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01 | Seeluft

Eine seichte Brise weht über das Land. In der Ferne hört man das Meer rauschen und über mir kreischen die Möwen. Selbst auf den hohen Klippen, auf denen der Friedhof des Distrikts liegt, riecht man noch den fernen Geruch von Salz. Ein wenig Regenduft liegt auch in der Luft - noch immer tropft der letzte Tau der Nacht von den Gräsern der Salzwiese hinab.

Bedacht darauf, die viele bunten Blumen und Blüten zu meinen Füßen nicht zu zertreten, gehe ich über den sandigen Weg, der zu den hintersten Gräbern führt. Nach einer Weile bin ich schließlich da und lasse mich sanft zwischen die weichen Gräser auf die Knie sinken.

Die beiden Erdhügel sind mittlerweile garnicht mehr wiederzuerkennen. Über und über sind sie mit bunten Blumen bedeckt und vor allem die zwei Grabsteine sind von mehreren Lilienblüten umschlungen. Erneut streicht eine kalte Brise umher und instinktiv schlinge ich meinen Mantel enger um meinen Körper. Trotzdem lässt der eisige Wind meine schwarzen Haare in der Luft tanzen.

Eine Weile lang herrscht eine seltsame Ruhe, in der ich bloß die grauen Wellen in der Ferne beobachte. Doch dann wage ich es schließlich, meinen Blick vom Ozean abzuwenden, und sehe zurück auf den Grabstein, der direkt vor mir liegt. Ich kenne seine Inschrift mittlerweile in - und auswendig und doch brennt sich jedes Wort noch immer wie Feuer in meine Gedanken ein.

Hier ruht

Jinia Olgivy

Tochter von Librae und Atala Olgivy

Weibliche Tributin der 73. Hungerspiele

Möge die See ihre Seele für alle Ewigkeit hüten

Ein stechender Schmerz flammt in meinem Herzen auf. Fast genau ein Jahr ist es nun her, dass Jinia gestorben ist. Ich sage mir oft, dass ich mich nach all der Zeit an ihre Abwesenheit gewöhnt habe, doch ich erwische mich noch immer dabei, sie vor mir zu sehen.

Auch an diesem Tag sitzt sie wieder unmittelbar bei mir - genau so, wie sie es immer tut. Die Arme hat sie um die Knie geschlungen, ihre dunklen Locken wehen im Wind und ihre Augen leuchten so wachsam wie eh und je. Hinter ihr geht in diesem Moment die goldene Sonne am Horizont auf, doch Jinias Lächeln strahlt umso heller und wärmt mein Herz.

Doch mit der Zeit kehrt die Kälte in meine Züge zurück. Ich lasse meine Blicke über Jinia schweifen - erneut wird mir klar, sie ist älter geworden. Obwohl nur ein Jahr vergangen ist, ist sie schon beinahe so groß wie ich. Doch nicht nur körperlich wirkt sie erwachsener - auch in ihrem Blick liegt etwas reifes. Seufzend streiche ich mir mit den kalten Fingern eine Locke aus dem Gesicht.

„Willow ist heute vierzehn geworden.", beginne ich und blicke Jinia zurück in die leuchtenden Augen. Ein leichtes Lächeln huscht um ihre Lippen und obwohl es schmerzt, steckt sie mich damit an. „Annie hat heute Morgen den Apfelkuchen vorbeigebracht, den ihr zwei so gerne mögt. Rayam hat ihr beim Backen geholfen, sie haben das Obst aus unserem eigenen Garten verarbeitet."

Für einen Moment glitzert der Geist ihrer Vergangenheit in Jinias Augen. Eine Weile lang scheint sie sich an jenen Tag in den letzten Jahren zurückzuerinnern - an den Tag, an dem sie und ihre Zwillingsschwester zusammen Geburtstag gefeiert haben.

Doch trotzdem schimmert noch etwas anderes in ihren Augen. Ich seufze und spüre, wie sich Bauchschmerzen ankündigen, wie jedes Mal, wenn die Wellen die Wahrheit zurück in meine Gedanken spülen. Seufzend erhebe ich erneut die Stimme und spreche die Worte aus, die schmerzhaft sind.

