Kapitel 31
"Ich bin schon ein wenig aufgeregt", gestehe ich. Heute findet die Messe statt und seit zwei Tagen bin ich nur am Hicksen. Miran versucht mich die ganze Zeit zu beruhigen, aber weil das mein erstes Mal sein wird, bringt mir seine Erfahrung nichts. "Sollte es dir zu viel werden, können wir auch wieder ins Hotel. Mach dir keine Sorgen." Ich nicke. Am liebsten würde ich wieder zu einen der beiden wunderschönen Attraktionen, zu denen Miran mich geführt hat. Kew Gardens ist der schönste botanische Garten, den ich je betreten durfte und vom Hill Garden and Pergola möchte ich nicht anfangen. Wie gern ich in so einer Architektur wohnen würde. Auch Castle Combe hat mich verzaubert. Ich kann verstehen, wieso er es hier so mag. Ein absolutes Highlight war aber meine persönliche Führung an alle Orte, die in In guten wie in schweren Tagen vorkommen. Ich kann immer noch nicht fassen, dass ich am gleichen Ort wie Shah Rukh Khan war. Wir haben die gleiche Luft geatmet. Vielleicht sogar am gleichen Fleck gestanden. Ich könnte wieder weinen, wenn ich mich wieder daran erinnere. "Wann muss ich mich fertigmachen?", murmele ich. Gerade liege ich nämlich so gemütlich neben ihm und lasse meine Kopfhaut von ihm verwöhnen. "Wir haben noch genug Zeit. Möchtest du auf das Frühstück verzichten?" Ich nicke murmelnd. Er steht immer so früh auf und hat einen routinierten Ablauf, während ich noch am Schlafen bin, bis er zurückkommt.
"Möchtest du heute etwas bestimmtes Essen?" "Entscheide du", nuschele ich müde. Von mir aus können wir wieder zum Camden Market. Mir gefällt es dort sehr gut, auch wenn es hin und wieder scharf ist. "Narin hatte versucht, dich zu erreichen." Ich reiße meine Augen sofort auf. Mir wird kalt bei dem Gedanken, dass er ihre schmutzigen Nachrichten gelesen hat oder dass sie seine Stimme gehört hätte, wenn sie anrufen würde. "Anruf?", murmele ich unsicher. "Nein, diverse Nachrichten. Ich habe nur ihren Namen gelesen, mehr nicht." Puh! Ich kann entspannen. Ich rappele mich langsam auf, strecke mich ausgiebig, bevor ich mich über seinen Rumpf beuge, um mein Handy vom Nachttisch zu nehmen. Narin hat mir Bilder von meinen Pflanzen gesendet und auch ein Bild ihres Zeigefingers, an dem ein wenig Erde klebt. Sehr schön. Meinen Pflanzen geht es also prächtig.
'Wann kommst du wieder? Ich vermisse dich.'
Meine Lippen verziehen sich zu einem verlegenen Lächeln. Sie vermisst mich. Das ist unbeschreiblich für mich.
'Es dauert nicht mehr lang. Am Montag bin ich wieder da.'
"Sollte ich eifersüchtig werden, dass du bei Narins Nachrichten so verträumt lächelst?" Ich wende mich langsam zu ihm, verliere dabei mein Lächeln immer noch nicht. "Sie hat gesagt, dass sie mich vermisst." Voller Stolz drehe ich ihm meinen Bildschirm zu und auch er lächelt bei der Nachricht. "Sie vermisst mich." "Ich bin mir sicher, die gesamte Firma vermisst dich, Shirin." Das ist unvorstellbar für mich. Ich ... Gott! Das ist so toll. Ich kriege gar nicht genug von dieser Nachricht und lese sie mir noch vier weitere Male durch, bevor ich mich im Bad frisch mache. Selbst dann und auch beim Duschen komme ich von dieser tollen Nachricht nicht weg. Das einzige Problem, das ich jetzt besitze, ist meine fehlende, frische Kleidung. Oh ... dann eben erst die Haare. Die Tür ist ja abgeschlossen, also sieht er nichts. Die letzten Tage habe ich einen merklichen Unterschied in meinem Verhalten bemerkt. Zwar bin ich immer noch unsicher, aber ich akzeptiere mich optisch deutlich mehr als am ersten Tag mit meinen Locken. Das ist gut. Das ist sehr gut.
