Was bedeutet das?
„Ich hätte mir denken können dass du in dieser Gegend wohnst," sagte Jisung. Er schwang ihre Hände zwischen ihnen und guckte herum.
Es war der neuste Part von der Vorstadt. Direkt am Fluss und mit vielen Neubauten.
"Ich nehme das jetzt einfach als ein Kompliment auf," antwortete Minho.
Er guckte dem anderen Man zu, wie er auf alle Häuser zeigte die sie passierten und versuchte zu erraten welche Art von Person dort leben würde. Natürlich war er komplett falsch, und hatten die Nachbarn von Minho schwerst beleidigt. Aber was sie nicht weiß, macht sie nicht heiß.
"Und was ist mit dem da?" Jisung deute auf ein kleines Haus auf einem kleinen Hügel gebaut. „Rate mal..." Minho guckte ihn verschmitzt an.
Von außen passte es nicht zu dem Rest der neumodischen Gebäude, mit seinen alten Fensterdielen und aus roten Backsteinen gebaut. „Deins?" Minho nickte nur.
Jisung quietsche förmlich und ließ seine Hand los. Nur damit er vorrennen konnte. Er guckte zwischendurch zurück, zu Minho der im selben Tempo hinter ihm herlief.
Jisungs lachen schallte durch die ganze Straße. „Na komm! Beeil dich, mir wird wieder kalt!!" Schrie er von der ersten Treppenstufe runter.
Minho schüttelte nur den Kopf, ein riesiges Grinsen auf den Lippen. Als er endlich angekommen war, brauchte es keine Minute bis die Haustür geöffnet war. „Nach ihnen Mr. Han." Minho verbeugte sich, und ließ einen kichernden Jisung zuerst in sein Haus eintreten.
Die Tür schloss sich leise hinter ihnen. Jisung ließ ein leises erstauntes Geräusch aus.
Er wurde mit einer flauschigen Decke auf dem Sofa von Minho platziert. Während dieser Tee für sie in der Küche machte, blieb ihm Zeit sein Wohnzimmer zu scannen.
Es war nicht übermäßig groß, dafür aber super warm und einladend. Auf langen IKEA Regalen standen Fotos, Pflanzen und Bücher. Die Wand war in einem warmen grau-braun gestrichen, man konnte oben an der Decke noch kleine Stellen sehen, wo das Klebeband zum Abkleben mal war.
Es miaute.
Plötzlich sprang eine Katze in seinen Schoß. Bereitwillig streichelte er das hellrote getigerte Fell und lächelte breit als sie anfing zu schnurren.
"Tee ist fertig." Minho setzte eine Kanne und zwei bunte Tassen auf den Tisch. „Er mag dich wohl..." Er streichelte den Kater auf seinem Schoß auch, ein väterliches Lächeln auf seinen Lippen. „Scheint so," sagte Jisung.
Die beiden tranken den Tee, fast in kompletter Stille, die Katzen um sie herum turnen oder sich Streicheleinheiten bei ihnen einholen. Die Decke um Jisung hüllte ihn in dem Geruch von Minho ein. Ein sehr angenehmer und leichter Geruch, Aprikosen artig.
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Nachdem sie eine hitzige Diskussion geführt hatten, ob man auf eine 4+ Karten in UNO noch eine 4+ legen darf oder nicht, und es gerade wieder still wurde, räusperte sich Minho. „Jisung, ich hab eine Frage..."
„Klar, schieß los." Dieser rührte in seiner dritten Tasse Früchtetee rum.
„Du meintest dass das kleine Mädchen deine Stiefschwester ist..."
Jisung schluckte, sein Blick plötzlich strickt nach vorne in die Leere gerichtet. „Ja da hast du Recht." Er schüttelte den Kopf leicht und drehte sich zu Minho um. „Du fragst dich warum sie meine Stiefschwester ist?"
Minho nickte nur.
„Naja.. der Vater von ihr ist der Man der gerade bei uns Zuhause wohnt... mein Vater hingegen..." Der Man machte wage Handbewegungen. Also beendete Minho seinen Satz für ihn. „Ist nicht mehr da?"
