36. Kapitel
"Er ist ihr Pate gewesen?" Erstaunt zog Zack beide Augenbrauen in die Höhe und sah mich mit teils überraschter, teils fassungsloser Miene an. "Raymond Frye war Sharon Hunters Pate?"
"Jap, zum hundertsten Mal", murmelte ich abwesend mit leicht gereiztem Unterton in meiner Stimme und warf ihm einen kurzen Blick über den Tisch hinweg zu, an dem wir gemeinsam saßen und an dem Zack gerade eben zum gefühlt millionsten Mal das wiederholt hatte, was ich ihm vor knapp einer Stunde erzählt hatte. Nämlich die Tatsache, dass Sharon anscheinend das Patenkind meines Erzeugers gewesen war.
Es war bereits früher Nachmittag. Die Sonne versteckte sich nach wie vor hinter dem trüben Schleier aus Wolken, der den Himmel bedeckte, und ließ ihr graues Licht matt zu der Erde hinab schweben, die unter ihr lang. Nur schwach drang es durch die verdunkelten Fensterscheiben unseres Wohnzimmers hindurch, sodass Chloe auf der Stelle das Licht angeknipst hatte, kaum dass wir es betreten hatten.
Und während sich meine Freundin, die nach wie vor in ihr orangenes Nachthemd gekleidet war und unablässig an ihren schwarz lackierten Fingernägeln kaute, auf dem dunkelbezogenen Sofa zusammen gerollt hatte, mir ab und zu verstohlene Blicke zuwerfend, hatte ich zusammen mit Zack an dem großen Tisch direkt daneben Platz genommen, um ihm alles von unserem nächtlichen Erlebnis zu berichten.
Von dem Ablenkungsmanöver in unserer Küche und dem damit verbundenen Einbruch an bis zu der Enthüllung von Arkyns Identität und Sharons Geständnis, dass mein Erzeuger weitaus mehr für sie gewesen war als einfacher Bekannter.
Er war ihr Pate gewesen. Trotz seines jungen Alters, das Sharons Eltern dennoch nicht davon abgehalten hatte, ihm dieses Amt zu übergeben. Oder zumindest hatte es nicht Sharons Mutter davon abgehalten, ihr Vater selber, so hatte es mir die Campleiterin erzählt, war anfangs nicht sonderlich begeistert von dieser Idee gewesen. Wahrscheinlich, da mein Erzeuger am Anfang seiner Karriere als Phönixträger ein ziemlicher Kindskopf gewesen war mit einem hitzigen Gemüt, das man nicht hätte unterschätzen sollen. Etwas, was Sharons Mutter damals allerdings dennoch nicht davon abgehalten hatte, Raymond als den Paten ihrer Tochter vorzuschlagen.
Sie hatte darauf vertraut, dass dem jungen Phönixträger eines Tages noch all seine Verantwortung bewusst werden würde und - zumindest hatte dies Sharon gesagt - sie hatte damit nicht unbedingt falsch gelegen.
Raymond war für Sharon wie der große Bruder gewesen, den sie nie gehabt hatte. Ein wunderbarer großer Bruder, mit dem sie viel Zeit zusammen verbracht hatte, trotz des großen Altersunterschiedes und seinen Aufgaben als Schamane des Donnervogels.
"Er war mein bester Freund gewesen", hatte sie mir erzählt, wobei sich ein kleines, sehnsüchtiges Lächeln über ihre vollen Lippen gezogen hatte. Und nach dem frühen Tod von Sharons Dad war er dann schließlich auch mehr oder weniger in die Rolle ihres Vaters geschlüpft, trotz seiner derzeitigen Beziehung zu Shira, meiner biologischen Mutter.
