Kapitel 16 - Chris - Geheimnisse
Die Kälte stieg langsam in Chris hoch.
Die dunklen Wände des Kerkers schienen sich immer weiter auf ihn zu zu bewegen.
Wie lange waren sie schon hier unten?
Wo waren sie überhaupt?
Nach Hogsmeade hatte er das Bewusstsein verloren und sich dann in diesem Keller wiedergefunden.
Josie hatte sich in eine Ecke zurückgezogen.
Seit sie hier waren, hatte sie kein Wort gesprochen, sondern starrte nur vor sich hin.
Ihr Körper wies weniger Spuren der Folter auf, als der Seine.
Tiefrote Striemen und bläulich angelaufene Hämatome zeichneten sich auf seiner haut ab.
Doch von ihnen ging kein Schmerz aus.
Wenn er auf sie blickte, spürte er ein leichtes Pochen.
Jedoch verblasste auch nur der geringste Funke, sobald er an die drei Besen zurückdachte.
Vom Cruciatusfluch hatte er nur gelesen und gehört, aber kein Buch und keine Erzählung konnte in Worte fassen, was er gespürt hatte.
Auch er konnte es nicht in Wort fassen.
Seine Erinnerungen verschwammen miteinander und konnte kein klares Bild mehr schaffen in seinem Kopf.
Nur ein Gedanke blitzte immer wieder vor ihm auf.
Den einzigen Gedanken, an den er damals denken konnte.
Er hatte sterben wollen.
Die Tür wurde mit einem lauten Knall aufgestoßen und er schreckte hoch.
Er musste weggenickt sein.
Sein Blick fiel zum Eingang und seine Augen weiteten sich.
Einer der Männer, der sie auch entführt hatte, stand in der Tür zusammen mit einem Anderen, den er selbst nicht kannte.
Zwischen ihnen hing eine Gestalt, die sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Er kannte sie.
Er erkannte sie.
Ihr Körper schien äußerlich nicht verletzt zu sein, doch bei klarem Bewusstsein schien sie auch nicht.
Aber sie atmete.
Das konnte er sehen.
Was hatte man mit ihr gemacht?
Und wie war sie überhaupt hierher gekommen.
War Levin auch hier?
Wenn ja, wo?
Hätte man ihn nicht sonst auch hergebracht?
Verletzt?
Sowie sie drei.
"Was haben sie mit ihr gemacht?" Josies Stimme war ein beängstigendes Flüstern.
Die Männer legten Patricia auf dem Boden ab.
Chris wollte zu ihr, er wollte sehen, was dort los war.
Doch etwas an dem Gesicht der Männer hinderte ihn daran.
Diese näherten sich nun ihm.
Er wollte weg.
Er wollte zurückrutschen, weg einfach nur weg.
Doch da war die Wand hinter ihm.
Er konnte nicht weiter zurück.
"Du, mitkommen," der Mann hatte auf ihn gezeigt.
Aber er wollte nicht mit.
Was würden sie mit ihm machen?
Würde er so aussehen wie Patricia?
Würde er zu Levin gebracht werden?
Der Mann kam ihm noch näher: "Entweder du stehst jetzt auf und kommst mit oder du wir zwingen dich dazu. Dein Bruder würde sich aber bestimmt nicht freuen, wenn wir ihm den ganzen Spaß abnehmen."
Worauf spielte er an?
Was war mit Levin?
War er vielleicht gar kein Gefangener?
Nein!
Das konnte nicht sein.
Aber er hatte wohl keine Wahl, er würde es herausfinden und das sehr bald.
Sie hatten Chris alleine laufen lassen, keine Fesseln, keine Hand an seinem Arm.
Aber selbst wenn er flüchten wollte, würde er es derart angeschlagen das nicht schaffen.
Und sie hatten Zauberstäbe, er wäre also verdammt schnell tot.
Demnach absolut keine richtige Idee.
Er kannte das Anwesen nicht, durch das sie liefen.
Auf dem Hinweg in den Kerker hatte er kein Bewusstsein gehabt.
Das machte eine Flucht noch deutlich schwieriger, wie ihm jetzt klar wurde.
Selbst wenn er die beiden hinter sich ausschalten konnte, dann würde er immer noch hier festsitzen ohne den Ausgang kennen zu kennen.
An der nächsten Tür hielten sie an.
Eigentlich hätte die Bezeichnung Tor hier deutlich besser gepasst.
Der eine Mann neben ihm hob den Zauberstab und es öffnete sich.
Vor seinen Augen eröffnete sich ein großer Salon mit einem langen Tisch, an dem mehrere Gestalten saßen.
Sein erster Blick fiel auf eine hübsche Frau mit langen braunen Locken.
Sie war in den drei Besen gewesen.
Ihren wilden Blick würde er überall erkennen.
