38. Andrew
"Oh doch, ich glaube, ich habe die richtige gefunden!"
Er kam auf mich zu, doch blieb etwa einen Meter von mir entfernt. Ich hatte Angst, Angst von dem was jetzt kommen mag. Doch er hielt mir nur seine Hand entgegen und lächelte mich charmant an. "Ich bin Aiden Carter, Joels Onkel, es freut mich sehr miss June Blair." Ich nahm die Hand zögerlich an. "Woher kennen sie meinen Namen?", fragte ich vorsichtig, wobei er nur herzhaft auflachte. "Liebe June, jeder hier auf dieser Veranstaltung kennt mittlerweile ihren Namen." Bevor ich einen Satz ansetzten konnte zog er mich plötzlich an der Hand zu sich. "Sie sind auch die erste die bei ihm solange überleben konnte", hauchte er mir gegen mein Ohr. Mein ganzer Körper spannte sich an.
"Ich glaub, er empfindet wirklich was für Sie, doch er ist es sich garnicht wirklich bewusst", fuhr er belustigt fort.
"Was suchst du hier!", schrie ich ihn an, als wir in meinem Arbeitszimmer angekommen waren. Ich verschloss die Tür hinter mir und lehnte mich gegen sie. Während ich genervt und zugleich wütend meine Arme verschränkte, durchbohrte ich ihn mit meinem Blick. Man spürte regelrecht die Verachtung die von mir ausging. "Ich wollte dich besuchen, Bruderherz. Lass uns auf dich anstoßen, genauso wie in alten Zeiten", meinte er, doch ich glaubte ihm kein einziges Wort das aus seinem verdorbenen Mund kam. "Sag mir deinen richtigen Grund. Mir kannst du, im Gegensatz zu damals, nichts mehr vorspielen. Ich kenne deine Tricks und nenn mich nie wieder Bruderherz!", fuhr ich ihn an und seine Mine änderte sich schlagartig. Sie wurde fest. "Eigentlich bin ich ja der erst geborene und somit bin ich der Erbe des Vermächtnis unserer beider Eltern. Ich möchte Carter Tecnology oder zumindest den größten Teil der Firma..." "Und wieso glaubst du, ich würde dir auch nur einen noch so kleinen Staubkorn überlassen?", unterbrachich ihm mit meinem Spott. Er lachte verachtend und schüttelte Schnaubend den Kopf. "Denkst du wirklich ich hätte kein Ass im Ärmel, wenn du dich weigerst zu kooperieren?" Verwirrung machte sich auf meinem Gesicht breit. Sein gewinnender Blick verriet mir erst nicht viel, doch er war noch lange nicht mit seiner Ansprache fertig. "Weißt du..., Onkel Aiden ist auch auf dieser Party. Wir beide waren schon immer einer Meinung und er war mir ein besserer Vater als dieser alkoholabhängige Bastard von Vater es jemals war." "Halt die Klappe! Du weißt garnichts, du warst noch nicht einmal da als es passiert ist!", schrie ich aufgebracht, drückte mich ab, richtete mich vor ihm auf und ballte meine Hände wütend zu Fäusten. Er lachte verachtend. "Du bist derjenige, der hier garnichts weiß! Du weißt nicht wirklich wie Dad wirklich war und hast es glücklicherweise nicht herausfinden müssen, so wie ich es herausgefunden hab", konterte er im selbigen Ton wie ich es zuvor getan habe. Ich atmete tief ein, schloss meine Augen und ging in mich, um nicht gleich auszurasten und meinen eigenen Bruder zu töten. Obwohl, diese Idee eigentlich gar nicht so schlecht wäre. Er und Aiden hatten mir auch in gewisser Weise meine Mutter, das wichtigste in meinem jungen Leben, genommen und mich zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Doch dass Aiden auch ait dieser Feier ist, vermag nichts gutes heißen.