Ich schalte den Föhn ab. Meine Haare sehen heute voluminöser aus als beim ersten Mal. Das ist gut. Ich sehe hier und dort sehr schöne Bündelungen. Zwar habe ein wenig Frizz, aber das ist die Konsequenz, wenn ich Volumen möchte. "Miran?", frage ich, als ich zur Tür gehe. Beim Öffnen rechne ich nicht damit, dass er direkt vor der Tür steht und zucke dementsprechend zurück. "Ich ... kannst du meinen Koffer hier hinschieben?" "Was brauchst du?" Ich lasse mir beim Antworten mehr Zeit als gewollt. Das liegt aber daran, dass er bei seiner Frage die Hände an den Türrahmen stützt. Mein Gehirn setzt den Fokus auf seine Schultern, seine Nackenmuskulatur und seine Oberarme. Das sind die schönsten Kurven, die ich je gesehen habe. Wie viel Kilo Pflanzenerde könnte er tragen? Er hat mich ohne Probleme auf seiner Schulter transportieren können, da sollten ein paar Tüten Erde kein Problem sein. "Shirin?" Ich summe abgelenkt. "Deine Kleidung, Shirin. Was genau brauchst du?" Oh, stimmt. Da war ja was. Ich schaue ihm wieder in sein Gesicht. Das kleine, versteckte Schmunzeln gefällt mir nicht. "Warum schmunzelst du?" War es so auffällig? "Darf ich nicht?" Das wird mir zu viel. Deshalb ziehe ich ihn ins Bad und trete ins Schlafzimmer. "Du darfst nicht raus, bevor ich angezogen bin", warne ich ihn, bevor ich die Tür schließe.
Wir betreten gerade die riesige Messehalle. Von der Größe könnte man denken, es handelt sich hierbei um ein Stadion. Unglaublich. Ich schieße für meine Mutter und Narin mehrere Bilder, wie ich auf interessante Stände zeige. Hier ist sogar ein Roboter, der größer als ich ist! "Hier werden auch Firmen vertreten sein, die Haarpflege herstellen. Ich werde dir Goodie-Bags sichern." Ich schmolle gerührt. Das ist so unfassbar lieb von ihm! "Wie lange müssen wir bleiben?" Ich schlinge meine Arme um seinen Oberkörper und er legt seinen Arm um mich. "Wir haben es eigentlich sehr entspannt. Wir werden uns in einer Halle mit anderen Gründern befinden. Im seltensten Falle werden wir zu unserem Stand gerufen." Stand? Ich schaue ihn verwirrt an, als ich meinen vorderen Arm von ihm löse. "Was für ein Stand?" "Auch ich muss unsere Firma präsentieren und expandieren. Ich habe dir doch erzählt, dass wir so Kooperationspartner finden." "Aber was ist, wenn jemand den Stand zerstört oder alle Kugelschreiber klaut?" Seine Mundwinkel zucken bei meiner Sorge amüsiert, dabei ist es mein voller Ernst! "Keine Sorge, Shirin. Die Mitarbeiter werden die Kugelschreiber schützen." "Mitarbeiter?", frage ich entsetzter als ich eigentlich will. Mein rechter Arm löst von seinem Rücken. Hier sind Mitarbeiter? Wieso weiß ich nichts?
Mir wird ganz kalt bei dem Gedanken, wie einer uns beide so innig miteinander sieht. Ich möchte mich von ihm lösen, doch Miran scheint es vorhergesehen zu haben und drückt mich umso fester an sich. "Es sind Mitarbeiter aus London, Shirin", setzt er strenger an. Meine Brust zieht sich bei seinem Ton zusammen, auch wenn ich verstehe, warum er gereizt ist. Das ist einfach alles noch zu neu für mich und meine Unsicherheit. "Tut mir leid", flüstere ich. "Entschuldige dich nicht." "Aber du bist sauer." "Das ist der falsche Begriff, aber darum geht es auch nicht. Möchtest du dir einen Stand anschauen, bevor wir in unsere Halle gehen?" Ich verneine es kopfschüttelnd. Mich interessiert hier ehrlich gesagt gar nichts. Daher halte ich mich auch während der Konversationen mit anderen Geschäftspartnern im Hintergrund. Es ist ohnehin angenehmer, Miran zuzuhören, wie er auf Englisch spricht. Ich nicke nur und lache mit, wenn sie es tun, auch wenn ich es nicht witzig finde. Ansonsten beschäftige ich mich mit den Inhalten der Goodie-Bags. Miran hat ein sehr gutes Auge dafür, denn ich habe keine einzige Haarpflegefirma gesehen, während er mir gerade schon die dritte Tüte reicht.
