Kapitel 17 - Josie - endlich ehrlich
Chris stand in der Tür und starrte sie beide an.
Er schien nicht weiter verletzt.
Was hatte man ihm erzählt?
Und wo zum Geier war Levin?
Nihilla hatte nicht wirklich gesprochen.
Josie wusste nur, dass ihr zweiter Bruder ebenfalls hier war, aber weder wo, noch in welcher Verfassung.
Was würde der dunkle Lord mit einem Dessateur machen?
Rettete ihn seine Verbindung nach Frankreich?
Oder der Fakt, dass ihr Vater mit dem Anführer der Todesser noch eine Rechnung offen zu haben schien?
Es gab einfach zu viele offene Fragen und viel zu wenig Antworten.
Und jetzt mussten sie Chris Antworten geben.
Er verdiente die Wahrheit.
Sie hatten ihn ohne irgendwelche Informationen hierher laufen lassen.
Jetzt saßen sie hier fest und er hatte keine Ahnung warum und wofür.
Aber damit musste jetzt Schluss sein, er verdiente die Wahrheit.
Sie alle mussten ehrlicher zueinander sein.
Denn vielleicht hätten sie das hier verhindern können, wenn sie einander vertraut hätten.
Aber gut, ihre Lebensgeschichte hatte sie ihnen ja auch nicht erzählt.
Vor irgendetwas hatten sie alle Angst und diese Angst mussten sie jetzt einfach überwinden.
Sie hob ihren Blick.
Chris hatte sich keinen Millimeter bewegt.
Er stand immer noch an der Tür und hatte seine Arme vor der Brust verschränkt.
Josie klopfte mit ihrer Hand auf den Sitzplatz neben sich auf dem harten und kalten Stein, doch ihr Bruder bewegte sich fast gar nicht, sondern trat lediglich einen Schritt näher an sie heran.
"Ich möchte erst wissen, wer beziehungsweise was ihr seid und warum wir in diesem verdammten Keller gelandet sind," seine Stimme war hart und irgendwie kalt.
Das kannte sie so gar nicht von ihm.
Was hatten die Todesser mit ihm gemacht?
Doch bevor sie antworten konnte, meldete sich die leise Stimme von Nihilla zu Wort: "Wenn du möchtest das wir ehrlich zu dir sind, dann möchte ich erstmal deine Lebensgeschichte hören. Warum sollte ein Junge wie du sich in die Schottischen Highlands verirren?"
"Das willst du nicht wissen," er hatte den Blick abgewandt.
Aber irgendetwas in seinem Augen machte ihr Angst.
Wer verbarg sich hinter diesem Jungen?
Irgendwie hatte sie Chris in den letzten Wochen nie wirklich kennenlernen können.
Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt und wenn ging es nur um Schule und um Oberflächlichkeiten.
"Da siehst du es. Es ist nicht einfach die Vergangenheit auszusprechen. Selbst wenn man es möchte. Wir haben Geheimnisse voreinander und sie zu teilen ist schwerer als wir denken. Frag was du musst, aber verlange nicht, dass ich dir hier jetzt mein ganzes Leben ausbreite. Ich verspreche, dass ich versuchen werde alles zu beantworten. Dafür beantwortest du aber auch unsere Fragen," da war wieder die Stimme von Nihilla, die leise ihre Gedanken aussprach.
Ja, vielleicht war genau das der richtige Weg.
Ihr Bruder schien einen Moment mit sich zu ringen, bevor er sich, immer noch in einem gebührenden Abstand, vor ihnen niederließ.
Er atmete einmal tief durch, bevor er die Stimme erhob: "Wer von euch ist Nihilla Fox? Also diese Hackerin, ihr wisst schon."
Eine Hackerin?
Natürlich das ergab alles einen Sinn.
Warum sie auf den Namen Fox so allergisch reagiert hatte.
Warum niemand diesen Namen laut ausgesprochen hören durfte.
Und warum sie sich mit Sirius und seinen Freunden verhandelt hatte.
Denn diese vier waren irgendwie hinter das Geheimnis hinter ihren Namen gekommen.
