23) Stress
„Weißt du eigentlich, was auf YouTube und Instagram abgeht, seit dieser Livestream im Krankenhaus in die Hose gegangen ist?"
Wie immer drang Louis' dramatisches Krähen so laut aus meinem Handy, dass ich es mit verzerrtem Gesicht ein Stück von meinem Ohr entfernen musste, um keinen Gehörschaden zu erleiden.
Unwillkürlich sah ich mich um, doch keiner der anderen Fahrgäste des Stadtbusses schien die beginnende Eskalation am anderen Ende meiner Leitung mitbekommen zu haben.
Eilig schraubte ich die Lautstärke meines Handys ein wenig herunter.
Dieser Typ hatte kein einziges seiner Organe unter Kontrolle.
„Anscheinend hat der Livestream länger durchgehalten, als wir angenommen hatten!", plapperte er in heller Aufregung weiter drauflos. „Ich hab mir vorhin eine Aufnahme angesehen, ganz bruchstückhaft sieht man noch, wie wir die Esoteriker entdecken, dann noch unsere Flucht und viel Geschrei, und dann ist Ende. Meine Fresse, Niall, das ist Drama pur! Ich kapiere zwar nicht, wie mein Handy noch übertragen konnte, nachdem es doch eigentlich längst abgestürzt war, aber anscheinend ist ein gespenstinduzierter Absturz ein wenig anders als ein normaler. Es gibt sogar Leute, die denken, wir sind tot, und jetzt panisch das Netz nach unseren Todesanzeigen durchforsten. Kein Wunder, wir haben uns seit dem Livestream auch nicht mehr gemeldet, weder über unsere YouTube-Accounts noch privat. Es..."
„Louis!", fuhr ich ihm irgendwann über den Mund, als es mir zu bunt wurde. Ich hatte gerade ganz andere Sorgen als unseren YouTube-Kanal. „Könnt ihr nicht einfach irgendetwas posten, um zu beweisen, dass wir alle am Leben sind?"
Eine kurze, enorm fassungslose Pause entstand, dann startete er mit einer weiteren Wörtersintflut durch, und ich konnte nur noch gequält die Augen schließen. Nachdrücklich massierte ich mir mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel.
Ich hatte Kopfschmerzen. Und mir war so warm. Ließ Zayns Behandlung mit dem Tee und den Eisentabletten womöglich nach? Wäre eine Auffrischung nötig? Eine realistische Annahme, aber nein, ich brauchte keine blöde Tee-Behandlung vom blöden Zayn Malik mit seiner blöden, pinken Mütze. In allererster Linie brauchte ich jetzt erst einmal Klarheit, was Junia in Harrys Hotel zu suchen hatte.
„... du noch dran?" Nun klang Louis endlich ein wenig gemäßigter und auch leicht misstrauisch. „Niall?"
„Ja, ja." Meine Ohren summten. „Was?"
Er schwieg einige Sekunden lang. „Ich sagte, dann poste ich ein Selfie vom letzten Ausflug und schreibe darunter, wie unfassbar toll es war. Und ich weise unter anderem darauf hin, dass es keine Toten gab."
„Gute Idee. Mach das." Aktuell hätte ich wohl so ziemlich allem zugestimmt, um dieses Gespräch so schnell wie möglich beenden zu können. Ich machte mir viel zu viele Sorgen darum, in welchen Schwierigkeiten Junia exakt in dieser Sekunde stecken könnte. „Hör mal, Lou, ich komme heute wahrscheinlich erst irgendwann nachts heim. Wir sehen uns also erst morgen. Bis dann!"
Eine aufgebrachte Wörterflut setzte ein, doch ich hatte das Gespräch schon beendet. Hierfür war morgen definitiv eine Entschuldigung fällig, und Louis würde mir wohl eine saftige Ohrfeige verpassen, aber das war mir gerade egal.
Eine Welle aus Geflüster schwappte über mich hinweg. Das Geflüster aus dem Krankenhaus, das mich in der darauffolgenden Nacht in meinen Albträumen verfolgt hatte. Das Geflüster der Getöteten, der Seelen.
Ächzend presste ich mir die Hände an die Schläfen, dann direkt die heiße Stirn an die kühle Fensterscheibe neben mir.