"Jeder Haar-Stand möchte dich für ein Umstyling haben." Wie? Ich halte mir sofort meine Haare. "Sehen sie so schlimm aus?" Sein lächelnder Ausdruck nimmt ab. "Nein, Shirin. So war das nicht gemeint. Du bist das Vorzeigemodell für ihre Produkte. Ich habe aber abgelehnt, weil ich weiß, dass du dich unwohl fühlen würdest." Miran nimmt nachträglich meine Hand von meinem Kopf. "Mach dich nicht verrückt. Du siehst wunderbar aus." Ich nicke nur hinnehmend. Es ist okay. Ich muss lernen, meine Sorgen und Gedanken nicht auf mein Umfeld zu projizieren. "Lass mich doch die Goodie-Bags nehmen. Du musst doch seriös wirken." "Das tue ich auch mit den Pflegeprodukten meiner Frau, Shirin. Tun dir die Füße in den Schuhen nicht weh?" Tatsächlich nicht. Ich habe aber auch eine hohe Schmerztoleranz. "Ich finde, der dritte Stand hatte interessante Sachen. Im Übrigen solltest du deine Haarmaske benutzen, bevor du die Spülung verwendest. Die Spülung schließt die Schuppenschicht." Ich nicke. Da ist was dran. "Ich schaue mir mal den Stand an." "Gut. Hier." Er überreicht mir sein Portmonee. "Falls du dir etwas kaufen möchtest." "Waren die Goodie-Bags nicht kostenlos?" Miran schmunzelt. "Einige Sachen waren kostenlos, aber Goodie-Bags enthalten oftmals einen hohen Warenwert." Oh ... ich dachte, die wären kostenlos. Oh Mann und er hat mir gleich drei Stück geholt.
"Danke schön. Dann bleibe ich dabei." "Ich bestehe darauf. Ich weiß, dass du dich langweilst. Tob' dich aus. Hier ist auch irgendwo ein Stand mit Lippenstiften." Oh, da muss ich hin! Er hat mich überzeugt. Ich nehme motiviert sein Portmonee, als ich an ihm vorbeilaufe, entscheide mich aber dafür, ihn doch zu mir zu ziehen für einen kleinen Kuss. Miran rechnet absolut nicht damit und ist damit auch gar nicht in der Lage, den keuschen Kuss zu erwidern. "Danke, Chef", lächele ich. Seine Verblüffung lässt mich frech kichern, selbst als ich zum Beauty-Bereich laufe. Wo soll ich bloß anfangen? Beim Make-up-Stand links? "Ich hätte nicht gedacht, dich hier zu sehen." Mein Lächeln fällt. Mir wird eiskalt, als ich seine Stimme registriere. Nein. Das ist nicht möglich. Ich schaue nicht zu ihm, doch davon lässt sich mein ehemaliger Chef nicht beirren. Er fühlt sich nach wie vor so wohl, dass er sich näher als nötig vor mich stellt. Mein Herz rast. Ich nehme den ganzen Tumult um mich herum gar nicht mehr wahr. Wieso habe ich Miran verlassen? "Du hast einen interessanten Werdegang hingelegt. Jetzt arbeitest du für einen der größten Konzerne bundesweit. Glückwunsch." Er nickt anerkennend, doch das schmierige Lächeln sagt mir, dass mich etwas erwartet.
"Ich möchte nicht mit dir sprechen." Er keucht überrascht, wie er es jedes Mal getan hat, wenn ich eine Beschwerde hatte. Diese lächerlich gespielte Tat lässt mein Blut kochen. Ich will weg. Wo ist Miran? "Wieso so frech, Shirin? Fickt dich dein Chef so gut, dass du dich für etwas Besseres hältst?" Mir bleibt jede Luft weg. Ich habe das Gefühl, zu hören, wie mein Blut rauscht. Ich möchte nicht weinen, aber es verletzt mich so sehr, dass ich degradiert werde. "Verbittert, weil ich meinen Wert kenne und nun in Händen voller Kompetenz bin?", erwidere ich bebend. Sein mageres Gesicht verzieht sich eingebildet. Hätte er nicht ohnehin wenig Haare auf dem Kopf, würde ich den kahlen Bereich auf seinem Kopf erweitern. Er macht mich so unfassbar wütend. "Die Hände voller Kompetenz sind höchstens in dir." Meine Hände zittern. Ich verbitte mir solche widerlichen Aussagen. Meine flache Hand rast, ohne viel nachzudenken, gegen seine fleckige Wange. In mir läuft alles auf Hochtouren. Die Blicke der erschrockenen und schaulustigen Personen um mich herum machen es nur noch schlimmer. Wird mir jetzt etwas zustoßen? Ich will doch nur, dass man seinen schlaksigen Körper aus der Halle entfernt.
