Kapitel 11
Mir bleibt die Luft weg. Ich kann weder meinen Ohren noch meinen Augen trauen, als sie seine Stimme und seinen Arm wahrnehmen, der die Aktionspaddel hochhält. Mein Chef bietet 100.000 Euro für einen Tanz ... um mich zu retten. Er hat es verstanden. Er hat mich doch nicht fallenlassen. Der Aufruhr ist groß. Narin schaut ihn mit aufgerissenen Augen an, einige pfeifen, aber alle sind sich einig, dass diese Summe einen großen Applaus wert ist. Ich darf atmen. Ich darf wieder atmen. Ich muss nicht mit einem Mann tanzen, den ich nicht kenne. Es ist nicht zu beschreiben, wie dankbar ich ihm bin. Für diese Tat begrüße ich meinetwegen die gesamte Welt. Er weiß gar nicht, wie sehr er mir damit geholfen hat. "Die großen Zahlen sorgen für eine genauso große Aufregung. Auch mein Herz schlägt fiebrig mit", kommentiert der Conférencier. Ich wünsche mir nichts Sehnlicheres, als seinen Sturz von der Bühne. "Die Nummer 34 gegen 40. Wer pokert mehr?" Gott! Ich halte es mit ihm nicht mehr aus! Ich will ihn von der Bühne stoßen. Dass sich der ältere Mann plötzlich verlegen über seine rote Stirn fährt, will ich gar nicht mitbekommen. Dieser dämliche Moderator soll mich endlich an meinen Chef verkaufen! Ich halte das nicht mehr aus. Mir ist schwindelig. Ich muss mich hinsetzen.
"100.000 für die schöne Dame in Grün zum Ersten." Es reicht mir! Dass dieser dumme Mann es in die Länge zieht, passt nicht mehr in mein Geduldskontingent. Ich trete näher zu ihm heran, lasse dabei unauffällig meine Hand zu seinem Rücken fahren, um einmal fest reinzukneifen. Sein Glück, dass er nicht kreischt, sondern nur zuckt. Ich lasse nicht los. Im Leben nicht. "Zum Zweiten, zum Dritten! Verkauft an den Gastgeber höchstpersönlich!" Ich bin fix und fertig. Der Applaus ist viel zu laut für meine sensiblen Ohren. Ich muss runter von der Bühne und als würde mein Chef es verstehen, kommt er auf mich zu ... und er trägt eine grüne Krawatte. Oh ... mein Herz. Ich höre wieder Geigen. Er trägt eine grüne Krawatte als perfektes Gegenstück zu meinem Xeftan. Oh Mann, ich weine gleich wieder los. Das wird mir wirklich zu viel jetzt. Ich warte nicht, bis er zur Bühne kommt, sondern bin schon dabei, voller Schwindel die Treppen hinabzusteigen. Mir geht es wirklich nicht gut. Mein Herz rast immer noch. Mir ist so schlecht, dass sich vermehrt Speichel in meinem Mund ansammelt. Meine Augen treffen auf seine, die mich so besorgt ansehen. Er sieht, wie schlecht es mir geht. Miran sieht, dass ich nur noch flüchten möchte. "Vorsicht!" Ich halte mich im selben Moment an seinen breiten Schultern fest, als er, die Gefahr erkennend, meine Taille greift.
Ich lasse mich gegen seinen Körper fallen, viel zu schwach, um meine Beine durchzustrecken. Mir geht es nicht gut. Meine Psyche wurde belastet. Ich muss mich hinlegen. "Shirin?" Mir kommt kein Wort über die Lippen. Alles um mich herum verschwimmt. Ich nehme alles so vage wahr, wie durch einen Tunnel. Meine Hände rutschen ab. Ich nehme Narins Stimme und ihre verschwommene Silhouette wahr und wie man nach Ärzten ruft. Mein Kopf rutscht weg, aber starke Arme heben mich an. Er ist es. Ich weiß es. Ich spüre es. Nur fehlt mir jede Kraft, zu reagieren. Und obwohl es ein Mann ist, der mich trägt, fühle ich mich weder bedroht noch belästigt. Nein. Ich verspüre nichts als Schutz und Geborgenheit an seiner Brust. Ich nehme nicht einmal sein Parfüm wahr. Nur, wie sich die Lichtverhältnisse ändern und wie ich auf einen Stuhl gesetzt werde. Wer vor mir hockt, sehe ich kaum. Ich spüre nur leichte Schläge gegen mein Gesicht und wie sich eine weibliche Stimme langsam in mein Bewusstsein vordringt. Ich denke erst es ist Narin, aber es ist die Ärztin, mit der ich vorhin geplaudert habe. Oh Mann, ich will schlafen.
