Kapitel 19
Jakob POV
Die Tage und Wochen nach dem Disput liefen eigentlich wieder normal. Zumindest wenn man nicht direkt hinsah.
Ich jedoch stellte immer wieder in kleinen Nebensätzen, in der Art wie Harry manchmal reagierte fest, dass noch immer nicht alles so war, wie ich es mir eigentlich wünschte.
Er selbst reagierte, wenn man ihn darauf ansprach eher allergisch, stritt es ab und so war ich dazu übergegangen die Situation einfach so hinzunehmen, wie sie war.
"Loulou und ich hätten gern mal wieder Einzelzeit.", kam es an einem Nachmittag vollkommen unerwartet von Luca, als ich gerade ins Kinderzimmer kam, in dem er die Wäsche von April verräumte.
"Ahha.. Ja gut.", ich zuckte mit den Schultern. Tatsächlich hatten wir zweier Zusammenkünfte länger nicht mehr gehabt, wenn man vom eigenen Ehepartner absah. Entweder wir vier gemeinsam, oder allenfalls die Paare unter sich.
"Nicht ok?", Luca sah mich mit seinen grauen Augen unsicher an, doch ich schüttelte nur den Kopf.
"Nein, vollkommen ok. Mir ist eben nur bewusst geworden, dass wir das schon lange nicht mehr derart gelebt haben.", sagte ich neutral und er nickte.
"Ja, genau deshalb. Lou und ich hatten eine Unterhaltung und er meinte, dass wir das ruhig mal wieder machen könnten.", er lächelte und ich ging auf ihn zu, zog ihn in meine Arme.
"Hat er das schon mit Harry abgesprochen?", fragte ich und war mir nicht sicher, wie dieser das aufnehmen würde.
Nun räusperte sich Luca, lachte etwas... "Na ja, nein. Also wir dachten, du könntest Harry ja fragen ob ihr auch..."
Ich hob die Augenbraue und schmunzelte. "Achso ist das also.", ich drückte meinen Ehemann an mich. "Da habt ihr Zwei den Arsch also nicht in der Hose?"
"So, so ist es nicht...", Luca rückte etwas von mir ab und sah mich an. "Aber er würde sicher besser reagieren, wenn du ihn fragst, ob ihr nicht mal wieder zusammen... du weißt doch, wegen seiner..."
In dem Moment trat Harry in den Raum und sah uns mit gerunzelter Stirn an.
"Wegen meiner was?", fragte er und ich seufzte leise.
"Seit wann hast du mitgehört?", fragte Luca und Harry stürzte die Hände in die Hüften.
"Seit du sagtest, dass du und Lou Einzelzeit wollen.", antwortete er direkt und ich war mir nicht sicher, wie ich Harrys Gemütszustand gerade einschätzen sollte.
"Ja, also...", wollte Luca ansetzten, doch ich löste mich vollends von ihm und ging auf Harry zu.
"Ich finde die Idee der Jungs nicht schlecht. Ein bisschen Zeit zu zweit ist doch schön.", meine Hand streckte ich nun aus, legte sie an seine Wange. Eine Geste, die ich sooft in all den Jahren gemacht hatte und die immer funktionierte. Sofort schmiegte er sich an meine Handfläche und ich war froh, dass er sich nicht von irgendwelchen Emotionen leiten ließ, die negativ hätten sein können.
"Nur wir beide?", fragte er leise und ich lachte auf.
"Ja, nur wir beide. Und du darfst entscheiden, was wir tun.", hängte ich dran und wenn ich gewusst hätte, was er daraus machen würde, hätte ich diese Worte niemals gesagt.
XXX
"Wir bleiben oben.", Luca grinste zu Lou, der nickte.
"Könnt ihr gern tun.", Harry schien nach der Absprache plötzlich unfassbar gute Laune zu haben und das machte mich stutzig. "Ich wollte eh mit Jakob den Playroom".
Ich fuhr mir durch die Haare, sah Luca im Augenwinkel schmunzeln. "Gut, das hört sich doch gut an."
"Find ich auch. Also dann...", Louis stand auf, räumte die Teller vom Tisch und sah dann Luca auffordernd an.
"Ich würde dann erstmal Wasser für uns einlassen. Kommt ihr später dazu, oder schlaft ihr unten oder drüben?", ich sah zu Harry, der ja scheinbar einen Plan verfolgte und dieser zuckte nur mit den Schultern.