Er lachte lauthals los. Ich zog meine Augenbrauen enger zusammen und beobachtete ihn genau. "Denk mal nach Joel, was ist dir im Moment das wichtigste? Was kann ich dir wieder wegnehmen damit ich das bekomme, was ich will?" Mir stockte der Atmen als ich ahnte was er damit meinte. 'Er wollte doch nicht wirklich...' "Ein Druckmittel, Joel", lachte er und wartete darauf, dass ich meine vermuteten Gedanken laut aussprach. Wir starrten uns gegenseitig gebannt an. Er mit seinem amüsierten Grinsen und ich mit zusammen gezogenen Augenbrauen und vor Wut und Aufregung mit dem Kiefer mahlend. Wir beobachteten jeden einzelnen Schritt, jede kleine Mimik und jeden Atemzug des anderen. Keiner rührte sich.
Wie auf Kommando rannten wir hektisch aus dem Arbeitszimmer runter in die Menge. Es war wie ein Wettrennen gegen einen ebenbürtigen Gegner. Wir quetschen uns durch und kamen am Keller an. Mit Schlägen und anderen möglichen Maßnahmen versuchten wir den jeweils anderen aufzuhalten. Ich riss die Tür auf. Mein Atem stockte und mein Herz hörte auf zu schlagen. Die Zeit blieb für mich stehen. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib. "Juuuune!"
Zur selben Zeit bei June
Er entfernte sich wieder etwas von mir und musterte mich. "Ist Ihnen nicht etwas kalt? So ohne ordentliche Kleidung? Außerdem sind sie komplett nass. Darf ich Ihnen vielleicht behilflich sein und erstmal etwas zum überziehen bringen?" Dieser Mann hatte etwas unheimliches an sich. Und doch wirkte er auf den ersten blick aufmerksam und höflich zugleich. "Nein, ich muss los und bitte gehen sie jetzt wieder. Ich muss hier noch etwas erledigen", versuchte ich ihn abzuwimmeln und nicht noch länger in dieser Situation gefangen zu bleiben. Er zuckte kurz und unmerklich seine Mundwinkel, doch danach verfiel seine Mine der Ausdruckslosigkeit zum Verhängnis. Er nickte einmal und wand sich Richtung Tür.
Ich achtete nicht mehr auf ihn und fuhr meinen Weg in die tiefen des Kellers fort. Mein Verstand brachte mich zu Antonie, doch mein Körper spürte schon die noch bevorstehenden schmerzen. Ich drückte die kalte Klinke hinunter. Er hockte immer noch an der Wand und starrte stur gegen die Tür. Zuerst zuckte er zusammen als ich die Tür öffnete, doch seine Angst legte sich als ich mit leicht feuchten Augen vor ihm stand. Ich sah die Verbände, die ich ihm angelegt hatte, in Blut getränkt. Nachdem ich ihn musterte und wieder in seine Augen schaute sprang er plötzlich auf und nahm mich in die Arme. "Ich dachte du wärst sauer auf mich", sprach ich mit verweinter Stimme. "Wie kann ich jemals wütend auf dich sein? Du wurdest dazu gezwungen, hättest nichts dagegen tun können und das nicht nur einmal", beruhigte er mich monoton.
Ich schluchzte laut auf und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. "Sag das du mir vergibst", forderte ich. "Ich werde dir immer vergeben, egal was du tust und ich werde dich hier raus bringen. Auch wenn es mich mein Leben kosten würde, denn eines ist mir in den letzten Monaten klar geworden." Er machte eine kurze Pause und begab sich mit mir auf Augenhöhe. Er musterte jeden einzelnen teil meines Gesichtes um meine nächste Reaktion zu sehen. "June Blair, ich liebe dich. Ich wünschte, ich wäre mir dessen eher klar geworden und hätte dich nach dem Kaffee im Flughafen nicht gehen gelassen, sodass es soweit kommen musste. Es war alles meine Schuld, ich hätte auf dich aufp...". Ich legte meinen Zeigefinger auf seinen Mund und brachte ihn damit zum Schweigen. "Shhht, es war nicht deine Schuld", flüsterte ich und musste mir einige Tränen unterdrücken. Ich war wieder nüchtern und wusste genau was ich tat. Tylers entsetzten Augen ließen all das Alkohol in mir entweichen. Diesmal meinte ich es ernst und hauchte einen leichten, keuchen Kuss auf den Mund. Er schloss seine Augen und genoss wie ich dieses befreiende Gefühl, dass sich in uns ausbreitete. Es löste alle fesseln die mich im inneren gefangen hielten.