"Sind irgendwelche Vorerkrankungen bei ihr bekannt?" Ihr großer Mann hebt mein Gesicht an und als ich plötzlich ein helles Licht in meinen Augen wahrnehme, zucke ich wacher zurück. "Nein, nur eine Erdnussallergie." Das ist Miran. Meine Augen werden wieder durchleuchtet, aber dann ist es auch vorbei. Jetzt soll ich seinem Zeigefinger folgen. Der ist echt lang. Ich bin ein wenig müde, als ich es tue, aber es klappt. "Sind Sie in der Lage, zu sprechen?" Seine Augen sind hell genug, um mit denen diesen Pupillenreflextest zu machen. Da muss er kein Lämpchen mit sich tragen. Die sind verdammt hell. Kann man die Augenfarbe schon als Gelb betiteln? "Ich will Avocado", murmele ich. Meine Augen schauen den großen Mann flehend an, als würde er mir von irgendwo Avocados holen und damit Guacamole machen können. Ich meine das Ernst, da braucht er nicht zu schmunzeln. "Reflexe sind in Ordnung." "Shirin?" Ich schaue runter zu Dr. Shana, die sich vor mir hingehockt hat. "Hi, ich bin Shana. Wir haben doch vorhin miteinander gesprochen. Erinnern Sie sich?" Ja, das tue ich. "Woher ist Ihr Lippenstift? Der ist toll." Ich schlafe gleich ein. "Danke, der ist von NYX. Copenhagen heißt er." Copenhagen. Das merke ich mir. "War in eines der Gänge irgendwo Erdnüsse vorhanden oder Spuren davon?" "Hättest du dann nicht auch reagiert?", fragt ihr Mann sie. Oh, noch eine Gemeinsamkeit. Dr. Shana und ich sind beide stark gegen Erdnüsse allergisch.
Mein Blick gleitet zu Miran, der auf der Wasserflasche herumdrückt und sie mir sofort hinhält. Das habe ich nötig. Ich muss sie nicht einmal aufschrauben und an meinen Mund halten, weil er es für mich übernimmt und oh Mann, ich höre wieder Geigen, als er mein Kinn dafür vorsichtig anhebt. "Ich kläre das schon. Das ist die Schuld des Conférenciers. Sie ist in Panik verfallen." Das ist das leckerste Wasser der Welt, so viel steht schon mal fest. "Können Sie bitte nur kontrollieren, ob alles bei Ihr in Ordnung ist?" Nach diesem Wasser und seinen tollen Fingern unter meinem Kinn geht es mir schon viel besser. Ich setze die Flasche wieder ab. Mein Kopf fühlt sich immer noch so schwer an, aber Miran hat sicherlich nichts dagegen, dass ich meinen Kopf gegen seinen Bauch fallen lasse. Er ist so kuschelig. "Sie ist ansprechbar, kommt langsam wieder zu sich, ihr Puls ist ein wenig erhöht, aber das legt sich auch gleich schon wieder. Sie wirkt nur ein wenig blass. Wenn es hier etwas Süßes geben würde, würde sie sich sicherlich schneller aufrappeln." "Mögen Sie Schokolade?", fragt Miran mich. Ich nicke, aber ich will gerade keine Schokolade. "Ich will Sushi", murmele ich. Dr. Shana schmunzelt deshalb schon. "Sushi ist da sicherlich sogar besser." "Wo findet man hier schnell Sushi? Ich kenne mich in Blankenese nicht aus." Narin fährt sich gestresst über ihre Stirn. "Ich mache das." Aber sein Bauch ist gerade so gemütlich.
