2 | Blutrausch
Müde sitze ich im Unterricht und versuche mich angestrengt auf Mathe zu konzentrieren, was mir nicht wirklich gelingen möchte. Letzte Zeit bekomme ich immer viel weniger Schlaf als sonst ab, weil ich ständig nur am Lernen bin. Schließlich finden in wenigen Monaten schon die Abiturprüfungen statt. Aber es geht nicht nur mir so. Wenn man einen Blick auf meine Klasse 12E wirft, kann man deutlich bei den meisten Schülern übergroße Augenringe erkennen.
Konzentriert versuche ich nicht schon wieder zu gähnen. Als ich vorhin das dritte Mal gegähnt habe, hat Frau Günther mich schon vernichtend angeschaut, sodass ich ein viertes Mal lieber vermeiden möchte.
Da ich sowieso, egal wie sehr ich mich anstrenge, nicht aufpassen kann, wandert mein Blick mal wieder gelangweilt durch die Klasse. Auffällig ist, dass letzte Zeit immer mehr Schüler unentschuldigt fehlen. Letzte Woche waren es nur ein paar Jungs aus meiner Klasse, von denen ich dachte, dass sie einfach schwänzen. Heute sind sie aber immer noch nicht aufgetaucht und es sind noch mehr fehlende Schüler auf die Liste dazugekommen. Zu ihnen gehört auch Larissa, eine gute Freundin von mir, die niemals freiwillig unentschuldigt fehlen würde, was mich etwas misstrauisch macht.
Eine Weile später macht sich meine Blase langsam bemerkbar, sodass ich gezwungen bin, diese zu leeren. Widerwillig erlaubt Frau Günther mir, aufs Klo zu gehen, weswegen ich jetzt gemütlich durch das leere Schulgebäude schlendere. Meine Schritte hallen laut durch den Gang, während ich an den zahlreichen, bunten Spinden, die an den Wänden angebracht sind, vorbeilaufe.
Ein schleifendes Geräusch reißt mich aus meinen Gedanken. Es hört sich an, als ob jemand etwas Schweres hinter sich herzieht. „Wahrscheinlich wird einfach nur der Müll weggebracht. Keine Panik, Klara!", versuche ich mich selber zu beruhigen. Nichtsdestotrotz probiere ich aber unbewusst, leiser zu gehen, was jedoch nicht wirklich hilft, da meine Schritte immer noch nicht zu überhören sind. Unwohl schaue ich mich immer wieder um und beschleunige dabei meine Schritte. Am Klo angekommen reiße ich mit Schwung die Tür auf und stürze regelrecht hinein, nur um danach tief durchatmen zu können.
Ich spritze mir etwas Wasser ins Gesicht und wundere mich dabei, wie leicht ich doch zu erschrecken bin. Vorsichtig öffne ich die Tür und linse sicherheitshalber heraus, nur um festzustellen, das nichts Merkwürdiges zu erkennen ist. Das Geräusch von vorhin ist auch verschwunden und wurde durch eine bedrückende Stille ersetzt.
Trotz meines Bauchgefühls, welches mir sagt, dass hier etwas gewaltig nicht stimmt, beschließe ich zu meiner Klasse zurückzugehen. Angespannt laufe ich nun weiter, wobei ich mir immer wieder einrede, dass sich mein Bauchgefühl irrt.
Als ich um die Ecke biege, bleibe ich mit rasendem Herzen stehen und betrachte nun eine dunkelrote Pfütze, welche stark an Blut erinnert. Saft sieht deutlich anders aus und mir fällt keine andere Substanz außer Blut ein, der ich diese Pfütze zuordnen kann. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, kann ich ganz leicht einen metallischen Geruch wahrnehmen, wodurch mir kotzübel wird. Bei genauerem Betrachten kann man etwas weiter weg von dieser Stelle eine Blutsspur finden, welche zu einer Tür am anderen Ende des Ganges führt. Meine Knie werden butterweich, sodass ich das Gefühl habe, gleich umzukippen.
Kurz überlege ich, mich einfach umzudrehen und nie wieder einen Fuß in diese Schule zu setzen, jedoch siegt meine Neugier über meine Angst, sodass ich mich leise in Richtung Tür bewege. Ich habe keine Ahnung, was mich dort erwarten könnte. Jedenfalls nichts Gutes.
Vergeblich versuche ich meine Angst in den Griff zu bekommen, scheitere dabei jedoch eindeutig. Die Tür ist nur noch ein paar Schritte von mir entfernt und ich spüre diese unerträgliche Angst bis in die letzte Pore. Jedoch ist meine Neugier größer, sodass ich die letzten Schritte überwinde und meine Hand um die eiskalte Türklinke lege, um sie vorsichtig herunterzudrücken.
Mit einem unangenehmen Quietschen öffnet sich die Tür und ein genüssliches Schmatzen ist zu hören, wodurch ich unbewusst den Atem anhalte. Das Schmatzen hört in dem Moment auf, als ich in den Raum gehe und der metallische Geruch von Blut in den Vordergrund tritt. Als sich meine Augen an das Licht der von der Decke baumelnden Lampe gewöhnt haben, weiten sich schockiert meine Augen.
Larissa liegt völlig blutverschmiert im Raum und hat Bisswunden an ihrem gesamten Körper verteilt, die an Vampirbisse aus Filmen erinnern. Voller Adrenalin im Körper drehe ich mich um und möchte wegrennen, bleibe jedoch stehen, als ich sehe, wer mir den einzigen Fluchtweg versperrt.
Es ist der Hausmeister unserer Schule, welcher mich bösartig angrinst und sich Larissas Blut von seiner Lippe leckt.
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