31 A ⭒ Der Verräter
⟁ CW: Substanzmissbrauch, Mord, Tod, Folter ⟁
31.10.1981
⏵ Now playing: The End Of The World - Rob Dickinson
Diesmal erhielten sie ein Lebenszeichen von Remus, gleich am nächsten Tag, doch Sirius bereute, sich je eines gewünscht zu haben.
"Und es war sicher Remus?", fragte er und fühlte sich dabei seltsam taub. Als hätte er es schon lang erwartet...
"Es ist nicht schwer, ihn zu erkennen," gab Moody nüchtern zurück und gestikulierte zu seinem eigenen Gesicht, um Remus' Narben anzudeuten.
Er ließ sich langsam auf einen der Küchenstühle fallen. Moody beobachtete ihn vom Türrahmen aus.
"Wer waren sie? Die, mit denen er sich getroffen hat?"
"Amycus und Alecto Carrow, wir haben sie vorgestern schon gesehen. Aus Voldemorts engsten Kreisen. Er hat ihnen versprochen, Voldemort zu den Potters zu führen, so sagen es Vance und Doge. Ich sehe keinen Grund, ihnen weniger zu vertrauen als ihm. Sie arbeiten von Anfang an mit dem Orden zusammen."
Er griff nach einer halb leeren Flasche Feuerwhiskey, die in der Ecke ihres Regals stand und nahm einen Schluck. "Er wird sie nicht weit führen können. Wir haben für ihren Schutz gesorgt."
⁂
Moody war bereits wieder gegangen, als er die Flasche ausgetrunken hatte und er stand wie schon so oft vor Mrs Wus Tür und überlegte, ob er klingeln sollte.
Was sollte er ihr sagen?
Hallo Mrs Wu, schönen guten Tag! Tja, sieht aus, als hätte der Mann, den ich die letzten sechs Jahre meines elendigen Lebens geliebt habe, mir alles nur vorgespielt und meinen besten Freund dem Tode geweiht. Aber viel interessanter ist doch, wie es Mr Hollis aus dem vierten Stock geht, führt er noch immer seine kleine Affäre?
Draußen wurde es langsam dunkel. Er entschied sich, Peter zu warnen, in den nächsten Tagen vorsichtiger zu sein.
⁂
Als er vor dem Mehrfamilienhaus in London stand, die fünfte nervöse Zigarette des Tages zwischen den Lippen, zögerte er, bevor er von seinem Motorrad abstieg.
Sein unwohles Gefühl verstärkte sich, als Peter nicht auf sein Klingeln reagierte.
Mit einem "Alohomora" verschaffte er sich Zutritt zum Treppenhaus, stieg langsam die sorgfältig geputzten Linoleumstufen hinauf.
Die Tür zu Peters Wohnung im dritten Stock stand einen Spalt offen.
Er konnte doch nicht...
Über dem Haus hatte kein dunkles Mal geschwebt, sicher war Peter nur vergesslich, vielleicht war er unterwegs?
Die Wohnung war völlig demoliert, als er zaghaft eintrat. Sein Magen drehte sich um.
Peters Kleiderständer lag quer im Flur, seine Schuhe waren wild darum verteilt. Im Wohnzimmer, das sich nahtlos an den Flur anknüpfte, lag das Sofa umgekippt und mit tiefen Rissen im Polster, aus denen die Füllung hervorquoll.
"Wormy?", rief er nervös und stolperte beinahe über den Kaffeetisch, der in seine Einzelteile zerborsten war. Auf der Wand, neben einem zerstörten Bücherregal, war ein riesiger schwarzer Fleck, ein Fluch musste sie dort getroffen haben.
Ein Fluch... Das alles waren Anzeichen eines Kampfes, der sich vor kurzem in dieser Wohnung zugetragen haben musste.
"Pete! Komm schon, ich bin's!"
Ein kalter Schauer lief seinen Rücken herab. Was, wenn Remus gewusst hatte, dass Peter nun der Geheimniswahrer war?
Sie hatten ihn aufgespürt, sie würden um jeden Preis versuchen, die Information aus ihm heraus zu bekommen...
Auch im Schlafzimmer, das in einem ähnlich zerstörten Zustand war, der Schrank umgefallen und das Fenster eingebrochen, fand er Peter nicht. In den Klamotten, die auf dem Boden verstreut waren, entdeckte er jedoch den Mantel und die Schuhe, von denen er sich beinahe sicher war, dass Remus sie gestern getragen hatte, unter ihnen die kleine Flasche.
Benommen stürzte er aus der Wohnung. Er musste James und Lily so schnell wie möglich warnen. Und Peter retten, bevor ihm etwas Ernstes zustoßen konnte. Wenn dies nicht schon längst geschehen war, während er in seiner eigenen Wohnung in Selbstmitleid ertrunken war.
Seine Gedanken kreisten nur noch um Remus, der sie tatsächlich verraten hatte, um Peter, der den Todessern beinahe hilflos ausgeliefert war, als er in Godric's Hollow landete und auf die Tür der Potters zustürmte.