"Das entscheide ich dann spontan.", meine Augenbraue ging hoch. Er entschied das? Wenn jemand was entschied dann entweder wir beide gemeinsam, oder im Dom Sub Kontext ich. Aber er?
"Du?", fragte nun auch Luca und ich liebte meinen Mann dafür, dass er wirklich genauso dachte wie ich.
"Ja, ich. Jakob hat gesagt, ich darf heute entscheiden und das werde ich auch tun. In jeglicher Hinsicht.", die Stimme nahm einen Ton an, der mir nicht wirklich gefiel und auch das Grinsen gefiel mir alles andere als gut.
Louis schien mein Unwohlsein aufzufallen und so drehte er sich zu seinem Mann.
"Du wirst Jakob aber mitentscheiden lassen. Nicht das er morgen schlechte Laune hat und uns dann bestraft.", versuchte er es auf die lustige Art, doch an Harry schien das gänzlich abzuprallen.
"Ich bin mir sicher, er wird gute Laune haben, morgen. Ich werde diese Gelegenheit gut zu nutzen wissen, den Ton anzugeben."
Luca und Louis wechselten einen Blick, sahen dann zu mir. Ich versuchte so viel Souveränität aufzubringen, wie mir in der Situation möglich war.
"Macht euch keine Sorgen, genießt die Zeit gemeinsam. Ich denke wir werden dann jetzt auch die Location wechseln. Viel Spaß euch.", ich stand auf, küsste erst meinen Luca liebevoll, bevor ich auch Louis einen Kuss auf die Lippen gab.
"Genug.", war es Harrys Stimme, die uns unterbrach und mir eine Gänsehaut verschaffte, die alles andere als angenehm war.
"Los jetzt. Lass uns keine Zeit verlieren.", sprachs, packte meine Hand und zog mich hinter sich her, in Richtung Playroom.
XXX
Es war eine sehr merkwürdige Stimmung zwischen uns, als wir den Raum betraten.
"Du hast mir die Verfügungsgewalt gegeben und du vertraust mir, richtig?", fragte er als er mich zum Bett zog und sich mit mir auf die Bettkante setzte.
"Ja, habe ich und natürlich vertraute ich dir.", sprach ich und suchte in seinen Augen nach etwas, das mir Aufschluss über sein für mich merkwürdiges Verhalten gab.
"Gut. Dann wirst du heute einfach nur nehmen. Ich werde Entscheidungen treffen, die du annehmen wirst.", ich schluckte, verengte die Augen. Das hier ging in eine Richtung, die wir dachte ich zumindest hinter uns gelassen hatten.
"Harry.", ich sah ihn mahnend an und hoffte er verstand.
"Jakob.", er lächelte, nahm nun seine Hand und legte sie an meine Wange. "Du sagst du vertraust mir und ich möchte heute, dass du mir das endlich wirklich auch beweist."
Mein Herz begann zu rasen. Das schlechte Gefühl hatte mich also nicht getrügt. Er wollte da anknüpfen, wo wir damals auf Grund meines Zusammenbruchs aufgehört hatten.
"Harry, ich muss dir nichts beweisen und wir haben klare Linien gezogen, damals und ich werde diese auch nicht verrücken.", versuchte ich nun meine Stimme so dominant wie möglich klingeln zu lassen, doch das schien ihn rein gar nicht zu beeindrucken.
"Ich kenne diese Linien, Jakob. Aber es ist viel passiert in der Zeit und ich denke, man sollte schon versuchen seinen Horizont ein wenig zu erweitern.", er lächelte, griff nach meinen Händen. "Deine Angst in allen Ehren und du weißt, ich kenne das alles nur zu gut. Dennoch muss du irgendwann den Schritt gehen und wenn nicht mit mir, mit wem dann? Du sagst du liebst mich, du vertraust mir. Warum nicht an der Stelle?"
Ich schloss für einen Moment die Augen, hasste ihn dafür, dass er mich wieder in diese Situation brachte, in die ich nie wieder kommen wollte. Auf der einen Seite wollte ich ihm nicht vor den Kopf schlagen. Wusste, dass sein Selbstbewusstsein noch immer angeknackst war und eine Zurückweisung sicher nicht gut vertragen konnte.