Mit zusammengekniffenen Lippen starrte ich hinab auf die aufgeschlagene Seiten des Jahrbuches vor mir auf dem Tisch, dass ich mir aus Sharons ausschweifender Bibliothek von Fotoalben kurz nach unserem Gespräch ausgeliehen hatte. Es war dasselbe Jahrbuch, dass ich an jenem regnerischen Nachmittag aufgeschlagen im Wohnzimmer des Landhauses vorgefunden hatte, als Zack und ich unangenehmer weise mitten in das Streitgespräch zwischen Sharon, Logan, Keith und Penelope hereingeplatzt waren. Und jene Seite, die damals aufgeschlagen auf einem kleinen Couchtisch neben einem Glas gefüllt mit Rotwein gelegen hatte, lag nun gleichermaßen vor mir auf dem Tisch.
Schweigend sah ich auf das Bild von meinem Erzeuger und dem kleinen Mädchen in dem geblümten Kleid neben ihm herab. Raymond und Sharon, wie ich jetzt wusste. Wie ein Vater neben seiner Tochter.
Wenn ich ehrlich war, so hätte mir die Ähnlichkeit zwischen der Campleiterin und dem kleinen Mädchen hier im Blümchenkleid neben meinem Erzeuger auf der Stelle auffallen sollen. Schließlich hatte diese den selben dunklen Teint, die selben hellen Augen und dieselben niedlichen Kringellöckchen wie das Mädchen hier auf dem Foto. Ja, selbst die feingeschnittenen Gesichtszüge schienen von der heutigen Sharon Hunter nicht wirklich weit entfernt zu sein. Die gerade Nase, die hohen Wangenknochen, die vollen Lippen...
Unwillkürlich spürte ich einen Stich in meinem Herzen und wieder einmal kam dieses seltsame Gefühl in mir auf, das mich schon damals beschlichen hatte, als ich das Bild zum ersten Mal in Sharons Landhaus gesehen hatte. Damals hatte ich es nicht wirklich identifizieren oder gar zuordnen können. Aber nun, durch die neugewonnen Informationen dank der Erzählungen der Campleiterin, fiel mir dies nicht mehr sonderlich schwer.
Ich war eifersüchtig. Eifersüchtig auf Sharon, da sie das Leben zusammen mit meinem Vater geführt hatte, das ich eigentlich hätte haben sollen, wäre er nicht frühzeitig gestorben. Ich war eifersüchtig, da sie all die Zeit mit ihm zusammen gehabt hatte, die mir durch seinen frühen Tod verwehrt worden war und dass sie ihn aus diesem Grund sogar als eine Vaterfigur hatte ansehen dürfen. Etwas, was ich all die Jahre über vehement abgelehnt hatte.
Ich hatte Raymond Frye auf Grund von Alisons Lügen mein gesamtes Leben über verachtet, hatte mich geweigert ihn als meinen Vater zu betiteln und war auf eine gewisse Art und Weise sogar froh darüber gewesen, dass er nicht mehr Teil meines Lebens gewesen war.
Doch nun kannte ich die Wahrheit. Nun wusste ich, dass Raymond Frye mich nie freiwillig verlassen und Mum und mein jüngeres Ich nie grundlos einfach im Stich gelassen hatte. Er war all die Zeit über tot gewesen, gestorben in einem Kampf gegen die Venatoren um die Seinen zu beschützen. Die Seinen, zu denen Sharon Hunter gehört hatten. Das Mädchen, das er vor meiner Geburt großgezogen hatte.
Gedankenverloren biss ich mir auf die Unterlippe und strich mit meinen Fingern behutsam über die vier abgerissenen Klebestreifen, die das leicht vergilbte Fotopapier auf den Seiten des Albums hielten.
Was wohl gewesen wäre, wenn Raymond damals nicht während des Kampfes in Cetan Wí umgekommen wäre? Was wäre gewesen, wenn er und meine biologische Mutter überlebt hätten?
Vermutlich hätte er mich zusammen mit Shira großgezogen, hier im Camp, und ich wäre genauso wie Zack in der Welt der Schamanen aufgewachsen und nicht in der Welt außerhalb dieser Magie. Ich hätte mich mit Sharon, dem Patenkind meines Vaters, angefreundet und eine schöne gemeinsame Kindheit mit ihr zusammen verbracht.
