3. Kapitel
Auf ihrem kleinen Fernseher flimmert eine Serie, der sie schon seit einiger Zeit nicht mehr folgen kann. Bunte Bilder wechseln sich ab, Dialoge ergeben keinen Sinn mehr und Charaktere laufen durchs Bild, die sie vorher noch nie gesehen hat.
Die Serie ist nicht schwer zu verstehen, aber Ellas Gedanken sind woanders. Zusammen mit Jason liegt sie auf dem Sofa. Er direkt hinter ihr, sodass sie ihren Kopf gemütlich auf seinen Unterarm gelegt hat, während er sich mit seinem Körper von hinten an sie schmiegt und den anderen Arm um ihren Oberkörper geschlungen hat. Die körperliche Nähe ist angenehm, aber gleichzeitig verkrampft sie sich. Denn seine freie Hand liegt direkt über ihrer Brust. So als würde sie darauf warten, endlich zugreifen zu können, sobald sie ihren eigenen Arm einen Zentimeter zur Seite bewegt.
Ella schließt ihre Augen. Wieso ist ihr der Gedanke so unangenehm, dass er sie anfasst, während sie kuscheln? Sie haben schon mehrfach miteinander geschlafen und er hat sie nackt gesehen. Jason kennt jeden Zentimeter ihres Körpers, aber wenn er sie nun an ihrer Brust berühren will, beschleunigt sich ihr Herzschlag ungewollt. Für sie ist diese Stelle sehr intim und egal wie oft sie seine Hand von dort weggenommen hat, kurz darauf versucht er es erneut. Als würde ihr »Nein« nur für einige Minuten gelten und nicht generell für die restlichen Stunden ihrer Verabredung.
Ihr Blick wandert zur Uhr. Sie rechnet die Stunden herunter, bis er wieder fahren wollte. Seufzend stellt sie fest, dass er noch etwas hier sein wird und legt sich anders hin. Dabei drapiert sie ihre Haare über ihrer Schulter, damit sie nicht selbst daran zieht, während sie auf ihnen liegt. Jason nutzt die Chance und bedeckt ihren Nacken mit sanften Küssen. Auf Ellas Haut bildet sich eine Gänsehaut, aber nicht, weil es ihr gefällt, sondern weil es ihr gerade alles zu viel wird.
Stell dich nicht so an, hört sie ihre eigene Stimme im Hinterkopf. Er tut das nur, damit sie sich wohlfühlt. Viele Frauen mögen solche Berührungen und manchmal mag sie diese auch. Aber jetzt gerade nicht. Abwehrend legt sie ihren Kopf in den Nacken und Jason hört auf. »Tut mir leid«, flüstert er sofort, als er die Reaktion ihres Körpers bemerkt und zieht sie enger in seine Umarmung. »Es fühlt sich einfach so unglaublich gut an gerade.« Seine Stimme klingt rau. Sanft fährt er mit der Hand zum Saum ihres Shirts und lässt sie fragend dort liegen. Ella ringt kurz mit sich, dann hebt sie ihren Arm an und schwupps ist seine Hand auf ihrer nackten Haut. Mit kreisenden Bewegungen fährt er über ihre Hüfte und ihren Bauch. Wieder geht ihr Körper in Abwehrhaltung und sie spannt ihre Bauchmuskeln an. Unsicher vergräbt sie ihr Gesicht an seinem Arm.
Was ist heute los mit ihr? Sonst mag sie es doch auch, wenn sie kuscheln und gemeinsam eine Serie gucken. Sind es seine unterschwelligen Annäherungsversuche, die sie aus dem Konzept bringen? Die in ihr Druck auslösen und jeden weiteren Hautkontakt unangenehm werden lassen? Sie ist heute nicht in der Stimmung, um mit ihm schlafen zu wollen, daher möchte sie an gewissen Stellen ihres Körpers auch nicht berührt werden. Ist das zu viel verlangt?
Oder ist sie einfach prüde und stellt sich gerade an wie ein kleines Kind?
Bevor sie tiefer in ihren Gedanken versinken kann, ist seine Hand am Rand ihres BH's angekommen. »Nicht.« Schneller als sie es realisieren kann, ist dieses Wort über ihre Lippen gekommen. Sie hört Jason hinter sich Jammern. »Och man, da gibt man sich Mühe, kauft Blumen, massiert dich, tut alles dafür, dass es dir gut geht und darf nicht mal eine Titte anfassen.«
In Ella versteift sich alles. Das war jetzt genug. In einer einzigen fließenden Bewegung flüchtet sie aus seiner Umarmung und steht vor dem Sofa. Aufgebracht starrt sie auf Jason herunter, der sie verwirrt anblickt.
