Kapitel 16
Den ganzen Weg zum Ausgang bin ich verträumt. Pflanzen. Mein Traummann möchte Pflanzen in seinem Büro haben! Am liebsten würde ich sein Büro zu einem Dschungel renovieren. Wenn er passend dazu ohne Hemd auf seinem Stuhl sitzt, wäre alles perfekt. "Wir fahren gemeinsam, wenn es Ihnen recht ist." Ich fahre uns direkt zum Standesamt, Herr Hübschling. "Geht klar." Heute ist ein guter Tag. Es scheint die Sonne, es ist viel wärmer und wie es den Anschein hat, möchte er heute mit seinem Auto fahren. Vielleicht ist das auch eine Prävention für Herzinfarkte. Immerhin reagiert er bei meinem Fahrstil sensibel. "Werden Sie eigentlich Seekrank?" "Nein, Sie?" "Ich glaube nicht." Ich bin noch nie mit dem Schiff gefahren. "Sie glauben? Waren Sie noch nie auf dem Wasser?" Ich verneine es kopfschüttelnd. Aber unsere Flitterwochen können wir entsprechend gestalten. Wir könnten doch heute sogar Sushi essen gehen! Ich habe zwar schon gegessen, aber für Sushi ist immer Platz.
An seinem schwarzen Auto bleiben wir stehen. Beide auf der Beifahrerseite, sodass ich mich verwirrt zu ihm drehe. "Soll ich wieder fahren?" "Danke, aber ich habe meine Fahrten bevorzugt ruhig und ohne Risiko. Ich möchte Ihnen nur die Tür aufhalten." Oh! Er ist so höflich. Ich trete angespannt zur Seite, hoffe und bete, dass ich nicht vor Freude explodiere, als ich seinen wunderbaren Duft wahrnehme. Selbst sein Auto riecht wunderbar und der schwarze Sitz ist so bequem! "Wir fahren in ein Gartencenter. Das ist sicherlich besser als Ikea, oder?" "Meine ersten Pflanzen hatte ich von Ikea, aber ein Gartencenter ist immer hübscher und verführt mich zum Kaufen weiterer Pflanzen." Ich freue mich schon sehr darauf. "Durch die Fensterfront werden es die Pflanzen sehr schön haben. Ich werde Ihnen eine Flasche von meinem Flüssigdünger mitbringen, damit sie damit die Pflanzen verwöhnen, aber noch nicht sofort. Erst müssen sie sich an ihr neues Zuhause gewöhnen." Ich kann es gar nicht abwarten, die Pflanzen auszusuchen! "Sie werden es dort genießen. Die Atmosphäre in Gartencentern, die hohen Glasdecken, die wunderbaren Pflanzen. Ich würde dort am liebsten übernachten wollen!" Ich kann Stunden lang an den wunderbaren grünen Schönheiten vorbeilaufen.
Es ist mir zu still im Auto. Er ist zwar ein hübscher Fahrer, aber ich brauche einen Lückenfüller und wenn ich keine Informationen von ihm erhalte, muss Musik her. Sein Auto wird mir als verbindendes Gerät angezeigt. Ein kurzer, verstohlener Blick zu ihm und schon bin ich mit dem Auto verbunden. Jetzt nur noch meine Playlist aufrufen und ausgerechnet jetzt spielt die Melodie von Suraj Hua Maddham. Eigentlich liebe ich das Lied, aber gerade werde ich verlegen. Erstens, weil mir die Konsequenz, dass er das Lied hört, erst jetzt klar wird und zweitens, weil die Melodie schon ein wenig romantischer ist ... oh Gott. Ich schaue aus dem Fenster. "Sie haben einen guten Musikgeschmack", murmele ich. "Dass ich so etwas mal von Ihnen höre, ist eine wahre Ehre. Ich bin nur Beleidigungen gewöhnt." Wenn ich weiterhin so angespannt bleibe, ist die nächste Beleidigung nicht weit entfernt. "Können diese ja vertraglich festlegen", murmele ich und höre ihn daraufhin belustigt aus der Nase atmen. Er sieht dabei sicherlich wunderschön aus, aber ich möchte meinen Blick nicht vom Fenster abwenden, damit ich weder meine Nasenspitze kratzen, noch den Innenraum dieses teuren Wagens mit meinen Hicksern füllen muss.