Vielleicht hätte sie mich als ihre kleine Schwester gesehen, genauso wie sie meinen Erzeuger als ihren großen Bruder und später als ihre Vaterfigur gesehen hatte. Wer weiß, vielleicht wäre sie auch für mich wie eine große Schwester gewesen. Jemand, mit dem ich Übernachtungspartys im Zimmer des jeweilig anderen feiern konnte, mit dem ich zusammen Schokolade essen und später, wenn wir älter waren, über den süßen Jungen nur wenige Haustüren von uns entfernt reden konnte. Jemand, mit dem ich lachen, mit dem ich streiten und den ich anschreien konnte, wenn alles mal wieder nicht so lief, wie es laufen sollte.
Wenn, wenn, wenn...
Ein leises, nachdenkliches Seufzen glitt über meine Lippen, als ich weiterhin hinab auf das Bild starrte, anschließend einige Seiten weiter blätterte und auf weitere Fotos von Raymond und Sharon stieß, manchmal auch zusammen mit Sharons Mutter, einer stämmigen, kleinen Frau, die einen ebenso dunklen Teint wie ihre Tochter hatte, manchmal zusammen mit Shira Pamuy, die glücklich strahlend in die Kamera lächelte.
Sie schienen sich wirklich nahe gestanden zu haben. So nahe wie nur ein Bruder seiner Schwester stehen konnte. Oder ein Vater seiner Tochter.
"Du wirkst nicht wirklich glücklich mit dieser Tatsache." Zacks Worte kamen unerwartet und ließen mich überrascht von dem Jahrbuch vor mir aufblicken. Der Junge mir gegenüber hatte den Kopf schräg gelegt und betrachtete mich eindringlich, ganz so, als würde er dies bereits eine ganze Weile lang tuen. Seine dunklen Augen blitzen wie kleine, schwarze Kieselsteinchen aufmerksam zwischen seinen dichten Wimpern hervor.
Wenig enthusiastisch zuckte ich mit den Schultern. "Es war etwas unerwartet", sagte ich dann schlicht und wollte mich wieder dem Album zuwenden, aber Zack hielt mich davon ab. "Etwas unerwartet?", wiederholte er meinen Wortlaut und sah mich ungläubig an. "Das ist doch nicht dein Ernst, Meg, oder?" Er warf einen kurzen Blick hinüber zu der Couch, wo Chloe das Nachthemd so weit wie nur irgendwie möglich über ihre Knie gezogen hatte und so aussah, als würde sie jeden Moment weg dösen, dann richtete er seinen Blick wieder auf mich. "Schließlich hat man dir soeben erst verkündet, dass dein Vater und Sharon gewissermaßen die Beziehung zueinander hatten, die du eigentlich mit ihm hättest haben sollen. Und dann kommst du mit: 'Es war ein wenig unerwartet'? Das ist doch ein schlechter Scherz, oder?"
Erneut zuckte ich mit den Schultern und Zack schüttelte nur wild seinen Kopf. "Du willst mich doch auf den Arm nehmen", murmelte er, stützte seine Unterarme auf dem Tisch auf und lehnte sich dann ein Stückchen weit vor. "Du schaust dir seit ungefähr zwei Stunden die Bilder von Raymond und Sharon an als wärst du eine eifersüchtige Ehefrau, die sich gerade die Fremdgeh-Bilder ihres Ehegattens ansieht. Das sieht für mich nicht nach 'etwas unerwartet' aus, Megan."
Ich merkte, wie ich bei seinen Worten mein Gesicht zu einer Grimasse verzog. Vermutlich war ich in diesem Moment für ihn wie ein offenes Buch, dessen Seiten mit großen Blockbuchstaben beschrieben waren, sodass es auch ja jeder Schulanfänger lesen konnte.