Auf der anderen Seite war ich wütend, weil er diese emotionale Erpressung in meinen Augen ganz bewusst einsetzte. Seine grünen Augen fixierten mich jetzt und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Vielleicht reagierte ich auch gerade über und er würde nicht so weit gehen, wollte mich einfach nur testen, aber was war, wenn er doch?
"Hör zu.", er griff meine Hände fester, sah mir direkt in die Augen. "Wir machen es in deinem Tempo. Wir müssen kein Ziel erreichen heute. Ich will nur das du mir zeigst, dass auch du dich in meinen Händen fallen lassen kannst. Wie weit wir kommen, werden wir sehen."
"Harry, ich...", wollte ich wieder intervenieren, doch er schüttelte nur den Kopf.
"Du musst das hier ausschalten. Bitte.", er tippte gegen meine Stirn. "Lass mich einmal die Verantwortung übernehmen. Ich verspreche dir, ich werde dir nicht schaden, ich werde dir keine Angst machen und wenn du Rot sagst, ist sofort Schluss, genauso wie du es mir beigebracht hast."
Ich schluckte, hasste ihn dafür, dass er nun auch noch diese Karte zog. Mein Kopf sagte eindeutig, ich solle es versuchen, sollte die Chance wahrnehmen, meine Dämonen zu besiegen.
Mein Herz jedoch sprach in nackter Panik von Flucht und mein Blick ging immer wieder zur Tür.
"Wie stellst du dir das vor?", hörte ich mich selbst fragen und nun lächelte er warm, streichelte über meine Hände.
"Ich würde die mit den weichen Manschetten an den Händen fesseln. Allerdings so, dass du dich im Notfall immer noch selbst befreien könntest.", er schmunzelte, als ich erleichtert ausatmete. Ein Ausweg, ein Notausgang, den er mir zugestand. Also schien er doch auch nachzudenken und nicht nur intuitiv zu handeln, im Moment.
"Dann würde ich dir die Augen verbinden, sodass du nicht sehen kannst, was ich vor habe.", seine Finger glitten meinen Arm ein Stück hoch.
"Natürlich geht es hier unten zwischen uns beiden nicht um BDSM im eigentlichen Sinne und ich will dich auch nicht, wie du vielleicht denkst, unterwerfen.", ich hob eine Augenbraue, sah ihn prüfend an.
"Nicht?", fragte ich und er grinste, schüttelte sofort den Kopf.
"Einen Jakob kann man nicht unterwerfen und das würde ich auch nicht wollen. Ich will einfach nur, dass du loslässt im Kopf, mich einmal machen lässt. Ich möchte, dass du nur fühlst, so wie wir die Übungen damals gemacht haben. Ich werde dich weder schlagen noch dir sonst in irgendeiner Form Schmerz zu fügen, falls das deine Sorge ist.", die grünen Augen sahen mich lange an, doch ich schüttelte den Kopf.
"Du weißt um meine Angst.", gab ich zurück und merkte, dass meine Stimme leiser geworden war.
"Natürlich und diese langsam zu nehmen ist mein Ziel, Jakob.", er griff nach meinem Gesicht, sah mir erneut in die Augen, ehe er unsere Lippen zu einem Kuss vereinigte. "Ich will, dass du am Schluss dort liegst, ein seliges Lächeln auf den Lippen. Ich will, dass du glücklich bist."
Ich lachte freudlos auf. "Das kann ich mir bei Leibe so nicht vorstellen, aktuell.", gab ich offen zu und er schmunzelte.
"Das ist mir bewusst, dennoch. Du hast mir einen Freifahrtschein gegeben, wenn auch unbewusst. Ich werde diesen zu nutzen wissen. Also, wirst du dich in meine Hände begeben? Wirst du mir zeigen, dass dein Vertrauen dafür groß genug ist oder stösst du mich weg?"
Am liebsten hätte ich in dem Moment geschrien, diese unfassbare Erpressung war so unfair, so gemein... "Ich vertraue dir.", hörte ich mich sagen und er nickte zufrieden, bevor er aufs Bett zeigte.
"Dann los. Beweise es mir."
XXX
Ja, was sagt man dazu. Das kam nun auch echt unerwartet und ich bin nicht sicher, ob das gut geht. Was meint Ihr?
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