C29 - Schau in den Himmel
H A R R Y
Ich habe bemerkt, dass die Aussage ihrer Tante Tanny stärker getroffen hat, als sie es zugeben will. Und sie ist wahnsinnig schlecht darin, es zu verstecken, auch, wenn sie es versucht. Aber selbst eine Woche nach unserem kleinen Ausflug nach Schottland verhält sie sich nicht wie die Alte. Keine nervigen Bemerkungen, keine Sticheleien, die mich zur Weisglut bringen und kein dummes Gelächter, das mir auf die Nerven geht. Sie wirkt etwas geknickt, und wenn ihr Vater auch nur versucht anzurufen tickt sie aus.
Das Ganze hat mich so sehr genervt, dass ich ihr gestern meine Meinung gegeigt habe. Vielleicht hätte ich mich vorsichtiger ausdrücken müssen, ihr nicht sagen, dass sie aufhören soll sich wie eine Pussy zu verhalten und ihren verletzten Stolz wieder einsammeln soll, anstatt weiter herumzuschmollen. Sie hat mir nur den Mittelfinger entgegen gestreckt und ist mit wütender Miene aus dem Café abgehauen, in dem wir saßen. Vermutlich hat sie meinen Namen gleich neben den ihres Vaters gesetzt. Personen, die ich hasse, oder so etwas. Bestimmt hat sie so eine Liste.
Na ja, sie hat das Recht. Ich habe mich echt bescheuert verhalten. Und auch, wenn es ungewohnt ist, dass Tanny gerade die Jenige ist, die wütend auf mich ist, habe ich keine andere Wahl als zuzugeben, dass ich echt Mist gebaut habe. Aber ehrlich gesagt übertreibt sie das Ganze wohl doch etwas.
"Was genau tun wir hier noch einmal?", fragt Niall mich, der gelangweilt neben mir auf der Bank sitzt und auf seinem Kaugummi herumkaut. Seine Kappi, die ich ihm aufgetragen habe zu tragen, liegt neben ihm.
"Setz das Ding wieder auf deinen Kopf", murre ich sogleich und richte meine wieder richtig hin. "Oder willst du erkannt werden?"
"Ob ich nun erkannt werde, oder nicht, was soll's? Du erklärt mir ja nicht einmal, was das Ganze hier überhaupt soll."
"Mach ich noch", sage ich ihm seufzend.
"Noch? Wann? In zwei Stunden? Oder vielleicht doch erst in vier Tagen? Ich würde gerne jetzt wissen, wieso du mich von meinem Golfplatz und auf diese Parkbank geschleppt hast. Ich wollte meine letzten freien Tage eigentlich genießen."
"Du spielst doch eh jede freie Minute Golf", sage ich nur. "Das Bisschen ohne deinen Schläger wirst du schon überleben."
"Und du? Spionierst seit neustem deiner Stalkerin nach?", fragt er mich mit gehobenen Augenbrauen.
Ich lasse mich etwas nach Hinten fallen und wende mein Blick nicht von Tanny ab, die in einem Café gegenüber der Straße sitzt und irgendetwas in ihrem Laptop guckt.
"Ich spioniere nicht", widerspreche ich ihm sofort. "Ich-"
"Du?", fragt er nach, nachdem ich nicht weiterrede.
"Wir hatten Streit. Ich habe ein paar dumme Sachen gesagt, die ich vermutlich nicht hätte sagen sollen."
"Nichts Neues."
"Aber zu meiner Verteidigung-", rede ich weiter ohne auf Nialls Kommentar einzugehen. "Sie hat mich echt genervt."
"Natürlich", sagt er.
"Nein, wirklich. Sie war verdammt depressiv drauf und hat mich fast nie angestichelt."
"Und?", fragt Niall mich auf einmal schmunzelnd.
"Was und?", verstehe ich nicht.
"Darf sie nicht auch einmal genervt oder traurig sein? Und was kümmert es dich überhaupt? Erst gestern hast du mir noch geschrieben, wie sehr sie dich nervt und dass du dich wieder mit Kendall treffen willst."
"Hm", murre ich nur, weil ich nicht weiß, was ich ihm antworten soll.
"Und meine Frage beantwortet das immer noch nicht. Gut - sie ist sauer auf dich. Aber was juckt mich das?"
"Ich brauche deine Hilfe", sage ich ihm.
"Das hast du mir schon gesagt, als du außer Atem auf einmal auf meinem Golfplatz standest. Ich hätte die fast diesen dummen Golfschläger in die Eier geschlagen, weil ich gerade abschlagen wollte."
Ich verziehe mein Gesicht bei der Vorstellung.