Jisung summte zustimmend und fuhr nach einem Schluck Tee fort. „Er ist nicht tot, aber er ist abgehauen als ich sechzehn war oder so, kurz bevor ich meine Ausbildung angefangen habe." Jisung's Augenbrauen rückten ein kleines Stück näher zusammen. „Ich bin nicht unbedingt traurig dass er weg ist, ich mag nur nicht gerne wieder Zuhause sein..." Er nickte sich selber zu, wieder in die Leere starrend. „Ich hab meine Mutter echt lieb, und mein Stiefvater ist auch ganz okay... ich bin es nur nicht gewöhnt eine Vaterfigur zu haben."
Minhos Augen lagen auf ihm. Warm und verständnisvoll. Jisung wand ihm seinen Blick wieder zu. „Hast du sonst noch Fragen, ich hab das Gefühl das ich noch nie was über mich erzählt habe." Er nippte wieder an seinem Tee. „Sonst kommt noch raus dass ich ein Querdenker bin wenn du für mich fällst." Er zwinkerte ihm zu. Innerlich war er mehr als nur aufgeregt, mehr so unsicher mit seinen Worten. Jisung mochte noch nie über sich reden.
Aber so funktioniert kennenlernen nun mal.
„Wo du recht hast..." Minho lächelte ihm zu und sah Dori zu wie sie aus seinem Schoß sprang um trinken zu gehen. „Also... was ist mit deiner Schwester, wie verträgt ihr euch so?"
Jisung verdrehte die Augen, wodrauf die beiden kicherten. „Eigentlich mag ich Kinder, Betonung lieg auf eigentlich." Er hob einen Finger. „Aber sie ist so... anderes. So laut und energiegeladen. Vor alledem ist sie zerstörerisch. Alles was sie sieht wird geklaut, angesabberd und oder kaputt gemacht," sagte Jisung gestresst und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Minho lachte lauter.
„Ich muss sie nachmittags immer beschäftigen. Und während ich so normalen Kinderkram machen muss, ist sie wie so ein kleiner Diktator der mir im Nacken sitzt. Ein echter Albtraum dieses Kind." Jisung schüttelte den Kopf und trank seine Tasse aus.
„Magst du mit ihr Spielen? Also diesen Kinderkram machen?" Minho zeichnete Anführungsstriche in die Luft als er Kinderkram sagte.
Jisung stockte ein wenig. Was soll das den heißen? Für einen Moment drückte er seine Lippen aufeinander und überlegte. Das erste was ihm einfiel, war das verhexte Ausmal Buch. Danach erschien der Nuckel in seinem Kopf und das kleine Kissen in seinem Bett. „...vielleicht?" Er wagte es nicht Minho komplett anzugucken.
„Also ich meine jeder mag doch gerne mal das tun was man früher so gemacht hat... mit was vorgelesen bekommen und so... oder?" So lugte er nur aus seinem Augenwinkel zu dem Man, der immer noch wie die Ruhe selbst auf der anderen Seite der kleinen Couch saß. Er spürte wie seine Ohrenspitzen warm wurden.
Minho summte für einen Moment, als würde er seine nächsten Worte sehr weise wählen.
„Hast du schon mal von Little Space gehört?"
Fast augenblicklich schüttelte Jisung mit seinem Kopf. Seine kleinen Hände fanden das Ende von der Decke und begannen damit zu spielen und es zu kneten. „Warum fragst du?" Er guckte Minho immer noch nicht an. Doch das schien ihn nicht zu stören, als ob er wüsste Jisung würde ihm trotzdem zuhören.
„Naja... du scheinst als wärst du gut in der Community aufgehoben."
„Was ist das überhaupt?" Wollte Jisung dann wissen.
„Alsooo," fing Minho an und dehnte das o dabei sehr lange aus. „Der Little Space ist der Moment, in dem sich ein Little, jemand der sich ganz besonders kindlich fühlt in eine kindliche Gefühlswelt schlüpft und hat währenddessen besonders starke kindliche Bedürfnisse."
Jisungs Augenbrauen zogen sich weiter zusammen, bis eine tiefe falte zwischen ihnen entstand.
„Das ist überhaupt nichts schlechtes, ich für meinen Teil bin nämlich ein Caregiver. Also jemand der dem Little hilft während es in seinem Space ist und sich um die Person kümmert."
Jisung nickte nur.
„Man muss als Little keinen Caregiver haben..." Minho verstummte. Hatte er was Falsches gesagt? Jisung zupfte eine Weile an der Decke rum, bevor er eine Antwort in seinem Kopf zusammengebracht hatte. „Also kann jeder ein Little sein?"
