
[03]
Jisung PoV
Nach der Pause fand ich mich im Klassenraum auf meinem Stuhl neben Minho wieder. Wie war es noch gleich passiert, dass dieser Junge wirklich in jedem Fach neben mir saß?
Ach ja. Richtig. Er war der Einzige, der es neben mir aushielt. Selbst außerhalb des Klassenverbandes so wie jetzt gerade im Lateinkurs war er der Einzige, der mich er trug.
"Hey, Jisung. Was hast du bei-", fragte mich mein geliebter Sitznachbar. Konnte der mich nicht endlich in Ruhe lassen? Er sah doch, dass ich gerade mit meiner eigenen Aufgabe beschäftigt war.
"Warte, Minho. Ich denke nach.", antwortete ich und kaute am Ende meines Kugelschreibers, während ich konzentriert auf mein Blatt starrte und dann schnell die Antwort hinkritzelte, bevor ich sie wieder vergaß.
"Jiiiiii... Ich kapier das einfach nicht.", jammerte Minho verzweifelt und ich hätte ihm dafür am liebsten eine gescheuert. Musste er mich echt so nerven? Ich hatte doch gesagt, dass er warten soll.
"Was kapiert du nicht? Dass du warten sollst, bis ich fertig bin? Dass ich auf deinen scheiß Spitznamen verzichten kann? Ja, das merke ich.", fuhr ich ihn leise an.
"Eigentlich meinte ich bei diesen Satz hier... Ich finde dieses eine blöde Wort nicht. Das hier." Er zeigte auf das Wort, das er suchte.
"Geben. Hatten wir erst letztens. Solltest du wissen."
"Okay, danke. Ich bin nicht besonders gut darin, mir so etwas zu merken."
"Hm... Merke ich."
Er sagte nichts mehr dazu und wir arbeiteten weiter stumm an unseren Texten, während der restliche Kurs leise im Hintergrund murmelte. Wir hatten die Erlaubnis, mit unseren Sitznachbarn zu arbeiten und das nutzten die meisten auch aus. Vermutlich weil sie so einfacher voran kamen. Zumindest wenn sie den richtigen Sitznachbarn hatten.
"Jisung?", fragte Minho nach einer Weile wieder, doch dieses Mal ignorierte ich ihn. Zuerst musste ich aufschreiben, was ich gerade nachgeschlagen hatte, denn ich hatte keine Lust es nochmal nachschlagen zu müssen, weil Minho mich abgelenkt hatte.
"Jisung? Hast du mich gehört?", wiederholte er und tippte mir zweimal kurz auf den Oberarm, was mich ein wenig zusammen zucken ließ.
"Was?!", zischte ich genervt. Das altbekannte Gefühl breitete sich in meinem Oberarm aus, doch ich konnte es nicht wegkratzen. Nicht solange Minho's gesamte Aufmerksamkeit noch auf mir lag.
"Was heißt-"
"Seh ich für dich aus wie ein fucking Wörterbuch?"
Ja, ich war gereizt. Das war ich immer, wenn dieser Schmerz da war und ich ihn nicht loswerden konnte. Er war da und vergiftete meinen Kopf, sodass ich an nichts mehr anderes denken konnte. Da war es mir egal, wen ich mit meinen Worten verletzte.
"Tut mir leid, aber ich finde die Wörter einfach nicht im Vokabelteil."
"Dann such halt besser oder kauf dir eine Brille. Ich hab sie ja schließlich auch gefunden, ohne irgendwen zu nerven."
"Ich hab gesucht und ich finde es nicht."
"Da.", erwiderte ich stumpf und zeigte auf das Wort, das ich zuvor auch gesucht hatte. Der Schmerz in meinem Arm drückte immer mehr.
"Danke. Bei welchem Satz bist du?"
"Zeile 23 und jetzt will ich weiter machen, damit ich heute noch fertig werde, also las mich in Ruhe."
Konzentrier dich endlich auf etwas anderes als mich.
"Ist ja gut. Nächstes Mal frag ich wen anders...", seufzte Minho und wendete sich wieder seinem Blatt zu, weshalb ich mir endlich den Schmerz vom Arm kratzen konnte, ohne dass es zu auffällig wurde. Vermutlich hatte er nicht einmal auf seine kleine Berührung geachtet, also würde er das beides nicht in Verbindung bringen können.
"Ich weiß nicht, für wie dumm du mich hältst, aber ich bekomme es mit, dass du das immer machst, wenn ich dich berührt habe. Ebenso wie, dass du immer zusammen zuckst, wenn ich mich bewege und dir dabei zu nahe komme.", meinte Minho und sah dabei weiterhin auf sein Blatt und nicht zu mir.
"Das hat dich nichts zu interessieren.", sagte ich, stoppte meinen Kugelschreiber in seiner Bewegung und biss meine Zähne fest zusammen.
"Es geht mich nichts an, ich weiß. Aber wenn du jemanden brauchst, mit dem du es trainieren willst, ohne dass er Fragen stellt: Ich bin da. Wenn du jemanden willst, mit dem du drüber reden willst: Ich bin da. Du musst nicht alleine sein, Jisung."
"Ich bin nicht alleine und ich bin auch keine kaputte Porzellan-Figur, die du wieder kleben musst, weil deine Katze sie vom Schrank gefegt hat. Ich brauche dich nicht."
"Du brauchst mich sehr wohl. Selbst ein Blinder sieht, dass es dir nicht gut geht. Du brauchst jemanden, mit dem du glücklich sein kannst. Und jetzt erklär mir nicht, dass du glücklich wärst, denn ich weiß, du bist es nicht."
Ich hasste ihn. Ich hasste ihn dafür, dass er verdammt nochmal Recht hatte mit dem, was er gesagt hatte. Auch wenn ich nicht sicher war, ob er wirklich derjenige war, der mir helfen sollte. Aber eine andere Auswahl hatte ich ja nicht wirklich.
"Vielleicht sollte ich lieber einen dieser gesucht-gefunden Zettel im Rewe aufhängen. Da kann ich mir wenigstens jemanden aussuchen und bekomme nicht einfach irgendwen, der sich selbst zu meinem Psychiater erklärt.", erwiderte ich sarkastisch.
"Gib mir wenigstens eine Chance, Jisung. Bitte. Nicht als dein Psychiater sondern als ein Freund, der es einfach gut mit dir meint."
"Wo ist der Haken?", fragte ich skeptisch. Niemand machte so etwas freiwillig. "Hast du mit diesem Hyunjin gewettet, dass du mich dieses Jahr noch flachlegen kannst? Denn wenn ja, dann kannst du das voll knicken. Mich kannst du mit der Nummer nicht so leicht in die Matratze vögeln. Da musst du dir schon was besseres einfallen lassen. Sex-Sperre bis zum ersten Januar."
"Erstens gibt es keinen Haken, außer dass du deine Zeit mit mir verbringen wirst.
Zweitens kannst du mir keine Sex-Sperren erteilen. Du bist nicht mein fester Freund.
Drittens hab ich keine Wette mit Hyunjin oder irgendwem anders. Wer um so etwas wettet, ist einfach nur ein Arsch."
"Na schön. Aber wenn es nicht klappt, lässt du mich danach in Ruhe. Deal?"
"Deal."
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