"Ich muss es wieder gut machen", beginne ich und ziehe mir die Mütze tiefer ins Gesicht, als ein paar Mädchen kichernd an uns vorbei laufen. "Und dafür brauche ich deine Hilfe."
"Wieder gut machen? Was hast du vor? Hast du Fieber?"
"Wir haben uns erst letzte Woche darüber unterhalten wie dämlich wir diese Flugzeuge finden, die Nachrichten in den Himmel schreiben oder einen Banner hinten dran haben, auf dem irgendeine kitschige Nachricht steht. Also ... habe ich genau das organisiert."
"Was?", fragt er verwirrt nach. "Das ist dein großartiger Versuch es wieder gut zu machen, was immer du auch vergeigt hast?"
"Ja", meine ich überzeugt. "Es wird ihr gefallen. Einfach, weil sie es nicht mag."
"Das ist bescheuert", ist sein angebundener Kommentar. Ein Blick zu ihm zeigt mir, wie er dabei ist sich das Lachen zu verkneifen.
"Ist es nicht. Ich werde ihr ganz sicher nicht in den Arsch kriechen, ein Dinner organisieren oder ihr unter Tränen mitteilen, wie leid es mir doch tut. Das kann sie vergessen."
"Ich denke nicht, dass sie damit rechnet", sagt er mir ehrlich. "Ich denke damit würde überhaupt nie jemand bei dir rechnen."
"Gut. Und noch weniger rechnet sie mit so einer Entschuldigung. Ich würde mich ja per Handy entschuldigen, aber - Überraschung - sie nimmt nicht ab."
"Ich fühle mich, als wäre ich in eine Scheidung hereingezogen worden", murmelt Niall nur erschöpft und fährt sich über sein Gesicht.
"Du glaubst mir nicht?", frage ich. "Pass auf-"
Kurz danach rufe ich sie schon an. Während es an meiner Seite der Leitung tutet, sehe ich von meinem Platz aus, wie sie nach ihrem Handy greift, kurz darauf starrt und es danach sofort an die andere Seite des Tisches pfeffert.
"Brutal", kommentiert Niall nur. "Und dabei seid ihr doch so gut miteinander."
"Sage ich doch."
"Da hat wohl einer ganz schön Mist gebaut", lacht er aufeinmal nur leicht.
Ich verdrehe meine Augen und drücke ihm einen Zettel auf die Brust.
"Was soll ich damit?", versteht er sichtlich nicht und blickt mich mit großen Augen an.
"Da steht eine Adresse drauf. Da bringst du Tanny bitte hin!", sage ich ihm grinsend und stehe auf. Mein Hintern ist von dem kalten Material schon ganz eingefroren. Wird Zeit, dass ich meinen Plan in die Tat umsetze, bevor ich hier noch stecken bleibe.
"Was? Harry! Wie zur Hölle soll ich sie bitte dahin bringen?!", fragt er mich.
"Keine Ahnung", meine ich Achselzuckend. "Lass dir etwas einfallen. In einer Stunde an diesem Ort. Ich danke dir! Du hast was gut bei mir!", sage ich nur an ihn gewandt und schenke ihm ein letztes Lächeln, ehe ich meine Hände in meine Jackentasche stopfe und mich in Bewegung setze.
Ich hoffe Niall, der sichtlich andere Pläne für heute hatte, kommt mit der Verrückten klar. Und vermasselt mir meinen Plan nicht.
xxxx
Nervös blicke ich von meinem Handy auf und stecke es zurück in meine Jackentasche. Niall ist schon eine viertel Stunde zu spät und so langsam habe ich Angst, dass Tanny ihm nur eine rübergehauen hat und abgedampft ist. Außerdem ist es so kalt, dass ich meine Oberschenkel nicht mehr spüren kann und meine Haarspitzen schon wie eingefroren wirken.
Doch gerade, als ich beschließe Niall anzurufen, erscheint ein Taxi in meinem Sichtfeld und macht mich hellhörig. Sind sie das? Viele Autos kommen hier nicht vorbei. Ich habe mir extra einen Platz weiter weg von London herausgesucht, aus Angst möglicherweise gesichtet zu werden. Dabei will ich keine Aufmerksamkeit erlangen. Auf gar keinen Fall.
Das Taxi kommt am anderen Ende des Feldes an und bleibt stehen. Ich beobachte gespannt, wie sich die Türen öffnen und zwei Leute austreten. Tannys Afro erkenne ich sofort und atme erleichtert aus. Sie hat sich also nicht gewehrt hier her mitzukommen. Wie hat Niall das nur geschafft?
"Und jetzt?", höre ich sie von meiner Position aus fragen.