"Ich bin Nihilla," diese Worte zogen sie aus ihren Gedanken.
Ihre Schwester schaute hoch.
Die verschlossene Haltung der letzten Monate schien abgelegt.
Sie waren jetzt also wirklich ehrlich zueinander.
Doch ihre kleine Fragerunde kam nicht weit.
Josie wusste jetzt, dass Nihilla eigentlich aus Wales kam und nie eine krasse Ausbildung in einer Zaubererschule wie Hogwarts erhalten hatte.
Und Chris war ein italienischer Junge, der auf Durmstrang gewesen war.
Aber langsam merkte sie, wie sie um die heiklen Fragen herumschifften.
Sie klärten belanglose Dinge, wie ihre Schulen, aber nicht wer sie wirklich waren.
Vielleicht musste sie einfach den ersten Schritt gehen.
"Warum bist du hier in Großbritannien, Chris," ihre Stimme hallte durch den kalten Kerkerraum.
Für einen Moment hingen die Worte im Raum, bevor er sich zu räuspern begann: "Ich werde in Italien gesucht, als Mörder."
Was?
Sie hatte Chris immer als lieben Jungen erlebt, der wirkte, als könne er keiner Fliege etwas zu Leide tun.
Aber das?
Damit hatte sie absolut nicht gerechnet.
Irgendwie passte das nicht in ihren Kopf und zu dem Bild, was sie von ihm hatte.
Auch Nihilla neben ihr starrte ihn an.
Er wollte seinen Mund öffnen, wie zu einer Erklärung, als die Tür mit einem Klicken geöffnet wurde.
Sie hob sofort den Kopf.
In den Angeln stand eine Gestalt, sie war groß und ihr Gesicht lag im Schatten.
Die Sekunden zogen sich in die Länge.
Niemand schien sich zu rühren.
Das konnte keiner der Todesser sein.
Die wären längst zu ihnen gestürmt.
Vielleicht war es Levin.
Nein!
Auch er hätte schon bei ihnen gestanden und sie umarmt.
Die Gestalt tat einen Schritt nach vorne, bis ihr Gesicht langsam ins Licht kam.
Konnte das sein?
Diese Gesichtszüge, diese Augen, sie kannte diesen Mann.
Sie hatte ihn schon auf so vielen Bildern gesehen.
Der Mann, der eben in ihre Zelle getreten war, war ihr Vater.
"Los kommt, wir müssen hier ganz schnell raus. Sie merken sonst, dass ich mich hier rein geschlichen habe," seine Stimme war tief.
Sie wusste nicht was sie dazu sagen sollte.
Dieser Mann hatte sie die letzten 17 Jahre im Stich gelassen.
Der Tod ihrer Mutter hatte ihn nicht interessiert.
Sie hatte ihn nicht interessiert.
Und jetzt stand er hier vor ihnen.
Aber er war hier um sie zu retten.
Oder nicht?
Er wollte sie hier rausholen.
Warum sollte er sonst in dieser Tür stehen?
Oder er gehörte zu den Todessern.
Nein, das konnte nicht sein.
Levin hatte er erzählt, dass ihr Vater es sich mit dem dunklen Lord verscherzt hatte.
Also musste er ihr Verbündeter sein und nicht der ihrer Feinde.
"Sind Sie der, der ich denke, der Sie sind oder fange ich an zu halluzinieren," diese Worte kamen von Chris.
Der Mann schaute ihn ungläubig an: "Das möchtest du jetzt klären? Ihr müsst schleunigst von hier verschwinden. Aber ja, ich bin euer Vater. Aber keine weiteren Fragen mehr. Ihr verschwindet von hier und ich auch. Er sucht mich schließlich. Deswegen seid ihr doch hier."
Dieser Mann war also wirklich ihr Vater.
Der Mann, den sie schon ihr ganzes Leben gesucht hatte.
Dort stand er nun vor ihr.
Ziemlich lebendig und entschlossen.
Josie stand auf und hielt er ihrer Schwester eine Hand hin.
