf klar! Eunji, dieses verdammte Miststück" fluchte er nur und stütze seinen Kopf dann auf seiner Handfläche ab. "Wieso macht sie so einen Scheiß?!" Ich zuckte bloß mit den Schultern. Diese Frage konnte ich mir bis jetzt nicht beantworten.
Doyoung schüttelte nur fassungslos den Kopf. "In jedem Kurs wird momentan darüber geredet.. Die können sich alle einfach nicht um ihren eigenen Scheiß kümmern"
"Taeyong," meldete auch Jungwoo sich nach einer kurzen Stille zwischen uns zu Wort, "Deswegen bist du am Samstag so an mir vorbeigestürmt, hm?" Besorgnis spiegelte sich in dem Blick des Schwarzhaarigen wieder und ich nickte niedergeschlagen. "Hab's nicht mehr ausgehalten, ihr wisst gar nicht wie beschissen das war, alleine dort zu sitzen und sich diesen Bullshit anzuhören"
In diesem Moment erreichten Yuta, Johnny, Taeil und Haechan den Tisch und setzten sich, während sie uns begrüßten. "Es geht um den Vorfall von Samstag, stimmt's?" erkundigte Taeil sich und wir nickten bloß.
"Oh man," seufzte Johnny, welcher jetzt rechts neben mir saß und mir auf den Rücken klopfte, "Sorry, dass wir in der Situation nicht bei dir waren, wir hätten dich da nicht alleine lassen dürfen"
Ich winkte nur ab, "Ist okay, ihr wart ja auch nicht darauf eingestellt, dass ich überhaupt noch so spontan komme, bin ja allein aufgekreuzt" meinte ich dann und blickte in die Runde, die mich verstehend musterte.
Doyoung zog fragend beide Augenbrauen zusammen. "Stimmt, wieso warst du am Ende überhaupt doch noch auf der Party? Du warst doch am Freitag so strikt dagegen" Auch die anderen sahen nun interessiert zu mir und ich sah bloß auf meine Hände, die ich auf dem Tisch abgelegt und verschränkt hatte.
Meine Gedanken gingen mit Doyoungs Frage zu Jaehyun über, dem Grund für mein spontanes Erscheinen auf der Party. Wo er gerade wohl war? Wie dachte er inzwischen über Samstag Nacht? Dachte er überhaupt noch daran?
"Äh.." brachte ich zögernd heraus, "A-Also es gibt jetzt keinen richtigen Grund, ich-ich hab einfach-" Der Japaner in der Runde entschloss sich allerdings dazu, meinem Gestammel ein Ende zu setzen.
"Also ich wüsste da schon einen richtigen Grund und er bewegt sich zufällig gerade auf diesen Tisch zu" grinste Yuta frech, nickte nach vorn und ich schnaubte kurz, ehe ich mich unauffällig nach hinten umdrehte und Jaehyun erkannte.
Ich hätte wissen müssen, dass unsere Tratschtante ausplaudert, dass ich sie auf der Party nach dem Neuen gefragt hatte.
Ich drehte mich wieder zu Yuta und öffnete gerade den Mund um zu protestieren, als eine sanfte und dennoch deutliche Stimme dies verhinderte und mir direkt Erinnerungen gefolgt von einer Gänsehaut verursachte.
"Hi, entschuldigt, aber wir haben in Geschichte überzogen" Jaehyun lächelte, als er den Tisch erreicht hatte und von den anderen begrüßt wurde, die teilweise trotzdem noch verwirrt zwischen Yuta und mir umhersahen.
Nur ich brachte mal wieder kein Wort heraus, als hätte sich irgendein dämlicher Schalter in mir umgelegt, doch es ging nicht anders. Sobald ich Jaehyuns Gesicht sah, dachte ich an Samstag Nacht, wie er mich beschützend in den Arm genommen hatte, wie wir so lange vor meinem Haus gesessen und uns ausgesprochen hatten.
Doch was war jetzt?
Genau, als ich mir diese Frage stellte und überlegend sein Gesicht musterte, fiel der Blick des Braunhaarigen auf mich und ich sah, wie seine Augen förmlich aufblitzten. Sein Lächeln wurde breiter, als wir uns in die Augen sahen und mein pochendes Herz ignorierend hoben auch meine Mundwinkel sich bei dem Gedanken daran, dass Jaehyun sich scheinbar freute, mich zu sehen.
