48. Kapitel | Egal
There'll never be enough of us
„Es ist so kalt", beschwerte Stegi sich und vergrub die Hände noch tiefer in den Taschen seiner Jacken.
„Das hier war deine Idee", meinte Tim nur. „Also auch deine Schuld."
Stegi hätte ihn geschlagen, wenn er dafür nicht die Hände aus den Taschen hätte nehmen müssen. Er trug keine Handschuhe, hauptsächlich, weil er keine hatte. Was im Nachhinein keine gute Idee gewesen war.
Sie standen in der viel zu bitteren Kälte irgendwo zwischen dem Weserufer – hier standen einige Schiffe – und Altbauhäusern. Dazwischen war der Weihnachtsmarkt aufgebaut. Phil hatte ihn explizit hier hin geschickt – Anders als beim klassischen Weihnachtsmarkt schien der hier unter dem Motto „Mittelalter" zu stehen. Und das war laut ihm eben sehr cool.
Stegi war von dem Konzept noch nicht ganz überzeugt, aber das lag eher an den doch sehr winterlichen Temperaturen. Immerhin hatte es neulich erst geschneit, und auch, wenn hier von dem Schnee nur noch Matsch übrig war, lagen die Temperaturen noch im Minusbereich.
„Können wir uns bewegen?", fragte er und schubste Tim an, damit der auch endlich mal einen Schritt nach vorne trat. „Und Glühwein suchen?"
Tim schubste ihn zurück, was Stegi viel zu sehr ins Stolpern brachte, folgte ihm aber. „Können wir machen. Aber falls wir was anderes Interessantes finden, schauen wir uns das auch an, oder - Hey, schau mal!"
Überrascht drehte Stegi sich in die Richtung, in die Tim deutete. Es war ein Stand, der wohl, getreu des Mottos, Waffen verkaufte. Ein paar von denen sahen relativ realistisch aus (auch, wenn die Schwerter garantiert nicht wirklich so scharf waren), aber daneben standen auch zwei Körbe mit Holzschwertern und -Schilden. Stegi musste unglaublich breit grinsen. „Erster!", rief er und drängte sich durch die Menschen, um als erstes ein Schwert zu greifen. „En Garde!"
Wesentlich entspannter folgte Tim ihm, nahm aber aber ebenfalls eines der Schwerter. „Ist das eine Herausforderung?", fragte er und wog das Kinderspielzeug in der Hand hin und her.
„Und wie es das ist."
„Dann kannst du dich auf was gefasst machen." Schneller, als Stegi es ihm zugetraut hätte, richtete er die Schwertspitze auf Stegi.
Stegi parierte und schlug dann ebenfalls nach ihm.
Er musste feststellen, dass er ziemlich schlecht im Schwertkampf war, wenn er in der realen Welt stattfand. Tim allerdings glücklicherweise auch. Letzen Endes hatte Stegi dann aber doch seine Waffe an Tims Hals gelegt und grinste triumphierend. „Gewonnen!"
„Ja, meinetwegen." Tim rollte mit den Augen. „Revanche?"
Jemand räusperte sich. Jemand hinter ihnen. Stegi drehte sich um und sah den Verkäufer an dem Stand. „Wollt ihr das jetzt kaufen oder nicht?"
„Ähm" - Stegi inspizierte sein Schwert kurz, zum Glück waren keine Kratzer darauf – „Tut uns Leid." Langsam legte er es zurück und nahm auch Tim seins aus der Hand. „Schönen Abend noch."
Sobald sie außer Hörweite des Standes war, fing er an zu lachen. „Oh Gott, ich hab voll vergessen, dass die ja jemandem gehören!"
„Wir sind so doof, ey."
„Und wie wir das sind." Er atmete durch, um sich zu beruhigen. „Glaubst du, ich sollte ein Schwert kaufen? Lohnt sich das als Investition?"
„Und zu dem Typen zurückgehen, der uns jetzt hasst?", fragte Tim.
„Ist ein Argument." Stegi steckte sich wieder die Hände in die Jackentaschen. „Aber ich habe gewonnen! Gegen dich!"
„Idiot."
„Ich bin ein besserer Schwertkämpfer als du."
„Na ja", philosophierte Tim, „Kann man das denn Kämpfen nennen?"