Mit einer energischen Bewegung schlug ich das Album wieder zu, stützte meine Ellenbogen auf der Tischplatte auf und lehnte mein Gesicht gegen meine zu Fäusten geballten Hände. Wie ein kleines Kind, das schmollte, nur weil es mal wieder Brokkoli zum Mittagessen gab. Oder sonstiges grünes Gemüse, das uns der liebe Gott zur Qual jedes sechsjährigen Kindes auf die Erde gesetzt hatte.
"Na gut", lenkte ich mehr oder minder ergeben ein und funkelte mein Gegenüber schlecht gelaunt an. "Es ist eventuell möglich, dass ich nicht sonderlich begeistert über diese Neuigkeit bin." "Nicht zu übersehen." Ein kleines Grinsen huschte über Zacks Züge, was meine Theorie, dass mein Gesicht für jedermann gleich einem offenen Buch sein musste, nur noch umso mehr bestärkte. Zu meinem Ärger.
"Was ist es genau, was dich daran stört?", fragte mich mein Freund schnell, als er meinen missmutigen Blick bemerkte und erinnerte mich dadurch auf erschreckende Art und Weise an unsere ehemalige Schulpsychologin Mrs Selma Candlewood, die den "zu therapierenden Schüler", wie sie es immer bezeichnet hatte, immerzu mit einem ähnlichen Blick bedacht hatte. Nur, dass ihre Stimme um einiges höher gewesen war als die von Zack und um einiges nervenaufreibender. Und dass sie immer viel zu viele Knöpfe ihrer Bluse offen getragen hatte, die einem Einblicke gewährt hatten, die zumindest Klein-Megan immerzu bis in ihre Alpträume verfolgt hatten.
Ich hatte Mrs Selma Candlewood immer als zu aufdringlich für eine Kinderpsychologin empfunden. Sei es ihr zu starkes Make-Up, die Mega-Ausschnitte oder die blonde Locken gewesen, die sich immerzu in perfekten, goldenen Kringeln auf ihre schmalen Schultern herab geringelt hatten. Erst später hatte ich erfahren, dass es sich bei Letzteren auf Grund ihrer Chemotherapie um eine Perücke gehandelt hatten, die sie trug, um ihren kahl rasierten Schädel vor uns zu verbergen.
Wenn ich im Nachhinein so darüber nachdachte, so hatte sie mir eigentlich leid getan. Trotz ihrer teilweise zu neugierigen Art und Weise und ihrer viel zu spitzen Nase, die sie immerzu in Angelegenheiten gesteckt hatte, die sie nichts angingen.
Vor zwei Jahren hatte Selma Candlewood schließlich die Schule verlassen. Sie müsse sich nun ganz auf ihren Kampf gegen den Krebs kümmern, hatte es geheißen, danach würde sie wieder zu uns zurück kommen. Mum hatte mir dann ein Jahr später erzählt, dass sie es nicht geschafft hatte.
"Ich weiß es nicht", log ich und zuckte mit den Schultern, riss meine Gedanken mit dieser Bewegung von meiner nun verstorbenen Schulpsychologin fort. "Es ist seltsam. Irgendwie." Ich sah auf meine Fingernägel hinab, die unruhig auf dem dunklen Holz des Tisches herum klopften. "Ich meine", fuhr ich langsam weiter fort, als Zack keine weiteren Anstalten machte mir Fragen zu stellen und mir stattdessen aufmerksam zuhörte, "sie hat all das gehabt, was ich hätte haben können. Zusammen mit Raymond versteht sich. Sie hatte all diese Zeit mit ihm zusammen, die ich nie gehabt habe und die ich auch nie mehr haben werde. Zeit, die ich mir mein gesamtes Leben über gewünscht habe, auch wenn ich ihn wegen den Erzählungen meiner Mum verabscheut habe."
Ich machte eine kurze Pause und auf einmal, wie als hätte jemand in mir plötzlich einen Schalter umgelegt, der all die Gefühle in mir hervortreten ließ, die ich all die Jahre über mühevoll unterdrückt hatte, spürte ich Tränen in meinen Augen brennen. Tränen, die ich energisch versuchte weg zublinzeln - das Letzte, was ich nun wollte war ach so armselig vor Zack in Tränen auszubrechen -, aber es gelang mir nicht.