"Keine Ahnung", antwortet Niall ihr genauso planlos. "Ich sollte dich nur hier her bringen. Wer weiß was er für einen Mist geplant hat."
Idiot. Das hier ist kein Mist. Das ist ein Meisterwerk.
"Ich glaube da hinten steht er", höre ich Niall gedämpft sagen und erkenne, wie seine Silhouette in meine Richtung zeigt.
Wer sonst sollte hier stehen? Ich war bis gerade eben die einzige Person auf dieser verlassenen Wiese. Hier trifft man höchstens noch einen Greifvogel, der nach einer gefangenen Mahlzeit noch zu Ende verdauen muss.
Ich erkenne, wie beide auf mich zukommen und werde augenblicklich nervöser. Ich habe ein gutes Recht dazu. Tanny war ziemlich angefressen auf mich. Es würde mich nicht wundern, wenn sie ihren Regenschirm dazu benutzt, mir eine herüberzubraten. Zuzutrauen wäre es ihr auf alle Fälle. Je näher sie kommen, desto genauer kann ich ihre Gesichtsausdrücke deuten. Während Niall, wie vorhin auch schon, ziemlich gelangweilt in der Gegend herumguckt, sieht Tanny einfach nur verwirrt aus. Etwas vor mir bleiben beide schließlich stehen und starren mich an. Ich zwinge mich zu einem Lächeln und hoffe, dass Tannys abwehrende Haltung mich nicht zum Rückzug zwingt.
"Was wird das Harry?", atmet sie nach einigen Augenblicken der Stille aus. "Wieso zwingst du deinen blondierten Freund aus Irland dazu mich in ein Taxi zu schleppen und mich hier her zu transportieren?"
Niall wirft ihr einen gekränkten Seitenblick zu, den sie wohl nicht wahrnimmt. Stattdessen lässt sie mich keinen Augenblick aus den Augen.
"Du bist nicht ans Handy gegangen", fange ich an. "Und wenn, dann hast du mich direkt weggedrückt, nachdem die diese laute Trillerpfeife einmal durch die Leitung gepfeffert hast. Ich habe deswegen, so nebenbei erwähnt, wohl immer noch einen Tinitus in meinem Ohr."
Ich sehe, wie sich ihre Mundwinkel leicht anheben, aber einen Moment später hat sie sich die starre Visage wieder aufgesetzt.
"Ich hatte also keine Wahl, als mich so zu entschuldigen."
"Na ja, du hättest Zayn oder Liam fragen können", wirft Niall ein. "Die machen doch den ganzen Tag eh nichts."
"Es ist Winter, tu doch nicht so, als wäre Golf bei dieser Kälte so angenehm", schnaufe ich nur.
"Es ist angenehmer, als hier zu stehen wie das fünfte Rad am Wagen."
"Du wolltest dich also entschuldigen?", lenkt Tanny das Thema wieder ein.
Bestätigend nicke ich ihr zu und atme tief ein.
"Pass auf, gleich fällt er vor dir auf die Knie", höre ich Niall genervt seufzen.
Nach einem kurzen Funkeln in seine Richtung öffne ich schließlich meinen Mund. "Okay, es war nicht richtig mich über dein depressives Verhalten aufzuregen. Und die Worte, die ich dir entgegengeworfen habe waren auch nicht okay."
Sie hat ihre Arme vor der Brust überkreuzt und hört mir aufmerksam zu, während Niall irgendetwas auf seinem Handy herumtippt.
"Es war ... dumm. Wirklich. Und es tut mir leid, wenn ich dich damit irgendwie gekränkt haben sollte", sage ich, ehe ich von einem Kamerablitz geblendet und unterbrochen werde. "Machst du etwa gerade ein Bild?"
"Was denn?", murmelt Niall nur unschuldig und zuckt mit den Achseln. "Der Moment, in dem Harry Styles jemanden in den Arsch kriecht, der muss eben festgehalten werden."
Tanny neben ihm kichert leise vor sich hin, als würde sie ihm zustimmen.
"Wie auch immer. Ich habe eine kleine Wiedergutmachung organisiert, die dir vielleicht sogar gefallen könnte", fahre ich fort und lächele leicht.
"Vermutlich eher nicht", höre ich Niall leise vor sich hinmurmeln.
"Okay?", sagt sie erwartend.
Während ich auf das verheißende Geräusch am Himmel warte, das mir meine Überraschung ankündigt, wippe ich nur grinsend vor und zurück.
"Du weißt wie gruselig du gerade aussiehst, oder?", fragt mich Niall mit hochgezogenen Augenbrauen. Aber ich ignoriere ihn total, denn das laute Motorengeräusch ertönt bereits am bewölkten Himmel.