Hörte es denn gar nicht mehr auf?
Und dann, kaum hatte ich diese Frage zu Ende gedacht, verflüchtigten sich die Stimmen wieder, lediglich ein dumpfes Pochen hinter meinen Schläfen blieb zurück.
Vorsichtig richtete ich mich wieder auf, warf verstohlen einen Blick auf die übrigen Fahrgäste, doch von denen schien niemand meine kleine Krise bemerkt zu haben. Gut so. Ich nutzte die frisch gewonnene Klarheit, um eine Nachricht an Junia zu tippen, doch natürlich kam von ihr keine Reaktion. Auch mein Anruf blieb unbeantwortet.
Langsam keimte Ärger in mir auf. Ja, ich machte mir Sorgen, dass Junia sich mit ihrer Versessenheit in eine brenzlige Situation brachte, die diverse todeslüsternen Seelen involvierte. Gleichzeitig ging mir diese Frau unfassbar auf den Keks.
War das vielleicht exakt diese Gefühlsmischung, die Zayn mir gegenüber empfand? Einerseits das Bedürfnis, mir den Hals zu retten, andererseits der inständige Wunsch, ihn mir eigenhändig umzudrehen?
Hm.
Nach dem Aussteigen beeilte ich mich, gleich über die grüne Fußgängerampel zu kommen. Ich kannte dieses Exemplar hier nur zu gut: Wenn man es nicht sofort über die Straße schaffte, stand man sich danach gefühlt drei Stunden die Beine in den Bauch.
Außer mir hatten hier noch zwei andere Leute den Bus verlassen – eine ältere Dame mit Hund und Einkaufskorb und ein Typ, der sich seine Kapuze so tief ins Gesicht gezogen hielt, dass er jedem Bankräuber Konkurrenz machte.
Kurz beäugte ich ihn skeptisch, als er prompt den gleichen Weg einschlug wie ich, doch dann wandte er sich in eine andere Richtung, nun die Nase in sein Smartphone gesteckt.
Frustriert fuhr ich mir mit der Hand übers Gesicht. Verdammte Paranoia.
Und verdammter Zayn mit seinen Todesanbetern. Seine Warnung, was diese Leute betraf, schwirrte mir ununterbrochen im Hinterkopf herum und machte mir meinen Alltag zur Hölle. Ich hatte Angst. Würden diese Leute tatsächlich aktiv auf mich zukommen und mich fragen, ob ich mich für ein gottverdammtes Blutopfer zur Verfügung stellen würde?
Kaum vorstellbar. So durchgeknallt konnte doch kein Mensch sein.
Im nächsten Moment tauchten Bilder des Beschwörungsrituals im Krankenhaus vor meinem inneren Auge auf und straften meine Gedanken Lügen.
Doch.
Es gab Menschen, die so durchgeknallt waren.
Prompt begann mein Nacken unangenehm zu kribbeln. Wurde ich beobachtet? Vielleicht von dem Typ, der drüben auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf einer Bank saß und Zeitung las? Oder die Frau an der Bushaltestelle? Der Rentner mit dem Walross von einem Hund? Jeder von ihnen könnte ein Todesanbeter sein.
Verdammte Scheiße!
In leichtem Sprint erreichte ich schließlich den protzigen, topmodernen Eingang des Styles-Hotels und wollte einfach hindurchstürmen – doch die Schiebetüren, die sich normalerweise automatisch öffneten, blieben verschlossen.
Mühsam schluckte ich einen wütenden Aufschrei hinunter.
Natürlich. Es war inzwischen nach zwanzig Uhr. Die Rezeption war nicht mehr besetzt, man konnte nur noch digital einchecken. Neben der elektrischen Schiebetür leuchtete mir ein grünes Quadrat einladend entgegen, forderte mich dazu auf, eine Keycard oder einen Code auf meinem Smartphone an den Scanner zu halten.
Selbstverständlich besaß ich weder Code noch Keycard.
Frustriert trat ich einige Schritte zur Seite, um nicht wie ein Einbrecher zu wirken, ehe ich mein Handy zückte. Junia war bestimmt längst drin. Dann sollte sie doch bitte ihren Arsch zum Eingang bewegen und von innen dafür sorgen, dass die Tür aufging.
