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28. Kapitel

Das Haus, in dem Keith zusammen mit Logan und seinen Freunden wohnte, lag etwas außerhalb der Großen Gasse in einem von Sonnenstrahlen hell durchwobenen Waldabschnitt, wo die tiefgrünen Blätter gesprenkelte Schatten auf die dunkle Erde warfen und der intensive Geruch von Moos in der Luft hing. Ein schön ausgewählter Platz für ein Ferienhaus, wie ich mir eingestehen musste und wahrscheinlich auch eine gut umkämpfte Wohngegend, wenn man das so sagen konnte.

Im Gegensatz zu den Häusern in der Gasse besaß dieses hier eine hölzerne Veranda, ähnlich der von Sharons Landhaus, wodurch es mich ein wenig an eines dieser Ferienhäuser in der Nähe von York erinnerten, wo Mum und ich einmal ein Wochenende verbracht hatten. Auch diese hatten im Wald gelegen, allerdings weniger verstreut wie hier, und hatten mindestens genauso viele Glaswände gehabt, wie dieses Exemplar direkt vor mir.

Als ich die Treppen der Holzveranda hinauf stieg, um an der Tür zu klopfen, vernahm ich laute Stimmen, die durch ein offenes Fenster an einer Seite des Hauses nach draußen drangen, eindeutig in ein Streitgespräch vertieft.

"Hast du den Verstand verloren?", war das Erste, was ich verstand und soweit ich die Stimme richtig zuordnen konnte, so gehörte sie zu Logan, dem Bruder von Prince Charming persönlich. "Du hast sie doch nicht mehr alle!"

"Wieso?", erwiderte die andere Stimme mindestens genauso gereizt wie die ihres Gesprächspartners, auch, wenn sie vielleicht um einiges kontrollierter klang als die von Logan. "Bloß, weil ich ihr helfen will und sie im Gegensatz zu dir nicht versuche wegzustoßen, als hätte sie irgendeine tödliche Krankheit?" Keith. Unverwechselbar. "Sie ist verdammt noch mal die Einzige, die etwas gegen ihn ausrichten kann, schon vergessen? Sie sollte sich verteidigen können, wenn es soweit ist!"

"Wenn es soweit ist?" In Logans Stimme schwang ein verächtlicher Unterton mit. "Wenn es soweit ist? Du hast doch gehört, was Sharon gesagt hat! Sie soll aus all dem dort raus gehalten werden, da braucht sie keine dämliche Nachhilfe von dir, Keith!"

Überrascht horchte ich auf. Sharon? Aus allem dort draußen raus halten? Nachhilfe? Die beiden rannten sich dort drinnen doch etwa nicht den Kopf wegen mir ein, oder? Oder?

"Du weißt genauso gut wie ich, dass das unmöglich sein wird", erwiderte Keith verärgert und ich konnte mir bildlich vorstellen, wie er in diesem Moment seine grünen Augen zusammen kniff, um seinen Bruder mit vielsagenden Blicken zu durchlöchern.

"Ja, unmöglich, wenn sie sich weiterhin mit dir abgibt!", zischte Logan aufgebracht. Und jap, sie schienen eindeutig über mich zu reden. "Du solltest dich von ihr fern halten und sie nicht zu einem Kaffeekränzchen zu dir nach Hause einladen!"

"Na dann gut, dass das hier kein Kaffeekränzchen sondern ganz einfache Nachhilfe sein wird", antwortete Keith kühl, woraufhin Logan bloß ein wütendes Schnauben von sich gab. "Du kannst dir deine sogenannte Nachhilfe sonst wohin stecken", hörte ich ihn knurren, ehe sich laute, polternde Schritte zu entfernen schienen.

Einen Moment später wurde die Haustür direkt vor meiner Nase abrupt aufgerissen und ich konnte gerade noch rechtzeitig einen Schritt beiseite treten, ehe Logan mit hochrotem Gesicht heraus gestürmt kam und mich dabei beinahe über den Haufen rannte. Für einen kurzen Augenblick blieb der Jungschamane mit dem hellbraunen Haar wie angewurzelt stehen und starrte mich an. Seine sonst so goldenen Augen waren dunkel vor Wut. 