„Willow wird diesen Tag nie mehr sehen wie früher. Ehrlich gesagt ... werden wir das alle nicht. Lim und Annie kommen mit ihren Familien nachher noch vorbei, aber es wird anders sein als in den letzten Jahren. Willow, sie war in den letzten Tagen fast nur in eurem Zimmer, wir haben sie Gitarre spielen und singen gehört. Ich war mehrmals bei ihr, aber sie meinte, sie möchte gerne alleine sein. Das ist eben ihre Art, die Sorgen und Ängste zu verarbeiten."

Jinias Augen glitzern und doch lächelt sie wehmütig. Noch eine ganze Weile lang sitzt sie vor mir und ich genieße ihren Anblick. Doch irgendwann tragen die fernen Wellen sie zurück über den Horizont und ich blicke wieder einzig und allein auf den steinernen Grabstein vor mir.

Sofort schnürt sich die zurückgekehrte Trauer wie ein Fischernetz um meine Kehle und nimmt mir die Luft. Doch keine Tränen fließen meine Wangen hinab, ich weine schon lange nicht mehr. Und doch ist der Schmerz über Jinias Verlust noch immer genau so groß wie am ersten Tag.

Ich schnappe nach Luft wie eine Ertrinkende, als ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter spüre. Sofort fahre ich herum und obwohl meine beiden Geschwister vor mir stehen, schlägt mein Herz noch immer viel zu schnell.

„Tut mir leid. Hab' nach all den Jahren immer noch einen Fuß in der Arena." murmele ich und sehe entschuldigend in die grünen Augen von Annie und Lim. Daraufhin zieht mich meine Schwester in eine warme Umarmung und ich spüre die Hand meines Bruders auf meiner Schulter. Eine Weile lang verharren wir so und mit jedem Atemzug, der durch meinen Körper geht, nehme ich auch ein wenig von dem Geruch der beiden auf.

Ich weiß, dass ich es mir einbilde - doch für mich riechen meine Geschwister nach all den Jahren noch immer ein wenig nach dem alten Felsenhaus, in dem wir gemeinsam unsere Kindheit verbracht haben.

Unzählige Jahre ist diese Zeit nun schon her und doch trage ich sie tief in meinem Inneren noch immer bei mir. Die Zeit mit unseren Eltern und mit unserer Schwester Aline, bevor alle drei von ihnen getötet wurden. Bevor ich in die Spiele musste. Bevor wir uns ein wenig auseinandergelebt haben und bevor Jinia gestorben ist. Doch all die Narben, welche die Zeit uns gemeinsam zugefügt hat, haben uns einander auch näher gebracht.

Langsam löse ich mich wieder von Annie und Lim und unmittelbar findet mich das Licht der beiden grünen Augenpaare. Nach einer Weile blickt mich meine Schwester fragend an und ich nicke. Ich weiß, was sie vorhat.

Wie schon so oft in letzter Zeit pflanzen wir daraufhin einige neue Liliensamen in die Erde rund um die zwei Gräber ein. Es riecht angenehm nach frischer Erde und wachsendem Grün, dazu mischt sich der ferne Duft des Meeres - es ist beinahe schon friedlich. Meine Brust tut beim Atmen weh, doch der Schmerz erinnert mich daran, dass ich immer noch am Leben bin.





Selbst als ich die hölzerne Tür hinter mir geschlossen habe, weht eine frische Brise ins Haus. Doch ehe die Kälte mich wieder einholen kann, stolpert Atala in den Flur und das Licht ihrer blauen Augen fängt mich auf. Prüfend lässt sie einen Blick über mich schweifen, als ich mir meinen Mantel abstreife und über einen Kleiderhaken an der Wand hänge.

Ehe ich mich versehe, ist sie bei mir und schließt mich sanft in ihre Arme. Ich drücke sie fest an mich, doch über ihre Schulter hinweg sehe ich, wie sich auf einmal ein Schatten in der Küche bewegt.