Doch kaum hatte ich die Nachricht abgeschickt, ohne große Hoffnung, dass Junia irgendwann in den nächsten drei Jahrhunderten mal antworten würde, glitten die Glastüren plötzlich zur Seite.
Ich glotzte dümmlich.
Was zum ...
Erst, als sie sich mit leisem Summen wieder zu schließen begannen, begriff ich, dass ich drauf und dran war, meine Chance zu verpassen und setzte mich in Bewegung. Hektisch vollführte ich einen Sprung vorwärts und schaffte es gerade noch in die Lobby, dann schloss sich die Tür hinter mir schon wieder. Der Lärm des Straßenverkehrs verschwand, stattdessen empfing mich die Stille der menschenleeren, nur dürftig, jedoch effektvoll beleuchteten Eingangshalle. Hinter der unbesetzten Rezeption war es dunkel, ebenso der Aufenthaltsbereich mit den protzigen Sitzgelegenheiten und dem Flachbildfernseher.
Penetrantes Pochen hinter meinen Schläfen zwang mich dazu, mitten in der Halle innezuhalten. Verbissen kniff ich die Augen zu, bis weiße Blitze vor meinen geschlossenen Lidern zu zucken begannen, versuchte, das seltsam metallische Dröhnen in meinen Ohren zu ignorieren, und...
Genauso plötzlich, wie sie gekommen waren, verschwanden die Eindrücke wieder.
Zitternd nahm ich die Hände von meinem Kopf. Würde das denn nie wieder aufhören? Unwillkürlich griff ich nach Zayns Pentagrammanhänger, der nach wie vor an der Kette um meinen Hals baumelte. Zayn meinte, ich sollte ihn regelmäßig mit Weihwasser benetzen. Was für ein Witzbold. Als ob ich einfach so einen Kanister Weihwasser in meinem Wohnzimmer stehen hätte. Oder hatte er vielmehr darauf angespielt, dass ich ihm regelmäßige Besuche abstatten sollte?
Der Gedanke entlockte mir ein Schnauben.
Regelmäßige Besuche von mir würden diesem zynischen Volltrottel sicherlich gefallen, immerhin konnte er dann zuverlässig überprüfen, dass ich nicht zum Feind überlief. Mich als Person empfand er ja bekanntlich als eine Zumutung. Eine Verschwendung von Atemluft.
Mein Handy vibrierte. Ungeduldig riss ich es hoch, doch es war nur eine Nachricht von Louis, der sich darüber beschwerte, dass ich offenbar versehentlich einen seiner Joghurts gegessen hatte. Augenverdrehend schickte ich ihm einen Mittelfinger. Ausgerechnet er, der schon fast aus Grundsatz meinen Pizzateig als seinen eigenen beanspruchte, sollte mal schön die Klappe halten, wenn es um einen verdammten Joghurt ging.
Wo waren eigentlich die anderen? Meinte Junia nicht, dass sie unsere gesamte Projektgruppe herbestellen wollte?
Kurz war ich versucht, im Gruppenchat nachzuhaken, ließ es am Ende jedoch bleiben. Sicherlich hatte Junia einen Grund gehabt, nicht den Chat zu nutzen, sondern wie zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts eine SMS zu schreiben.
Unwillig rieb ich mir die Stirn, als sich diese erneut mit unangenehmem Ziehen zu Wort meldete. Ich wollte doch einfach nur nach Hause und mich in meinem Bett verkriechen.
Wieder vibrierte mein Handy, und ich wollte schon genervt seufzen, fest davon überzeugt, dass Louis seine Joghurt-Tirade fortsetzte, doch dieses Mal handelte es sich tatsächlich um eine Nachricht von Junia. Sie forderte mich dazu auf, in den Keller zu kommen.
Der Keller? Wo vor Kurzem dieser Hotelgast gestorben war? Ihr Ernst? Das war ein verdammter Tatort. Wenn man uns dort erwischte, kamen nicht nur wir beide in Teufelsküche, sondern vermutlich auch Harry.
Und – zu meinem absoluten Horror fiel mir das erst jetzt ein – gab es hier nicht eigentlich auch Überwachungskameras?