Miran hält mich an den Schultern fest, bis Narin sich zu mir gesellt und mein neues Kissen wird. Ich winke ihm nur müde hinterher, als er Bescheid gibt, gleich zurück zu sein. "Dieser Moderator wird sehen. Ich war im ersten Moment total verwirrt. Ich dachte, er will erst seinen Teil vortragen und hat dich deshalb zurückgeschoben. Aber als er dich dann zu einem der Preise gemacht hat und ich gesehen habe, wie panisch du wurdest, wurde ich panisch. Es tut mir so leid, dass ich nicht helfen konnte." Narin drückt mich fest an sich, fährt mir liebevoll durch mein Haar und gibt mir einen Kuss auf die Stirn. Wenn ich wieder daran denke, dass es anders hätte ausgehen könnten, erschaudere ich. "Angst vor Fremden?", fragt mich Dr. Shana. Ich schüttele den Kopf. "Schlechte Erfahrung am Arbeitsplatz und ... Angst vor fremden Männern." Ihr Blick wird weich. Sie hält sofort meine Hand und das reicht mir schon, um gleich zu weinen. Dann wendet sie sich zu ihrem riesigen Mann. "Raus mit dir." Und er tut es, ohne Wenn und Aber. Das ist echt lieb von ihm. Vor ihrem großen Mann hatte ich aber keine Angst. Aber es ist trotzdem sehr nett, dass er das respektiert. Ich schaue mich im Raum um. Ist das nicht der Ort gewesen, wo ich das knutschende Paar ertappt habe? Wo ich vor Miran weggerannt bin? Dem ich eigentlich aus dem Weg gehen wollte und bis gerade an seinem Bauch gelehnt war?
"Findest du es komisch, dass unser Chef mich gekauft hat?" Ich hoffe, Narin denkt nicht falsch von mir. "Er hat dich gerettet und nicht gekauft. Er hat sich einen Tanz für 100.000 gekauft." "Ach, er war das?", keucht Dr. Shana jetzt. "Waren Sie zu der Zeit am Schlafen?", murmele ich und sie lacht. "Ich war total abgelenkt. Mein Mann ist eine kleine Dramaqueen. Den musste ich erst aufmuntern. Die Auktion habe ich nur halbwegs mitbekommen." Ach so. Die Atmosphäre ist gerade so kuschelig. Das komplette Gegenteil zur Hölle auf der Bühne. Ich genieße das Tätscheln beider Frauen. "Aber es ist doch nett, dass der Chef höchstpersönlich 100.000 für einen Tanz zahlt." Oh nein, wieso muss Dr. Shana jetzt grinsen? Nicht vor Narin! "Vielleicht zieht er es ja von meinem Lohn ab", murmele ich verlegen. Mir wird ganz heiß. "Ich glaube nicht", erwidert sie schmunzelnd. "Das ist ein guter Fang. Nehmen Sie sich direkt den Chef. So einen finden Sie kein zweites Mal. Ein Mann, der ohne zu zögern 100.000 Euro zahlt? Das sind die Ansprüche, die man als Frau haben darf und soll." Ja, aber ... oh Mann. Ich bin verknallt in meinen Chef und ich war noch vor Minuten sauer auf ihn, weil er gemein zu mir war und meine Gefühle wegen einer Krawatte verletzt hat, die er jetzt doch noch trägt. Und diese Ärztin macht mich nervös! Wie schafft sie es, mir so lange in die Augen zu sehen?
Ich bin so froh, dass es an der Tür klopft und ich seine hellblauen Augen sehe und oh Gott! Sushi! Ich werde sofort wacher und sobald ich die schöne, grüne Farbe seiner Krawatte sehe, bin ich viel vitaler. "Ich habe Ihnen auch ein Getränk mitgebracht. Orange-Zitrone." Und schon wieder höre ich Geigen in meinem Kopf. Wie kann man sich nicht in ihn verknallen? "Gut, dann ist meine Arbeit erledigt." Dr. Shana erhebt sich, ohne ihr Schmunzeln zu verlieren, das mich erröten lässt. Oh Gott, sie macht alles so offensichtlich! "Sollte noch etwas vorfallen, finden Sie uns an Tisch 23", wendet sie sich an Miran, der ihr zunickt. "Vielen Dank." Er öffnet mir sogar das Sushi und die Papierverpackung der Essstäbchen. Oh! Thunfisch mit Gurke und Avocado in Reis mit Sesam! Das ist gut. Das ist wundervoll. "Schaffen Sie das allein? Oder fühlen Sie sich noch zu schwach?" "Das geht schon." Wenn er mich weiterhin so besorgt ansieht, füllt sich mein Kopf für die nächsten sechs Jahre mit genug Blut, um mein Gehirn zu versorgen. Er ist plötzlich so anders. Nicht, wie im Restaurant, als ich ihm die Farbe gezeigt habe und nicht, als er mir hinterhergekommen ist. Aber vielleicht ist er auch nur so besorgt, weil es sonst versicherungstechnisch Probleme geben wird oder weil meinetwegen etwas auf dem Ball schiefgelaufen ist oder er jetzt Probleme mit der Diskretion hat, weil er seine Assistentin für 100.000 Euro gekauft hat.
