Von Neid und Mitleid
Kapitel 11
Von Neid und Mitleid
Ginny konnte sich nicht daran erinnern, als Kind jemals beneidet worden zu sein. Sie hatte sechs ältere Bruder und arme Eltern. Sie wurde nicht beneidet, sie wurde bemitleidet und sie hatte es gehasst. Jedes Mal wenn einer sie mit diesen eigenartigen weichen Augen angeblickte, dann wusste sie was der Andere dachte: Armes Mädchen, alte Klamotten, alte Bücher.
Und urplötzlich war etwas geschehen, dass ihr Leben grundlegend aus der Bahn warf: Tom Riddle, Voldemort hatte ihr ihre Kindheit gestohlen und wie sie fand auch ihre Seele durch seine Anwesenheit beschmutzt und sie schwor sich, dass sie nie wieder bemitleidet werde würde. Sie war vielleicht nicht stark genug gewesen, Riddle aus ihrer Seele fern zu halten, aber sie würde nie wieder zu lassen, dass jemand anderen ihre Handlungen oder Gedanken bestimmte.
Danach war sie selbstsicherer, offener gewesen. Es gab nur einem Menschen, dem sie die wirkliche Ginny damals nicht zeigen konnte: Harry.
Harry hatte genau wie sie auch den Einfluss Voldemorts gespürt, aber er hatte widerstanden, er hatte es geschafft und Ginny war sicher, dass er sie tief in seinem Inneren dafür verachten musste, dass sie so schwach gewesen war, dass er in die Kammer des Schreckens hatte gehen müssen um sie zu retten und dabei selbst fast gestorben wäre.
Erst als Voldemort zurückkehrte und Ginny die Art und Weise sah, wie er jetzt mit seinen Freunden umsprang, die Wut in seinem Inneren, da begriff sie, dass er sie vielleicht nicht verurteilen würde, sondern dass sie einander verstehen konnten. Sie hatten beide in den Abgrund gestarrt, der Voldemort war. Hatten beide das Gefühl ein Stück ihrer Seele preisgegeben zu haben. Wie sehr sie einander in diesem Punkt ähnelten verstand Ginny aber erst, als sie hörte, dass Harry Bilder aus den Augen von Voldemorts Schlange sah. Damals hatte sie ihm zum ersten Mal helfen können und Ginny glaubte heute, dass sie damals Freunde wurden. Er hörte auf der Freund ihres Bruders und sie die kleine Schwester seines besten Freundes zu sein. In dem Moment wurden sie selbst zu Freunden.
Und heute? Heute wurde Ginny Potter nicht mehr bemitleidet, sie wurde beneidet. Und Ginny wusste ehrlich nicht ob das so viel besser war. Sie war reich, berühmt, hatte tolle Kinder, einen großartigen Mann, einen tollen Job. Die Leute erzählten ihr oft, dass sie sie um ihr perfektes Leben beneideten. Besonders in ihrer Zeit als Teenager war sie von vielen Mädchen um ihre Beziehung zu Harry beneidet worden. Glaubten diese Menschen denn wirklich, dass ihr Leben perfekt war? Glaubten sie, dass Reichtum, Macht und Ansehen etwas komplett machten? Glaubten sie, dass es nie Schwierigkeiten, Hürden und Probleme in ihrer Beziehung gegeben hatte?
Ginny liebte Harry, das war überhaupt nicht die Frage, aber kaum jemand machte sich eine Vorstellung davon, wie oft der Retter der magischen Welt vor allem am Anfang noch Nachts im Schlaf schrie, wie oft Ginny dadurch geweckt wurde und dann ihn geweckt hatte oder wie oft die beiden schlaflose Nächte mit reden verbracht hatten, weil sie beiden von Albträumen und Erinnerungen geplagten wurden und Angst vor dem Einschlafen hatten.