Und ihr Lächeln war nicht freundlich, es jagte ihm einen Schauer über den Rücken.
Sein Blick wanderte weiter und am Tischende blieb er hängen.
Er keuchte auf.
Er erkannte ihn, ohne ihm je begegnet zu sein.
Der-dessen-Namen-nicht-genannt-werden-darf schaute ihn direkt an und lächelte.
"Ah, da ist ja unser Gast. Möchtest du deinem Bruder nicht guten Tag sagen?"
Chris ließ seinen Blick weiter schwanken, konnte aber kein weiteres bekanntes Gesicht erkennen.
"Leviathan, möchtest du dich deinem Bruder nicht zeigen?" die Stimme war eiskalt.
Der junge Mann neben dem Stuhl des dunklen Lords erhob sich und er musterte ihn genauer.
Die Haare waren länger und lockiger, seine Augen strahlten in einem hellen türkis und er hatte keine Brille mehr auf.
Dieser Junge dort sah anders aus, als der, den er die letzten Monate kennengelernt hatte.
Doch die Gesichtszüge waren es, die ihm bekannte vorkamen und die den seinen wirklich ähnlich waren.
Sie zeichneten sie als Brüder aus.
Als Jene mit einem gleichen Vater.
"Du gehörst zu denen," die Erkenntnis rutschte über seine Lippen, bevor er sie aufhalten konnte.
Sein Bruder schaute ihnen für einen Moment an, dann schüttelte er kaum merklich den Kopf, bevor er nickte?
Was sollte ihm das denn jetzt sagen?
Vielleicht ein Nein, was nur er sehen durfte?
Ein Ja für alle anderen?
Vielleicht.
Vielleicht hatte er sich aber auch getäuscht und das gesehen, was er sehen wollte.
Eins stand fest, die Jungen aus seinem Schlafsaal hatten recht gehabt.
Der Mensch, den er vor ihnen verteidigt hatte, hatte das nicht verdient.
Er war genau das gewesen, wovor man ihn gewarnt hatte.
James und Sirius hatten ihn schon vor Wochen gewarnt.
Und er hatte einfach nicht auf sie hören wollen.
Ihm wurde ein Platz angeboten, gegenüber seines Bruders und neben ihr-wisst-schon-wem.
Seine Hände zitterten.
Und er betrachtete lieber sie, als etwas anderes im Raum.
Er wollte den roten Augen nicht begegnen.
Er wollte nicht dem Jungen entgegen blicken, der ihn monatelang angelogen hatte.
"Nun, da wir alle vollständig sind, können wir ja anfangen," die Stimme war viel zu nah an seinem Ohr.
Er wünschte sich die Enge des Kerkers zurück, denn dort hatte er wenigstens seinen Gedanken nachhängen können.
Hier klopfte sein Herz und seine Hände schwitzten.
Er wusste nicht, was als nächstes passieren sollte.
Was er als nächstes tun sollte.
Schweigen und zuhören oder aufstehen und seine Stimme erheben?
Vermutlich eher das erste.
Sein Leben war dann doch etwas, was ihm wirklich wichtig war.
Warum konnte er an so etwas denken?
Warum saß er nicht hier und konnte vor Angst nicht mehr atmen?
Diese Ruhe kannte er nicht von sich.
Seine Gedanken wanderten zu seinen Schwestern.
Wie mochte es ihnen jetzt wohl gehen?
Ihm blieb keine Zeit darüber nachzudenken, da eine Diskussion an einem der Tische ihre Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Und wie stellst du dir das vor. Es hat ihn die letzten Jahre nicht interessiert, warum jetzt?" ein Mann mit dunklen Haaren hatte gesprochen.
Sein Nachbarn antwortete: "Es geht hier doch gar nur um diesen Verräter. Wenn der dunkle Lord einen Einzelnen bestrafen möchte, würde er nicht diesen Aufwand betreiben. Nein, da steckt ein viel größeres Ziel dahinter."
"Rosier hat recht. Es geht mir hier nicht um Alexander. Es geht um etwas weitaus größeres. Leviathan wärst du so nett, die hier Anwesenden darüber aufzuklären, was wir vorhaben," da war sie wieder.
Die kalte Stimme, die jeden im Raum zum Schweigen brachte.
Chris Blick wanderte wieder zu seinem Bruder der für einen Moment fest die Lippen aufeinander presste, bevor er schließllich den Mund öffnete.
"Meine Geschwister und ich haben Fähigkeiten und Verbindungen, die der großen Sache dienlich wären," für einen Moment schwieg Levin.
Was meinte er denn damit?
Chris konnte sich nicht daran erinnern, was damit gemeint sein könnte.
"Meine Schwester ist jemand, der Magie mit Muggletechnik verbinden kann und ich, ich habe Verbindungen in das Zaubereiministerium von Frankreich," Stille folgte auf diese Worte.