Sie kamen zu einem abrupten Halt, als er die Hand hob, um zu klingeln, und erst dann bemerkte, dass auch diese Tür nicht geschlossen war.
Eine schwere, eiserne Hand schloss sich um seine Eingeweide.
Er starrte gelähmt herab auf den Türknauf, unfähig, seine grauenerfüllte Ahnung überhaupt in Gedanken zu fassen. Die sechste Zigarette des Tages fiel nutzlos vor seine Füße.
Der Wind trieb den Nieselregen um ihn, doch die Kälte, die sich durch ihn ausbreitete, stammte nicht davon.
Im Wohnzimmer brannte Licht, das konnte er schon durch die Fenster sehen, vor denen die Vorhänge nicht zugezogen waren, doch es schien leer.
Mit Händen, die ohne seinen Willen handelten, schob er die Tür auf, trat in den hellen, engen Flur.
Harrys Kinderwagen stand dort, versperrte wie immer die Hälfte des Wegs, also hatten sie sich nicht spontan für einen nächtlichen Spaziergang entschieden.
Das Haus war still, wie er es noch nie gehört hatte, stiller als... Weihnachten. Wie konnte er sicher sagen, dass Remus- dass der Verräter das nicht auch nur vorgespielt hatte? Wie konnte er sicher sagen, dass irgendetwas in den letzten Jahren echt gewesen war?
"Prongs! Lily-"
Sein Blick blieb an der Treppe hängen und die Zeit, die ganze Welt blieb stehen.
...Nein.
"JAMES!"
Nein!
"JAMES!"
Er stürzte auf die Knie neben die reglose Figur, die dort auf den Stufen lag, packte James bei den Schultern, die unter seinen Händen noch so warm waren, schüttelte ihn.
James' Kopf rollte auf seinen Schultern umher, ohne von seiner Körperspannung gehalten zu werden. Seine Brille rutschte von dem zu einer schockierten Miene verzogenen Gesicht.
Kein verschmitztes Lächeln auf seinen Lippen, kein verliebter Blick, um von Lily zu reden, kein entschlossen gerecktes Kinn, eifrig, eine Meisterleistung in Quidditch abzulegen, keine zusammengezogenen Augenbrauen, besorgt über einen seiner Freunde.
Reines, ehrliches Entsetzen. Weit aufgerissene, glasige braune Augen starrten auf in die von Sirius, nicht länger sehend.
Er schrie, bis seine Stimme versagte.
Ein Schmerz riss sich durch seine Brust, grub die Krallen tief in sein Herz.
James Potter in seinen Armen war tot. Unwiderruflich. Unwiderlegbar. Endgültig. Tot.
Schluchzend lehnte er den Kopf gegen das Geländer, konnte den Blick nicht von ihm abwenden.
Es war überhaupt nicht möglich. Das konnte nicht James sein, nicht sein James. Sie könnten nicht alle tot sein. Regulus, Marlene, Dorcas, Lily, Harry, James...
Seine Arme waren ausgebreitet, als hätte er versucht, jemandem den Weg zu versperren. Er schien nicht einmal seinen Zauberstab bei sich getragen zu haben.
Er war zu spät. Der Zauber war gebrochen, sie hatten das Geheimnis irgendwie aus Peter herausbekommen, sie waren alle tot. Er war ihr Freund gewesen und er hatte sie nicht beschützen können-
Im zweiten Stock weinte ein Kind.
Harry!
Mit zitternden Händen packte er seinen Zauberstab und stürzte den Rest der Treppe hinauf. Seine Füße trugen ihn automatisch den Weg entlang, den er schon hunderte Male gegangen war, zu Harrys Kinderzimmer.
Die Tür war aufgeworfen worden, ein Stuhl und Kisten um sie zerstreut wie eine hastig errichtete Barrikade. Ein riesiges Loch klaffte in der Hauswand, schien sich über mehr als die Hälfte des oberen Stockwerks zu ziehen, als hätte etwas es gesprengt.
Lily lag reglos vor Harrys Bettchen, das Entsetzen auf ihrem Gesicht nur zum Teil durch ihre flammend roten Haare verdeckt, die davor fielen.
Aber in dem Bett selbst saß Harry, der ihn zu erkennen schien und wimmernd die Arme nach ihm ausstreckte. Eine Wunde klaffte auf seiner Stirn, doch sonst schien er unversehrt.
Es gelang ihm gerade noch, zu dem Bett zu wanken, bevor er erneut auf die Knie sank, direkt neben Lily, deren leblose Augen ihn anstarrten. Schluchzend strich er ihr über die Wange, dann hob er Harry aus seinem Bett und drückte ihn zitternd an sich.
⁂
Harry schien sich nach einer Weile zu beruhigen. Plötzlich begann er, in Sirius' Griff zu zappeln, dann gestikulierte er mit einem Strahlen in Richtung Tür.
"Moony!", gluckste er.
Sirius erstarrte in seiner Bewegung, über die unordentlichen Locken auf Harrys Kopf zu streichen.