Nihilla ergriff sie dankbar und zog sich ebenfalls auf ihre noch etwas wackeligen Beine.
Nur der Junge blieb sitzen: "Wir sind nicht hier, weil wir deine Kinder sind. Wir sind hier, weil der da oben einen perfieden Plan ausgearbeitet hat, wie er seine Macht ausbauen möchte und da spielen wir eine Rolle, unabhängig von unserem Vater."
"Dann müssen wir doch erst recht hier raus. Chris jetzt komm schon," ihre Stimme war laut und bestimmt.
Wie konnte er nur so dumm sein und nicht erkennen, dass sie hier in einer wirklich Gefahr schwebten.
Gerade wenn sie etwas mit ihnen vor hatten, sollten sie verschwinden und sich einen sicheren Zufluchtsort suchen.
Nur so konnten sie die Pläne des dunklen Lords durchkreuzen, denn sollte er sie zu irgendetwas zwingen wollen, waren sie in diesem Keller ein deutlich leichteres Ziel, als außerhalb.
Ja, sie mussten es einfach tun.
Natürlich konnten sie hier weiter rum sitzen und darauf warten, dass sie starben, oder sie versuchten dem Mann zu vertrauen, der dort vor ihnen stand.
Josie trat zuerst aus der Zelle heraus.
Der dunkle Gang war weitgehend leer, dennoch drückte sie sich sofort in eine Nische, um sich zu verbergen.
Es dauerte nur wenige Augenblicke und Nihilla stand neben ihr.
"Was meinst du? Können wir ihm vertrauen," ihre Stimme war kaum mehr als ein Hauchen.
Sie schaute in die Augen der Größeren: "Ich habe keine Ahnung."
Und das war die Wahrheit.
Doch war das hier die richtige Situation, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen?
Vermutlich musste sie es tun, aber dennoch geisterte der Gedanke in ihrem Kopf herum.
Natürlich tat er das.
Es wäre ja auch viel zu einfach, wenn sie ihren Kopf mal für eine Sekunde ausschalten könnte.
Aber wie konnte sie es herausfinden?
Wie konnte er seine Loyalität beweisen?
Wie konnte ein Mann 17 verpasste Jahre aufholen?
Welcher Beweise war dafür nötig?
Er musste sie wieder vereinen.
Wenn er Levin mit hier rausholen könnte.
Vielleich wüsste sie dann, was sie von ihm halten sollte.
Wenn er ihnen das beweisen würde, dass er wirklich alle vier von ihnen hier herausholen wollte.
Dann, aber nur dann könnte sie darüber nachdenken ihm zu vertrauen.
Ihrer Schwester neben ihr schien genau den gleichen Gedanken zu haben, denn sie stieß sich von der Wand ab und schaute in den Gang: "Ich glaube zu Levin müssen wir da lang."
"Levin? Haltet ihr das für eine gute Idee? Wenn ich das vorhin richtig mitbekommen habe, arbeitet er nicht auf unserer Seite," ihr Vater, das hörte sich immer noch komisch an, schaute sie skeptisch an.
"Christiano, du warst dabei, sag es den beiden," seine Augen wanderten zu Chris.
Der Junge stand immer noch wie versteinert in der Tür des Kerkers: "Ich habe da oben gerade Dinge erfahren, die ich eigentlich gar nicht wissen dürfte und würde Levin auf deren Seite stehen, was hätte ich dann da oben gemacht, wenn nicht als Drohung oder Erpressung. Levin kooperiert, dafür bleibe ich am Leben."
Stille breitete sich im Gang aus.
Daran hatte sie noch gar nicht gedacht gehabt, aber das machte verdammt viel Sinn.
Denn so wie sie ihren Bruder in den vergangenen Wochen und auch den Jahren davor kennengelernt hatte, dann war er keinesfalls jemand, der seine Verbündeten im Stich ließ.
Und genau das waren sie doch, oder?
Verbündete, Geschwister.
Sie hatten das hier gemeinsam durchgestanden, also würden sie es auch gemeinsam beenden.
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