Der andere Man legte den Kopf schief. „Das kann ich nicht beurteilen, aber manche haben eine Neigung, sei es ihre Persönlichkeit oder ihre Kindheit, in den Little Space zu kommen."
„Und du glaubst ich kann sowas?" Jisung guckte Minho jetzt wieder an. Seine Augen waren groß und rund. Aufrichtig. Er meinte seine Worte nicht so böse wie sie geklungen haben.
Minho nickte, etwas unsicher. Jisung summte als Antwort und atmete laut auf. „Cool..." Damit legte er seinen Kopf in den Nacken, auf die Rückenlehne des Sofas. "Cool?"
"Jupp... cool." Er guckte die Decke an, in seinen eigenen Gedanken versinkend. „Und wie macht man das?"
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Stunden vergingen, also wortwörtlich. Es war schon dunkel draußen und Minho war immer noch dabei alle Fragen zu beantworten, die aus Jisung gesprudelt kamen.
Wär hätte gedacht dass so etwas Komplexes existiert? Jisung war begeistert von dem Konzept. Schon allein weil, wie Minho es beschrieben hatte, sein großes sich (also der alte Jisung) für den Zeitraum in dem der kleine Jisung da ist (Little Jisung) nicht so viele Sorgen hatte. Auch wenn er noch ein wenig skeptisch war, ob es wirklich funktionierte oder ob das alles mehr wie eine Art Rollenspiel war in das man sich reinversetzte ( ja er wusste was das war, tut nicht so geschockt, so unschuldig ist er auch nicht).
Den Beiden wurde das erst bewusst als Jisung's Handy mit einem Anruf klingelte.
„WO BIST DU??"
Seine Mutter...
„Bei..." Jisung guckte zu Minho rüber, der genau so erschrocken guckte wie er selber. „Bei meinem Date?"
„Oh... schön für dich aber ich brauch dich hier. Miri dreht durch."
Jisung seufzte. „Klar Mama... ich mach mich auf den Weg."
„Sag deinem Date das es mir leid tut."
„Mach ich Mama, hab dich lieb."
„Ich dich auch." Damit legte er auf. „Wer hätte es gedacht, Kinderterror im Hause Han."
Minho lachte. „Na komm, ich bring dich hin."
Die beiden tranken den Rest vom Tee auf und machten sich langsam fertig nach draußen zu gehen. Jisung verabschiedete sich von jeder Katze individuell bevor er seine Schnürbänder noch einmal fester zumachte. Irgendwie fiel es ihm schwer das Haus des anderen zu verlassen.
Er blieb im Türrahmen stehen. Minho schubste ihn sanft ein Stückchen zur Seite damit er seine Tür abschließen konnte. Während er das tat, hafteten die Augen von Jisung auf ihm. Warum strahlte dieser Mensch alles aus, was ihm zum Wort „Zuhause" einfiel?
Jisung vermisste den Geruch aus seinem Haus jetzt schon und schnupperte leicht an Minhos Jacke als er vorlief zu seinem wagen. Mit einem halben Lächeln folgte er und stieg auf dem Beifahrerplatz ein, für die Minho ihm die Tür offen hielt.
Das Radio lief im Hintergrund als sie sich auf den Weg machten zu Jisung. Seine Adresse war noch im Navi eingespeichert von wenn Minho ihn das erste Mal besuchen kam/musste.
Während die neusten Corona Zahlen und Beschlüsse durchgesagt wurden, beobachtete Jisung wie die orange flickernten Straßenlaternen an ihm vorbei flitzen.
Zu schnell waren sie vor seinem Haus angekommen. Minho war der erste der seufzte. „Du musst rein und einen kleinen Dämon bändigen."
„Du sagst das so leicht, das Mädchen macht mir manchmal echt Angst." Meinte Jisung mit einem Blick zu seiner Haustür.
Minho kicherte. „Du schaffst das schon, ich glaub an dich." Und strich ihm einmal über den Arm. Die Berührung ließ Jisung automatisch wieder lächeln.
„Okay... dann geh ich mal." Er guckte Minho für einen Moment an, scannte sein Gesicht ab. Dann lehnte er sich nach vorne und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Bye byeeee." Damit sprang er förmlich aus dem Auto und rannte zu seiner Haustür.
Minho winkt ihm noch einmal zu, bevor er wieder den Weg nach Hause antrat.
Beide grinsten über ihr ganzes Gesicht und ihre Herzen pochten laut und schnell in ihren Ohren.
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