Unwillkürlich wich ich ein paar Schritte in Richtung Tür zurück. Auf keinen Fall würde ich mich vor laufender Kamera strafbar machen. Erstaunlich, dass bis jetzt keine Security aufgetaucht war, um mich zu filzen. Klar, für unsere YouTube-Videos stiegen wir ständig in irgendwelche Gebäude ein, jedoch mit dem Unterschied, dass diese nicht offiziell verschlossen waren. Sich dort herumzutreiben, war lediglich eine Grauzone.
Ein brandneues Luxushotel war ein anderes Level, von einem Tatort ganz zu schweigen.
Sorry, tippte ich an Junia. Aber ich hab keine Lust, eine Anzeige zu kriegen. Sag doch einfach, was Sache ist.
Ich rechnete nicht damit, eine schnelle Antwort zu bekommen, doch jetzt schien Junia ihr Smartphone endlich griffbereit zu haben.
Wir machen uns nicht strafbar, schrieb sie, merkbar verärgert. Ich habe hier ein Zimmer gebucht.
Wie interessant. Damit wäre dann auch geklärt, warum man sie die ganze Woche über nicht an der Uni angetroffen hatte. Dass sie sich nicht einmal mit einer knappen Nachricht abmelden konnte und stattdessen unbegründete Sorgen verursachte, blieb mir trotzdem ein Rätsel.
Den Keller hast du also auch gebucht?
Das ist abgeklärt, kam es prompt zurück.
Fast hätte ich gelacht.
Ich glaubte ihr kein Wort.
Exakt das antwortete ich ihr auch, bevor ich kurz entschlossen das Handy wegsteckte. Diese Frau hatte eindeutig einen an der Waffel. Sollte sie ihr Geheimnis doch für sich behalten, wenn sie mir nicht einmal den Hauch eines Grundes geben konnte, warum ich wie ein Einbrecher durch Harrys Hotel schleichen sollte.
Ich würde jetzt erst einmal heimfahren und Tee trinken. Kamille zum Beispiel. Oder ... wie hieß das Zeug, das Zayn so empfahl? Johanniskraut? Besaßen wir in der WG so etwas überhaupt? Wenn ja, hatte Louis es längst mit Bioabfall verwechselt und weggeschmissen.
Kurzentschlossen steckte ich das Handy weg und wandte mich ab – doch noch bevor ich auch nur einen einzigen Schritt in Richtung Ausgang tun konnte, erklang hinter mir das Geräusch einer Tür, dann trat jemand in die Lobby.
Scheiße. Das war bestimmt die Security. Lohnte es sich noch, zu laufen? Vielleicht k-...
„Niall?!"
Alles in mir zog sich zusammen, als ich Harrys Stimme identifizierte. Was zum Henker tat er denn noch hier? Es war inzwischen knapp halb neun Uhr abends. Sollte er nicht längst Feierabend haben?
„Hi, Haz." Nervös scharrte ich mit den Schuhen über den steinernen Boden. „Ähm."
Die Fassungslosigkeit in Harrys Mimik sprach Bände. „Was zur Hölle treibst du hier?"
Mein Nacken wurde heiß. „Harry, es ist wirklich nicht so, wie es aussieht. Die Tür ging von allein auf, als ich ankam, also bin ich reingegangen."
Falsche Wortwahl.
„Nicht so, wie es aussieht? Wonach soll es denn aussehen?" Halbherzig rieb er sich mit beiden Händen übers Gesicht, doch dann erstarrte er schlagartig. „Nein. Niall, sag bitte nicht, dass Louis seine Hacker-Finger hier im Spiel hat." Sein Kiefer spannte sich an. „Wenn er und Liam sich jetzt irgendwo hier herumtreiben und heimlich filmen, haben wir ein ordentliches Problem miteinander."
„Was? Nein!" Ich stand kurz vor einem Anfall. „Wir filmen nicht."
„Und was tust du dann hier?"
Eine berechtigte Frage, die ich selbst irgendwie nicht so ganz beantworten konnte. „Weil ..."
„Niall, wo bleibst du denn?" Die Glastür des Treppenhauses wurde aufgestoßen und Junia marschierte in die Lobby, ihre langen, braunen Haarsträhnen zerzaust, ihr Rock beschmutzt und zerknittert. „Bist du blind, oder warum siehst du meine Nachrichten nicht?" Dann erst hob sie den Kopf und blieb ruckartig stehen, als sie Harry entdeckte. „Oh."
