64. Kapitel
Leider war ihr Fall durch die Luft nicht endlos, nach zwei schwerelosen Sekunden prallten die Fässer auf Wasser. Überraschte Schreie erklangen und das kühle Nass spritzte in alle Richtungen.
Die junge Frau versuchte, ihren Holzbottich durch hektische Gewichtsverlagerungen zu steuern und in der Balance zu halten, während sie sich die nassen Haare aus dem Blickfeld strich. Hinten kollidierte sie mit einem Zwerg und vorne war sie auf Thorin aufgefahren, der die Prozession stoppte. Sie mussten schließlich noch auf den Hobbit warten.
Bilbo nämlich stand immer noch auf der Falltür im Weinkeller und dachte darüber nach, wie doof er nur sein konnte, seine eigene Wenigkeit nicht in die Berechnungen einzubeziehen. Denn ja, er hatte den Hebel bedient, alle anderen waren auf dem Weg nach draußen. Aber er nicht!
Holz schrappte gegen Holz, während die anderen sich in der Schlange einreihten. Das Mädchen warf einen Blick nach hinten. Noch war niemand in den Fluss gefallen. Linda kauerte sich derartig in ihr Fass, dass ihr Oberkörper herausragte – eine durchaus schwierige Angelegenheit, denn halb kniete, halb stand sie. Die Steuerung ihres Gefährts war aber so einfacher.
Endlich waren sie vollzählig. Der Halbling war schließlich selbst in das kalte Wasser gesprungen, ohne ein Fass. Nori zog ihn prustend und pitschnass nach oben, damit er nicht ertrank.
Thorin ließ seinen Blick wohlwollend auf ihrem Befreier ruhen: „Gut gemacht, Meister Beutlin."
Besagter war gerade mehr damit beschäftigt, zu schwimmen, als auf diese Aussage zu reagieren.
„Weiter! Los jetzt!", rief da ihr Anführer. Er hatte recht, sie sollten schleunigst hier weg. Linda wusste es ja. Die Elben hatten bereits von ihrem Fehlen erfahren, und auch, wo sie sich befanden.
Wächter rannten über steinerne Brücken, und tief unten in den Hallen, auf dem Fluss, der aus diesen hinausführte, floh die Gemeinschaft. Sie paddelten mit ihren Händen, um die Fässer zu beschleunigen, und ließen sich von der immer schneller werdenden Strömung mitreißen.
Links und rechts an Linda schossen die Felswände, gesäumt mit spitzen Ecken und Kanten, nur so vorbei, sie hatte große Mühe, nicht umzukippen. Der Fluss schäumte, es spritzte unheimlich.
„Festhalten!", brüllte Thorin auf einmal.
Linda konnte nur noch den Kopf herumreißen.
Erneut stürzten sie in die Tiefe, dieses Mal aber wurden sie in den Wasserfall hineingezogen. Prustend schlug das Mädchen um sich. Überall war Wasser!
Dann tauchte sie wieder auf, keuchte, rang nach Luft. Ihr Puls raste.
Durch den abrupten Fall waren sie nach draußen befördert worden. Das Sonnenlicht, welches sie in ihren Kerkern nur in Teilen gesehen hatten, brannte in den Augen, ebenso das Wasser aus dem Fluss.
Linda schnappte noch immer nach Atem, als sie schon weiterschoss. Sie hatte keine Kontrolle mehr über ihr Fass. Am Ufer tauchten plötzlich riesige Felsen auf. Bei Mahal!
Im letzten Moment riss das Mädchen ihren gigantischen Bottich zur Seite, um nicht am Stein zu zerschellen.
„Hilfe!", hörte sie jemanden rufen. Dann: „Ori!"
Doch sie musste sich um ihre eigenen Probleme kümmern, hektisch sah sie wieder nach vorne. Noch ein Felsen, und noch einer! Der Wellengang machte ihr das Lenken nicht leichter.
Ihr Herz pochte noch immer und ihre Kleidung war wasserdurchtränkt. Die Strömung des Flusses verlangsamte sich glücklicherweise mit fortschreitender Strecke, doch als wäre ihr Ritt auf dem Wasser nicht schwierig genug, ertönten plötzlich Hörner im Flusstal. Elbenhörner.
Erschrocken suchten die Zwerge nach dem Ursprung dieser Laute. Ein Angriff? Hatte man sie entdeckt? Natürlich. Was hatten sie auch anderes erwartet? Die Rufe der Wächter wurde vom Tosen der Wellen übertönt. Ihre Blicke wanderten über die Ufer und ihre Kameraden, niemand konnte sagen, was gerade geschehen war.