Was genau meinte er damit?
Was für Verbindungen sollten das denn sein?
Und wer von den Mädchen war zu so etwas fähig?
Occult, er erinnerte sich an das Pseudonym aus der Zeitung.
Eine von den beiden Mädchen steckte vielleicht dahinter.
War seine Schwester eine Hackerin?
Das wäre absolut unglaublich.
Nur welche der beiden?
Patricia war die verschlossenere und deutlich zurückgezogenere, vielleicht hatte sie Angst, dass jemand hinter ihr Geheimnis kam.
Er konnte eigentlich nur spekulieren.
Sicher war er sich da nicht.
Vielleicht war das hier auch alles nur eine große Lüge, ein Trick, um ihn auf eine falsche Fährte zu locken.
Warum sonst sollte er mit hier sitzen, an diesem Tisch.
Er hatte hier doch gar nichts verloren.
"Danke, mein Junge. Ihr seid der Grund, warum wir uns bald in andere Länder und auch über die Muggle erheben können."
Für einen Moment schwebten die Worte in der Luft, dann brach schallender Jubel und Gebrüll aus.
Er saß hier in einer Besprechung von Menschen, die die Weltherrschaft an sich reißen wollten.
Seine Gedanken wanderten nach Hause, zu seiner Mutter.
Er hatte sie solange im Unklaren gelassen und jetzt würde sie auf diese Art etwas von ihm hören oder auch nie wieder.
Wenn er sich hier weigern würde, hatte er dann überhaupt eine Chance das zu überleben?
Oder würde man ihm eiskalt die Kehle aufschlitzen?
Vielleicht sogar der Junge, der dort jetzt vor ihm saß.
Wie sollte er ihn einshätzen?
Wusste er überhaupt irgendetwas über ihn?
Oder war er belogen worden in den letzten Monaten?
Er war defintiv belogen worden, die Frage war eben nur in welchem Ausmaß und mit welchen Folgen?
Aber hatte er sie nicht auch angelogen?
Nicht einer einzigen Person hatte er den wahren Grund für seinen Aufenthalt in diesem fernen Land erzählt.
Er hatte Italien nie freiwillig verlassen.
Das Gesetz hatte ihn zur Flucht gezwungen.
Noch lebhaft erinnerte er sich an die Briefe, an die Polizisten und die Gitterstäbe.
Irgendwie war er entkommen und hatte das Land verlassen können.
Nur seine Familie war zurückgeblieben, zusammen mit dem Menschen, den er liebte.
Er hatte alles aufgegeben, um sich zu retten.
Und jetzt war er hier.
Umgeben von den schlimmsten Verbrechern der Zauberergemeinschaft.
Er war ihr Gefangener.
Dieser Tatsache schienen sie sich nun wieder bewusst zu werden, denn er konnte vernehmen, wie die Anweisung erteilt wurde, ihn zurück zu bringen.
Zurück in den Keller.
Zurück zu den Anderen.
Irgendwie war dieser Gedanke tröstlich.
Dort würden sie reden können.
Sich einen Plan überlegen können.
Es musste eine Möglichkeit hier heraus geben.
Anders war das nicht möglich.
Überall gab es Auswege, Hoffnungen, man musste sie nur finden.
Der Weg in den Keller erschien ihm so viel weiter als der Hinweg.
Seine Grübeleien waren in den Hintergrund gerückt und er betrachtete lieber die Räume um sich herum.
Die Gänge waren geschmückt von Antiquitäten und alten Gemälden.
Doch je weiter herunter sie stiegen, desto schumriger wurde es und desto trostloser erschienen die Wände um ihn herum.
Sie kamen einem Gefängnis näher, ohne Zweifel.
Er war nicht allein.
Drei der Todesser begleiteten ihn.
Jeder hatte einen Zauberstab ihm Anschlag.
Wenn er nur an einen dieser herankommen konnte.
Dann hatte er vermutlich keine Chance.
Es wäre ein fremder Stab gegen zwei voll bewaffnete Gegner.
Keine gute Idee.
Und selbst wenn der unwahrscheinliche Fall eintreten sollte, dass er sie überlisten konnte, so waren die beiden Mädchen immer noch hinter einer Tür gefangen, die sich wohl kaum mit dem Alohomora-Zauber öffnen lassen würde.
Diese Vermutung bestätigte sich, als er und seine Begleiter an der besagten Tür ankam und er gemurmelte Zauber des Todessers keinen hellen blauen Schein ausstrahlte, sondern orange glänzte.
Er atmete einmal tief durch, bevor er durch die Tür trat und seinen beiden Schwestern wieder gegenüber stand.
"Ich glaube ihr beide habt mir eine Menge zu erklären"
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