"Da kommt es", kündige ich an und werfe einen Blick in den Himmel, an dem ich das kleine Propellerflugzeug bereits ausmachen kann. Auch Tanny und Niall haben ihre Köpfe gen Himmel gestreckt und gucken abwartend auf die Botschaft, die ich auf den Banner habe schreiben lassen.
Von meinen Bemühungen überzeugt starre ich die Beiden grinsend an und warte vor allem auf die Reaktion der Verrückten. Es dauert noch einige Momente, bis die Beiden meine Botschaft entziffern können, ehe sie mich mit großen Augen und verwirrtem Gesichtsausdruck angucken.
"Your Aunt's a hoe?", liest Tanny die Worte vor und starrt mich dabei ununterbrochen an. "Du hast einen Wunsch frei?"
"Was immer du auch willst. Na gut, außer den Wunsch meine Freundin zu sein, denn das ist dämlich."
Niall prustet neben ihr auf. "Das ist der dämlichste Versuch etwas wieder gut zumachen, den ich je gesehen habe!"
"Na ja", murmelt sie leicht lächelnd. "Er hat schon recht, es ist dämlich. Aber dass du es überhaupt gut machen willst, bedeutet mir schon eine Menge. Auch, wenn es einer dieser bescheuerten Flugzeugbanner ist."
"Das heißt du verzeihst mir?", frage ich sie.
Nach kurzem Überlegen nickt sie tatsächlich mit ihrem Kopf. "Ja, heißt es wohl."
"Super", unterbricht Niall die darauffolgende Stille, in der ich sie nur erleichtert angelächelt habe. "Kann ich dann jetzt wieder gehen?"
"Warum so eilig?", will sie von ihm wissen.
"Ich hab' ne heiße Verabredung mit meinem 18-Loch Golfplatz."
"Ich habe schon ewig kein Golf mehr gespielt!", sagt sie dann auf einmal. "Können wir mitkommen?"
"Was?", fragt Niall sie lachend und zeigt gleich auf mich. "Harry auf einem Golfplatz? Weißt du wie sehr er diesen Sport hasst?"
"Das ist kein Sport", schnaufe ich auf. "Das gibt reichen Schnöseln nur eine Gelegenheit miteinander über ihre neusten Hosen zu reden, während sie über arme Kinder lachen, die es nicht so einfach haben."
Niall wirft mir einen bösen blick zu. "Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass es überhaupt nicht stimmt? Golf ist ein seriöser Sport! Was zur Hölle verstehst du daran nicht?"
"Golf ist ein seriöser Sport", äffe ich ihn nach und verdrehe meine Augen trotzig. "Wohl kaum."
"Woah!", unterbricht Tanny uns. "Wir gehen golfen, Styles! Keine Widerrede! Schließlich habe ich einen Wunsch frei, nicht wahr?"
Sie hat einen Punkt - ich bin in mein eigenes Fettnäpfchen getreten. Mir bleibt also überhaupt nichts anderes übrig als mit den beiden in das Taxi zu steigen und auf den nächsten Golfplatz zu fahren. Na ja, vielleicht hat diese Sache auch ihre Vorteile. Es kann ja sein, dass ich Niall ausversehen meinen Schläger ins Gesicht ramme.
Wir werden sehen.
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Hust hi, kennt ihr mich noch?
Bevor ihr jetzt eure Mistgabeln aus der Scheune holt und sie anzündet, will ich mich verteidigen, denn ich hatte einen bombastischen Grund warum ich weg war. Und zwar wirklich bombastisch.
Trommelwirbel, bitte.
Ich finde Wattpad ist eine geniale Plattform um Ideen zu teilen und Geschichten an Leute zu bringen. Wirklich, ich liebe es hier zu schreiben und ich liebe es, mich so direkt mit Lesern und anderen Autoren austauschenzukönnen. Aber ich liebe es eben auch, wenn man Bücher nicht in portabler Form, sondern als Buch in den Händen halten kann. Und ... wenn wir gerade dabei sind, dann will ich euch an diesem Punkt mitteilen, dass es eines meiner Werke als BUCH ZU KAUFEN GIBT!!!
Polaroid, für die, die sich noch an die Geschichte erinnern, ist als Taschenbuch erhältlich! Und ich verarsche euch nicht! No joke! Mein voller Ernst!
Wenn ihr wollt, und es würde mir unendlich viel bedeuten, dann könnt ihr es euch auf Amazon bestellen! Der Link dazu ist auf meinem Profil!
Es ist ein wahnsinniges Gefühl sein eigenes Buch in den Händen halten zu können und ich hoffe wirklich euch gefällt diese kleine Nachricht!
Mit aller Liebe, die ich habe,
Ily,
Alina xx
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