Ich trete einen Schritt zurück, als sich sein hochroter Kopf langsam zu mir dreht. "Denkst du, weil du nicht mehr für mich arbeitest, bist du frei von Konsequenzen? Wenn ich will, sorge ich dafür, dass du dein ganzes, jämmerliches Leben lang arbeitslos bleibst." "Sorg lieber dafür, dass du keine Insolvenz anmelden musst", presse ich atemlos hervor. Ich will weg, aber gleichzeitig will ich auch nicht nachgeben. Trotzdem übernimmt mein Körper für mich und schreitet immer weiter nach hinten, je näher er mir kommt. Er lacht nur verächtlich als Antwort. Ich verziehe das Gesicht bei der merklichen Verfärbung seiner Zähne. Wahrscheinlich raucht er nur noch mehr, seitdem er Stress mit dem Finanzamt hat. "Du hältst dich wirklich für etwas Besseres. Es ist ein Wunder, dass du überhaupt genommen wurdest bei deinen schlechten Voraussetzungen." Schlechte Voraussetzungen? "Ich werde nicht mit einem verbitterten Mann diskutieren." "Dein Mund war sowieso nie für mehr als für dumme Aussagen gemacht. Dein Lippenstift war eine gute Ablenkung." Ich muss gehen, sonst breche ich wirklich in Tränen aus.
Ich fühle mich so blöd, dass ich mich nicht richtig verteidigen kann. Wahrscheinlich grinst er schadenfroh, während ich gehe. Ich wische mir schluchzend meine Tränen weg. Das wird mir alles viel zu viel. Ich habe ausgerechnet jetzt auch kein Netz mehr, um Miran anzurufen. Als könnte es nicht noch schlimmer werden, stoße ich jetzt auch noch gegen eine Person. "Tschuldigung", murmele ich. "Wer war das?" Ich halte die Luft an. Miran! Ich drücke mich sofort an ihn. "Shirin, was ist passiert?" "Können wir gehen?" Ich schaue flehend zu ihm auf. Ich möchte nicht mehr bleiben, wenn mein alter Chef in der Nähe ist. Miran kann sich meinen Zustand nicht erklären. Seine Augen rasten über meinen gesamten Körper. "Ich bringe dich sofort weg, aber sag mir, was passiert ist." "Mein alter Chef ist hier", flüstere ich. Meine Unterlippe bebt, wenn ich wieder an seine Worte denke. "Er hat so viel Schlimmes gesagt." "Kannst du mir sagen, was genau?" Miran wischt mir besorgt meine Tränen weg. "Ich schäme mich. Es waren schmutzige, sexuelle Dinge." Seine sanften Züge nehmen ab. Ich spüre eine sofortige Veränderung in ihm und als er mich fester als gewollt an seine Brust drückt, sagt mir sein schnell schlagendes Herz, dass er rasend vor Wut ist. "Hat er dich angefasst?" "Ich habe ihm eine Backpfeife gegeben", schniefe ich. "Das hast du perfekt gemacht, Shirin."
Er schnipst hinter mir einmal, woraufhin ich bemerke, dass einige Personen hinter mir stehen. Das ist mir echt unangenehm, aber als ich dann registriere, dass es weibliche Sicherheitsleute sind, geht es mir doch ein wenig besser. "Shirin, die Frauen werden dich zu unserem Auto bringen. Ich komme nach. Ist das in Ordnung?" Ich hätte es viel lieber, wenn er mich begleitet, aber so, wie er gerade wirkt, möchte ich ihm keine Bürde sein. Mir ist sein ruhiger Zustand bekannt, aber aktuell wirkt er mörderisch. Das ist keine Ruhe in seinen Augen, so sanft er auch mit mir spricht. Daher nicke ich, tausche sein Portmonee gegen seine Autoschlüssel und lasse mich von den Damen zum Ausgang begleiten. Eine ist sogar so nett und bietet mir ein Taschentuch an. Ich werde sogar durch einen Notausgang gelotst und erst, als ich im Auto sitze, verabschieden sich die netten Damen von mir. "Oh Mann", murmele ich. Meine Nase ist zugeschwollen, weil ich noch auf dem Weg zum Auto die Fassung verloren habe. Ich will mich hinlegen und alles vergessen.
