Neues Zuhause
Jisung flenzte auf der Couch herum. Es war früh, noch nicht mal ganz sieben Uhr morgens.
Miri wollte auch mit aufstehen. Also eigentlich war sie mehr der Grund warum er in erster Linie so früh wach war. Sie hatte vor seinem Bett gestanden und gesagt dass sie kuscheln will. Aber in sein, ich zitiere: „Dreckiges und stinkiges Bett" wollte sie nicht.
Also lag sie an seine Seite gekuschelt auf dem Sofa. Die Decke von Großmutter über die beiden gelegt. Während Jisung noch vor sich hin starrte (und dabei immer wieder einnickte) knirschte die Treppenstufe. Vom Geräusch her vermutete er das es seine Mutter war. Und das war sie auch. Doch das bekam er nicht mehr mit weil er wieder eingepennt war.
Die Frau guckte durch die Küche zu ihren Kindern rüber. Mit einem schläfrigen Lächeln setzte sie sich Kaffee auf. Sie weckte sie erst, als sie Rührei und Bacon für sie gemacht hatte und mit zwei vollen Tellern auf einem Tablett balancierend ins Wohnzimmer kam. „Wacht auf. Frühstück ist fertig."
Miri blinzelte mit ihren großen blauen Augen und streckte sich dramatisch. Auch Jisung erwachte aus seinem Schlaf, der bekannte Geruch in seiner Nase.
In wenigen Sekunden hingen beide Kinder über ihren Tellern und stopften sich den Mund voll. Zwischen durch strahlte Jisung seine Mutter an und zeigte ihr ein Daumen hoch. So dauerte es kaum fünf Minuten und alles war bis auf den letzten Krümel verputzt. „War super Mama..." meinte Jisung und ließ sich zurück ins Sofa fallen. Er strich über seinen mit Essen aufgeblähten Bauch.
„Das freut mich." Lachte seine Mutter und begann das Besteck wieder mit in die Küche zu nehmen. Miri wurde nach Oben geschickt um sich die Zähne zu putzen und sich für die Schule anzuziehen. Für die kleine Ruhepause die Mutter und Sohn hatten, saßen beide schweigend nebeneinander. Sie am Kaffeetrinken und Jisung starrte Löcher in die Luft.
„Übrigends..." Da fiel es ihm plötzlich wieder ein. „Ich zieh heute aus." Seine Mutter prustete ihren Kaffee wieder aus, auf den Teppichboden und begann laut zu husten. „Wie bitte??"
„Ich zieh heute... aus?" sagte Jisung zaghafter und klopfte ihr auf den Rücken. Sie brauchte eine Weile bis sie ihren Husten unter Kontrolle hatte. „Alles okay...?" Fragte Jisung. Er war verwirrt von seiner Mutter.
„Ja alles gut..." Sie gab ihm einen Seitenblick und starrte dann ins Leere nach vorne.
„Hab ich was falsch gemacht?"
„Du weißt doch wie deine Mutter ist..." Kam es vom Türrahmen. Jungsoo, der versuchte seine Krawatte richtig fest zu machen. „Sie will nicht dass ihr Baby geht."
„Ist ja nicht so als ob es das zweite Mal ist dass ich ausziehe oder so..." Jisung zog seine Augenbrauen zusammen. „Ich bin aber nicht weit weg, also mach dir keine Sorgen." Er nahm die kleine, wackelige Figur seiner Mutter in den Arm.
„Wo geht mein Baby hin?" Tönte es gedämpft von seiner Schulter.
„... Zu Minho?" antwortete er.
Aus der Küche hörte man ein kurzes Lachen von seinem Stiefvater. „Ich habs gewusst." Seine Mutter lehnte sich von ihm weg, nur genug damit sie ihm ins Gesicht gucken konnte. „Jisung ich hab eine Frage." Sie strich imaginären Staub von seiner Schulter. „Du weißt ich mag Minho gerne, ein sehr anständiger Typ, der perfekte Schwiegersohn." Jisung lief rot an und rollte mit den Augen. „Aber ich... hast du ihm schon erzählt... von..." Ihre Stimme wurde immer leiser und das fummeln an seinem T-Shirt Ärmel immer stärker. Jisung schluckte. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
„Um ehrlich zu sein nein..." dann nahm er seine Mutter wieder in den Arm. Dieses Mal war sein Griff stark, fast schon krampfhaft um seine Mutter. Und ihre Hände hielten am Stoff seines T-Shirts fest, sie roch an seinen Haaren und strich ihm über den Rücken.
„Ich will meinen Sohn nicht verlieren..." Das war das zweite Mal das sie das zu ihm gesagt hat. Letzten Males als er ausgezogen war kam derselbe Spruch. „Ich weiß..." Murmelte Jisung.