Aber ich schiebe die Seite beim ersten Happen Sushi zur Seite. Das ist qualitativ hochwertiges Essen! "Man hätte sowas servieren sollen und nicht dieses trockene Etwas", murmele ich. Da esse ich zum ersten Mal Helal-Steak und es schmeckt nach nichts. Aber diese Kreation aus Reis und Thunfisch und Gurken und Avocado mit Sojasoße ist ein Geschenk des Himmels! Es fehlt nur noch Mayonnaise. Dann wäre es wirklich perfekter als perfekt. "Wieso hat dieser Vollidiot sie nach hinten geschoben?", fragt Narin Miran, der daraufhin gestresst seufzt und oh ... er sieht schon hübsch dabei aus. Mir gefällt es, dass eine Hand über seine Stirn fährt und die andere an seiner Hüfte liegt. So sieht er aus, wie ein hübscher, gestresster Chef. "Ich regele das. Genug dazu jetzt. Geht es Ihnen besser, Shirin? Brauchen Sie noch etwas?" Vielleicht eine Umarmung und eine Entschuldigung, dass sie so gemein zu mir waren. Und Edamame und Süßkartoffeln wären auch gut, wenn ich darüber nachdenke. Ich schiele auf seine grüne Krawatte und dann in seine hübschen, hellen Augen, nur um nachträglich die Augenbrauen zusammenzuziehen - als Zeichen dafür, dass ich immer noch sauer bin, obwohl ich ihm schon längst nach seiner großzügigen Spende, Kauf - was auch immer - verziehen habe.
"Sie können ruhig gehen. Vielleicht müssen Sie noch jemanden begrüßen oder so." "Die Auktion ist im vollen Gange. Ich denke nicht, dass man uns vermisst", erwidert er. Vermissen Sie mich manchmal? Ich bin so froh, dass er meine Gedanken niemals hören wird - sobald ich sie nicht ausplappere. Das Sushi ist echt gut und der Saft ist auch toll. Ich verputze es innerhalb weniger Minuten und fühle mich schon viel besser. Ein Schläfchen wäre jetzt die perfekte Krönung. "Wann darf ich nach Hause?", frage ich. Der Tag hat mir meine Kräfte genommen. Ich hoffe der Typ auf der Bühne findet heute keinen Schlaf. "Auf dich wartet noch ein Tanz." Was redet Narin da? Doch nicht vor unserem Chef! Ich schaue sie murrend an, während meine Wangen glühen. Wieso grinst sie so? Das ist nicht lustig! "Geh du doch tanzen." "Der Arzt war schnuckelig, aber leider ist er verheiratet. Ich gehe mir mal einen suchen." Das ist nicht ihr Ernst! Ist sie wahnsinnig, dass sie so offensichtliche Anspielungen macht? Doch nicht vor unserem Chef! Das halte ich heute nicht aus. Gleich falle ich wieder hin und dann fällt vielleicht die Sojasoße aus dem Tütchen auf mich und dann ... jetzt bin ich allein mit ihm. Sie hat mich tatsächlich verlassen.
Und jetzt sitze ich hier mit einer leeren Sushi-Dose auf meinem Schoß. Weil es mir so unangenehm ist, trinke ich einfach den Rest des Erfrischungsgetränks. Laut. Mein Schlucken ist unverschämt laut und jetzt knistert auch noch die Flasche! Egal. Ich trinke einfach weiter. Das ist besser als zu reden, aber jetzt habe ich alles ausgetrunken und oh Mann, ich habe zu viel Gas im Bauch. Ich stoße gleich auf. Ich hoffe nur, dass es nicht in Kombination eines Hicksers kommt. "Sie können mir die Summe vom Lohn abziehen", murmele ich schüchtern. Statt ihn anzusehen, mustere ich die Flasche. Ein Biogetränk also. Interessant. Nur 35 Kalorien. Auch gut. "Danke für das Angebot, aber das werde ich nicht tun." So viel verdiene ich auch gar nicht. "Die Farbe scheint ja doch nicht so schrecklich zu sein." "Sie ist gewöhnungsbedürftig." "Wollen Sie mir damit sagen, dass ich in dieser Farbe hässlich aussehe?", fahre ich ihn an. Muss er sich erst an mich in dieser Farbe gewöhnen? "Keineswegs", erwidert er ruhig und gefasst wie immer. Außer vorhin, als er die Wasserflasche in der Hand hatte. "Wieso haben Sie die Farbe doch gewählt?", frage ich kleinlaut. Er soll ruhig anhand meiner Stimme wissen, dass ich noch sauer und traurig bin. "Ist ja schließlich eine Sache der Diskretion", füge ich voreingenommen hinzu, woraufhin ich ihn seufzen höre.
