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09 | Scherben


Es sind einige Stunden vergangen, seit der Auseinandersetzung mit den Karrieros und zum Glück meiden sie mittlerweile meine Blicke. Meistens jedenfalls, wenn sie mich einmal doch ansehen, dann mit einem gruseligen Grinsen, das mir Angst einjagt.

Mittlerweile warte ich vor einer Station, an der man mit einem großen, von der Decke hängenden Netz, nachgestellten Felswänden und Ästen Klettern üben kann.

Vor mir in der Schlange steht das Mädchen aus fünf, und gerade warten wir noch, bis der Junge aus elf mit der Station fertig ist.

Im Gegensatz zu mir besitzt er definitiv die Fähigkeiten, die es braucht, um sicher und schnell über die verschiedenen Ebenen hinauf und wieder hinab zu klettern.

In Distrikt elf wird viel Obst geerntet, ich kann mir vorstellen, dass das vor allem die kleineren Kinder wie er tun, da sie noch am leichtesten sind und so am besten die meterhohen Bäume erklimmen können.

Weiterhin beobachte ich den kleinen, und versuche mir einige seiner Taktiken einzuprägen. Gerade klettert er an dem Netz. Er krallt sich mit seinen schmalen Händen immer wieder an die Seile und dreht diese anschließend irgendwie um sein Handgelenk. Schlau - so können ihm diese garnicht aus der Hand rutschen.

Ein paar Minuten später verlässt der zwölfjährige und damit jüngste Tribut dieses Jahr die Übung und macht sich auf dem Weg zur Feuerstation. Daraufhin betritt die aus fünf die Klettervorrichtungen.

Mir fällt wieder ein, dass sie mir bei der Ernte wegen ihrer buschigen Haare aufgefallen ist. Ich glaube, ihr Name ist Jenna. Ich kenne den Grund nicht, aber sie ist beinahe noch besser als der kleine aus elf.

Besonders die Felswand kommt sie unglaublich schnell nach oben, kein falscher Griff oder Tritt ist dabei. Sie scheint genau zu wissen, was sie tut.

Insgeheim hoffe ich, gleich nicht zu blöd dazustehen, nach ihr und dem aus elf. Hoffentlich falle ich nicht gleich beim ersten Versuch hinunter. Zu meinem Glück stellt sich jedoch niemand neues hinter mir an, als Jenna die Station schließlich verlässt. Ich gehe auf die graue Felswand zu, um sie mir vorerst genauer anzusehen.

Es dauert eine Weile, bis ich mich traue, auf die ersten beiden Vorsprünge zu treten. Schon jetzt weiß ich nicht, wo ich mit meinen Händen hin soll, also greife ich einfach nach oben, in der Hoffnung, etwas zu finden, an dem ich mich hochziehen kann. Zum Glück finde ich eine Felsspitze, doch trotzdem kostet es eine enorme Kraft, mein gesamtes Gewicht die Wand hoch zu ziehen. Ich bin erleichtert, als mein Fuß endlich einen nächsten Vorsprung findet und ich mich weiter nach oben drücken kann.

Mit der selben Vorgehensweise versuche ich so gut wie möglich die Felswand zu erklimmen. Dabei bin ich nicht einmal halb so schnell und erstrecht nicht so sicher wie meine beiden Vorgänger, mehrere Male rutsche ich hab und es sind meistens bloß wenige Zentimeter eines Felsvorsprungs, die mich von dem Fall auf die Matten abhalten.

Bald bin ich schon in einer, nach meinem Geschmack, viel zu schwindelerregenden Höhe und klettere schließlich wieder hinunter. Das wäre geschafft.

Gut bin ich noch nicht einmal ansatzweise - aber das werde ich in zwei Tagen Zeit auch nicht schaffen. Doch zumindest habe ich, anders als zuvor, einen Rhythmus, eine Struktur gefunden, wie ich klettern soll.

Anschließend übe ich das Klettern am Netz, doch auch das ist garnicht so leicht. Immer wieder dreht sich das Netz und schwingt in eine ganz andere Richtung, als ich es beabsichtigte. Es dauert eine Weile, bis ich mich an die Strategie des Jungen aus elf erinnere, und noch länger, bis ich sie schließlich einigermaßen anwenden kann.

Doch trotzdem bin ich nach etwa einer Viertelstunde ganz zufrieden mit mir. Mittlerweile haben sich auch drei weitere Tribute angestellt, also verlasse ich die Station. Nach einer weiteren halben Stunde an einer Feuermachstation verkünden die Spielmacher, die in einer Loge einige Meter über der Halle sitzen, dass es nun Essen gibt.

Erst jetzt merke ich, wie erschöpft ich bereits von dem Vormittag Training bin, also bin ich umso erleichterter, dass es nun eine kleine Verschnaufpause gibt. Auch den anderen Tributen scheint es ähnlich zu gehen, schnell steht jeder von seiner aktuellen Station auf und macht sich auf den Weg zu den schon bereitgestellten Tischen und dem Buffet.