Wir kommen schnell an und kaum sehe ich das Glasgehäuse von Pflanzen Kölle, springe ich förmlich aus dem Wagen. Dieser Mann hat Geschmack! Und wie! Wir können ja direkt dort heiraten. "Schneller!", dränge ich ihn, weil ich schon fast den Eingang erreiche. Wieso sind alte Männer immer so langsam? "Das Center wird sicherlich nicht wegrennen, Shirin." "Doch, wird es." Ich schwinge die Tür auf, bebe vor Ungeduld. Ich will in diesen Dschungel eintauchen und am liebsten hier meine Arbeit verrichten, statt im öden Büro. Als dann auch er endlich zu mir stößt ... oh, wie nett. Er hält mir jetzt die Tür auf. Am liebsten würde ich daran heruntergleiten und dramatisch zu Boden fallen, aber ich muss standhaft bleiben. Daher stolpere ich einmal, nachdem ich ein dankendes Nicken ansetze, schaffe den restlichen Weg aber gesund und ohne Beinbruch in meine Oase. Wunderschön. So viele wunderbare Erscheinungen. Die wunderbare Calathea orbifolia sticht mir als allererstes ins Auge und oh! Die varigierten Arten und die süßen kleinen Sukkulenten und hach! Hier könnte ich wunderbar schlafen.
"Haben Sie schon etwas entdeckt?" Ich drehe mich voller Euphorie zu meinem Chef, der sich gerade vor eine Bergpalme stellt. "Die sind pflegeleicht und sie wirken exotisch. Ich habe auch eine." "Ist nicht meins." Oh ... okay. Bergpalmen sind eigentlich ganz tolle Wesen, aber er ist nun mal ein bitterer Kaffeetrinker. Das ist ein ausschlaggebender Faktor, den ich nicht vergessen darf. Eigentlich wäre Efeu gut für ihn, aber wenn ich ehrlich bin, passt es nicht zu meinem Chef. Es muss etwas Elegantes und Imposantes sein. Hängepflanzen wären da eher etwas für mich. Aber dieser Drachenbaum! Ich stelle mich begeistert zu dem hübschen, großen Ding, schaue abwartend zu dem sprechenden, hübschen, großen Ding. "Der passt zu Ihnen. Die Dinger sind pflegeleicht und luftreinigend." Außerdem ragen drei hübsche Stämme, einer größer als der andere, aus der Erde. "Mir gefällt der Topf aber nicht." "Der bleibt ja auch nicht so. Sie müssen sich noch einen Übertopf holen." Armer, naiver Mann. Er muss noch viel lernen und dabei hat er schon fast die Hälfte seines Lebens mit bitterem Kaffee verschwendet. Er betrachtet den Drachenbaum ein wenig von links und von rechts, holt aber dann einwilligend einen großen Wagen für das hübsche Ding und Gott, sieht er gut aus, als er sie anhebt. Ich wünschte, er würde es mit mir machen.
"Die Glücksfeder ist auch schön." Ein wenig kleiner, aber in seinem riesigen Büro hat er genug Platz. "Mir gefällt der Topf nicht." "Der macht es doch gerade so schön." Also mir gefällt der korbartige Übertopf. Der ist süß. Der hat Charakter, aber mein Chef ist ja so trocken wie seine Vorlieben. Na gut, wir haben ja noch genug Pflanzen. "Was halten Sie von dieser hier?" Er zeigt auf die hochgewachsene Efeutute mit Moosstab. Ein Klassiker, wenn auch oft in Einkaufszentren und in Büros sowie Fluren von Institutionen und Lobbys gesehen. Kann man machen, für mich aber echt nichts Besonderes. Da ich ihn aber nicht verletzen, sondern ermutigen will, nicke ich begeistert. Hübsch ist sie ja dennoch. "Eine typische Chefpflanze." "Chefpflanze?" Seine dunkle Augenbraue hebt sich. "Ja", antworte ich, als ich meine Arme vor meiner Brust verschränke. Ein weiterer Blick zur Pflanze bestätigt es mir noch einmal. "So etwas findet man oft in solchen Gebäuden wie unserem." Daraufhin schaut er wieder zur Efeutute und nickt einmal. "Gut. Wir können weiter." Moment mal, wieso nimmt er sie nicht? "Wollten Sie die Pflanze nicht?" "Ich will sie nicht mehr." Oh ... Gott, ist er schnuckelig, wenn er trotzig wird. Wie ein alter, beleidigter Opa, nur merkt man ihm nichts an. "Warum?" Ich latsche ihm nach, als er weitergeht. "Ich will eine besondere Pflanze." Er möchte eine besondere Pflanze. Mein Herz flattert bei dieser weisen Aussage.