"Ist das jetzt wirklich von Relevanz? Sämtliche Mitarbeiter haben mitbekommen, dass ich einen Tanz mit Ihnen ersteigert habe." Da fehlte doch auch jegliche Spur der Diskretion. "Fürchten Sie sich etwa davor, dass Ihre Mitarbeiter Ihnen eine Ansage machen?" Ich verstehe es einfach nicht. Er ist der Chef. Kein Schwein wagt es, ein schlechtes Wort über ihn zu verlieren. Wieso hört es bei der Farbe der Krawatte dann auf? "Nennen Sie es Irrationalität. Es tut mir leid, falls ich Sie im Restaurant verletzt habe. Das war nicht meine Absicht." "Wirkte aber so", murmele ich nachtragend. Ich bin immer noch verletzt deshalb. Seinetwegen habe ich lange geweint. "Shirin." Er hockt sich zu mir hinunter und heute sehe ich zum ersten Mal Aufrichtigkeit in seinen hellen Augen. "Belasten Sie sich nicht weiterhin damit. Schließlich ist es doch so gekommen, wie Sie es wollten." "Ja, aber Sie waren trotzdem gemein zu mir." Aber wenn er mir so lang in die Augen sieht, schmelze ich doch dahin. Ich muss aber hartnäckig bleiben! "Und Sie haben mich abgemahnt." "Kam je ein Brief nach Hause?" Ich blinzele daraufhin verwirrt. Ihm war bewusst, dass kein Brief ankam? "Was meinen Sie?" "Irrationalität, Shirin. Ich war ein wenig entrüstet durch die plötzliche Diskussion. Die Abmahnung gilt nicht, solang sie nicht postalisch an den Empfänger gesendet wurde. Lassen Sie uns das Ganze doch bitte vergessen."
Er hat es nie abgesendet. Er hat es gar nicht ernstgemeint. Und die Diskussion hat ihn auch getroffen! "Lassen Sie uns doch damit bitte abschließen. So ist es doch viel angenehmer oder nicht? Das Arbeitsverhältnis leidet nur darunter." Da hat er recht. "Oder sagen Sie das nur, weil Sie Ihren Kaffee wollen?" Das kann gut möglich sein. Für einen Moment erstarrt er in Fassungslosigkeit. Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, aber dann sehe ich seine Mundwinkel zucken. "Nein. Sind Sie immer so paranoid?" Will er mir damit etwas sagen? Ich kneife die Augenlider feindlich zusammen. "Haben Sie etwas zu verheimlichen?" "Nein. Sie etwa?" Ich bin in Sie verknallt! Ich denke verstörend oft an Ihren Schoß und Ihre warme Brust und träume von einem weiteren Bollywoodabend mit Ihnen und wie ich mich wieder an Sie kuschele. "Nein", antworte ich stattdessen nur. Das ist nichts, was ihn anzugehen hat. Ich schiele wieder auf seine Krawatte, die so schön im Licht schimmert. "Steht Ihnen." "Danke. Die Farbe schmeichelt Ihnen ebenso." Sie schmeichelt mir. Er sagt, mir schmeichelt sie Farbe. Dabei weiß er nicht, dass er mir noch mehr schmeichelt mit seinem hübschen Mund und seinen hübschen Augen und seiner hübschen Stimme und seinem hübschen Gesamtbild.