Er versuchte die Erinnerungen zu verdrängen, die sich in seinem Gehirn breit machten. Obwohl er sie so lange schon tief in sich verschlossen hatte.
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Jungsoo verabschiedete sich zur Arbeit, er gab Jisung's Mutter einen Kuss auf die Stirn und nahm Jisung kurz in eine seitliche Umarmung. Er guckte ihn für eine Weile an. Jisung war ein gutes Stück kleiner als er. Kaum Ähnlichkeit mit seinen dicken, braunen Haaren. Jungsoo war ein großgebauter Man mit einem stämmigen Kreuz. Man sah auf Anhieb das sie nicht mit einander verwand waren.
Doch die Väterlichkeit in seinen Augen, als er Jisung ansah, machte ihn emotional. Er war schließlich mehr Vater als jeder andere Man der Jisung kannte. Und er war dankbar dafür. Irgendwie.
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Die Zeit verstrich. Jisungs Zimmer sah mehr nach Baustelle aus als nach Zimmer. Bevor seine Mutter mit Miri zusammen außer Hause gegangen ist, gab sie ihm noch die letzten drei großen Kartons die sie hatten.
Und die standen jetzt alle halbgefüllt in seinem Zimmer. Einer für Klammotten, oder die paar Sachen die er noch besaß. In dem anderen war sein PC. Viel mehr hatte er nicht.
Die Eminem CDs konnten von ihm aus hier verrotten, genau wie alle Donald Duck Comics die ihm... „vererbt" wurden. Sein Handy klingelte. Minhos Kontakt hatte mittlerweile seinen eigenen Klingelton.
„Was ist?" Jisung klemmte sein Handy zwischen seinen Kopf und seine Schulter und hob einen der Kartons auf sein Bett. „Kannst du mir mal die Tür aufmachen? Hier ist zu schwül."
Minhos Kichern schallte durch den Hörer als Jisung die Treppen runter stürmte und die Tür aufriss. „Minho!" Und schon sprang er in seine Arme. Minho lachte immer noch als er ihm seine blonden Haare an den Nacken rieb. Jisung schnappte sich die Hand von ihm und zog ihn ins Haus zurück.
„Warum so stürmisch?" Jisung lächelte breit als er ihn die Treppen raufzerrte. „Jetzt muss ich die Kartons nicht mehr tragen."
Und tatsächlich bestätigten sich seine Worte. Er saß auf Minhos Auto- Ja auf dem Auto, fragt mich nicht wie er dahin gekommen ist- während Minho hin und her lief und Sachen schleppte.
Jisung hatte eine (unnötige) Checkliste auf dem Schoß und wuschelte Minho jedes Mal durch die Haare wenn dieser etwas im Kofferraum seines Autos verstaute.
„Du hättest auch mithelfen können..." murmelte Minho ans Auto gelehnt und neigte seinen Kopf nach hinten. „Aber wir müssen doch unsere Cliché erfüllen, " meinte Jisung und tupfte ihm die Stirn ab. „Sei ehrlich du bist einfach nur faul." Minhos Mundwinkel hoben sich mit immer noch geschlossenen Augen. „Was unterstellen sie mir da Mr. Lee??"
„Das sie keinen Enthusiasmus für körperliche Arbeit besitzen, Mr. Han." Jisung schüttelte lachend den Kopf und rutschte vom Auto runter. „Wollen wir?"
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Das Radio lief auf voller Lautstärke und blättre einen Indie Song. Und Minho und Jisung fühlten jede Lyrik und fassten sich an die Brust als sie dramatisch mitsangen. Die Fenster waren alle runter geschraubt, Wind wirbelte ihre Haare durcheinander und brachte das fast Sommerwetter in den Wagen. Es war dumm, unglaublich laut und beide sangen ohne einen einzigen Ton zu treffen. Aber auch hier trifft die „sie sind Idioten, aber glückliche" Theorie wieder zu.
Kaum ein Mensch wäre glücklich aus seinem alten Zuhause praktisch rausgeschmissen zu werden. Auch wenn man mit jemanden zusammenzog der ihm mehr oder weniger schon gestanden hat das er mehr für ihn fühlt als nur Freundschaft. Aber das muss ja noch nicht mal was schlechtes sein.
Denn wenn du genauso denkst, selbst wenn du deinen elendig schweren Kartons aus dem Auto schleppst und dann über eine Katze stolperst und diese Person zu dir eilet und sich neben dich legt, nur um so zu tun als wäre sie auch gefallen; dann kann ich dir versichern das es nicht nur normale „Idioten" sind. Sondern Minho und Jisung.
Und sie waren okay damit, auf dem (echt dreckigen Boden) zu liegen. Wie sie auf die Idee gekommen sind Minhos komplettes Haus umzuräumen und die Dekoration so zu verändern das und ich zitier „Es mehr danach aussieht als ob sie zu zweit hier wohnen", weiß keiner.