»Du solltest jetzt gehen.« Ihre Stimme klingt kalt und reserviert. Vielleicht brennen ihr auch gerade nur die Sicherungen durch, aber sie hält es keine Sekunde länger mehr in seiner Nähe aus. Jason setzt sich langsam auf und runzelt seine Stirn. »Was? Wieso?«
Ellas Augenbrauen wandern in die Höhe und sie verschränkt störrisch ihre Arme vor der Brust. »Das fragst du ernsthaft? Wenn du nur hergekommen bist, um eine Frau begrapschen zu können, bist du bei mir an der falschen Stelle. Es gibt Orte, da kannst du das direkt gegen Geld machen und musst es nicht vorher in Blumen investieren.«
Geschockt reißt er seine Augen auf und steht kurz darauf direkt vor ihr. Sanft greift er nach ihren Händen und sieht sie intensiv an. »Nein Ella, so war das doch nicht gemeint. Du weißt, dass ich dich über alles liebe. Nicht nur wegen deinem Körper oder weil ich ihn anfassen möchte. Du bist mir einfach so wichtig und ich genieße jede Sekunde, die ich mit dir verbringen kann. Es tut mir leid, wenn ich zu weit gegangen bin. Ich wusste ja nicht, dass du es nicht möchtest. Bitte Ella. Ich liebe dich.« Flehend wie ein Golden-Retriever Welpe sieht er sie an.
»Ich habe deine Hand oft genug weggenommen. Das hättest du merken können.« Abrupt entzieht sie ihm ihre Hände und tritt einen großen Schritt von ihm zurück. Jason presst seine Lippen zusammen. »Das habe ich gar nicht wahrgenommen...Gott, das tut mir so leid. Ich verspreche dir Ella, das wird nie wieder vorkommen. Ab jetzt werde ich fragen, ob ich dich berühren darf. Und wenn du es nicht möchtest, ist es völlig in Ordnung. Versprochen.«
Er macht erneut einen Schritt auf sie zu, aber sie hält ihn weiter auf Abstand. »Jason, bitte geh. Ich brauche jetzt meine Ruhe.«
Verletzt sieht er sie an, nickt dann aber. »Okay, ich werde nach Hause fahren. Sie bitte nicht sauer auf mich. Ich will dich nicht verlieren. Ich weiß, dass ich ein Idiot bin und mich gerade bescheuert verhalten habe. Irgendwie habe ich nicht nachgedacht...das letzte was ich möchte ist, dass du dich in meiner Nähe unwohl fühlst. Bitte glaub mir das. Ich bin doch dafür da, dass es dir gut geht und du dich wohl fühlst...«
Ella schluckt hart und senkt ihren Blick. Sie weiß nicht mehr, wie oft sie genau diese Worte als Entschuldigung bereits gehört hat. Aber im Laufe der Zeit verlieren sie an Wert, wenn sie nicht eingehalten werden.
»Jason...bitte...Geh jetzt.« Flehend sieht sie ihn an, da sie spürt, wie sich Tränen der Wut in ihren Augen sammeln. Wut über sich selbst, da sie in all seine Handlungen negative Absichten hinein interpretiert. Aber auch Wut auf ihn, weil er sie nicht zum ersten Mal in solch eine unangenehme Situation gebracht hat. Erst macht er einen Fehler, dann redet er sich heraus. Manchmal lernt er dazu und hält, was er verspricht. Leider ist es jedes Mal nur eine Frage der Zeit, wann er seinen nächsten Aussetzer bekommt und sie unterschwellig bedrängt.
Bisher hat sie das immer toleriert. Aber sie fühlt sich nicht mehr gut dabei.
Ratlos blickt sie ihm hinterher, als er ihr Zimmer verlässt und die Tür hinter sich zuzieht.
Die Anspannung fällt von ihrem Körper ab und ihre Schultern sacken nach vorne. Zielstrebig tragen ihre Füße sie zum Käfig und sie öffnet die Tür. Flink huscht die Maus auf ihre Hand und sie hält das kleine Fellknäul sanft zwischen den Fingern fest. Liebevoll streicht sie über das weiche Fell und sieht das kleine Tier fragend an.
»Bin ich komplett bescheuert oder er?«
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