"Ich habe zwei Sushi-Restaurants gefunden, die sich interessant anhören. Beide bieten Helal-Fleisch an." Ich hoffe, mein Gesicht wird nur warm und nicht rot bei der Ansprache. Ich möchte echt gern mit ihm essen gehen, so aussichtslos es auch ist, mit meinem Chef zusammenzukommen. Vielleicht überzeugt ihn das Sushi ja, auch wenn er gerade kein Wort von sich gibt, sondern weiterhin stumm vor mir hockt. "Also, nur wenn Sie möchten. Aber die haben sich echt gut angehört und besitzen sicherlich bessere Preise als der Schnöselladen, wo Sie extrem gemein zu mir waren, aber wenn Sie nicht möchten, dann ist das in Ordnung und ich werde nie wieder etwas vorschlagen, aber es wäre sicherlich schön und ich bin eigentlich richtig toll. Daher sollten Sie sich diese Chance nicht nehmen-," "Shirin?" "Ja?", piepse ich. Gott, es ist plötzlich so heiß hier? Gibt es hier keine Fenster? Mein Muttermal juckt. Oh, es juckt so sehr, dass ich nicht anders kann, als es mir zu kratzen. Lächelt er, weil er sich über mich lustig macht? Würde er dabei nicht so hübsch aussehen, würde, abgesehen von dem lauten Hickser, vielleicht etwas aus meinem Mund kommen. "Ich gehe gern mit Ihnen essen, vorausgesetzt, dass ich Sie einlade." Oh ... das schon wieder. "Aber Sushi ist teuer." "Ich bin mir sicher, dass ich genug Geld für Sushi habe, wenn ich Sie für 100.000 von einem gierigen Mann freikaufen konnte." Ich halte inne. Ja, aber ... trotzdem. Aber er lädt mich ein. Heißt es, dass es keine Diskretion mehr gibt? Ich weiß es nicht, aber ich will mir nicht das Herz brechen lassen und deshalb nachfragen.
"Okay", murmele ich. Wenn er nur hören könnte, wie laut ich im Inneren schreie. Am liebsten würde ich jetzt zu Saajanji Ghar Aaye tanzen, das jetzt in meinem Kopf läuft. Oh Mann, wir gehen Sushi essen! "Gut", setzt er zufrieden an. Das Lächeln steht ihm wirklich. Das sollte er viel öfter tun, statt so grimmig seinen Kaffee zu trinken. "Fühlen Sie sich bereit, zurück in den Saal zu kommen?" Ich schätze schon. Mir geht es viel besser. Ich muss mit keinem fremden Mann tanzen und Narin wird gleich erstmal gezwickt dafür, dass sie mich mit so offensichtlichen Anspielungen alleingelassen hat. "Ja. Solange ich nicht mit einem alten, reichen Schnösel tanzen muss." Er blinzelt leicht irritiert. "Ich mein den anderen alten, reichen Schnösel." "Natürlich", erwidert er verständnisvoll. Puh, da bin ich noch einmal glatt davongekommen. Also gut, dann erhebe ich mich mal. Das tue ich aber vorsichtig und zögernd, weil dieser hübsche Mann immer noch vor mir hockt. Nicht, dass sein Gesicht noch gegen mein Becken stößt. Das fehlt mir noch. Ich halte die Flasche an mich gedrückt. Erst jetzt erhebt er sich und oh Mann, wir sind uns sehr nah. Sehr, sehr nah. Ich vernehme sein frisches Parfüm wieder und er hat eine so hübsche Brust, dass ich mein Gesicht darin vergraben will.
Ich schaue zögernd hoch in seine schönen Augen. Mich faszinieren die dunklen Ringe um das Eisblau so sehr, dass ich mich gar nicht davon losreißen möchte. Mir ist es überhaupt nicht unangenehm, einem Mann so nah zu sein. Das gilt jedoch einzig und allein bei ihm. Ich möchte ihn unfassbar gern berühren und halten. Eine Umarmung. Eine innige, warme Umarmung, weil ich mich so hingezogen zu ihm fühle. Er ist so wunderschön, dass man Lieder über seine Schönheit singen könnte. Bei seiner Größe fühle ich mich beschützt. Es ist ein Leidensspiel, dass ich in meinen Chef verknallt bin. Und noch schlimmer ist es, dass ich die ganze Nacht von seinem Blick auf mir denken werde. So ruhig, so gefasst und doch wirkt es so besonders bei ihm. Als würde er mich vielleicht irgendwo in seinem Herzen genauso toll finden wie ich ihn. Was denkt er? Findet er diesen Abstand zwischen uns akzeptabel? Diskret? Unsere Brust berührt sich selbst, wenn wir nicht einatmen. Es fehlt nur noch, dass er seine große Hand auf mein Kreuz legt und die letzte Lücke zwischen uns füllt. Ich würde es zulassen. Vermutlich würde ich alles zulassen, was dieser Mann an Zuneigungen geben und zeigen würde. Meinen gespaltenen Lippen entflieht kein einziges Wort. Ich halte sogar die Luft an, als er über seine schönen, vollen Lippen leckt. Wie gern ich sie spüren würde. Ich drücke meine Finger manchmal immer noch wegen der Berührung seiner samtigen Lippen im Meetingraum.