"Wir werden eine finden, die besonders ist", erwidere ich leise. Leise, weil ich verträumt und berauscht von dieser Intention bin. Ich finde es wunderschön. "Ich habe da, ehrlich gesagt, eine im Sinn. Nur weiß ich nicht, ob diese für Anfänger geeignet ist." "Welche denn?" Ich helfe ihm, wenn es Probleme geben sollte. Mein Chef bleibt stehen, bedenkt mich mit einem nachdenklichen Blick, der mein Herz flattern lässt. "Die ... Monstera? Die, die Sie mit mir verbinden." Oh! Meine Begeisterung steigt. "Monstera deliciosa! Ja! Das ist eine tolle Pflanze und pflegeleicht. Kommen Sie! Ich weiß, wo die sind." Damit nehme ich seine Hand und ziehe ihn hinter mir her. Noch nie war ich so sicher und so schnell auf hohen Absätzen, aber mit diesem lebenswichtigen Ziel steigt auch die Selbstsicherheit dafür. Dem Wagen wird schon nichts passieren. Da ist die klassische Schönheit! "Das ist eine sehr gute Entscheidung. Fällt Ihnen eine besonders ins Auge?" "Ich denke, Sie haben ein besseres Auge dafür." Ich soll seine Monstera aussuchen? Wenn das kein Liebesbeweis ist, weiß ich auch nicht. In meinem Bett werde ich deshalb auf jeden Fall strampeln.
Ich ziehe ihn näher zu den verschiedenen Arten und Größen der Pflanze. Die varigierten Monstera lassen wir zurück, so wunderschön sie auch sind. Wir fangen mit einem Klassiker an. Sie sind alle so wunderschön und jetzt will ich auch eine Monstera in meinem Bad haben. Vielleicht schleife ich Miran - meine Pflanze - ja vom Wohnzimmer ins Bad. "Wie wäre es mit dieser?" Sein wunderschöner Zeigefinger zeigt auf eine größere Art mit drei kleineren Trieben. Sie gefällt mir. Ja, das wird sie. Ich drücke aufgeregt seine Hand. "Sie entwickeln langsam einen guten Geschmack", lobe ich ihn, als ich zu ihm aufschaue. Dass er meinen Blick erwidert, hätte ich nicht gedacht, aber irgendwie ... ich ziehe die Schultern verlegen an, auch wenn es nur wenige Millimeter sind. Jetzt schäme ich mich. Und erst jetzt realisiere ich so richtig, dass wir Händchen halten. Ich möchte loslassen, aber es fühlt sich so toll an und seine Hand ist so groß und warm und weich und er lässt ja auch nicht los, aber er ist mein Chef, aber weil er doch mein Chef ist, muss er loslassen und ... ich brauche Luft. Das Ganze wäre so viel einfacher, wenn er mir jetzt einfach einen Heiratsantrag machen würde.