Im nächsten Moment lehnt sich jemand an den Türrahmen ein paar Meter vor uns - Lahela. Das  Mädchen aus Distrikt zwei, das ich in meinen Hungerspielen getötet habe. Mit einem schmalen Grinsen funkelt sie mich an, also schließe ich die Augen und drücke mich fester an Atala. Diese scheint meine Verspannung sofort zu bemerken, denn sie streicht mir beruhigend über den Rücken.

„Wer ist es?" fragt sie mit fester Stimme. „Lahela." antworte ich schwach. „Dann sag ihr lieber, dass sie hier nicht erwünscht ist. Für Geister ist kein Platz bei uns." Atalas Stimme scheint durch den breiten Flur zu hallen und als ich es wage, die Augen wieder zu öffnen, ist Lahela spurlos verschwunden. Natürlich. Sie ist nicht real.

„Danke" wispere ich und hauche Atala einen Kuss auf die Lippen. Langsam lockert sie die Umarmung, um mir allmählich wieder Raum zum Atmen zu geben. „Librae", sagt sie schließlich mit sorgenvoller Stimme. „Sie rufen uns gleich alle zusammen auf den Festplatz. Die Friedenswächter kreuzen hier auf, wenn wir nicht bald zum Finale runtergehen."

Sofort werden meine Knie weich. Die 74. Hungerspiele enden und wie jedes Jahr muss der gesamte Distrikt sich ihr Finale gemeinsam auf dem großen Versammlungsplatz ansehen. Gedanken rasen durch meinen Kopf, einer schneller als der andere.

Die Friedenswächter werden mich auf die Bühne ziehen. Vielleicht wird das Kapitol von mir sogar verlangen, dass ich als Siegerin ein paar Worte zu dem grausamen Spektakel sage, was auf der großen Leinwand laufen wird. Ich werde wieder dabei zusehen müssen, wie jemand stirbt.

„Sind die Kinder schon los?" frage ich und Atala nickt. Nervös wische ich mir noch einmal über die Augen, dann trete ich schon zurück zur Tür. Doch Atala ergreift erneut meine Hand. „Ich bin die ganze Zeit bei dir. Versprochen."


Auf dem Weg die Hügel hinab, auf denen die Siegerhäuser stehen, kommt uns schon der Trupp Friedenswächter entgegen, der uns abholen sollte. Alle tragen ihre auf Hochglanz polierte Uniformen und selbst die Gewehre glänzen wie an kaum einem anderen Tag. Schnell gruppieren sie sich ums zwei herum. Atalas finstere Blicke ignorierend, führt uns die Eskorte hinunter zum Festplatz.

Schon bald kommen wir auf die große Bühne zu, auf der vor ein paar Wochen die Ernte für die diesjährigen Spiele stattfand. Doch schon seit Tagen sind die beiden Tribute, die dort oben für unseren Distrikt ausgewählt wurden, nicht mehr am Leben.

Trotzdem strömen von allen Seiten Bewohner auf den Versammlungsplatz. Auch die Gesichter von Willow, Rayam und Alani machen wir in der Menge aus, sie stehen bei Lims Familie. Schon bald sind beinahe alle Reihen vor der bunt geschmückten Bühne gefüllt. Ich als Siegerin muss mir mit den anderen, die in diesem Jahr nicht als Mentoren tätig sind, das Finale jedoch dort oben ansehen.

Vor unserem kleinen Trupp weichen die meisten Bewohner ehrfürchtig zurück, als wären wir Ausgestoßene. Ich spüre, wie auch Atalas Hand in meiner schwitzig wird, doch trotzdem schreitet sie mit mir geradewegs auf die Bühne zu.

Kurz bevor wir diese erreichen, halten die Friedenswächter um uns herum wie auf ein geheimes Kommando an und einer von ihnen dreht sich herum. An Atala gewandt sagt er barsch: „Sie warten hier unten. Die Bühne ist nur für Sieger." Doch anstatt dem Befehl des Wächters Folge zu leisten, greift Atala meine Hand bloß fester und tritt einen Schritt auf ihn zu.