Aber all das platzt, als mein lautes Hicksen uns wieder ins Hier und Jetzt zerrt. Wir gehen beide auseinander. Oh Gott. Das war sicherlich nicht diskret! Wieso fallen mir jetzt beide Sachen aus der Hand? Oh Gott, ich muss hier raus! In aller Eile hocke ich mich zur leeren Sushi-Packung und der Flasche, verliere dabei mein Gleichgewicht und ich möchte am liebsten im Erdboden versinken, als ich mich am Becken meines Chefs festhalte, ihn aus Versehen näher an mich ziehe und dieses Mal seinen hübschen Schoß vor mir schweben habe. Seine Hände halten mich zu spät. Ich quietsche verlegen. "Ist alles in Ordnung?" "Alles bestens", wimmere ich. "Lassen Sie mich einfach hier liegen und vor Scham sterben. Das ist völlig in Ordnung." Ich wage es nicht einmal, den Blick anzuheben, aus Angst, ich schaue direkt zwischen seine saftigen Beine. "Ich helfe Ihnen lieber auf." Na gut. Ich lasse mir aufhelfen, aber anschauen tue ich ihn immer noch nicht. Ich hoffe, das zählt noch in den Toleranzbereich der Diskretion. "Geben Sie mir die Sachen. Ich entsorge sie für Sie." "Auf der Flasche ist Pfand. Behalten Sie diese doch." "Wir gehen erst einmal zurück zum Tisch." "Okay", murmele ich, gefolgt vom nächsten, unpassenden Hickser. Das ist nicht gut. Was wäre passiert, wenn mein Zwerchfell mich nur einmal in Ruhe lassen würde?
Im Saal angekommen, herrscht eine ausgelassene Stimmung. Die Auktion scheint vorbei zu sein. Auf der Bühne stehen nämlich keine Frauen mehr, aber dieser Typ, der bei mir Aggressionen auslöst. "Da nun jeder Mann seine auserwählte Dame hat, beginnen wir mit dem Tanz. Natürlich sind auch all die anderen verehrten Paare eingeladen. Scheuen Sie sich nicht. Je mehr, desto besser." Passender geht es nicht. Wir gehen auf unseren Tisch zu, an dem Narin gelangweilt sitzt und Candy Crush an ihrem Handy spielt. Erst, als Miran die Sachen ablegt, wird sie aufmerksam und selbst jetzt wagt sie es, frech zu grinsen! Ich schaue sie warnend an. "Herr Chef, Sie haben sich doch eine schöne Frau für 100.000 gegönnt. Wäre ich an Ihrer Stelle, würde ich jetzt lieber mit Ihr tanzen." "Narin!", knurre ich. Ich war gerade zwischen den Beinen dieses hübschen Mannes, weil meine Tollpatschigkeit kein Erbarmen zeigt. Da brauche ich keine mutige Freundin, die ihren Mund noch weniger halten kann als ich! "Wenn es Shirin unangenehm ist, werde ich sie nicht drängen." Das ist lieb, aber ... ich habe mir ja schon beim Anschauen der Location vorgestellt, wie ich hier tanze ... also ich hätte nichts dagegen. Narin schaut mich schon wissend an. Würde sie ein Kaugummi kauen, hätte ich wahrscheinlich ihr Schmatzen gehört. Ihre Augenbraue hebt sich. "Ein Herr lädt die Dame ein und nicht andersherum. Bleibt weg vom Tisch, sonst schaffe ich dieses Level nicht." Und damit dreht sie sich um.