„Ach, halt doch die Fresse." Stegi warf ihm einen wütenden Blick zu. „Lass uns was anderes machen. Sowas wie -" Er sah sich um. Die meisten Stände verkauften Dinge, die außerhalb seiner Preisklasse lagen. Hauptsächlich Schmuck. Und er musste ja auch noch irgendwo ein Geschenk für Lucy besorgen, und von Ketten und Ohrringen hatte er definitiv zu wenig Ahnung dafür. „Oh, da kann man Tränke kaufen!"
„Du weißt, dass das nur Wein oder so ist?", schmunzelte Tim, wurde aber schon von Stegi am Arm gepackt und zu dem Stand gezogen.
Stegi musterte die Auslage. „Guck mal, es hat sogar jeder eine eigene Beschreibung!", rief er und hob eine der Flaschen hoch. „Hier: ‚Glückstrunk – Aus der Kraft der Weinbeere und Minze aus den tiefsten Bergen zusammengemischt, so wird dieser Trank Euch in allen Problemen von Nutzen seien. Nur ein Schluck erhöht die Chance auf einen positiven Ausgang stark.' Das klingt widerlich. Soll ich das Lucy schenken?"
„Wäre da nicht irgendwas mit ner lustigeren Wirkung... Witziger?"
Stegi zuckte mit den Schultern. „Dann hilf mir doch suchen."
Schließlich kauften sie einen Trank, der Glück im Umgang mit wildgewordenen Tieren versprach. Eigentlich nur Wein in schönerer Flasche, da hatte Tim schon Recht, aber es sah eben cool aus. Lucy mochte cool aussehende Dinge. Wer tat das denn nicht?
„Dann können wir doch schon wieder gern, oder?", fragte Tim scherzhaft.
„Kommt nicht in die Tüte", meinte Stegi bestimmt. „Mir ist zwar echt kalt und jetzt ist mein Rucksack wegen dieser scheiß Flasche echt schwer, aber ich werde bis zum Ende alles hier ablaufen, koste es, was es wolle."
„Wenn du das meinst", lachte er. „Ich hab kein Problem damit. Nur dir ist kalt."
„Ey", murmelte Stegi. „Außerdem musst du dich immer noch irgendwie beweisen, weil du gegen mich verloren hast."
„Ja, rede dich nur raus."
Stegi streckte ihm die Zunge raus. „Ja, whatever, sei doch leise." Damit beschleunigte er seine Schritte – Tim folgte ihm jedoch damit. „Oh, da gibt es Kerzen."
Tim seufzte ergeben und folgte ihm. „Was willst du denn mit Kerzen?"
„Weißt du wirklich nicht, was Kerzen sind?", fragte Stegi grinsend. „Guck mal, die sind niedlich. Die hier sieht aus wie eine Katze." Dabei deutete er auf eine tatsächlich wie eine Katze geformte Kerze. Der Docht stand zwischen den Ohren heraus. Stegi nahm sie in die Hand und warf einen Blick auf den Preis, der eigentlich ziemlich okay war, fand er. Ob er die auch kaufen sollte? Er konnte sie Lucy dazu schenken. Sie hatte ja den Kater und schien ihn ziemlich zu mögen.
„Natürlich weiß ich, was Kerzen sind." Auch Tim inspizierte die Kerze, nachdem er sie Stegi aus der Hand genommen hatte. „Die ist wirklich niedlich."
„Sage ich doch!" Stegi nahm sie zurück und stellte sie wieder an den Stand, der alle möglichen Kerzen in allen möglichen Größen und Formen verkaufte. „Es wäre lustig, wenn es Peniskerzen gäbe."
Tim lachte. „Die würde ich sogar kaufen."
„Ehrlich?", grinste er. „Schwul oder was?"
Anstatt einer Antwort schüttelte Tim nur den Kopf, musste aber lachen.
„Guck mal", meinte Stegi, nachdem er sich alles angesehen hatte, und deutete auf ein Schild über den Kerzen. „Hier kann man selbst Kerzen ziehen!"
„Sicher, dass du das tun willst?"
„Warum nicht?"
„Das dauert. Ich habe das mal mit Max gemacht und es war die Hölle, weil er so ungeduldig war."
„... Hast du mich grad mit deinem kleinen Bruder verglichen?" Stegi warf ihm einen entrüsteten Blick zu.
„Du bist eben auch 12. Penis-Kerzen."
„Hey, du fandest das auch witzig!", verteidigte er sich. Obwohl er ja zugeben musste, das Tim Recht hatte; er war wirklich kein besonders geduldiger Mensch, wenn es um so etwas ging. „Wie geht Kerzen ziehen denn?"