Es dauert eine Weile, bis alle vierundzwanzig Tribute das lange Buffet abgeklappert und ihre Teller vollständig mit Essen beladen haben. Ich sehe mich nach den Tischen um, an jedem stehen vier Stühle.

Die Karrieros sind die ersten, die sich setzen und damit auch Cora noch als fünfte an den Vierertisch passt, schnappt sie dem Mädchen aus sechs den Stuhl, auf den sie sich gerade setzen will, vor der Nase weg.

Es bricht mir beinahe das Herz zu sehen, wie das Mädchen Cora nur stumm ansieht, wohl aus purer Angst, etwas falsches zu tun oder zu sagen, wofür sie dann womöglich in der Arena mit ihrem Leben bezahlen müsste.

Was haben diese Spiele, obwohl sie noch garnicht gestartet haben, bloß jetzt schon aus uns gemacht? Sie nehmen uns all das, was uns menschlich macht, zurück bleibt nur noch das, was uns zu Lebewesen macht - der unzerstörbare Überlebenswillen.

Ich wende mich wieder ab.

Die meisten Tribute haben sich mit ihrem Distriktpartner zusammen an einen Tisch gesetzt. Bloß, das meiner gerade am Karrierotisch sitzt und mit seinen Verbündeten über Schwertkampftechniken diskutiert.

Ich halte also Ausschau nach Tischen, an denen noch niemand sitzt, doch die gibt es nicht. Stattdessen sind Jenna und Willow die einzigen, die jeweils einen Tisch für sich alleine haben.

Ich spiele mit dem Gedanken, mich zu Willow zu setzen. Sowohl Mags, als auch ich selbst haben über ein Bündnis mit ihr nachgedacht und ihre Aktion heute Morgen war vielleicht Willows eigene Anspielung darauf.

Schließlich gehe ich also auf ihren Tisch zu und werfe ihr einen fragenden Blick zu. Sie spießt sich gerade ein paar Bratkartoffeln auf ihre Gabel, dann nickt sie mir zu.

Doch anstatt mit Willow zu reden, esse ich erst einmal meinen Teller leer und hole mir schließlich auch noch eine zweite Portion.

Beim Blick auf manche andere Tribute um mich herum fällt mir auf, dass ich im Gegensatz zu ihnen noch relativ anständig esse, mit Messer und Gabel. Die aus sechs oder zehn zum Beispiel sehen beinahe aus wie wilde Tiere, als sie das viele Essen in sich hineinschlingen.

Es versetzt mir einen Stich ins Herz, als ich sehe, wie die Spielmacher, stets ein Glas Wein in der Hand, diese Kinder mit angeekelten und abwertenden Blicken beobachten.

Wie grausam können diese Menschen bloß sein? Sie ertränken ihre wahren Gedanken doch bloß in Alkohol, nur, um sich nicht die Fragen stellen zu müssen, wie sie in der Situation handeln würden. Wenn sie so einen Hunger hätten, und nie in ihren Leben genug zu essen gehabt hätten? Wenn sie ihre Familie und ihre Heimat für immer verlassen hätten? Wenn sie sich sicher wären, bald einen grausamen Tod zu sterben?

Hätte ich nicht noch die paar Funken Anstand und die Höflichkeit, die mir Mom früher gelehrt hat, wäre ich genau so wie diese Kinder. Der Gedanke an meine Mutter verleiht mir, wie immer, zugleich ein warmes als auch ein kaltes Gefühl.

So oft in meiner Kindheit habe ich überlegt, wie sie an meiner Stelle wohl handeln würde. Ich erwische mich manchmal immer noch dabei. Mit der Zeit ist mir klar geworden, dass seitdem sie gestorben ist, ich nie wirklich eine Art Vorbild hatte. Lim war der einzige, der mir etwas vorschreiben konnte und mittlerweile hat sich auch das geändert.

Ich bin ihm auch unendlich dankbar dafür, dass er als ältester mit mir die Verantwortung übernommen hat, doch trotzdem wünsche ich manchmal, es wäre nie dazu gekommen.

Langsam verschwinden die Gesichter und Stimmen meiner Eltern wieder aus meinen Gedanken und ich befinde mich wieder im Hier und Jetzt.

Aus dem Augenwinkel beobachte ich Willow, die gerade noch die letzten Reste von ihrem Teller auf die Gabel spießt. Gerne wüsste ich mehr über sie. Was ist sie wirklich für ein Mensch? Wie sehen ihre Heimat und Vergangenheit aus?

Doch das werde ich vermutlich nie erfahren, denn unser beider Schicksale sind an die Hungerspiele gebunden und unsere Leben vermutlich in wenigen Tagen beendet.

Gerade als ich den Entschluss fasse, Willow wegen eines Bündnisses zu fragen, steht sie auf, schiebt ihren Stuhl zur Seite und geht davon.

In diesem Moment ärgere ich mich über mich selbst. Wäre ich doch bloß nicht so ein introvertierter und schüchterner Mensch - dann hätte ich Willow einfach ansprechen können. Wie so oft schon wünsche ich mir Atala an meiner Seite - sie hätte Willow einfach gerade heraus nach einem Bündnis gefragt, ohne mit der Wimper zu zucken.