Ich schaue verlegen zu Miran, der mich abwartend ansieht. Liegt es in meiner Hand, ob wir tanzen oder nicht? Ich weiß nicht. Ich werde gerade ziemlich schüchtern. "Möchten Sie tanzen?" Schon. Ich hoffe, er merkt nicht, wie vernarrt ich ihn bin. "Wenn das okay für Sie ist", antworte ich verlegen. Mir ist schon wieder so schrecklich warm. Mein Nacken wird heute ganz verspannt sein, so oft, wie ich meine Schultern anhebe. "Ich möchte." Er möchte. Er. Möchte. Mein hübscher Chef möchte mit mir tanzen. Und er hält mir sogar seine Hand hin! Das ist die schönste Hand, die ich je gesehen habe. Ich werde mir meine nicht waschen, jetzt, wo ich seine berühren darf. Sie hält meine so fest, so sichernd. Die Wärme gleitet über meinen ganzen Körper. Ich spüre den Boden unter meinen Füßen den gesamten Weg zu den tanzenden Leuten nicht. Der Moment auf der Tanzfläche ist so magisch. Ich fühle mich wie auf Wolken, als er seine Hand auf meinen unteren Rücken legt. In meinem Kopf erklingt nicht die klassische Musik, die jeder hier im Saal wahrnimmt, sondern Main Agar Kahoon. Wir tanzen. Wir tanzen tatsächlich zusammen. Ich weiß nicht einmal, wie man tanzt. Ich lasse mich von ihm führen. Von seinen Händen, die meine Haut nicht verlassen. Unsere Hände ineinander verschränkt zu sehen, ist ein Traum, der wirklich wahr wurde. Sie passt so perfekt zu meiner.
"Ist alles in Ordnung?" Ich komme langsam wieder zurück in die Realität. Hat er mich lange beobachtet? Sah ich dabei komisch aus? "Ja, wieso?" "Sie schauen so wehleidig." "Habe ich geschmollt?" "Ja." Dann war ich offensichtlich verträumt und voller Sehnsucht. Ich winke mit der Hand auf seiner Schulter ab. "Ich war nur in Gedanken." "Und woran haben Sie gedacht?" Oh, das darf er nicht erfahren. Meine Gedanken sind alles andere als diskret. "Nichts." "Nichts?" "Ja, an nichts. Wieso fragen Sie?", will ich unruhig wissen. Hat er irgendetwas erahnt? Ist mein Verhalten zu auffällig? "Aus reiner Neugierde, Shirin. Keine Angst, ich esse Sie schon nicht." Ich Sie aber, Sie hübscher Hübschling. Ich habe das Gefühl, dass sich die Stimmung verändert. Alles wirkt auf einmal so viel intensiver. Ich nehme seine warme Hand auf meinem Rücken viel stärker wahr. Es kribbelt bei der Realisierung, wie nah ich ihm sein darf. Mein Blick senkt sich auf seine Krawatte. Er hat sie wirklich meinetwegen an. Oh Mann, ich kann nicht anders. Ich muss lächeln. "Gefällt Sie Ihnen?" "Das ist die schönste Krawatte, die Sie je anhatten." Sie entspricht exakt der Farbe meines Xeftans. "Ich hoffe doch, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung ist." Ist es. Ich nicke, als ich ihm in die Augen sehe.
"Sie haben mich heute gerettet." Das hat er wirklich und ich bin ihm deshalb bis an mein Lebensende dankbar. Wenn er nicht dagewesen wäre, dann ... ich will gar nicht daran denken, wie viel Angst ich hätte. "Wenn Sie nicht mitbekommen hätten, was mit mir los war, dann ... dann ..." Ich blinzele angestrengt gegen die kleinen Tränchen an, die sich bilden. Es ist nichts passiert. Alles ist gut ausgegangen, aber der alleinige Gedanke an eine potenzielle Gefahr macht mich fertig. "Shirin", setzt er an. Die Hand, die gerade noch meine hielt, legt sich unter mein Kinn. "Es ist alles in Ordnung. Sie sind in Sicherheit und müssen sich nie wieder um Belästigung Sorgen machen. Ich kümmere mich darum." Er kümmert sich darum. Er kümmert sich darum, dass es nie wieder vorkommt. Ich bin ihm so dankbar. So sehr, dass ich ihn am liebsten umarmen würde. Weil ich aber nicht weiß, wie er darauf reagieren wird, lehne ich mich deshalb nur an seine Brust. Ich fühle mich so geborgen. So glücklich. Endlich habe ich jemanden gefunden, der meine Probleme und mich ernst nimmt. "Danke, Miran." "Jederzeit, Shirin." Und damit bewegen wir uns weiterhin in sanften Wogen auf der Tanzfläche. Seine Hände halten mich am Rücken und meine ruhen auf seiner Brust, an die ich geschmiegt bin. Es ist ein Traum, den ich wirklich ausleben darf. Ein Zauber, wie man ihn nur aus Filmen kennt.
Zum ersten Mal darf ich all die ersehnte Wärme spüren, vor der ich mich sonst gefürchtet habe.
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Beschreibt
Shirin
Miran
mit drei Emojis. Ihr kennt es ja.
- Helo
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