„Du tauchst den Docht in Wachs, wartest, bis die Schicht getrocknet ist, und dann machst du das nochmal."
„Immer und immer wieder?"
„Jap."
„Gott", seufzte Stegi. „Das klingt ja wahnsinnig langweilig."
„Sage ich doch." Tim grinste. „Ich hab eben immer Recht."
Also kaufte Stegi die Kerzen-Katze (die war eh viel schöner als eine Selbstgemachte) und sie zogen weiter. „Gibt es hier keine... Wettbewerbssachen oder so?", fragte Stegi. „Ich will dich noch mal besiegen."
„Dein Ernst?"
„Ja. Und dann will ich Glühwein und was Essen."
„Ich dachte, es wäre mein Weihnachtsgeschenk."
Stegi grinste. „Wenn du was willst, kannst du es ja sagen."
„Essen klingt sehr gut."
„Okay", meinte er nickend. „Je nachdem, was wir zuerst finden, Deal?"
Tim zuckte mit den Schultern. „Bin dabei."
Tatsächlich fanden sie zuerst Tims Revanche-Möglichkeit. (Oder eher Stegis Wettkampflust, aber das würde er natürlich nie zugeben.) Ein Stand, bei dem eine Strickleiter in etwa einem halben Meter Höhe aufgehängt war, fast parallel mit dem Boden. Am Ende hing eine Glocke. Gewonnen hatte wohl, wer sie läutete.
Tim musterte den Stand. „Wie schwer kann das bitte sein?"
„Wenn es so einfach ist, kannst du mich ja endlich besiegen."
Jetzt funkelten seine Augen doch. „Und wie ich das werde."
Stegi gab dem Menschen von der Attraktion zwei Euro. „Ist für meinen Freund", meinte er und deutete auf Tim. „Also, Timmi?"
Vorsichtig näherte Tim sich mit dem Ganzen. Grinsend beobachtete Stegi ihn. Sollte er ihn anfeuern oder lieber nicht? Aber hey, selbst, wenn er das tat, würde er darin bestimmt immer noch besser sein. „Du schaffst das!", rief er also und lachte, als er Tims Augenrollen sah.
Dann stieg Tim auf die Strickleiter. Stegi musste sich zurückhalten, nicht zu lachen, als er ins Schwanken geriet. Er schaffte zwei Stufen – drei – dann verlor er das Gleichgewicht und fiel auf die Matte, die unter der Strickleiter aufgebaut war.
Jetzt musste er doch prusten. „Das ist nicht schwer, ne?"
Tim rappelte sich auf und lief zu ihm herüber. „Es sieht aber ehrlich einfach aus!"
„Du kannst nicht mal eine Strickleiter hochklettern."
„Fick dich, ey. Mach du es doch, wenn du es so gut kannst."
„Ich werde garantiert besser sein als du", kündigte er an. Er gab dem Mann hinter dem Stand noch einmal zwei Euro.
„Für deinen Freund?", fragte der.
„Für mich", meinte Stegi und grinste. „Danke!" Dann warf er Tim einen Blick zu, der so etwas sagen sollte wie Ich mach dich fertig.
Er stieg auf die erste Sprosse; eine ein paar darüber mit seinen eingefrorenen Fingern festhaltend. Direkt erkannte er, was Tim gemeint hatte mit „Es sieht einfacher aus" - Die Leiter hing immerhin fast parallel zum Boden, und war nur an zwei Enden befestigt. Zusammen mit seinem nicht ganz grandiosen Gleichgewichtssinn machte es das ziemlich schwer, nicht herunterzufallen.
Langsam setzte er seinen Fuß auf die nächste Sprosse, balancierte sich aus; bewegte den Arm nach vorne – Und bewegte sich wohl irgendwie falsch. Bevor er wusste, wie ihm geschah, lag auch er unten und fing an, zu lachen. „Fuck!"
Tim half ihm auf und grinste dabei breit. „Ich hab gewonnen!"
„Du bist auch runtergefallen."
„Ja", meinte er. „Aber ich bin später runtergefallen als du. Du hast verloren."
„Nein", beharrte Stegi und rieb seine Hände zusammen. „Und jetzt sind meine Hände kalt."
„Ehrlich?", fragte Tim und nahm Stegis Hand zwischen seine. „Stimmt. Was hast du angestellt?"
„Keine Ahnung. Du trägst doch auch keine Handschuhe? Warum sind deine warm?"
„Pures Talent."
„Ach", murrte er, „halt doch die Fresse."