Ich verstelle den Sitz so weit, dass ich schon fast liege. Was macht er gerade? Wo ist er? Wird er weiterhin so angespannt bleiben? Es ist schon fast eine Stunde vergangen, als ich mich wieder aufsetze. Ich bin kurz davor, ihn anzurufen, da sehe ich, wie er aufs Auto zukommt. Anhand seines Ganges kann ich nichts ablesen. Er wirkt so souverän und ruhig wie immer, doch kaum öffnet er die Tür, spüre ich doch unterdrückte Wut. Es fühlt sich an, als würde es mich erschlagen, als er sich ins Auto setzt. Ich zucke einen Moment lang verdutzt deshalb zurück. Er startet wortlos den Wagen. Erst beim Anschnallen schaut er zu mir. Der Sturm in seinen Augen beruhigt sich langsam. "Geht es dir gut?" Ich nicke und zucke gleichzeitig mit meinen Schultern. "Was hast du gemacht?" "Ich habe mich einige Angelegenheiten gekümmert. Möchtest du in die Stadt? Etwas einkaufen?" "Gerade nicht." Es ist aber gerade erst Mittag. Ich habe noch genug Zeit, um mich umzuentscheiden. "Gut", erwidert Miran leiser, bevor er losfährt. Die Fahrt über verliert er kein Wort. Er stellt mir keine Fragen und spricht von sich aus auch nicht über die Angelegenheiten, die er geklärt hat. Ich kann nur vermuten, dass die Angelegenheiten der Grund für seine Anspannung sind. Vor allem seine Hände ... sehen fleckig aus. Oder bilde ich mir das nur ein? Nein, die Knöchel seiner linken Hand sind gerötet.
Ich traue mich ehrlich gesagt nicht, ihn zu fragen. Selbst, als wir in meinem Hotelzimmer sind, zögere ich. "Immer noch nichts Bestimmtes im Sinn fürs Essen?", ist das Erste, was von ihm kommt. Ich atme tief durch. "Nein. Du?" Mein Blick fällt immer wieder auf seine Hände. "Nein", erwidert er gedämpft. Miran lässt seine Schultern kreisen, um weitere Anspannung loszuwerden, doch allein die Energie, die von ihm ausgeht, sagt mir, dass es nichts bringt. "Sagst du mir, was passiert ist?" Ich kann nicht länger warten. Ich muss es wissen. Miran betrachtet mich eine Weile, ohne ein Wort von sich zu geben. Sein beständiger Blick macht mich nervös. Der Moment ist gerade so intensiv, dass ich verlegen zur Seite sehe, als er sein Jackett aufknöpft und es ablegt. Ich rümpfe schon meine juckende Nase, kann mich aber noch kontrollieren. "Weil jemand versucht hat, die unantastbare Würde meiner Frau zu beschädigen." Dass er auf mich zukommt, lässt mich erschaudern. Selbst mein Schlucken ist überfordernd laut bei seiner Präsenz. Ich ziehe verlegen meine Schultern an. "Ich dulde keine Beleidigungen gegenüber meiner Frau. Vor allem keine, die Obszönes implizieren." Das ist unfassbar aufmerksam. Es ist nach wie vor surreal für mich, dass jemand anderes sich für mich einsetzt.
Miran nimmt meine Hände, als er sich vor mich hinhockt. "Wir werden nicht auf die Messe gehen. Er wird die Messe ebenso wenig betreten dürfen. Mach dir keine Sorgen, Shirin. Ich bin immer für dich da." Ich schlucke angestrengt. Meine Daumen fahren über seine Knöchel, woraufhin er meine Handrücken an sich zieht, um diese zu küssen. "Wird es keine Konsequenzen für dich haben, wenn wir nicht auf der Messe sind oder wegen dem, was du ihm angetan hast?" "Nein, Shirin. Und selbst wenn es Konsequenzen für mich gäbe, würde ich sie ohne Wenn und Aber annehmen. Solange ich dich verteidigen kann, ist es mir wert. Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen." "Das war nicht deine Schuld", entgegne ich mit zusammengezogenen Augenbrauen. Er soll sich bitte keine Vorwürfe machen. "Lass uns das Ganze einfach vergessen und die letzten Tage in London genießen." Wir beide haben etwas Ruhe dringend nötig und an seiner Brust finde ich sie am meisten. Ich schmiege mich innig an sie, als wir auf dem Bett liegen. "Danke, Miran." "Jederzeit, Shirin." Ich bin ihm nicht nur für die Tat auf der Messe dankbar, sondern für all die Hingabe, die ich von ihm bekomme. Von all der Hingabe, die mich sicher und geborgen fühlen lässt. Durch ihn habe ich das Gefühl, feminin zu sein. Selbstbewusst und eine respektable Persönlichkeit.
Durch ihn habe ich das Gefühl, all die schönen Blüten zu erkennen, die ich einst als verwelkt wahrgenommen habe.
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