Ihre Beziehung, ihre Ehe war nie einfach gewesen, kein Märchen, das einfach in Erfüllung gegangen war. Sie waren beide starke Persönlichkeiten, die schreckliche seelische Narben davon getragen hatten und Ginny wusste überhaupt nicht mehr, wie oft sie sich gemeinsam gefragt hatten, ob es nicht besser wäre sich zu trennen und etwas anderes zu finden, etwas Leichteres.
Aber wenn sie ehrlich waren, dann kam sie immer wieder zum Schluss, dass sie nichts leichtes, einfaches wollte. Sie wollten einander und heute waren sie beide glücklich damit niemals aufgegeben zu haben.
Und als Ginny jetzt auf die vier verschreckten Teenager vor sich sah, fragte sie sich was wohl aus ihnen hätte werden können. Wären Lily und James zusammengeblieben, hätten sie noch einen Haufen weiterer Kinder bekommen und würden jetzt zwischen ihren 20 Enkeln im Garten sitzen? Hätte Sirius jemanden gefunden, mit dem er sein Leben verbringen wollte oder wäre er für immer der charmante, gutaussehende Frauenheld gewesen?
Remus und Tonks, die auf den ersten Blick so völlig unterschiedlich waren und trotzdem nur einander gewollt hatten, wäre Tonks die coolste und peinlichste Mum von allen geworden? Mit kurzen Röcken und pinken Haaren.
Und auch wenn Ginny sich bemühte nicht an Peter Pettigrew zu denken, fragte sie sich doch, was aus ihm hätte werden können. Ehemann, Familienvater?
Ihnen schienen sämtliche Möglichkeiten offen zu stehen und trotzdem bereitete ihr Mann sich gerade darauf vor ihre Träume zu zerschlagen, denn genau in dem Moment, als Sirius zustimmte auf Remus zu warten, kam dieser auch schon durch die Tür, dicht gefolgt von Teddy.
„Hey, was ist los?", fragte Remus und blickte zwischen seinen Freunden hin und her, die ihn verblüfft anstarrten. Remus sah aus, als stecke er die ganze Sache viel besser weg, als sie alle erwartet hätten. Er warf Teddy einen fragenden Blick zu und die beiden setzten sich in solch vertrauter Eintracht auf ein Sofa, dass Ginny sich unwillkürlich fragte, was genau eigentlich zwischen den beiden vorgefallen war.
„Harrison hier", begann Sirius und deutete dabei auf Harry, „wollte mir gerade die Frage beantworten, wieso Lilys und James' Sohn bei Muggeln aufgewachsen ist."
Bei diesen Worten blickte Ginny ihren Mann forschend an. Auf die anderen mochte er ruhig und gefasst wirken, doch sie hatte gesehen wie er bei den Worten seines Paten zusammen gezuckt war. Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, was er gerade durchmachte. Und wie viel es ihn kosten würde, einigen der Menschen, die ihn im seinem Leben am meisten bedeutet hatten die Wahrheit über ihre schreckliche Zukunft, das Ende ihre Träume sagen zu müssen.
Harry blickte niemanden an, er saß nur da und starrte auf seine Hände, während alle ihre Blicke erwartungsvoll auf ihn richteten.
„Also?", bohrte Sirius angriffslustig nach und Ginny hätte ihm am liebsten den Kopf abgerissen. Verstand er denn nicht, dass diese Frage nicht so einfach war? Begriff er nicht, wie sehr Harry unter der ganzen Situation, unter den Erinnerungen noch immer litt? Nein, dachte sie resigniert, wahrscheinlich nicht. Er war noch nichts weiter, als ein Teenager, der das Gefühl hatte sein Lehrer schuldete ihm eine Antwort. Er hatte noch nicht wirklich begriffen was Harrys Aufwachsen bei Muggeln zu bedeuten hatte und vielleicht wollte er das auch gar nicht.