Ihm musste bewusst sein, dass ich eventuell alles mit angehört hatte. Aber ehe er irgendwelche Worte herausbringen und mich eventuell genauso harsch wie seinen Bruder anfahren konnte, tauchte dieser hinter mir im Rahmen der Tür auf, eine Augenbraue warnend in die Höhe gezogen.

Logan gab ein leises, wütendes Zischen von sich, wie einem Luftballon, dem langsam aber allmählich die Luft ausging, ehe er den Ledertrenchcout, den er trug, mit einem weiteren Schnauben zurecht zupfte und sich dann zum gehen wandte, die Hand mit seinem goldenen Siegelring dabei zur Faust geballt, als versuche er damit die Wut in sich mit all seinen Kräften zurück zu halten. Und wer weiß, vielleicht war das auch seine Intention. Das feingliedrige Silberkettchen, das dabei zwischen seinen verkrampften Fingern hervor baumelte, entging mir allerdings dennoch nicht. Ein Silberkettchen, das mir auf irgendeine Art und Weise sehr bekannt vor kam, als hätte ich es irgendwann schon mal in einem gewissen Zusammenhang gesehen. Bloß konnte ich mich nicht mehr daran erinnern in welchem Zusammenhang genau. Leider.

"Keine Sorge", sagte Keith in diesem Moment hinter mir und lenkte somit meine Aufmerksamkeit von seinem Bruder, der eilig in Gestrüpp des Waldes verschwand, wieder zurück auf sich. "Der wird sich schon wieder abregen. Hoffe ich zumindest."

Er hatte sich mit einer Schulter lässig gegen Türrahmen gelehnt, die Arme entspannt vor der Brust verschränkt, als hätte das Streitgespräch zwischen ihm und Logan soeben nicht auch nur ansatzweise statt gefunden. Seine dunklen Haare waren verstrubbelt wie immer, das Grün seines Pullis, unter dem ein weißer Hemdkragen hervor lugte, passte hervorragend zu der Farbe seiner Augen. Zwar wusste ich nicht, wie er es bei solchen Temperaturen im Wollpullover aushielt, aber nun gut. Solange er es selber nicht zu warm fand und zu schwitzen begann wie ich, wenn ich seiner Situation gewesen wäre, war es in Ordnung.

"Lass mich raten", fuhr Keith in diesem Moment fort. "Das waren gerade recht unterhaltsame Minuten für dich, richtig?" "Mehr oder weniger", erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. "So lange habe ich jetzt auch nicht zugehört. Bin erst hinzugestoßen, als dein Bruder dir vorgeworfen hat deinen Verstand verloren zu haben." Ein kleines Grinsen schlich sich auf Keiths Lippen und kräuselte diese ein wenig nach oben. "Ach echt?", fragte er und schnippte sich einen kleinen Fussel von seinem grünen Pullover. "Habe ich das denn?"

Wieder zuckte ich bloß mit den Schultern. "Du hast dich dazu bereit erklärt mir Nachhilfe zu geben, also..." Ich vollendete den Satz nicht und beobachtete stattdessen, wie das Lächeln in Keiths Gesicht augenblicklich breiter wurde. "Wenn das deine Meinung ist", lachte er auf, ehe er beiseite trat und mit einer einladenden Geste hinein in sein Haus wies. "Dann immer hereinspaziert. Ich denke, wir sollten nicht noch mehr Zeit verlieren." Er zwinkerte mir verschmitzt zu, als ich langsam über die Schwelle trat und er leise hinter mir die Tür ins Schloss zog.

Das Haus besaß von innen eine ähnliche Ausstattung wie das unsere, nur, dass hier alles um einiges größer und heller eingerichtet war. Die dunklen, vielleicht zu Anfang etwas bedrückend wirkenden Farben meiner Wohngemeinschaft waren hier durch zahlreiche weiße Flächen und helle Holztöne ausgetauscht, die eine freundliche und entspannende Atmosphäre erschufen.

Rechts von mir befand sich ein ordentlich aufgeräumter Küchenbereich, links führte eine große Holztreppe hinauf in den ersten Stock, eine andere, etwas kleiner hinab in den - wie ich vermutete - Keller. Etwas, was wir bei uns in der großen Gasse eindeutig nicht besaßen. Das Gleiche galt übrigens auch für die große Glasfront im Wohnzimmer gerade aus, durch die man auf die hölzerne Veranda, die anscheinend das gesamte Haus zu umschließen schien, gelangen und hinter der man in das dichte Grün des Waldes hinaus blicken konnte. Auch ein Punkt, der auf die In-der-Großen-Gasse-nicht-vorhanden-Check-Liste gehörte.

Chloe und Zack hatten mir bereits erzählt, dass die Häuser der älteren Jungschamanen etwas luxuriöser und großzügiger ausgestattet waren, als die unseren, soweit dies die schlichte Ferienhauseinreichtung eben zu ließ. Allerdings hatte ich echt nicht damit gerechnet, in einem solchen Glashaus zu landen, wo man das Gefühl hatte, quasi direkt im Freien zu leben und wo man wirklich von geschätzt jeder Seite in das Haus hinein sehen konnte. Nur nicht von der Frontseite mit der Haustür. Wahrscheinlich, da diese nicht so gut vom Wald geschützt war wie die restlichen Seiten des Hauses und das wohlmöglich vollständig Privatsphäre auf nimmer Wiedersehen geheißen hätte.

"Wow", murmelte ich beeindruckt vor mich und ließ meinen Blick sorgsam umher gleiten. "Das ist wirklich..." "Fantastisch?", versuchte Keith meinen Satz zu vollenden und ich nickte wortlos. "Dann solltest du mal hier sein, wenn die Sonne auf oder unter geht", sagte der Junge neben mir mit einem kleinen Schmunzeln auf dem Gesicht. "Das würde ich als fantastisch bezeichnen." "Kann ich mir gut vorstellen", erwiderte ich und ließ meinen Blick allmählich zu ihm zurück wandern. Keith lächelte bloß amüsiert, ehe er sich mit einem Ruck in Bewegung setzte und mich hin zu einem breiten Tisch führte, wo bereits einige Gläser mit Wasser, ein Topf mit einer Zimmerpflanze - Bogenhanf, wie ich anhand der fleischigen Blätter vermutete - und  ein Haufen Steine platziert worden waren.

"Ich denke, wir sollten am besten noch einmal bei den Wurzeln deiner Magie beginnen", erklärte er mir auf meinen fragenden Blick hin und ließ sich schwungvoll auf einem der vielen Stühle nieder, deutete mir mit einer Handbewegung, mich ebenfalls zu setzen. "Ähm", gab ich zögerlich von mir und sah ihn zweifelnd an. "Bist du dir sicher, dass du das geradewegs hier drinnen machen willst? Es ist nämlich ganz eventuell möglich, dass ich bereits den einen oder anderen Steinhaufen in die Luft gesprengt habe. Und ich möchte jetzt nicht euer Haus demolieren oder desgleichen."

"Ach was." Keith winkte nur ab. "Da passiert schon nichts. So schnell wird das Haus hier über uns schon nicht zusammen fallen. Und wenn doch, dann werde ich jegliche Schuld auf mich nehmen. Schließlich bin ich der Verantwortliche hierfür." Er strich sich sein schwarzes Haar zurecht und sah mich auffordernd an. "Ich habe dich gewarnt", erwiderte ich daraufhin nüchtern und nahm anschließend ihm gegenüber Platz, direkt vor dem großen Steinhaufen auf dem Tisch.

Halleluja, das konnte ja mal was werden.

~~~

Die gute Nachricht war, ich jagte das Haus nicht in die Luft. Zum Glück. Ansonsten hätte Logan wahrscheinlich endgültig jegliche Form der Fassung verloren. Die schlechte Nachricht allerdings war, dass mein Fortschritt sich selbst hier nach wie vor deutlich in Grenzen hielt, trotz der Bemühungen und ausführlichen Erklärungen meines neuen Lernpartners.

Denn auch, wenn Keith sich nichts anmerken ließ und mich andauernd mit aufmunternden Worten versuchte zu ermutigen, so hätte selbst ein Blinder gemerkt, dass er mit jeder Stunde, die verstrich, so langsam merkte, mit was Lilia bei meinem normalen Training zu kämpfen hatte.

"Du musst deine innere Ruhe bewahren", sagte er zum gefühlt zehnten Mal, als ich wieder mal aufs Neue die grünen Blätter der Zimmerpflanze direkt vor mir auf dem Tisch mit einem leisen Zischen zu Asche zerfallen ließ. "Keine negativen oder entmutigenden Gefühle. Du willst die Pflanzen wachsen lassen und nicht alle fünf Minuten aufs Neue einäschern. Das ist nicht der Sinn der Übung. Auch, wenn dir damit ein Job im Krematorium auf jeden Fall gesichert wäre."

"Als lebendiger Ofen?", murmelte ich leise vor mich hin und zog frustriert die Augenbrauen zusammen, sodass sich eine tiefe Falte zwischen diesen bildete. "Wohl kaum." "Wie auch immer", sagte Keith, der meine Worte natürlich gehört hatte, und schüttelte nur den Kopf. "Versuche dich etwas positiver zu stimmen. Du willst Leben erschaffen und die Blätter wachsen lassen. Du willst sie nicht vernichten. Denk an etwas Schönes. Schöne Erinnerungen helfen einem Schamanen immer dabei etwas zu erschaffen oder etwas zu heilen oder derartiges. Negative Gedanken hingegen bewirken genau das Gegenteil und ich bin mir nicht sicher, wie lange der Topf das hier noch aushalten wird." Er deutete auf die kohlrabenschwarz verbrannte Erde.

Mit einem leisen Seufzen schloss ich die Augen. Eine schöne Erinnerung. An sich besaß ich einige von ihnen. Zum Beispiel die Erinnerung von dem Tag, an dem Mum mit Vic und mir zusammen in den neuen Winnie Pooh - Film gegangen war und uns bei den Snacks eine extra große Tüte Gummibärchen gekauft hatte, die Klein-Vic und Klein-Megan schon halb aufgefuttert hatten, ehe der eigentliche Film begann. Oder als Mum und ich nach Stonehenge gefahren waren, um uns das Abendlicht anzusehen, wie es mystisch zwischen den zahlreichen alten Steinen hindurch direkt auf unsere Gesichter fiel, während wir Johannisbeersaft tranken und Mums selbstgebackenen Blaubeermuffins aßen.

Oder mein erster Kuss mit Josh Finkel, einem Jungen einen Jahrgang über mir, für den ich fast ein halbes Jahr lang geschwärmt hatte. Obwohl, eine so schöne Erinnerung war letzteres doch nicht gewesen. Der Kuss hatte nämlich dank dem Döner, den Josh davor verdrückt hatte, nach Zwiebeln und Knoblauch geschmeckt und es war seinerseits viel mehr ein ekelhaftes Herumgeschlabber als ein romantischer Kuss gewesen, der die Schmetterlinge in meinem Bauch nur so zum flattern hätte bringen können.

Also nein, keine wirklich so schöne Erinnerung, ehemaliger Schwarm hin oder her. Da konzentrierte ich mich doch lieber auf Stonehenge, den Johannisbeersaft, die Blaubeermuffins und Mum. Meine Mum, von der ich damals noch nicht gewusst hatte, dass es sich bei ihr in Wirklichkeit um eine Venatorin handelte.

Stonenhenge. Johannisbeersaft. Blaubeermuffins. Mum.

Stonenhenge. Johannisbeersaft. Blaubeermuffins. Mum.

Stonehenge. Ich öffnete die Augen wieder und hob meine von weißen Lichtfäden umflochtene Hand, ließ diese über der verbrannten Erde auf und ab schweben. 

Johannisbeersaft. Ich stellte mir vor, wie sich im Inneren der schwarzen Erde die Wurzeln der verbrannten Pflanze  wieder zu regen begannen. Spürte, wie sich kleine Sprösslinge ihren Wege wieder hinauf zu der Oberfläche kämpften.

Blaubeermuffins. Wieder einmal durchbrachen die fleischigen, grünen Spitzen des Bogenhanfes die verbrannte Erdoberfläche, anfangs noch von einem zarten hellgrün, welches sich allerdings rasch wieder dunkler verfärbte.

Mum. Die dicken Blätter wuchsen höher und höher, hörten gar nicht mehr auf damit, bis sie meinen leuchtenden Handteller berührten. Erst dann erstarb das Wachstum wieder und auch das weiße Licht, dass meine Hand umhüllte, verglomm augenblicklich. Zurück blieben nur noch die geschätzt zwanzig Zentimeter hohen Blätter der Zimmerpflanze, unversehrt und nicht mal ein kleines bisschen angebrannt, sowie ein breites, ungläubiges Grinsen auf meinem Gesicht, das fasziniert und zufrieden mit sich selber auf den nun grün bepflanzten Topf nieder blickte.

"Na Gott sei Dank!" Keith, der mich während des gesamten Prozesses konzentriert beobachtet hatte, wahrscheinlich innerlich betend, dass ich die Pflanze nicht noch einmal unter meinen Kräften leiden lies, atmete merklich auf. "Und ich dachte schon, ich müsste Lilia gestehen, dass ihre eigene Schülerin eine ihrer Zimmerdekorationen zerstört hat."

"Ihre Zimmerdekoration?" Erschrocken flog mein Blick von der Zimmerpflanze vor mir hoch, ehe ich in Sekundenschnelle von dem Topf zurück wich. Das war doch nicht sein Ernst, oder? Hatte er da wirklich eine von Lilias geheiligten Zimmerpflanzen... "Keine Sorge", lachte Keith auf, der meinen erschrockenen Gesichtsausdruck offensichtlich äußerst amüsant fand. "Sie wird es schon nicht merken. Und wenn doch, dann wird sie wennschon mich zusammenfalten und einmal in die Hölle und zurück jagen und nicht dich!" Er grinste breit.

Dann klatschte er in die Hände und stand auf. "Wie auch immer", sagte er und schob sich eine Hand in die Hosentasche. "Ich würde sagen, dass das für heute erst Mal reichen sollte. Wir können schließlich noch nächste Woche weiter machen, nicht wahr?" Zustimmend nickend erhob ich mich ebenfalls hastig, um so schnell wie möglich von Lilias Zimmerpflanze weg zu kommen, und ließ mich von ihm hin zur Tür geleiten.

Doch als ich gerade über die Schwelle getreten war und mich auf den Heimweg machen wollte, fiel mir noch etwas ein, was mir eigentlich die ganze Sitzung über auf der Zunge gebrannt hatte. Etwas, was ich noch dringend loswerden wollte.

"Warum habt ihr euch eigentlich vorhin gestritten?" Die Frage schien Keith völlig unvorbereitet zu treffen. Auch, wenn er nach all dem, was ich mitbekommen hatte, doch eigentlich hätte damit rechnen müssen. "Über mich, meine ich", fügte ich noch rasch hinzu und biss mir anschließend abwartend auf die Unterlippe. "Ihr habt doch über mich gestritten, oder?"

"Sieht wohl so aus." Keiths Antwort war zögerlich und er zog die vier Worte, die er von sich gab, unnötig in die Länge, ganz so, als wolle er lieber nicht darüber reden. Etwas, auf das ich in diesem Moment allerdings nicht Rücksicht nehmen konnte. "Und worum ging es genau, wenn ich fragen darf?", hakte ich vorsichtig nach, als er keine Anstalten machte weiter zu sprechen. "Ich meine, außer dass dein Bruder anscheinen an deinem Verstand gezweifelt hat."

"Nichts wirklich weltbewegendes, wenn du das vielleicht meinst", erwiderte Keith und verschränkte ähnlich wie bei meiner Ankunft die Arme vor der Brust. Nur, dass es diesmal bei weitem nicht so entspannt wie noch wenigen Stunden zuvor aussah. "Logan und ich haben manchmal unsere Meinungsverschiedenheiten, das ist alles", fuhr Keith langsam weiter fort. "Keine wirkliche Seltenheit bei Geschwistern, wenn du mich fragst."

"Er hat davon gesprochen, dass du dich von mir fern halten sollst", erwiderte ich und schüttelte nur den Kopf. "Ich würde das keinen normalen, kleinen Streit unter Geschwistern nennen. Er wollte nicht, dass ich hier her zur Nachhilfe komme. Wieso?"

"Es hat nichts persönliches mit dir zu tun", erwiderte Keith rasch. "Es ist nur so, dass Logan..." Er zögerte einen Augenblick lang und für einen Moment schien er nicht zu wissen, wie er genau weiter sprechen sollte. "Es ist nur so", räusperte er sich dann und begann seinen Satz wieder von Vorne, "dass mein Bruder glaubt, dass der Phönix ganz alleine unter der Verantwortung des obersten Campleiters steht. Dass dieser entscheiden sollte, wer ihn trainiert und wer ihn genau ausbildet. Er ist der Meinung, dass ich mich dort nicht einzumischen habe. Auch, wenn ich dir nur damit helfen will."

"Damit ich weiterhin aus dem ganzen Schamanen-Venatoren-Konflikt herausgehalten werden kann und als leichtes Ziel durchs Camp laufe? Selbst eine Zehnjährige mit nur etwas Übung könnte mich derzeit erledigen!", rief ich empört aus und Keith nickte zustimmend. "Das habe ich ihm auch gesagt", seufzte er leise auf. "Zumindest letzteres. Vielleicht etwas anders formuliert, aber im Grunde läuft es auf das Gleiche hinaus." Er zögerte, entfaltete wieder seine Arme und kratzte sich anschließend mit einer Hand am Hinterkopf. "Er hat darauf nicht sonderlich positiv reagiert. Ich solle mich nicht in Angelegenheiten bezüglich des Phönix einmischen und mich einfach von dir fern halten, hat er gesagt. Es sei Sharons Aufgabe, sich um ihn zu kümmern, nicht meine." Er schwieg.

"Und das ist alles?" Fragend zog ich eine Augenbraue in die Höhe.

"Das ist alles." Keith nickte.

"Dann wirst du den Willen deines Bruders umsetzen?", hakte ich vorsichtig weiter nach, aber mein Gegenüber schüttelte nur mit den Kopf. "Sehe ich denn so aus?", erwiderte er und wieder einmal schlich sich ein kleines Schmunzeln auf seine  Lippen. "Ich bin nicht Logan, Meg", sagte er dann. "Ich sehe die Dinge, wie es vielleicht der Streit schon gezeigt hat, etwas anders. Ansonsten hätte ich dich sofort nach Hause geschickt und die Nachhilfe abgesagt." 

"Dann wirst du also deinen Bruder einfach ignorieren?" Ich sah ihn teils ungläubig, teils amüsiert an. "Wäre zumindest nicht das erste Mal", erwiderte Keith daraufhin und zuckte mit den Schultern. "Und was sollte er schon großartiges dagegen tun? Mich an Sharon verpetzen, da ich dir etwas helfe? Das wäre einfach nur lächerlich." Er sah mich einen Moment lang nachdenklich an, dann schüttelte er nur mit dem Kopf und hob anschließend die Hand, wie zum Abschied. "Ich hoffe, ich habe deine Frage beantworten können, Megan", sagte er dann. "Ich wünsche dir noch einen schönen Nachmittag." Er lächelte und wartete, bis ich mich zum gehen abgewandt hatte, ehe er die Tür hinter mir schloss.

Mit gerunzelter Stirn blieb ich auf der obersten Stufe der Treppe stehen, die vom Haus weg führte und sah über meine Schulter hinweg zurück zu der dunklen Holzfront. Nein, er hatte meine Frage nicht beantwortet. Zumindest hatte er mir nicht die ganze Wahrheit erzählt, da war ich mir sicher.

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