Ein Klatschen erfüllte den sonst stillen Raum und kam auf uns zu. Wir unterbrachen den Kuss und schnellten mit unseren Köpfen zu dem Ausgangspunkt des Geräusches. "Wirklich wunderbar, ein tragisches Liebespaar direkt hier vor meinen Augen." Aiden, also Joels angeblicher Onkel, trat, mit dem selben grinsen wie Joel auf seinen Lippen, durch die Tür und applaudierte uns zu. Antonie und ich schauten uns kurz verwirrt an. "Was machen Sie hier, sie sollten wieder hoch gehen. Hier haben Sie nichts zu suchen!", verlangte ich entschlossen. Er fing an dunkel zu lachen, wobei sich durch seine tiefe, raue Stimme ein Schauer über meinen Rücken zog. "Du bist ja süß, denkst du ich weiß nicht was hier unten ist? Ich weiß alles und sogar noch viel mehr als ihr beide es euch jemals vorstellen könnt. Ich habe viel schlimmeres gesehen und getan als mein Neffe", er beendete seine Ansprache. "Was meinst du damit?", fragte ich vorsichtig und wurde unruhiger. "Ich war es schließlich der Joel in gewisser Hinsicht dazu gebracht hat all dies zu tun. Ich muss dich jetzt mitnehmen June, aber er muss hier bleiben!", forderte er und kam näher. Wir wichen zurück. Als er noch einen voran tat, rann ich zu den Instrumenten und schnappte mir das Erstbeste was mir in den Blick kam, eine Axt. Ich stellte mich zu Antonie hin und richtete die Axt in Aidens Richtung. Er warf spielerisch die Arme in die Höhe. "Oh nein, ihr bedroht mich. Wirklich mutig, aber gegen eine gute alte Pistole kann niemand etwas sagen", sprach er uns gespielt vor. Er zog eine Knarre aus seiner inneren Tasche und richtete sie ebenfalls auf uns. Ich blieb geschockt. "Was willst du von June?", fragte Antonie von der Seite und stellte sich schützend vor mich, während er mich mit seiner Hand nach hinten schob.
"Ich sehe keinen Grund dir das erklären zu müssen. Am besten gehst du jetzt zur Seite und überlässt sie mir, denn wie du im Moment aussiehst, glaub ich nicht, dass du noch etwas aushalten könntest." Aiden wartete nicht lange und drückte ab. Er traf knapp an Antonies Kopf vorbei. "Ich hätte auch deinen Kopf treffen können. So oder so, June kommt jetzt mit mir mit und niemand wird mich davon abhalten können. Deine Entscheidung. Entweder lässt du sie jetzt gehen und wir brauchen dieses Theater nicht, was uns deutlich Zeit spart, oder du weigerst dich und ich erschieße erst dich. Doch dann werde ich sie erst mitnehmen, wenn sie zugesehen hat, wie das Leben aus deinen Augen entweicht", er klang konzentriert und siegessicher. "Ich werde nicht kampflos aufgeben!", schrie er, riss die Axt aus meinen Händen und bewegte sich leicht auf Aiden zu. Doch Aiden drückte erneut ab und traf ihn am Schienbein. Es fing sofort an stark zu bluten und eine kleine Lache zu bilden, doch Antonie ließ sich davon nicht aufhalten und versuchte immer wieder aufzustehen.
'Aiden braucht mich, und was passiert wenn er mich nicht bekommt? Wird er sich einfach eine andere aussuchen? Wieso passiert das alles hier gerade? Wieso trifft es ausgerechnet mich? Ich bin daran Schuld, dass Antonie mit in diese Sache verwickelt ist. Ich bin daran Schuld, dass er womöglich sein Leben für mich, in diesem Moment, gibt. Wenn ich jetzt gehen würde, würde es überhaupt jemanden geben der mich richtig vermissen wird? Antonie und ich wären dort für immer zusammen und wir müssten dieses ganze Psychospiel nicht mehr mitspielen.' Ich sah Antonie auf dem Boden zusammenbrechen. Seine Augen schauten mich entschuldigend an und doch gab es immer noch diesen Funken von Hoffnung in ihnen.
Bevor Aiden noch einen Schuss auf Antonie abgeben konnte, lief ich ihm mitten ins Visier...
'Kalt... es ist eiskalt...'
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