Harry blickte noch immer nicht auf, holte allerdings tief Luft und sagte: „Na gut, dafür muss ich aber ein bisschen weiter ausholen. Es begann alles schon vor meiner Geburt, als Professor Dumbledore auf der Suche nach einem neuen Lehrer für..."
„Stop!", unterbrach Lily ihn plötzlich und sprang auf. Alle anderen im Raum starrten sie verblüfft an, sogar Klein-Remus schien seine Bauklötze vergessen zu haben.
„Lily?", fragte Sirius verwirrt, „Was ist los?"
„Ich... Ich will es nicht wissen.", antwortete Lily plötzlich wieder kleinlaut und lies sich augenscheinlich erschöpft wieder aufs Sofa fallen.
„Was?!", fragte Peter irritiert, „Was soll das heißen: Du willst es nicht wissen?"
„Genau das. Ich will es nicht wissen. Wir werden es sowieso wieder vergessen und... ich will... ich KANN jetzt nicht noch mehr schreckliche Dinge hören. Ich KANN einfach nicht.", müde schloss Lily die Augen und legte ihren Kopf auf den Arm ihres Verlobten.
„Ich bin es so leid.", flüsterte sie so leise, dass man sie kaum verstand, „James' Eltern, Danae... Remus, ich bin das alles so müde. Ich will nach Hause, einfach nur wieder nach Hause."
„Aber Lily..." begann Sirius verblüfft, „Wir müssen doch... wir haben doch ein Recht auf die Wahrheit!"
„Lily hat Recht, Sirius.", stimmte James leise zu, „Wir gehören nicht hierher und die Antworten auf deine Fragen sind nicht für uns bestimmt. Wir sollten es lassen, wir sollten nach Hause gehen."
„Aber James...", setzte Sirius entsetzt an, nur um dann erneut unterbrochen zu werden.
„Lass es, Sirius. Lass es einfach. Bitte!", rief James und Ginny konnte zum ersten Mal sehen, wovon sie schon so oft gehört hatte, nämlich das es nur einen Menschen gab, der Sirius Black bremsen konnte: James Potter.
Sirius starrte James einen Moment lang mit offenem Mund an, dann nickte er knapp und schwieg.
„Und was tun wir jetzt?", fragte Victoire nach einem kurzen Augenblick betroffenen Schweigens.
„Wir müssen irgendwie wieder nach Hause kommen.", antwortete Remus seiner Schwiegertochter und beobachtete sie dabei gebannt, als wolle er alle Einzelheiten über das zukünftige Mitglied seiner Familie in sich aufsaugen.
„Rose und Hugo sind schon losgegangen um ihre Eltern zu informieren, ich bin sicher, dass Hermine sich mittlerweile an die Mysterienabteilung gewendet hat.", informierte Ginny ihren Mann und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er würde später Zeit brauchen um das alles zu verkraften und den Kindern blühte Quidditchverbot bis ans Ende ihrer Tage.
„Und ihr denkt die Mysterienabteiliung weiß Rat?", fragte Peter hoffnungsvoll.
„Sie haben sich in den letzten Jahren sehr mit dem Thema Zeitreise befasst, wahrscheinlich finden sie eine Lösung dafür.", antwortete Teddy ruhig und versuchte dabei den Jungen vor ihm, nicht als den Mann zu sehen, der so viele Leben durch seine eigene Selbstsucht zerstört hatte.
„Und die werden uns einfach so helfen? Ohne, dass es einen riesen Aufstand gibt? Nur weil Sie fragen?", meinte Peter verdutzt und Scorpius gab vom Fußboden her ein amüsiertes Schnauben von sich, dass alle überrascht zu ihm herumfahren ließ. Ginny war sich sicher, dass nicht nur sie die Anwesenheit des Freundes ihrer Tochter völlig vergessen hatte.
„Was war an der Frage so witzig?", zischte Sirius mit zusammengekniffenen Augen, der wohl die Tatsache, dass die Enkelin seines besten Freundes mit einem Malfoy zusammen war noch nicht verkraftet hatte.