Seufzend stehe schließlich auch ich von meinem Platz auf und möchte gerade meinen Teller wegbringen, da fällt mir etwas ungewöhnliches ins Auge. Am Karrierotisch, ein paar Meter vor mir, hält Cooper sein linkes Bein leicht angehoben, sodass es den Weg zwischen Tischen und Stationen versperrt. Zuerst habe ich keine Ahnung, worauf er hinauswill, doch dann ahne ich etwas.

Gerade kommt nämlich Willow auf ihn zu, ihren Blick hat sie jedoch auf eine Station in der Ferne und nicht auf die Stolperfalle am Boden gerichtet. Grinsend stupst Cooper die anderen Karrieros an, und alle blicken, ein Lachen zurückhaltend, erwartungsvoll auf Willow.

Das ist ja gemein! Ich stelle meinen Teller auf der Ablage ab und will gerade den Mund aufmachen, da bleibt Willow nur wenige Zentimeter vor Coopers gestelltem Bein stehen und schlägt bloß leicht ihr Bein dagegen, als wüsste sie, dass es dort liegt.

Ich halte den Atem an, als es plötzlich laut kracht und scheppert. Dann schreit Cooper auf.

Ich erschrecke - alle Augen richten sich auf die Verursacherin des Geräuschs.

Willow. Sie hat doch tatsächlich ihren Teller zu Boden fallen lassen, genau auf Coopers Bein. Ich sehe die unzähligen weißen Scherben auf dem Boden - und auch einige dunkelrote Blutspritzer dazwischen.

Und dann geht alles ganz schnell. Mehrere Friedenswächter kommen herangeeilt und bringen den völlig perplexen, aber auch gleichzeitig wutentbrannten Cooper aus der Trainingshalle, wohl zu einem Arzt. Dabei sind so bedacht wie möglich darauf, ihn vor jeglichen Blicken der Spielmachern zu verbergen. Doch ich denke, selbst die haben das durch die Scherben verursachte Blut an Coopers Bein gesehen.

Es ist plötzlich totenstill in der Halle geworden. Ich blicke zu Willow, die ihre Tat keineswegs zu bereuen scheint. Stattdessen ruft sie Cooper sogar noch etwas hinterher:

„Ich habe dein Bein garnicht da liegen sehen! Aber Moment, das wolltest du doch, oder?" Ihre Stimme klingt keineswegs provozierend, oder wütend - nein, sie klingt beinahe wie die einer Lehrerin, die ihrem Schüler soeben eine Lektion erteilt hat.

Ich kann garnicht anders, als immer wieder mit ein aufgerissenen Augen zwischen Cooper und Willow hin und her zu starren. Und aus irgendeinem, mir unbekannten Grund, kann mir ein kleines Lachen nicht unterdrücken.

Den Spielmachern, die die ganze Szenerie mit großer Neugier beobachtet haben, scheint es nicht anders zu gehen - nach und nach brechen sie in ein großes Gelächter aus und einer hebt sogar sein mit Wein gefülltes Glas in Richtung Willow und neigt seinen Kopf, als würde er auf sie anstoßen wollen.

Es ist wohl etwas, was sie nicht alle Tage sehen, wie ein kleines Mädchen aus einem normalen Distrikt sich so gegen einen Karriero stellt.

Nach einer Weile beruhigt sich die ganze Szenerie wieder etwas. Willow geht, ohne eine Miene zu verziehen, zu einer Station und gleich darauf eilt ein Avoxmädchen herbei, um die Scherben aufzusammeln. Als hätte sie Angst vor Willow und extra darauf gewartet, dass sie weg ist, damit sie sicher vor ihren Angriffen bleibt.

Die restlichen Karrieros starren bloß wortlos Cooper hinterher, der nun durch die Tür verschwindet und Willow dabei einen mörderischen Blick zuwirft, als plane er bereits, wie er ihr die Aktion in der Arena heimzahlen kann.

Kopfschüttelnd mache schließlich auch ich mich auf den Weg zu einer Station, doch Willows Aktion lässt mich trotzdem nicht los. Ich denke, die Aufpasser können sie keines Regelverstoßes beschuldigen, schließlich hätte sie die Teller nicht fallen gelassen, wenn Cooper ihr das Bein nicht gestellt und sie es nicht so aussehen lassen hätte, als ob sie gestolpert wäre.

Doch trotzdem, diese Aktion und dann auch noch der schlagfertige Spruch, fordern viel Mut, vor allem gegenüber einem Karriero. Dieses Mädchen wird mir nun ein noch größeres Rätsel, doch ich glaube, dass sie als eine Bündnispartnerin in der Arena vielleicht viel besser wäre als Jaceks Bündnis.

Oder?

So absurd und vorher völlig unmöglich der Gedanke auch ist: Dieses dreizehnjährige Mädchen aus Distrikt sieben hat vielleicht genau so gute Chancen wie ein Karriero, aus der Arena lebend wieder rauszukommen.

Und das nicht wegen körperlicher Kraft, des Umgangs mit einer Waffe oder einer besonderen Fähigkeit. Sondern einzig und allein wegen einer Sache:

Mut.

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