[07]
Jisung PoV
Die Nachmittage bis zum Wochenende verbrachte ich ohne Minho. Eigentlich wäre es mir lieber gewesen, ihn bei mir zu haben, auch wenn ich ihm das niemals sagen würde. Dafür hatte Minho jede Pause mit mir zusammen verbracht und ich war immer besser darin geworden, von alleine seine Hand zu nehmen und hatte sie an einigen Tagen tatsächlich die ganze Pause lang gehalten, worauf ich ziemlich stolz war. Vielleicht sollte ich mir ein neues Ziel setzen, denn das hier war zu einfach zu erreichen.
Ich wollte bis Ende des Jahres jemanden geküsst haben. Das war mein neues Ziel und mit Minho's Hilfe sollte ich das auch schaffen können. Das größere Problem war es eher, jemanden zu finden, den ich küssen wollte, denn außer Minho hatte ich niemanden und vermutlich würde sich daran so schnell auch nichts ändern.
Deshalb stand ich jetzt auch vor Minho's Haustür und vor keiner anderen. Deshalb rang ich gerade mit mir, die Klingel unter dem Türschild zu drücken, auf dem sein Name stand. Ich war nervös und wusste nicht so recht, was mich erwartete. Ich hatte noch nie bei jemand anderem übernachtet, was in meinem Alter eigentlich ziemlich traurig war.
"Reiß dich gefälligst zusammen, Jisung.", murmelte ich leise zu mir selbst und drückte dann auf die Klingel.
Ein Mann, der vermutlich Minho's Vater war, öffnete mir die Tür und musterte mich. Von innen hörte man leise Musik, die vermutlich aus einem der Zimmer kam.
"Oh, hallo. Du musst wegen Minji hier sein, richtig? Sie meinte, dass sie noch einen Jungen namens Park Jiseok erwartet, auch wenn ich mir dich aus ihren Erzählungen irgendwie anders vorgestellt hab... Naja, komm erstmal rein."
"Uhm... Ich glaube, es liegt eine Verwechslung vor. Vermutlich hab ich mich einfach in der Hausnummer geirrt.", meinte ich und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. "Gibt es in dieser Straße zufällig noch eine andere Familie namens Lee?"
"Ja, es gibt noch zwei. Nach wem genau suchst du denn? Nicht dass du dich nochmal in der Tür irrst. Ich kann verstehen, dass dir das ein wenig unangenehm ist und dass du das nicht nochmal wiederholen willst."
'Ein wenig' war wohl ziemlich untertrieben. Ich würde am liebsten im Erdboden versinken.
"Ich suche nach Lee Minho. Er ist in etwa so groß...", ich zeigte Minho's Größe, "Hat braune Haare und drei Katzen, ist ziemlich hübsch, ungefähr in meinem Alter-"
Ich unterbrach mich selbst, als der Mann anfing zu lachen und sah ihn nur fragend an. Was war denn jetzt los?
"Verzeihung, aber warum lachen Sie? Kennen Sie ihn etwa?"
"Ja, ich kenne ihn sehr gut. Du hast dich nicht im Haus geirrt, ich hatte nur vergessen, dass Minho auch Besuch erwartet. Ich bin Eunsang, Minho's Vater. Und du bist?"
"Han Jisung. Ein Freund von Minho."
"Uhh~ Minho's kleiner Schwarm. Wird höchste Zeit, dass der Junge sich bei uns outet. Naja, komm erstmal rein. Er ist unten in seinem kleinen Studio. Die Treppe runter und dann einfach geradeaus durch. Deine Tasche kannst du einfach in den Flur stellen, bis ihr nach oben geht. Ich denke nicht, dass er da unten freiwillig so schnell raus kommt."
"Okay, vielen Dank."
Dass er mich als Minho's Schwarm bezeichnet hatte, ignorierte ich einfach und tat was er gesagt hatte.
Unten im Keller wurde die Musik immer lauter und ich hatte inzwischen auch verstanden, dass sie von Minho kommen musste. Als ich die Tür zu seinem Studio öffnete, reagiert er nicht. Er war viel zu fokussiert auf die Musik und seine Bewegungen dazu, die mich in seinen Bann zogen. Er bewegte sich rhythmisch und fließend. Das ganze hatte etwas anmutiges und schönes, aber trotzdem etwas ungezügeltes, wildes und verdammt heißes an sich.
Ich schloss leise die Tür hinter mir und ließ mich auf dem Boden des Studios nieder. Zwar hatte Minho hier auch ein Sofa stehen, doch das stand am anderen Ende des Raumes und ich wollte ihn nicht stören, indem ich ihn ablenkte. Viel lieber saß ich auf dem Boden und versank in den Bewegungen des Älteren. Sie fesselten und beeindruckten mich einfach. Minho beeindruckte mich.
Als das Lied zu Ende war und er die Musik ausgestellt hatte, applaudierte ich leise für ihn, wodurch er auf mich aufmerksam wurde, auch wenn er erst nicht mitbekam, dass ich es war.
"Hab ich nicht gesagt, dass ich nicht gestört- Ach, du bist es.", meinte er und während er realisierte, dass ich es war, wechselte sein genervter Gesichtsausdruck zu einem zärtlichen, schon fast zu liebevollen wechselte, der mir einen sanften Schauder über den Rücken jagte und meine Magengegend angenehm zum kribbeln brachte. Ich wusste, was das bedeuten musste, doch das konnte nicht sein. Es ergab in meinem Kopf keinen Sinn und doch war ich gerade auf dem besten Weg mich in Minho zu verlieben.
"Wollen wir hoch? Mir zuzusehen ist bestimmt langweilig für dich und ich muss auch noch duschen.", fragte er doch ich schüttelte den Kopf.
"Ich seh dir gerne zu. Du bist wirklich talentiert. Das sieht total professionell aus."
"Was sagst du dazu, wenn ich versuche, dir auch etwas bei zu bringen? Nicht den ganzen Song sondern nur den Refrain und je nach dem, wie es klappt machen wir weiter."
"Okay, versuchen wir es. Aber sag Bescheid, wenn ich mich zu dumm anstelle.", lachte ich und wir einigten uns noch schnell auf ein Lied, ehe er begann mir die ersten Schritte zu zeigen.
Geduldig studierte er mit mir die Schritte ein, was uns fast eine halbe Stunde an Zeit kostete für nur eine Minute der Choreographie.
"Das machst du wirklich gut, Jisung.", lobte mich Minho, als wir versucht hatten, alles, was er mir beibringen wollte, einmal durchzutanzen, was erstaunlich gut funktioniert hatte.
"Bei weitem nicht so gut wie du... Du bist einfach unfassbar talentiert."
"Danke, es war ein hartes Stück Arbeit, aber das war es definitiv wert."
Er schnappte sich ein kleines Handtuch, das auf dem Sofa lag und hielt es mir hin. Durch meine nicht besonders weitreichende Ausdauer hatte ich ordentlich geschwitzt. Doch anstatt das Handtuch zu nehmen, nahm ich seine Hand mit dem Tuch und führte sie zu meinem Gesicht. Minho verstand, was ich ihm damit sagen wollte und tupfte sanft den Schweiß aus meinem Gesicht, wobei ein kleines Lächeln seine Lippen umspielte. Ich merkte, dass er genauso auf meine Lippen starrte wie ich auf seine.
"Ich weiß, was du denkst, Minho.", flüsterte ich schon fast. Den Blick hatte ich noch immer auf seine Lippen gerichtet und es fiel mir schwer zu sagen, dass ich nicht ähnlich dachte.
"Denkst du genauso wie ich, Jisung?"
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