Scorpius wurde knallrot im Gesicht, er hatte wohl nicht damit gerechnet so angestarrt und angefahren zu werden und schien sich recht unwohl zu fühlen. Ginny musste ihm allerdings stillschweigend zugestehen, dass er Schneid hatte, denn er reckte angriffslustig das Kinn und sagte: „Ich denke nicht, dass irgendjemand im Ministerium Fragen stellt, wenn Mr. Potter etwas will."
„Ach?", fragte Sirius gereizt zurück und Ginny hatte das Gefühl er hatte Scorpius jetzt offiziell den Krieg erklärt, „Vielleicht hat sich ja in den letzten Jahren eine ganze Menge hier geändert, aber bei uns muss man sich im Ministerium immer rechtfertigen, selbst wenn man dort arbeitet, schuldet man jedenfalls seinem Vorgesetzten Rechenschaft."
Scorpius sah in mit funkelnden Augen an und wollte offensichtlich etwas wenig freundliches erwidern, als auch Albus die Gefahr kommen sah und schnell einwarf: „Das mag ja sein Sirius, aber wenn man keinen Vorgesetzten hat wird das schwierig."
„Aber alle haben einen Vorgesetzten.", antwortete Sirius, bevor er in die ernsten Gesichter der Leute um ihn herum blickte und der Groschen zu fallen schien. „Oh", nuschelte er dann und blickte beschämt zu Boden.
„Ich werde mich mal schlau machen und sehen, was Hermine erreicht hat.", sprach Harry in die Stille hinein und verließ den Raum ohne auf eine Antwort von irgendjemandem zu warten.
„Ich... Ich muss nach dem Essen sehen.", beeilte sich Victoire und stand für eine schwangere Frau beeindruckend schnell und elegant vom Sofa auf, wobei sie Teddy an der einen Hand und den völlig verdutzten James an der anderen hinter sich her zog.
„Ich hab oben noch ein neues Buch für Klein-Remus. Wollen wir das nicht schnell holen gehen?", fragte Lily mit viel zu schriller Stimme und blickte Scorpius dabei eindringlich an. Der beeilte sich zu nicken, nahm das kleine Kind auf den Arm und folgte seiner Freundin hinaus, sodass nur die fünf Zeitreisenden, Albus und Ginny selbst zurückblieben.
„Du meine Güte, das war unauffällig.", bemerkte Remus trocken und sah seine Freunde mit hochgezogenen Augenbrauen an, „Wir müssen ja richtige Stimmungskanonen sein."
„Das ist auch für sie nicht so einfach.", antwortete Albus auf seine gewohnt beherrschte Art und Ginny lächelte bei dem Gedanken daran, wie ähnlich ihr mittlerer seinem Vater manchmal sein konnte.
„Außerdem fürchten sie was unbedachtes zu sagen.", fügte Ginny hinzu und fragte sich insgeheim welche Folgen der heutige Tag noch für ihre ganze Familie haben würde.
„Bestimmt verachtet er uns zu tiefst.", flüsterte Lily völlig zusammenhangslos und blickte Ginny aus weiten, verzweifelten Augen an.
„Wer?", fragte Ginny verdutzt, „Wieso sollte er das tun?"
„Welche Art von Mensch weigert sich die Wahrheit über das Leben seines eigenen Sohnes zu erfahren, nur weil... nur weil er zu feige ist.", antwortete Lily und Ginny bemerkte Tränen in ihren Augen.
„Lily", begann Ginny und stand auf um direkt vor ihrer Schwiegermutter in die Hocke zu gehen um ihr fest in die Augen zu blicken, „Du bist nicht feige. Ich finde dich sogar sehr mutig, dass du nicht auf Antworten beharrst."
„Er muss... er muss ja denken, dass er uns egal ist.", erwiderte Lily mit zitternder Unterlippe und Ginny fragte sich, ob jetzt der emotionale Zusammenbruch kam, mit dem sie eigentlich schon länger gerechnet hatte.