"Ich habe ihn an manchen Tagen wirklich dafür gehasst, dass er Mum und mich verlassen hat. Ich habe ihn dafür gehasst, dass er nie angerufen, sich nie nach mir erkundigt hat. Ich dachte ich wäre ihm dafür zu unwichtig gewesen, zu unbedeutend."
Ich blinzelte einige weitere Male, aber vergeblich. Meine Sicht verschwamm wieder und wieder aus Neue hinter einem Schleier aus Tränen, der in meinen Augen brannte.
"Ich habe geglaubt ich könnte ohne ihn leben und es sei auch besser so ohne ihn. Weitaus besser." Ein bitterer Unterton hatte sich unbemerkt in meine Stimme geschlichen und ich merkte, wie sich meine Hände erneut zu Fäusten ballte. "Und wer weiß, vielleicht war es das auch gewesen. Aber auf der anderen Seite..." Ich stockte und verzog für einen kurzen Augenblick mein Gesicht, da ein alter, mir nur allzu bekannter Reflex das nun Folgende zurück halten wollte. "Auf der anderen Seite habe ich mir immer wieder gewünscht er würde jeden Moment zur Tür hinein kommen und mir ein guter Vater sein", presste ich schließlich hervor und schluckte einmal, ehe ich weiter fort fuhr, "Die Familie mit meiner Mum und mir bilden, die wir hätten sein sollen.
Und jetzt? Jetzt bin ich hier in Cetan Wí und habe erfahren, dass all die Geschichten meiner Mum über ihn einfach nur verdammte Lügen gewesen waren und dass er sehr wohl der Vater gewesen war, den ich mir nur hätte wünschen können. Allerdings nicht für mich sondern für ein anderes Mädchen. Für Sharon."
Ich schwieg einen Moment lang und fuhr mir mit der Zunge über die Unterlippe. Sie schmeckte salzig.
"Ich habe ihn die gesamte Zeit über gehasst", wiederholte ich mich dann wieder mit leiser Stimme und sah Zack hilflos an. "Ich habe gedacht ich würde dieses verdammte Arschloch, als dass ich ihn immerzu gesehen habe, kennen. Nur damit ich erfahren musste dass ich ihm all die Zeit über Unrecht getan habe und der Mensch, den ich verachtet habe, in Wirklichkeit eine ganz andere Person ist. Und das tut mir leid und ich kann es einfach nicht mehr gut machen, egal ob ich ihn nie persönlich kennengelernt habe oder nicht."
Ich fuhr mir mit gespreizten Fingern durch die Haare und kniff anschließend die Lippen zusammen, meine beiden Kiefer pressten schmerzhaft aufeinander.
Zack mir gegenüber schwieg. Nachdenklich sah er mich an, dann schüttelte er nur mit seinem Kopf. "Du solltest damit aufhören, Megan", sagte er bestimmt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor der Brust. "Wie du bereits gesagt hast: Du hast deinen Vater bloß wegen den Geschichten deiner Mum verachtet. Und auch, wenn das dir vielleicht in diesem Moment nicht mehr gerechtfertigt vorkommt und es dir leid tut, so kannst du es nicht mehr ungeschehen machen. Vielleicht ist er nicht das Arschloch gewesen, dass du all die Jahre über in ihm gesehen hast und vielleicht ist er für Sharon eine wunderbare Vaterfigur gewesen, die du nie erleben durftest. Aber was willst du ändern?
Du hast ihn nunmal jetzt gehasst wegen den Geschichten deiner Mum und du trägst keine Schuld daran, das sollte dir bewusst sein. Dir wurde dieser Hass von ihr anerzogen und niemand kann das mehr ändern. Außer du selber."