Den Jungs war unser Blickaustausch vermutlich noch nicht aufgefallen, denn sie redeten mittlerweile wieder wild durcheinander und Mark rief Jaehyun bloß noch lachend zu, dass er sich setzen sollte.
Der Angesprochene nahm nun seinen Blick von mir, schulterte seinen Rucksack und scannte den Tisch nach freien Plätzen ab, obwohl dieser schon relativ voll war. Erst jetzt fiel mir auf, dass der Platz links von mir noch frei war. Ich zögerte einen Moment, entschied mich jedoch dazu, ihn anzusprechen.
"Jaehyun" sagte ich in Richtung des Jüngeren, welcher noch unentschlossen auf der Seite gegenüber von mir stand und klopfte auf den Stuhl auf meiner linken Seite: "H-Hier ist noch frei, wenn du.. willst.."
Das Durcheinandergerede am Tisch hörte plötzlich auf, Johnny sah mich nur schief von der Seite an, als hätte er einen Geist gesehen und von Marks Blick wollte ich gar nicht erst anfangen. Im Prinzip waren alle am Tisch fast schon entsetzt, als sie zusahen, wie ich Jaehyun schüchtern lächelnd meinen Platz anbot und dieser dankend nickte.
Jaehyun ließ sich auf dem Platz neben mir nieder und seine dunkelbraunen Augen glänzten immer noch so, als sie ein erneutes Mal auf meine trafen. Vielleicht wollte ich es mir gerade nicht ganz eingestehen, doch ich war so froh in ihnen die Sicherheit wiederzufinden, die sie mir vor zwei Tagen einen ganzen Abend lang gegeben hatten.
Hatte er seine Worte von Samstag womöglich wirklich ernst gemeint?
"Deine Schwächen und deine bisherigen Worte zu mir halten mich nicht davon ab, letztendlich für dich da zu sein."
"Wow, wow, stop!" - "Ist das der Restalkohol vom Wochenende? Seht ihr das grad' auch?" stammelte Mark und Haechan nickte gespielt benommen neben ihm.
"Eine freundliche Interaktion zwischen Taeyong und Jaehyun? Made my day, alter" lachte Johnny und Yuta rieb sich grinsend die Hände: "Ach, so ist das also! War deine Mission am Samstag erfolgreich?"
Ich warf dem Jungen nur einen Todesblick zu, als Jaehyun mir leicht mit dem Ellenbogen in die Seite stieß und kicherte: "Eine Mission also, hm?"
Ich grinste verlegen und stieß zurück. "Das war voll die Überwindung für mich, okay?" - "Solange deine Missionen weiterhin so enden, wie Samstag Nacht, habe ich nichts einzuwenden" erwiderte Jaehyun zwinkernd und ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke, während meine Wangen warm wurden. Ich wand meinen Blick ab und sah zu den anderen, die immer noch perplex aus der Wäsche guckten.
"Also erst verschwinden die beiden zur gleichen Zeit von der Party und kommen nicht wieder und jetzt das hier, was haben wir bitte verpasst?" lachte Taeil und meine anderen Freunde stimmten mit ein, während Jaehyun nur abwinkte.
"Ist ne lange Geschichte" - "Kurzfassung?" bat Mark und Jaehyun schmunzelte.
"Ich habe Taeyongs Arsch gerettet, weil er beinahe von 'nem LKW überrollt wurde und jetzt mag er mich"
Ich musste bei der bescheuerten Zusammenfassung lachen und die anderen waren entweder ebenfalls am Lachen, schauten noch verwirrter oder erschrocken, weil ich fast draufgegangen wäre.
"Solange Taeyong noch lebt und ihr beiden euch nicht mehr andauernd zerfetzen müsst, ist mir alles recht" grinste Doyoung, woraufhin Jaehyun und ich nickten.
Damit begannen wir, uns gemeinsam in der Gruppe zu unterhalten, über die verschiedensten Dinge.
Die Sorgen vom Anfang des Tages und bezüglich der anderen Leute in meinem Jahrgang waren zumindest für diese Mittagspause vergessen.
Jaehyun legte im Laufe des Gruppengesprächs seinen rechten Arm locker um mich und ließ seine Hand auf meiner Schulter ruhen, als wir in der selben Sekunde kurz zueinander sahen und uns zulächelten.
Und in diesem Moment wusste ich, dass er seine Worte von Samstag wirklich ernst gemeint hatte.
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