Aber die Uhr zeigte zwei Uhr nachts oder morgens. Wie so oft fanden die beiden ihre Plätze auf dem Sofa. (was im Verlaufe des Abends schon durch das ganze Haus getragen wurde, nur damit sie sich sicher sein konnten das es im Wohnzimmer am besten aussah) Die drei Katzen hatten die Nase gestrichen voll und waren vor einiger Zeit in die hinterste Ecke verschwunden.
Beide waren zu faul gewesen um was zu kochen, hatten aber riesigen Kohldampf. Also aßen sie Dosen-Ravioli. Die Füllung war noch eiskalt, die Nudel drum herum kochend heiß. Und trotzdem stopften sie sich die Münder voll als wäre es ein fünf Sterne Gericht.
Danach ließen sie irgendeine low-budget Serie aus dem Fernseher laufen, wieder zu faul um einfach ins Bett zu gehen und zu schlafen. Sie machten dumme Kommentare zu jedem Detail was die Serie zeigte. Von der Frisur der Mutter, bis hin zu dem Hund, der dabei gefilmt worden waren wie er sich entleerte. Wie darf sowas überhaupt ausgestrahlt werden?
Minho hatten einen Arm auf der Rückenlehne, um Jisungs Schultern gelegt. Dieser wollte ursprünglich auf seiner Schulter lehnen. Aber er rutschte langsam ab und ohne die Energie seinen Kopf wieder zu heben rutschte er auf Minhos Bauch. Die Hauptcharactere auf dem Bildschirm küssten sich. Viel zu eifrig für die eigentlich traurige Scene.
„Ich hab selten so schlechte Schauspieler gesehen." Meinte Minho trocken. „Aber man sieht dass die beiden sich, hinter den Kameras mögen." Lenkte Jisung ein und hob endlich seinen Kopf wieder.
„Ist mir doch egal ob die hinter der Kamera rummachen oder nicht. Ich wollte sowieso das sie mit dem anderen Kerl zusammenkommt." Minho nahm die Serie vielleicht ein kleines Stücken zu ernst. Aber nur ganz vielleicht.
„Na komm schon, regt dich nicht so auf..." Jisung strich ihm durch die Haare. Ein müdes Lächeln überspielte seine Lippen als Minho leise lachte und sich in die Berührung schmiegte. Jisung bemühte sich nicht zurück zum Bildschirm zu gucken. Minho war so oder so viel interessanter.
„Weißt du was?" meinte er, in seiner Stimme hing schlaf. „Hm?" Minho blinzelte die Augen zu, Wange in Jisung's kleiner Hand. „Irgendwie mag ich nicht was auf dem Spielplatz passiert ist."
Müdigkeit muss mit den Gehirnen der beiden etwas gemacht haben.
„Weil du hyperventiliert hast und fast zusammengebrochen bist?"
Minho wurde... langsam im Denken.
„Nein."
Jisung wurde selbstbewusster.
„Weil ich dich nicht so zum ersten Mal küssen wollte."
„Mhm." Minho summte nur.
Wäre Jisung nicht in ihn verliebt, oder so was ähnliches, hätte er ihn wirklich gerne geschlagen. Er rollte mit den Augen bevor er sich vorbeugte. Das zweite mal.
Das zweite Mal das er die Lippen des anderen auf seinen spürte. Warm und weich, so wie Mann es schon tausendmal aus Büchern gehört hat. Minho schreckte auf und riss seine Augen weit auf. Nach keiner weiteren Reaktion löste sich Jisung wieder.
Minho starrte ihn für eine Weile verdattert an. „Noch mal." Platze es dann aus ihm raus. Seine Hand fand den Nacken von Jisung und zog ihn zu sich. Langsam.
Der ließ es mit einem Lächeln geschehen, hielt auch noch Augenkontakt als ihre Lippen übereinander geisterten. „Na komm schon, bitte..." murmelte Minho in seinen Mund bevor sie ihren Kopf drehten und ihre Lippen wieder aufeinander trafen.
Tomaten Ravioli auf ihren Lippen, küssten sie sich. Jisungs Hände fanden das Gesicht des anderen, seine Daumen rieben vorsichtig seine Wangen. Er versuchte das zu vermitteln, was er sich durch Worte nicht trauen würde.
Und es waren so viele unausgesprochene Sachen die ihre Lippen geräuschlos wechselten.
Danke dass du für mich da bist.
Danke dass du mich hältst.
Danke dass du mich magst.
Ich mag dich. Sehr.
Du bist mein Zuhause.
Die beiden lächelten in den Kuss, lösten sich aber nicht. Es ging von kurzen Küsschen zu, sinnlichen langen Bewegungen von zwei Lippenpaaren gegeneinander.
Und in diesem Moment, waren sogar die Katzen egal, die vor der Couch standen und sie anstarrten als hätten sie Aliens gesehen.
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