„Nein.", versicherte Ginny ihr, „Sowas würde er nie denken. Ich bin sicher, dass er sehr dankbar dafür ist euch nicht alles erzählen zu müssen. Außerdem weiß er wie das ist, wenn man von Ereignissen so überwältigt wird, dass man eigentlich nur noch ins Bett will. Er versteht es, da bin ich sicher."
„Sirius sagt...", Lily brach ab und holte tief Luft, so als müsse sie sich für das kommende wappnen, „Sirius sagt, dass H... Harry bei Muggeln aufgewachsen ist." Dabei blickte sie Ginny erwartungsvoll und verängstigt zu gleich an und Ginny fragte sich warum sie das nicht eben gesagt hatte, warum sie nicht Harry danach gefragt hatte. Dann plötzlich begriff sie: Lily vertraute ihr, sie hatte sich ihr schon früher anvertraut und sie hoffte auch jetzt nicht auf Ginnys, sondern auf Mias Hilfe. Außerdem brachte sie es wohl nicht über sich die Wahrheit aus dem Mund ihres eigenen Sohnes zu hören, sie brauchte den Abstand und die Anonymität die Ginny ihr wohl eher bieten konnte.
„Ja.", bestätigte Ginny nur. Sie war nicht sicher, ob Lily noch mehr hören wollte und wartete deshalb lieber auf weitere Fragen.
„Oh.", hauchte Lily nur und blickte unsicher auf die vier Rumtreiber, die die beiden Frauen gebannt beobachteten, während Albus anscheinend versuchte so unauffällig wie möglich zu wirken.
Dann plötzlich schien Lily etwas klar zu werden und beinahe panisch griff sie nach Ginnys Hand und umklammerte sie fest. „Nicht. Nicht meine Schwester, oder? Nicht Petunia."
Ginny starrte sie einen Moment lang überrascht an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Lily von selbst auf den Gedanken kommen würde und wusste jetzt nicht, was sie darauf sagen sollte. Sie selbst hatte Vernon und Petunia Dursley nie getroffen und kannte selbst Dudley, zu dem Harry ein etwas besseres Verhältnis zu haben schien, nur oberflächlich, wenn Lily jetzt Fragen zu Harrys Kindheit stellte, konnte sie sie kaum beantworten, denn Harry sprach kaum jemals darüber.
„Aber sie hat doch... sie hat ihn doch gut behandelt, ja?", fragte Lily mit dunkler Vorahnung in der Stimme. Wahrscheinlich ahnte sie, dass der Neid ihrer Schwester auf alles magische groß war, aber Ginny fragte sich ob sie auch nur erahnen konnte, wie weit diese Abneigung wirklich ging. Ginny konnte förmlich spüren wie die anderen im Raum sich gespannt vorbeugten, sogar Albus, der ebenfalls nicht viel über die Kindheit seines Vaters wusste, wartete ungeduldig auf die Antwort seiner Mutter.
Ginny öffnete den Mund um zu antworten, obwohl sie noch nicht einmal wusste, was sie eigentlich sagen sollte, als Harry den Raum wieder betrat und sagte: „Ja, sie haben mich gut behandelt."
Ginny wusste sofort, dass es eine Lüge war und sie war sich sicher, dass auch Albus das sofort merkte, doch die Zeitreisenden kannten Harry nicht genug um seine starre Maske zu durchschauen. Lily atmete erleichtert aus und lächelte zum ersten Mal verhalten in Harrys Richtung.
Ginny blickte ihren Mann verblüfft an. Er hatte ganz offensichtlich gelogen und das war eigentlich nicht seine Art. Normalerweise sagte er eher, dass er eine Frage nicht beantworten wolle oder, dass die Antwort unwichtig war, aber lügen? Das war ganz sicher nicht seine Art. Doch als Ginny in die erleichterten Gesichter der Zeitreisenden sah begriff sie, dass Harry das einzige getan hatte, was ihm richtig erschien: Er hatte gelogen um seine Eltern vor der Wahrheit zu schützen.