Harry sah von Junia zu mir, dann wieder zu Junia, und dann nahm sein Gesicht Züge an, die mir überhaupt nicht gefielen.
„Ah, ich verstehe. Euer Projekt, hm?" Plötzlich klang seine Stimme so kühl, wie ich sie noch nie von ihm gehört hatte. „Braucht ihr wohl noch ein paar interne Infos, die ich euch nicht geben wollte, was?"
Schlagartig wurde mir speiübel.
„Harry", begann ich hastig, völlig ignorierend, dass Junia nichts von unserer privaten Bekanntschaft wusste und das ursprünglich eigentlich auch so bleiben sollte. „So ist es nicht. Wir ..."
„Wie soll es denn sonst sein?", schnitt Harry mir das Wort ab, noch immer in diesem ruhigen, eisigen Tonfall, der schlimmer war als jedes wütende Gebrüll. „Du hättest mich auch einfach fragen können, Niall. Anstatt dir hinter meinem Rücken Zutritt zu verschaffen. Freunde tun das."
Am liebsten wäre ich hier und jetzt in Tränen ausgebrochen. „Harry, bitte hör mir zu. Es ist nicht so, wie du denkst. Junia meinte, dass ..."
„Das ist mir gerade sowas von scheißegal." Plötzlich klang er nur noch müde. „Ich habe ganz andere Sachen um die Ohren, um mich auch noch mit eurem Scheißprojekt herumzuschlagen. Raus. Alle beide."
Im Gegensatz zu mir setzte Junia sich sofort in Bewegung, ganz offensichtlich erleichtert darüber, keine Abreibung in Form von Security oder Polizei zu bekommen. Dass sie mir vorhin noch weisgemacht hatte, Hotelgast zu sein, war wohl eine Notlüge gewesen, um mich in den Keller zu locken.
Blöde Kuh.
Ich wollte mich wieder Harry zuwenden und einen neuen Versuch starten, dieses saublöde Missverständnis zu klären, doch ein einziger Blick in sein verkniffenes, distanziertes Gesicht reichte, um mich die Klappe halten zu lassen.
Das hier führte zu nichts.
So kannte ich ihn überhaupt nicht. Normalerweise war Harry immer einlenkend und kompromissbereit, ging grundsätzlich nicht automatisch von Böswilligkeit aus. Das schien sich mit all dem Stress rund um das Hotel herum geändert zu haben.
Meine Schultern sackten herab. „Okay. Dann bis demnächst."
Harry nickte nur, sah mir aber nicht ins Gesicht. „Gute Nacht."
Ich stürzte mich förmlich nach draußen, drauf und dran, mit Junia einen ausgewachsenen Streit zu beginnen, zur Not auch mit Handgreiflichkeiten.
Doch kaum stand ich auf der Straße, musste ich feststellen, dass von meiner brünetten Projektpartnerin jede Spur fehlte. Auch von den übrigen Leuten unserer Gruppe, die sie angekündigt hatte, war nach wie vor niemand zu sehen.
Fassungslos blieb ich mitten auf dem Gehsteig stehen, ignorierte den sauren Blick eines Joggers, der nur in letzter Sekunde ausweichen konnte.
Unfassbar.
Nur zögerlich setzte ich mich in Bewegung. Beim bloßen Gedanken daran, jetzt in die WG zurückzukehren und mich von Louis wegen irgendwelcher Joghurts beschimpfen zu lassen, setzten hämmernde Kopfschmerzen ein. Oder waren diese durchgehend da gewesen und ich hatte sie im Eifer des Gefechts nur nicht bemerkt?
Schnell vergrub ich meine schwitzigen Hände in meinen Jackentaschen, als sie zu zittern begannen, kniff die Augen zu, als die Ränder meines Blickfelds bläulich flimmerten.
Fuck.
Sah ganz so aus, als müsste ich doch wieder bei Zayn auf der Matte stehen, wenn ich mir keine Höllennacht einhandeln wollte. Und dann war ich so darauf fixiert, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern, dass ich die seltsamen Klickgeräusche, die mich auf meinem Weg zur Bushaltestelle verfolgten, gar nicht wahrnahm.
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