Er warf mir ein zuversichtliches Lächeln zu und ich merkte, wie sich bei diesem Anblick meine Kiefer augenblicklich wieder entspannten. "Sieh nach vorne Megan. Vielleicht hast du deinen Vater nie wirklich gekannt und ihn aus diesem Grund verabscheut, aber jetzt kennst du jemanden, dem er ein guter Freund gewesen war und das solltest du annehmen. Schließlich ist Sharon nun gewissermaßen Teil deiner Familie, wenn auch nicht biologisch. Dass du eifersüchtig auf sie bist, da sie all die Zeit mit ihm zusammen gehabt hat die du nicht hattest, kann ich nachvollziehen. Aber das sollte nicht ein Grund dazu sein keine Verbindung zwischen euch beiden aufzubauen, die auf weitaus mehr basiert als der einfachen Beziehung zwischen Campleiterin und Phönixträgerin."
"Du meinst ich soll sie nun als Teil meiner Familie ansehen?", fragte ich misstrauisch und kniff meine Augen zusammen, Zacks Vorschlag in meinen Gedanken sorgfältig abwägend. "Oder als eine gute Freundin", erwiderte mein Freund und zuckte mit seinen Schultern. Dann sagte er: "Meine Eltern sind auch tot Megan und selbst wenn ich mit diesem Wissen aufgewachsen bin und die Menschen um mich herum unumstritten zu meiner Familie gehört haben, so ist es für mich auch nicht immer sonderlich leicht gewesen es zu akzeptieren. Aber das musst du und eines Tages wirst du deinen Vater dann vielleicht gar nicht mehr dafür verabscheuen, dass er nie für dich da gewesen ist, sondern dankbar dafür sein, dass er dir Sharon gegeben hat. Du solltest es einfach so hinnehmen wie es ist und das Beste daraus machen. Zumindest kann ich dir das nur ans Herz legen."
Er lächelte mich breit an, wobei er seine weißen Zähne entblößte und ich kam nicht drum herum sein Lächeln zaghaft zu erwidern, bis selbst meine Hände sich wieder entspannten und ich zustimmend nickte.
Zack hatte Recht. Es mochte vielleicht sein, dass ich Raymond all die Jahre über vehement als meinen Vater abgelehnt hatte und dass ich eifersüchtig auf Sharon war, da sie die Erziehung von ihm genossen hatte, die ich mir immerzu gewünscht hatte, aber was konnte ich schon ändern? Ich konnte nur noch nach vorne blicken und - wie er gesagt hatte - das Beste aus der ganzen Situation machen. Ich musste sie einfach nur annehmen wie sie war.
Ein Klopfen an unserer Tür unterbrach die wohlige Stille, die sich mit einem mal über uns beide gelegt hatte und ich kam gerade noch dazu meinen Kopf in Richtung des Hauseinganges zu drehen, ehe dieser auch bereits geöffnet wurde und ein aufgeregt wirkender Keith über die Schwelle in unser Wohnzimmer trat. Sein dunkles Haar war wild verstrubbelt und stand in allemöglichen Richtungen ab, sein Blick war Ernst.
"Tut mir leid für die Störung", entschuldigte er sich bei Chloe, die ihm einen verschlafenen Blick über die Lehne der Couch hinweg zuwarf, „aber ich muss mit Megan reden. Jetzt sofort."
A/N:
So,
heute wieder mal ein etwas verspätetes Kapitel, dass ich eigentlich schon eine ganze Weile über hochladen wollte, allerdings bin ich nie wirklich dazu gekommen, es endgültig fertig zu stellen.
Wie auch immer, ich hoffe es hat euch dennoch gefallen, auch wenn es vielleicht nicht sonderlich actiongeladen war.
Irgendwie war es mir wichtig, dass Megan so langsam mal beginnt anders über ihren Vater zu denken und dass ihre Beziehung zu ihm nicht ausschließlich auf Ablehnung ihrerseits beruht, oder was denkt ihr?
Ein wenig Charakterentwicklung sollte die Protagonistin schließlich auch noch erleben. ;)
Ich wünsche euch allen einen schönen vierten Advent und ein frohes Weihnachtsfest. ^^
Lg
Raven
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