„Ich gehe jetzt mit Librae auf diese Bühne. Keiner von euch Plastikrüstungen kann mich davon abhalten. Wir können jetzt entweder hier eine Szene machen und euren Auftritt ruinieren oder ihr zieht euch jetzt zurück."

Ein wenig nervös lachen ein paar der Friedenswächter auf, doch keiner von ihnen macht Anstalten, uns gemeinsam auf die Bühne zu lassen. Ich spüre, wie Atalas Muskeln sich anspannen. Mutig tritt sie noch einen Schritt auf den Friedenswächter zu und erhebt erneut die Stimme.

„Glaubt mir, ich habe keine Angst vor euch. Hinter eurer Rüstung fühlt ihr am Ende des Tages alle bloß deswegen wie etwas besseres, weil euch das Kapitol ein wenig Macht hat zukommen lassen. Und zufälligerweise kenne ich Hauptmann Montague recht gut und ich bin mir ziemlich sicher, dass er von einem Aufstand hier ziemlich wenig halten würde."

Das Blau in Atalas Augen ist so wild wie das Tosen der  Wellen in einer Sturmflut, als sie die Friedenswächter weiterhin anfunkelt. Beunruhigt kralle ich mich an ihre Hand. Einerseits will ich kaum alleine auf die Bühne, andererseits möchte ich auch keinen Streit mit den Friedenswächtern anfangen. Ich weiß, wozu sie fähig sind. Damals haben sie deswegen meine Eltern erschossen.

Der Kommandant blickt Atala prüfend an. Die Erwähnung des obersten Friedenswächters scheint ihn nachdenklich gemacht zu haben, denn er hält seinen Kameraden zurück, als dieser zu einer Ohrfeige an Atala ausholen will.

„Lass gut sein, sie ist die Cousine von Montague. Wir lassen sie einfach gehen. Ist auch egal, ob die Siegerin da oben alleine ist, aber vielleicht hält sie es ja fünf Minuten länger aus, wenn jemand ihr das Händchen tätschelt."

Atalas Augen werden schmal, doch ich drücke beruhigend ihre Hand. „Schon gut." murmele ich leise, damit der Streit zwischen ihr und den Friedenswächtern nicht noch weiter eskaliert. Trotzdem rempelt sie einen von ihnen noch einmal mit der Schulter an, als wir gemeinsam die eisernen Treppen zur Bühne hinaufsteigen.

Oben angekommen bleibt Atala neben mir stehen, als ich mich in der Stuhlreihe der zurückgebliebenen Sieger niederlasse. Neben mir sitzt Finnick und sobald er Atala erblickt, hebt er eine Braue. „Ganz schön mutig." raunt er seiner besten Freundin zu und weist mit einer Kopfbewegung auf das Trüppchen Friedenswächter, von denen wir kommen. Atala schnauft verächtlich. „Das hatten die dringend nötig." zischt sie.

Doch es bleibt keine Zeit mehr, weiterzureden, denn der Bürgermeister tritt neben uns auf die Bühne. Trotzdem hebe ich meinen Blick nicht - dann würde mich sowieso bloß eine gesichtslose Menge erwarten, die in Schockstarre auf die Leinwand hinter uns starrt.

Der daraufhin erklingenden Hymne nach zu urteilen, erscheint dort wohl gerade das Wappen des Kapitols. Kaum, dass die letzten Töne verklungen sind, eröffnet der Bürgermeister das Finale und schon erwacht der Bildschirm zum Leben. Es beginnt.

Unmittelbar greife ich nachdem Armband, was um mein Handgelenk gebunden ist. Ich hab es in meinen Spielen getragen, Jinia in ihren und nun ist es wieder bei mir und mit ihm ein Teil von meiner Tochter.

Genau vor einem Jahr hat sie sich selbst in den Hungerspielen umgebracht, um dem Kapitol zu zeigen, dass es keine Macht über sie hat. Ihr Tod hat mich gebrochen - und doch bin ich noch immer hier. Und Distrikt vier hat sich verändert. Und egal, was das Ende der diesjährigen Hungerspiele für die Zukunft bedeuten mag - ich muss stark bleiben.

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