„Das hättest du wohl gerne, was?" Tim zog seine Hände zurück. „Aber niemals."
„Hey!"
„Ich werde dich leider weiter nerven."
„Das meine ich eh nicht, das weiß ich schon", murmelte Stegi. „Ich meinte, dass meine Hände jetzt wieder kalt sind."
„Ehrlich jetzt?", fragte Tim lachend, griff aber wieder nach Stegis Hand und verschränkte ihre Finger miteinander. Seine freie Hand steckte er in die Jackentasche (Stegi tat es ihm gleich). „Meinetwegen."
Eigentlich war das hier gar nicht das gewesen, was Stegi sich ursprünglich gedacht hätte, aber er wäre der letzte gewesen, der sich beschwert hätte. Ein Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus und er drückte Tims Hand etwas fester. „Geht doch", grinste er.
Sie schlenderten weiter über den Markt und durch die Menge. Die meisten Menschen schienen sie gar nicht zu bemerken und das beruhigte Stegi irgendwie ungemein – Ja, er war nicht mit Tim zusammen. Leider. Aber gerade könnte man das denken, oder? Und trotzdem schien den Leuten das egal zu sein.
War ja auch schon 2016. Aber dennoch.
„Weißt du, was fehlt?", fragte Tim. „Schnee."
„Schnee? In Norddeutschland?"
Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, hier ist es so kalt immer."
„Eigentlich ja schon." Stegi grinste. „Aber es schneit auch weniger. Es regnet nur mehr."
„Ist doch bescheuert. Warum wohnen Leute hier?"
„Keine Ahnung. Keinen Bock auf Dialekte oder so vielleicht?"
„Vielleicht", lachte Tim. „Obwohl ich auch nicht bayrisch spreche und trotzdem da unten wohne."
„Zum Glück nicht, ey." Stegi sah zu Tim. „Wenn du mich mit Grüß Gott begrüßen würdest, könnte ich dich nicht ernst nehmen."
„Ich dich auch nicht, wenn du mich mit Moin begrüßt."
„Tue ich nicht", versprach er. „Das ich hier wohne, ist ja auch eher so eine temporäre Sache, und -"
Bevor Stegi seinen Satz beenden konnte (So schnell übernehme ich Dialekte nicht, hatte er sagen wollen), unterbrach Tim ihn: „Hey, Stegi, wolltest du nicht was trinken?"
Stegi nickte begeistert. „Ja! Wo?"
Tim zog ihn zu einem Stand, der diverse warme Getränke anbot. Vorne war ein Holzschild Taverne angebracht und die Bedienung trug einen Piratenhut, was irgendwie schon witzig war. Phil hatte Recht gehabt – Das hier war doch besser als ein normaler Weihnachtsmarkt, irgendwie. Auf jeden Fall mal was anderes.
Sie bestellten sich beide ein Glühwein-Äquivalent unter einem schickeren Namen. Langsam löste Stegi seine Hand von Tim und schob der Bedienung fünf Euro hin. „Passt so."
„Danke, Matrosen", grinste sie und Stegi musste lachen.
Wenig später bekamen sie ihre Getränke und Stegi schloss sofort beide Hände um den Becher. „So muss sich der Himmel anfühlen."
Tim lachte. „Du bist so ein Lauch, Stegi."
Allerdings war Stegi zu beschäftigt damit, seine Hände aufzuwärmen, um sich eine gute Antwort auszudenken. Stattdessen schwieg er für eine Weile, bis sein Körper wieder ansatzweise aufgetaut war und er den ersten Schluck getrunken hatte. „Und, wie gefällts dir?", fragte er lächelnd.
Tim saß ihm zugewandt. „Gut", meinte er. „Wirklich. Danke für das Geschenk. Es ist schon – schön hier." Langsam nahm er einen Schluck, wandte dabei den Blick ab. „Mit dir."
Stegis Lächeln wurde noch etwas breiter. „Ja", murmelte er. „Finde ich auch." Unsicher, was er noch sagen sollte, beobachtete er Tim aus dem Augenwinkel. Es gab so viel, was er sagen wollte.
Und so wenig Worte, um es auszudrücken.
„Ich komme übrigens vor den Osterferien vorbei", kündigte er dann an, „Also – wenn das okay für dich ist. Nochmal so lange halte ich es nämlich nicht aus, ohne dich zu sehen. Und ich muss mir noch eins von deinen Basketballspielen ansehen!"
„Da gewinne ich tatsächlich", lachte Tim und drehte Stegi wieder den Kopf zu. „Und klar, kannst du gerne machen. Wäre ich auch dafür."