Gott! Es ist so warm hier! Ich bekomme Angst, dass meine Hand in seiner schwitzt. "Also gut, dann nehmen wir die Pflanze. Die ist sehr schön und passt perfekt in Ihr Büro." Damit schaffe ich es, mich aus seinem wunderbaren Griff zu lösen, um die Monstera zu nehmen. Meine Hände zittern, als ich den gut befüllten Topf nehme. Mein Herz rast seinetwegen. "Es gibt auch schwarze und graue Übertöpfe. Ich empfehle aber die in Erdtön-, AH!" Ich hasse und liebe meine Beine dafür, dass sie sich zu langsam bewegen und ich deshalb durch ihre Kreuzung gegen ihn falle. Mein erster Reflex ist es, die Pflanze zu schonen, doch die Konsequenz ist, dass meine Nase volle Kanne gegen seine wunderbar duftende Brust knallt. Aber wenigstens halten mich seine Hände fest. "Au", murmele ich. Gott, tut das weh! "Alles in Ordnung? Sie sind mit der Nase aufgestoßen, oder?" Ja. Ich nicke wehleidig, als ich zu ihm aufblicke. In meinen Augen haben sich deshalb Tränen gebildet und an meinem Nasenansatz herrscht ein unfassbarer Druck. "Wie hart ist Ihre Brust?", murmele ich nasal. Das ist ja ein Stein! "Haben Sie starke Schmerzen?" Warum klingt und schaut er so verdutzt? Sieht er seine Brüste nicht? "Bloß nicht so bescheiden sein." Ich rümpfe mir meine Nase, in der Hoffnung, so den Druck davon zu nehmen.
"Ich muss Sie wohl extra versichern lassen. Mit Ihnen kommen sehr viele Unfälle einher", sagt er, als er mir die Pflanze abnimmt. Wenn Sie mich heiraten, können wir das arrangieren. Aber das sage ich ihm nicht. Stattdessen trotte ich zu unserer anderen Pflanze. Mich überkommt das Gefühl des Schwindels langsam. Das Ganze wirkt nämlich wie ein Fiebertraum auf mich. Ich muss mich an den Griffen festhalten und tief durchatmen. Alles ist gut. Total gut. Ich habe das Gefühl, dass sein Parfüm an meiner Nase klebt. "Ist alles in Ordnung, Shirin? Sollen wir zum Arzt?" Ich spüre seine große, warme Hand an meinem Schulterblatt und am liebsten würde ich mir den Kopf aufschlagen, damit er mich weiterhin so berührt. "Ja, geht schon", murmele ich berauscht. "Sicher? Wollen Sie sich setzen?" Mir kommt ein verbotener Gedanke auf, den ich aber unterdrücke. Zuhause kann ich davon schwärmen, aber nicht, wenn seine Hand mich noch berührt. "Alles gut. Sind Sie fertig? Möchten Sie sich noch etwas umschauen?" Noch traue ich mich nicht, ihn anzusehen, aus Angst, mir gleich wirklich die Nase zu brechen. "Ich bräuchte noch einen Übertopf für die andere Pflanze." Okay, gut. Hier gibt es ganz viele.
Ich steuere schon auf die Übertöpfe zu, als ich ganz laut nach Luft schnappe. Er ist wunderschön und steht seit langer Zeit auf meiner Liste. "Alles in Ordnung?", höre ich ihn hinter mir besorgt fragen. "Ja", hauche ich. Absolut. Mir geht es blendend beim Anblick dieses wunderschönen Philodendrons. Er ist pink. Ein Pink Princess Philodendron. Ich will. Ich ihn haben. "Ich muss ihn haben." Und es ist nur ein einziger hier. Wahrscheinlich, weil niemand seine Schönheit übertreffen kann. Er ist noch klein, deshalb kostet er auch noch 25 Euro, aber er muss mir gehören. Ich nehme ihn schon voller Freude in die Hand, gluckse erfreut, als mir die jugendlichen, rosa Panaschierungen auffallen, als ich dann leider realisiere, dass ich meine Tasche nicht mitgenommen habe. Nein. Mein Chef schaut mich schon fragend an und schüttelt deshalb hübsch seinen Kopf. "Ich muss die Pflanze reservieren, wenn es möglich ist. Ich habe mein Portmonee nicht dabei." Beinahe fängt mein Herz vor Stress an zu rasen. Ich will diese Pflanze. "Ich hole sie Ihnen." Jetzt rast mein Herz wirklich. Für einen kurzen Moment habe ich sogar das Gefühl taub zu sein. Ich sehe nur ihn, als ich mich gänzlich umdrehe und mit jeder Sekunde, die ich weiterhin in seiner Nähe bin, verliebe ich mich nur noch weiter in ihn.
"Heirate mich."
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