„Hermine sagt, der Zeitumkehrer könne in zwei Stunden soweit sein.", unterbrach Harry ihren Gedankengang und blickte sich dann überrascht um, „Wo ist denn der Rest?"
„Wir haben sie verschreckt.", antwortete James leichthin.
„Zeitumkehrer?", fragte Remus überrascht, „Die wirken doch nur für ein paar Stunden? Außerdem gäbe es uns dann doch zweimal, weil wir ja nicht die vorhandenen von uns einfach ersetzten."
„Man hat in der Zwischenzeit eine andere Art von Zeitumkehrer entdeckt, die es einem auch erlaubt weiter zu reisen.", antwortete Harry ruckig.
„Wirklich?", bemerkte Remus neugierig, „Ich meine mich nämlich zu erinner gelesen zu haben, dass die Forschung auf dem Gebiet der Zeitumkehrer eingestellt wurde, da das Ministerium bereits ausreichend zur Verfügung hatte und deren Herstellung Zeitaufwendig und Kostspielig ist."
Ginny beobachtete amüsiert wie Harry, der kampferprobte Harry, der sich vor nichts und niemandem zu rechtfertigen bereit war, vor Scham rot anlief. Auch Ginny musste bei diesen Worten etwas schuldbewusst grinsen.
„Vor einigen Jahren wurde es... notwendig erneut damit zu forschen.", beeilte sich Harry zu erklären und wollte offensichtlich das Thema wechseln, als Albus hinter ihnen leise anfing zu lachen.
„Wieso sagst du es nicht einfach, Dad? Sooooo peinlich ist es auch nicht, wahrscheinlich wären einige hier sogar stolz.", grinste Albus und schien es regelrecht zu genießen, dass sein Vater im giftige Blicke zuwarf.
„Schön.", zischte Harry und sah ein wenig in die Ecke gedrängt aus, „Man musste wieder anfangen zu forschen, nachdem ein Großteil der Zeitumkehrer im Besitz des Ministeriums zerstört wurden waren."
„Zerstört?", fragte Sirius überrascht, „Wer macht denn sowas?"
„Mum und Dad!", prustete Albus und grinste von einem Ohr zum anderen, „Und all die anderen „Respektspersonen" von heute."
„Ehrlich?", fragte James überrascht, „Wieso denn das?"
Das Grinsen verschwand augenblicklich aus Albus' Gesicht, der offensichtlich nicht daran gedacht hatte, wohin diese Unterhaltung schnell führen konnte. Auch Ginny fragte sich gerade wie sie aus dieser Nummer geschickt wieder heraus kommen sollten, als Albus sich beeilte zu erwidern: „Dad hatte schon immer ein Problem mit Autorität."
Ginny stellte erleichter fest, dass die Zeitreisenden dieses Argument zu schlucken schienen, wahrscheinlich wollten sie sich keine Gedanken über die Alternative machen müssen, aber ihr entging auch nicht, dass Lily und Remus einen skeptischen Blick wechselten.
Mit seinem untrüglichen Gespür für Timing steckte James gerade in diesem Moment den Kopf zur Tür rein und rief: „Victoire hat Essen gemacht und wenn wir es nicht essen, kriegt sie wahrscheinlich einen schwangerschaftshormongesteuerten Wutanfall. Und das kann ja nicht gut für meinen kleinen Neffen oder meine kleine Nichte sein, also kommt ihr besser schnell."
Während alle aufstanden und Richtung Esszimmer gingen, hörte Ginny noch wie Peter Sirius leise fragte: „In zwei Stunden schicken sie uns also nach Hause und dann werden wir was? Alles vergessen?"
„Ja", antwortete James an Sirius' Stelle, „Das werden wir."
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