„Super!", grinste er.
„Aber lass uns da noch nicht drüber nachdenken. Ich meine, noch haben wir doch zwei Wochen Zeit. Das müssen wir erstmal genießen, oder?"
„Ja." Stegi lächelte. „Morgen ist einfach mal schon Weihnachten. Ist doch verrückt."
„Und wie es das ist. Grad eben war doch noch September."
„Na ja. Ich finde, das ist schon ziemlich lange her." Stegi nahm den letzten Schluck aus seinem Becher. „Jedenfalls fühlt es sich an, als würde ich dich länger kennen."
Auch Tim trank aus. Sie gaben die Becher zurück, dann standen sie auf. „Können wir uns was zu Essen holen?", fragte er. „Ich hab langsam echt Hunger."
„Klar", meinte Stegi und deutete in die Richtung, aus der sie gerade eben gekommen waren. „Da drüben gab es was, glaube ich."
„Und das hast du mir nicht gesagt?"
„Mir war halt kalt."
„Ja, du Frostbeule."
„Aber jetzt ist mir warm!", verkündete er. „Also? Holen wir uns was zu Essen?"
Tim nickte und griff wie selbstverständlich wieder nach Stegis Hand. Fragend sah er Stegi an. Bildete er sich das an, oder wirkte er nervös? (Wahrscheinlich Einbildung, so, wie er sich kannte.) Bevor Tim sich noch wieder zurückzog, nahm Stegi Tims Hand und lächelte ihm zu.
Sein Herz klopfte ein bisschen schneller.
„Wollen wir uns mit dem Essen hinsetzen?", fragte Tim, nachdem sie bestellt hatten. Fladenbrot mit diversem Belag. „Nur so ein Vorschlag."
Stegi nickte. „Vielleicht unten ans Wasser?" Es war ja jetzt nicht so, als hätten sie eine große Wahl gehabt. Der Markt selbst war definitiv zu voll, zurück in die Innenstadt wollte er auch nicht gehen, und andere Sitzmöglichkeiten gab es auch noch.
Also hielt Tim wenige Minuten später das Essen und Stegi suchte ihnen einen Platz aus. Es führten einige Stufen vom Markt hinunter zum Pier, auf die sich setzten (direkt ans Wasser wollte er auch nicht, weil er sich zutraute, reinzufallen).
Stegi verschränkte seine Hände wieder mit Tims, nachdem sie sich hingesetzt hatten, und begann, zu essen.
Das Leben hätte immer so sein können, fand er. Auch, wenn es kalt war und die Stufen ein bisschen nass von matschigen Schneeresten und er sich vielleicht eine Erkältung eingefangen hatte.
„Versprichst du mir was?", fragte er. „So gut du das versprechen kannst."
Tim sah zu ihm, Kopf leicht schief gelegt. „Ja?"
„Dass wir befreundet bleiben. Egal, was passiert. Auch, wenn wir andere Freunde haben oder -" Oder er am liebsten etwas anderes als befreundet wäre mit ihm.
„Natürlich, Kleiner", lächelte Tim.
„Nenn mich nicht Kleiner."
„Nur, wenn du mich nicht Timmi nennst."
Stegi schob die Unterlippe vor. „Alter, ey."
Langsam strich Tim mit seinem Daumen über Stegis Handrücken. Stegi hätte ein bisschen sterben können, vielleicht. Nicht auf die schlechte Weise. „Wovor hast du Angst?"
„Das klingt dumm", meinte er. Weil Neid dumm war. Besonders bei Freunden. Weil er eigentlich wusste, dass Tim ihn nicht einfach verlassen würde. Aber es war so verdammt oft passiert. Und mit so viel Distanz und unausgesprochenen Dingen und neuen Menschen... „Aber, keine Ahnung. Du hast ja auch andere Freunde, und vielleicht denkst du irgendwann, dass du mich ja gar nicht mehr brauchst. Vor allem, weil ich so ewig weit weg wohne, weißt du?"
„Stegi", flüsterte Tim und sagte dann erstmal nichts mehr. „Sechs Stunden sind nicht ewig. Und außerdem – Niemand kann dich ersetzen. Ich hoffe, das weißt du."
„Egal, was passiert?", fragte er und lehnte den Kopf gegen Tims Schulter.
„Egal, was passiert."
Tropfen im Meer aka. "clueless gays, the novel". :D
(Zitierter Song: Lorde - Buzzcut Season)
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