"Lass ihn sofort los," knurrte Remus, als er langsam den Blick zu ihm wandte, sein Zauberstab- mal wieder- auf ihn gerichtet. Statt blanker Leere stand diesmal jedoch eine unbeschreibliche Wut in seinem Gesicht geschrieben, in Harrys Nachtlicht glitzerten nasse Spuren auf seinen Wangen.
Langsam setzte er Harry, der verwirrt zwischen ihnen umher sah, zurück in sein Bett, bevor er den eigenen Zauberstab wieder zog, um ihn auf Remus zu richten.
"Wie kannst du nur," zischte Remus. "Wie kannst du nur! Er hat dich geliebt! Sie haben dich geliebt, dich in ihre Familie aufgenommen! Und du- du verrätst sie, du-!"
"Ich?" Sirius lachte spöttisch. "Du kannst aufhören, dich zu verstellen, Remus! Das Stück ist vorbei! Sie haben dich gesehen, Vance und Doge, wie du zu den Todessern gerannt bist wie ein braves Schoßhündchen, um sie zu verraten!"
Remus machte einen Schritt auf ihn zu, keine Spur mehr übrig von der Kontrolle, die er über seine Wut zu haben pflegte. "Wie sollte ich sie verraten? Du warst ihr Geheimniswahrer, es kann nur freiwillig weitergegeben werden!"
"Oh, wann hast du das denn herausgefunden? Bevor oder nachdem du es Donnerstag aus mir herausfoltern wolltest?!" Er breitete die Arme vor Harry aus. "Komm schon, töte mich auch, wenn du an Harry willst! Du hast sie mir alle genommen! James, Lily, Peter- was habt ihr mit Peter angestellt, huh? Dich! Den Remus, den ich mal kannte!"
Remus ließ den Zauberstab etwas sinken und kurz zog sich Entsetzen über sein Gesicht, dann Verwirrung. Sirius hielt seinen fester.
"Foltern? Donnerstag? Ich- Sirius, ich kann mich an nichts mehr erinnern, bis ihr plötzlich über mir gestanden habt!"
"Für wen schauspielerst du noch? Du hast dich gestern dafür entschuldigt! Merlin, ich wünschte beinahe, du hättest dich umgebracht, wie ich es befürchtet habe, aber stattdessen hast du sie verraten-"
"Gestern?" Remus' Arm sank herab an seine Seite.
Sirius wollte nichts lieber, als der Verwirrung in Remus' Gesicht zu glauben. "Gestern! Bevor Vance und Doge dich beobachtet haben, wie du Alecto und Amycus Carrow erzählt hast, du könntest Voldemort zu James und Lily führen!"
Einen Moment lang schwieg Remus, verengte die Augen. "Ich war gestern nicht in England."
Sirius starrte ihn an. Der Zauberstab in seinem Griff sank ohne seinen Willen langsam herab.
"Die Longbottoms haben mir einen Patronus geschickt, kurz, nachdem ich wieder zu Hause war," erklärte Remus eilig. "Sie hatten eine Spur der Lestranges in Schottland, nachdem Dumbledore sie bei Dorcas in die Flucht geschlagen hat. Ich bin eben erst zurückgeommen, man hat sich überall erzählt, dass der Krieg vorbei ist, dass Voldemort gefallen ist. Ich wusste, dass James und Lily in diesem Viertel von Godric's Hollow leben, und das Haus ist sichtbar, der Fidelius-Zauber ist gebrochen..."
Dann hob Sirius wieder seinen Zauberstab. Er würde ihn kein weiteres Mal mehr täuschen. "Was, und ich, Vance und Doge haben uns dich einfach eingebildet?!"
"Bei Merlin, Sirius! Wir sind Zauberer, es gibt etliche Möglichkeiten, sich als jemand anderes auszugeben, die Hälfte davon haben wir Rumtreiber sicher schon einmal selbst benutzt!" Remus raufte sich die Haare, wie er es immer getan hatte, wenn er versuchte, sich zu konzentrieren.
Sirius starrte ihn weiter an.
Wo die Welt stehen geblieben war, dort fing sie jetzt wieder an, sich zu drehen, immer und immer schneller.
"Peter," hauchte er und Remus sah ihn verwirrt an. "Peter war der Geheimniswahrer. Wir haben getauscht, nach Dorcas..."
Remus' Zauberstab fiel zu Boden. Er ließ seinen eigenen folgen, als Remus schwankend auf ihn zuging und ihn in seine Arme zog.
"Es war mein Vorschlag," murmelte er benommen in Remus' Schulter und klammerte sich an das weiche Material des Wollpullovers.
"Du hast sie nicht betrogen, Merlin sei Dank...", flüsterte Remus und hielt ihn enger an sich, so eng wie möglich. "Ich wusste es, ich wusste es..."
Der Schmerz war zurück, grub sich tief in Sirius' Herz, unerträglicher, unablässiger als jeder Cruciatus-Fluch.
"Aber ich habe sie dem Tode geweiht," flüsterte er und um sie herum brach die Welt in sich zusammen.
⍣ thank you for reading! hope you enjoyed, maybe even leave a vote or comment! <3 ⍣
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro