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15. Kapitel

Als ich am nächsten Morgen erwachte, umfing mich Stille. Friedliche, einlullende Stille, wie ich sie normalerweise nicht kannte, wenn ich morgens in meinem Bett die Augen aufschlug.

Verschlafen und über diese Tatsache verwundert zugleich blinzelte ich vorsichtig und tastete mit halb geschlossenen Augen nach dem Wecker neben mir auf meinem Nachttisch. Ein altmodisches Modell mit zerkratzter roter Farbe, welches mich unter der Woche stets mit einem metallischen Scheppern zu wecken pflegte. Am Wochenende reichte dafür ganz alleine der Verkehr aus, der mich um spätestens halb neun zuverlässig aus dem Bett holte.

Da mein Zimmer direkt zur Straße hin ausgerichtet war, war es nicht sonderlich leicht, die brummenden Motoren und das lautes Hupen des zähen Verkehrs vor unserem Haus einfach zu überhören. Vor allem war es nicht besonders leicht für Personen wie mich, die bei jedem kleinsten Geräusch um einen herum aus dem Schlaf hochschreckten.

Dazu kam dann noch meist das Klappern des Geschirrs meiner Mum, die stets ein Frühaufsteher war und es liebte Samstag- und Sonntagmorgen mit frisch gebackenen Croissants einzuleiten. Der Arbeitslärm, der dadurch erzeugt wurde, war dabei dank der papierdünnen Wände in fast jedem Zimmer unserer Wohnung zu hören.

Um so mehr irritierte es mich also, dass ich an diesem Morgen weder Straßenlärm, noch Geschirrgeklappere hören konnte. Nicht einmal das Aufheulen eines einfach Motorrades war zu vernehmen.

Meine Hände suchten noch immer auf dem kleinen Tischchen neben meinem Bett nach dem mir nur all zu bekannten Wecker, griffen allerdings immer wieder nur ins Leere. Verwirrt öffnete ich meine Augen nun vollständig. Nur, um festzustellen, dass der Wecker nicht da war und meine Hand auf einer leeren Fläche nach ihm gesucht hatte.

Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich begriff. Und dann hätte ich mir am liebsten im nächsten Moment mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen, als die Erinnerungen an den vergangenen Tag wieder mein Gedächtnis zu füllen begannen. Natürlich konnte ich meinen Wecker hier nicht auf dem Nachttisch vorfinden! Genauso, wie ich auch nicht den mir all zu bekannten Straßenlärm vernehmen konnte. Schließlich war das alles, Wecker sowie Motorenlärm, zugegeben zu meinem großen Bedauern in London, tausende Kilometer entfernt von mir und meinem neuen Zimmer in Cetan Wí, indem ich mich soeben befand.

Ich stöhnte gequält auf und hätte mir am liebsten wegen dieser Erkenntnis wieder die Bettdecke über den Kopf gezogen, aber die hatte ich mal wieder, wie so oft, während des Schlafens mit den Füßen ans untere Ende meines Bettes getreten. Wenigstens eine Sache, die hier so wie immer war. Auch, wenn ich dadurch nun etwas fröstelte. Ich hatte am vorigen Abend wohl vergessen, die Klimaanlage in meinem Zimmer auszuschalten.

Unter normalen Umständen wäre ich nun wahrscheinlich - wie gewohnt - im Bett liegen geblieben und hätte erneut die Augen geschlossen, um eventuell zurück in meine Traumwelt abzudriften. Allerdings waren diese Umstände hier nicht normal. Im Gegenteil. Sie waren alles andere als normal. Ich seufzte laut auf, blinzelte mir die Müdigkeit aus den Augen und stand anschließend träge auf.

Ich hätte ohnehin nicht mehr wie gewohnt weiter schlafen können! Dafür sorgten schon alleine die hellen Sonnenstrahlen, die durch die Fenster hindurch in das Zimmer herein fielen und einen nur so dazu aufforderten, endlich seinen Hintern aus dem Bett zu bewegen.

Barfuß lief ich über den Parkettboden zu dem Schreibtischstuhl hinüber, über den ich meine von der Anreise noch schmutzige Kleidung gelegt hatte. Einen Moment lang musterte ich nachdenklich mein Shirt, welches nach wie vor die dunkle Flecken von meinem Aufprall im Hinterhof aufwies, dann schüttelte ich den Kopf und ging müde hinüber zu meinem neuen Schrank, um lieber etwas von der mir zur Verfügung gestellten Kleidung auszuwählen.

Kaum war ich damit fertig, schnappte ich mir eines der vielen Handtücher aus einer der unteren Schubladen und beschloss, als erstes das Badezimmer aufzusuchen. Ich fühlte mich verschwitzt und ekelhaft klebrig. Ein Gefühl, welches ich mehr als hasste und was ich so schnell wie möglich los werden wollte.

***

Das Badezimmer lag in der Mitte des Flures zwischen Chloes und einem noch unbelegten Zimmer. Es war recht klein für ein Badezimmer, welches eigentlich einem Drei-Personen-Haushalt zugedacht war, allerdings immer noch ein Stückchen größer, als das bei Mum und mir zu Hause. Und vor allem aufgeräumter.

Auf einer Ablagefläche über dem Waschbecken, über dem ein großer Spiegel angebracht war, standen ordentlich nebeneinander aufgereiht zwei identische Auswahlen an Shampoos und Duschgelen, eine bereits angebrochen, die andere noch unberührt. Mit einem leisen Aufseufzen hängte ich mein Handtuch über eine der Halterungen, die an den Wänden angebracht waren, dann stieg ich unter die Dusche.

Während das warme Wasser über meine Schultern floss und ich den Schmutz des vergangenen Tages von meiner Haut wusch, ließ ich nochmals den gestrigen Abend in meinem Kopf Revue passieren.

Sharon und ich hatten den Totemtieren noch eine ganze Weile lang dabei zugesehen, wie sie über den See hinweg geschwebt waren, uns teilweise ignoriert, teilweise misstrauische oder neugierige Blicke zugeworfen hatten. Das rote Eichhörnchen ganz von Anfang war mir einmal sogar so nah gekommen, dass ich es hätte streicheln können, wenn ich die Hand nach ihm ausgestreckt hätte. Allerdings hatte ich diese Versuchung unterlassen, da ich nicht wirklich wissen wollte, was genau geschah, wenn ich eines der Totemtiere berührte.

Die Tiere hatten ausgesehen, als würden sie aus reiner Energie bestehen. Energie, die durch das Licht des Mondes immer heller zu werden schien, als würde er sie tatsächlich auf eine mir unbekannte Weise nähren und stärken.

Irgendwann waren wir dann schließlich wieder gegangen, da Sharon meinte, dass ich für den folgenden Tag meine gesamte Kraft und somit auch jede Menge Schlaf gebrauchen würde. Sie hatte vor, die nächste Nacht, die Nacht, in der mich ein Totem erwählen sollte, durchgehend mit mir am See zu verbringen, bis ich eine Verbindung mit einem der Leuchttiere eingegangen wäre.

Wie lange das genau dauern würde, wäre ganz unterschiedlich, hatte sie gesagt. Manche Schamanen warteten nur ein paar Minuten, anderen wiederum Stunden. Ich sollte mich also vorerst auf eine etwas längere Wartezeit einstellen. Sicher, war sicher.

Ich schaltete das Wasser wieder ab und stieg aus der Dusche. Der Spiegel über dem Waschbecken war nun beschlagen, die Luft um mich herum warm und feucht. "Wie im Regenwald", würde meine Mum nun sagen, die sich seit jeher immer darüber beschwerte hatte, dass ich zu warm duschen würde.

Meine Mum. Bei dem Gedanken an sie presste ich meine Lippen aufeinander und meine Nägel krallten sich in den Stoff des Handtuches, welches ich von seinem Halter heruntergezogen hatte. Ich fragte mich, was meine Mum bloß so schlimmes verbrochen haben musste, dass Sharon sie so sehr verachtete. Mir war bewusst, dass die Campleiterin Alison nicht nur Aufgrund der Tatsache, dass diese eine Venatorin war, verurteilte. Nein. Da war noch etwas anderes. Etwas, was Sharon mir über sie verschwieg und was, zumindest für sie, von großer Bedeutung sein musste.

Nachdenklich begann ich mich abzutrocknen, schlüpfte dann in meine frische Kleidung und verließ anschließend wieder das Badezimmer, um zurück zu meinem Zimmer zu gelangen. 

Dort angekommen konnte ich durch die Fenster an der Längsseite des Raumes die Sonne sehen, wie diese sich allmählich auf ihren Höchstpunkt zu schob. Es musste bereits später Vormittag sein.

Gedankenverloren kniff ich die Augen zusammen und strich mir einmal durch das nasse Haar, welches die Schultern meines Oberteils mit Wasser tränkte, dann drehte ich mich um griff ich nach meinem Handy, das auf dem Schreibtisch lag.

Einige entgangene Anrufe und Nachrichten von Vic, die mich anscheinend hatte fragen wollen, ob ich mal wieder das Wochenende bei ihr verbringen wollte, da wir schließlich ein gemeinsames Referat vorzubereiten hatten. Noch während ich ihre zahlreichen Nachrichten überflog, fiel mir ein, dass Keith im Grunde genommen genau die gleiche Nachricht auch meiner Mum geschickt hatte, damit dieser nicht schlagartig auffiel, dass man mich mit nach Amerika genommen hatte.

Allerdings hatte er dies deutlich früher als Vic getan, was ich wahrscheinlich meiner recht redseligen Freundin zu verdanken hatte, die es ihm anscheinend erzählt haben musste, als sie ihn nach seiner Handynummer gefragt hatte. Auf jeden Fall war dies sehr gut möglich, denn eines wusste ich sicher: Wenn Vic mit einem Typen wie Keith sprach, war sie - auch, wenn sie nach außen hin vollkommen gelassen wirkte - ein wahres Nervenbündel, was vor sich hin plapperte wie ein Wasserfall und somit mit Informationen über alles mögliche herausrückte, was selbst den lieben Gott nicht interessierte. 

Nachdenklich wischte ich mir eine nasse Haarsträhne aus der Stirn. Dann öffnete ich schweren Herzens Keiths Nachricht an meine Mum. Sie war unbeantwortet, noch nicht einmal gelesen. Wahrscheinlich hatte meine Mum bereits geahnt, was tatsächlich hinter dieser Nachricht steckte und sich somit nicht mehr die Mühe gemacht, diese überhaupt durchzulesen.

Was würde sie nun tun? Würde sie hier her kommen nach Cetan Wí, wie Sharon es bereits schon ein paar mal erlebt hatte? Oder würde sie es einfach sein lassen und sich einer neuen Aufgabe zuwenden, die Tatsache, dass ich nun nicht mehr bei ihr war, einfach so hinnehmen?

Ich biss mir auf die Unterlippe und überlegte einen kurzen Moment lang, sie anzurufen und zur Rede zu stellen, doch dann ließ ich es lieber bleiben und wählte stattdessen die Nummer meiner besten Freundin, wie immer, wenn ich Redebedarf hatte. Und in diesem Moment hatte ich eine Menge an Redebedarf, das war nicht zu leugnen.

Es klingelte genau dreimal, dann ertönte auch schon Vics Stimme am anderen Ende der Leitung. "Meg?" Sie klang wie immer. Irgendetwas zwischen gelangweilt bis sorglos, mit einer kleinen Spur von Heiterkeit dabei.

"Hey", erwiderte ich, wobei meine Stimme auf einmal rau wie Sandpapier klang. Erst jetzt wurde mir mit einem Schlag bewusst, wie sehr sich diese gesamte Schamanensache mit Cetan Wí, Kalifornien und allem drum und dran auf unsere Freundschaft auswirken würde.

Wir würden uns voraussichtlich in den nächsten Wochen, vielleicht sogar auch in den folgenden Monaten nicht mehr sehen, nicht mehr gemeinsam zur Schule gehen oder uns für ein gemeinsames Wochenende alleine bei ihr zu Hause verabreden können. Und das alles nur, da ich nun auf einem anderen Kontinent, fernab der Zivilisation, festsaß.

Wobei, Sharon hatte gestern noch von mehreren Venatoren in meiner unmittelbaren Nähe gesprochen. Was war, wenn nicht nur Mum und Caden, sondern auch Vic zu den Typen gehörte, die versuchen würden mich umzubringen? Was war, wenn auch meine beste Freundin nun eine Venatorin war? Ich musste unwillkürlich schlucken.

"Hey!", tönte Vics merklich erfreute Stimme durch den Lautsprecher. "Oh man! Gut, dass du anrufst! Ich habe mich schon zu Tode gelangweilt! Wieso bist du nicht an dein Handy gegangen? Ich habe dich gefühlt hundert Mal angerufen!" Nein, Vic konnte unmöglich auch noch eine Venatorin sein. Sie redete wie ein Wasserfall, so wie immer, wenn wir miteinander telefonierten. Kein Unterton, der verriet, dass sie über Caden oder meine wahre Identität bescheid wusste. Im Gegenteil. Das war meine gute alte Vic, so, wie ich sie seit jeher kannte. Hoffte ich zumindest.

"Ich hatte mein Handy nicht bei mir", gestand ich, wobei dies sogar größtenteils der Wahrheit entsprach. Während des Hinflugs hatte es schließlich anscheinend Keith die ganze Zeit über bei sich getragen, die Fahrt nach Cetan Wí hatte es ausgeschaltet in meiner Hosentasche verbracht und als ich im Camp angelangt war, hatte ich es für den restlichen Tag über in meinem Zimmer liegen gelassen.

"Wow, wie beneidenswert", lachte Vic auf. "Dann gehörst du also nun auch offiziell zu dieser aussterbenden Art Mensch, die dieses elektronische Teil beiseitelegen kann. Respekt!" Ich lächelte schwach, erwiderte allerdings nicht auf diesen Kommentar hin. Vic schien sich daran nicht sonderlich zu stören. "Du, hast du eigentlich etwas von Caden gehört?", redete sie unbekümmert weiter. "Er ist anscheinend auch Teil dieser seltenen Spezies geworden. Er geht einfach nicht an sein Handy. Mit anderen Worten: Ich hätte gestern Abend genauso gut Selbstgespräche mit mir führen können, so oft habe ich euch beiden auf die Mailbox gesprochen."

Caden. Ja, der konnte nun wohl eher schlecht noch an sein Handy dran gehen. Wieder spürte ich, wie sich ein Tränenkloß in meinem Hals zu bilden begann und ich musste schlucken. Warum hatte sie mich ausgerechnet wieder an Caden erinnern müssen?

"Echt seltsam", murmelte ich leise in mein Handy, da Vic am anderen Ende der Leitung eindeutig auf eine Antwort von mir zu warten schien. Meine Stimme klang noch ein Stückchen rauer als zuvor.

"Meg?" Besorgnis und Verwirrung mischte sich in Vics Stimme. "Ist alles in Ordnung mit dir? Du hörst dich nämlich gar nicht gut an." Ich schwieg. Sicherlich hörte mich ganz danach an, als würde ich jeden Moment los weinen, was vielleicht daran lag, dass mir auf einmal auch ganz danach war, als mir schlagartig bewusst wurde, was in den vergangenen zwei Tagen alles geschehen war.

Mein bester Freund Caden war vor meinen Augen umgebracht worden, man hatte mich gegen meinen Willen nach Amerika entführt, nur, damit ich dort feststellen konnte, dass meine Mum nicht meine biologische Mutter war und mich somit bezüglich meiner toten, leiblichen Eltern, sowie meiner wahren Identität als Schamane belogen hatte. Zudem war sie eine Venatorin. Eine von denjenigen, die mir nach dem Leben trachteten.

"Nein", ich atmete einmal tief durch. "Nichts ist in Ordnung. Nichts ist so, wie es hätte sein sollen." Ich hatte beschlossen, den Gedanken, dass sie eventuell eine Venatorin sein konnte, aus meinem Kopf zu verbannen. Ich brauchte in diesem Moment einfach nur jemanden zu reden, da war es mir egal, ob sie so war wie Caden oder nicht. Zudem wusste ich, wann Vic mir etwas vorspielte und wann nicht. Ich wusste, wann sie eine Maske trug und wann nicht und in diesem Moment trug sie auf jeden Fall keine. Ihr Besorgnis war echt, da war ich mir sicher.

"Wie meinst du das? Ist irgendetwas passiert?"

"Eine ganze Menge." Langsam begann ich in meinem Zimmer auf und ab zu gehen, wie ich es immer automatisch tat, wenn ich telefonierte. Das Gehen beruhigte mich merklich und ich konnte endlich weiter sprechen, ohne dass ich Sorge haben musste, dass meine Stimme jeden Moment zu zittern beginnen würde. "Ich bin jetzt in Kalifornien, Vic."

"Du bist was?", fragte Vic überrascht.

"Ich bin in Kalifornien", wiederholte ich. "Ich bin in Kalifornien in einem Camp irgendwo im Nirgendwo in einem Wald."

"Was soll das heißen? In einem Wald? Wieso denn das? Ich dachte deine Mum fährt nie außerhalb des Landes? Und wieso fliegst du nach Kalifornien, ohne mir es vorher zu erzählen? Du weißt schon, dass wir morgen Schule haben, auch wenn ich davon kein wirklicher Freund bin, oder?"

"Es war ein sehr spontaner Flug", antwortete ich. "Und es war auch ohne Absprache mit meiner Mum."

"Wie muss ich das denn verstehen?" Vic klang noch verwirrter als zuvor.

Ich zögerte, dann fragte ich: "Weißt du, was ein Schamane ist?" "Du meinst diese Medizinmänner von den Indianern mit den Trommeln und diesen komischen Tiermasken?", fragte Vic. "Kennt man doch aus jedem Bilderbuch."

Ich unterdrückte ein Schmunzeln. "Nein. Die meine ich nicht."

"Was meinst du dann?"

Ich zögerte. "Hör zu", sagte ich dann schließlich nach einer kleinen Pause, in der ich mich nun vollends zu dem Entschluss, dass ich meiner besten Freundin vertrauen konnte, durchgerungen hatte. "Ich muss dir etwas erzählen. Etwas, was du mir sehr wahrscheinlich nicht glauben wirst. Ich glaube es ja selbst nicht einmal wirklich und verstehen tue ich es auch noch nicht vollständig, aber ich sollte es dir vielleicht dennoch sagen."

***

"Und die fünf Gefallenen Engel vom Schulhof gehören also dann auch zu diesen Schamanen?", fragte mich Vic schließlich zehn Minuten später, nachdem ich ihr erzählt hatte, was ich in den vergangenen beiden Tagen alles erlebt hatte.

Ich bejahte. "Wow", murmelte sie leise vor sich hin. "Das klingt alles wirklich..."

"Unglaubwürdig?", vollendete ich langsam ihren Satz, als sie keine Anstalten machte, weiter zu sprechen. "Dann denkst du also, dass das, was ich dir erzählt habe, nicht wahr ist?"

"Ich habe keine Ahnung, was ich denken soll", erwiderte Vic nach einem kurzen zögern. "Sagen wir es so: Dass du dich in einem Wald mitten im Nirgendwo aufhältst, glaube ich dir aufs Wort. Die Verbindung ist nämlich echt beschissen. Und was das restliche angeht..."  Wieder zögerte sie. Dann sagte sie: "Wenn du mich fragst, so könnte das, was du mir gerade erzählt hast, auch gut aus einer Fantasygeschichte stammen. Ich meine, magische Leuchtfäden, die die Gestalt von Tieren annehmen können und Geisterwesen, die auf einem See herumfliegen sind nicht gerade etwas alltägliches." Wieder machte sie eine Pause. "Aber auf der anderen Seite gehörst du eher weniger zu den Menschen, die sich so etwas einfach nur ausdenken würden. So jemand bist du einfach nicht."

"Dann glaubst du mir also?", hakte ich vorsichtig nach.

"Du bist meine Freundin, Meg", erwiderte sie und ich konnte mir vor meinem inneren Auge vorstellen, wie ein dünnes Lächeln ihre Lippen beschlich. "Und als Freundinnen sollte man einander vertrauen, nicht wahr? Egal, wie seltsam und total unglaublich alles klingen mag."

Ich atmete merklich auf. Das hier war einer der Gründe, weshalb Vic meine engste Freundin war. Weil sie mir einfach glaubte und hinter mir stand, egal, wie absurd die Situation, in der ich mich befand, auf sie wirken musste - und sie hatte schon eine Menge absurde Situationen mit mir erlebt. Auch, wenn diese bei weitem nicht an die Sache mit Cetan Wí heranreichten. 

"Außerdem ist es sicherlich ganz cool eine Freundin zu haben, die eine Magierin ist, nicht war? Ich meine, ich wünschte, dass du an manchen Stellen lügen würdest, vor allem, was deine Mum und Caden angeht." Sie machte eine kurze Pause und schwieg. Sie hatte die Nachricht über Cadens Tod auffallend gut aufgenommen. Zwar hatte ihre Stimme eine Zeit lang so geklungen, als würde sie jeden Moment los schluchzen, aber dies war verschwunden, kaum, dass ich ihr von meiner gestrigen Begegnung mit dem Totems erzählt hatte. "Ich kann es einfach nicht fassen, dass er versucht haben soll dich... Und dass er selber nun...", ihre Stimme brach. Okay, zu früh gefreut. Ich hörte sie leise aufschluchzen. 

Am liebsten hätte ich sie in diesem Moment in den Arm genommen und über den Tod ihres und meines Freundes hinweggetröstet, aber das ging schlecht durch das Handy hindurch.

"Es tut mir leid", flüsterte ich also bloß. "Dir muss das nicht leid tun, Meg", erwiderte Vic mit einer Spur von Trotz in ihrer Stimme. Ich konnte mir beinahe bildlich vorstellen, wie sie sich in diesem Moment energisch die Tränen aus den Augen wischte. Vic weinte so gut wie nie.

"Du hast ihn nicht getötet. Allerdings sollte dieser Logan mir nicht mehr für sein eigenes Wohl über den Weg laufen. Auch, wenn er dich nur beschützen wollte." Wieder Schweigen.

Dann sagte sie schließlich: "Ich werde dich wahnsinnig vermissen, Meg. Ich meine, über einen Kontinent hinweg verliert man schnell Kontakt."

"Das werden wir nicht", versprach ich ihr. "Ich werde dich heute Abend, spätestens morgen, wenn ich mein Totem erhalten habe, anrufen, okay?"

"Einverstanden." Ich konnte mir vorstellen, wie Vic zustimmen dabei nickte. "Aber vergiss beim Anrufen bitte ja nicht diese ganze Zeitverschiebungsache. Du magst zwar meine beste Freundin sein, die nun als Schamanin in Nordamerika fest sitzt, aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich von dir mitten in der Nacht aus meinem heiligen Schönheitsschlaf wach klingeln lasse."

 "Natürlich nicht." Ich musste schmunzeln. "Na dann", sagte sie. "Viel Glück noch mit deinem Totemdings heute Nacht. Vielleicht bekommst du ja so eine flauschige Schmusekatze." 

"Auf jeden Fall", ich lächelte matt. Dann verabschiedete ich mich von ihr und legte auf. 

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