Hinter der nächsten Biegung des Stroms tauchte etwas auf, was die Zwerge die Augen aufreißen ließ: Soldaten des Düsterwaldes, die ein Wassertor bewachten. Soldaten in voller Rüstung, die gerade das Tor schlossen. Das Tor, durch das der Fluss floss.
Das Tor, das sie aufhielt.
„Nein!", brüllte einer der Khazâd.
Thorins Fass knallte auf das eiserne Gitter. Alle anderen folgten, mit einer mehr oder weniger sanften Landung. Linda zählte zu denjenigen, die unter dem Steinbogen, in den das Tor eingelassen war, Platz fanden.
Sie zog ihren Kopf ein. Holz stieß gegen Holz, während die Fässer aneinander Halt fanden und stoppten. Dann hörten sie, wie die Wachen auf der Steinbrücke ihre Schwerter zogen.
Die Zwerge wechselten rasch Blicke. Niemand hatte mehr eine Waffe, die waren ihnen alle längst abgenommen worden. Außerdem war ein Teil der Gemeinschaft unter dem Felsen verborgen, es würde also auf noch weniger ankommen als ohnehin schon, denn die Waldelben waren ihnen zahlenmäßig weit überlegen. Wahrscheinlich schwärmten gerade immer mehr aus dem Palast aus, um sie aufzuhalten. Wie sollten sie da nur einen Kampf gewinnen?
Plötzlich ertönte ein stöhnender Schmerzenslaut, direkt über ihren Köpfen. Dann ein Grunzen, ein Knurren, wie es nur eine Spezies in ganz Mittelerde von sich geben konnte: Orks.
„Passt auf! Da sind Orks!", warnte Bofur sie schreiend.
Zu spät für die Elbenwache, getötet fiel sie zwischen den Fässern ins Wasser. Die übrigen Wächter versuchten sich zu verteidigen und die Kreaturen niederzustrecken, aber dieser Angriff hatte sie überrumpelt.
„Unter die Brücke! Unter die Brücke!"
Thorins Kompanie schaltete schnell. Leider nur war unter dem schützenden Steinbogen nicht Platz für jeden, sodass viele Zwerge waffenlos den Orks gegenübertraten. Letztere hatten die wachehabenden Elben schnell überwältigt und stürzten sich auf die Zwerge, ihr eigentliches Ziel.
Einer der Angreifer sprang mit einem gewaltigen Satz direkt auf Bofur zu. Das Ungeheuer, das Nori bedrohte, wurde von Bilbo niedergestochen – mit eigenem Schwert, denn er hatte seines noch. Dwalin und alle anderen Zwerge mussten mit ihren bloßen Händen die Orks niederringen.
Linda war unter der Brücke in Sicherheit. Was brachte ihr das schon? Ihre Freunde waren in Lebensgefahr. Sie stand tatenlos dabei, musste zusehen, wie sie um ihr Leben kämpfen. Óin, Thorin, Balin, wie sie am weitesten vorne am Tor, ging es genauso.
Allerdings löste sich dieses Problem bald, denn durch die Kämpfe zu Wasser wurde die Formation der Fässer aufgelöst. Sprang ein Ork lebensmüde ins Wasser, so erreichte er auch diejenigen, die unter der Brücke waren.
Óin schlug der widerlichen Kreatur mit dessen eigener Waffe den Kopf ein. Linda wurde dabei weiter ans Gitter gepresst. Sie konnte den Atem der Bestie förmlich riechen.
Wie alle anderen gewann aber der grauhaarige Zwerg sein Duell mit dem Ork, der blutend und um sich strampelnd unterging – um dem nächsten den Platz freizumachen. Mit derselben Taktik wie zuvor machte Óin diesem den Garaus.
Linda linste an dem Zwerg vorbei. Alle anderen waren in Kämpfe involviert, schlugen mit Fäusten (Fíli und Ori) oder mit dem eigenen Kopf (Bifur) auf die Ungeheuer ein. Doch nein, ein Zwerg lief über die Fässer! Was fiel ihm ein?
Obwohl Linda wusste, was Kíli da tat, wie sinnvoll es war, wie wenig er dabei sterben würde; sie war besorgt. Die junge Frau bangte, ob ihm etwas zustieß – ob ihm mehr zustieß als eigentlich geplant, ob ihm wider Erwarten nichts zustieß – und sie hatte Angst. Echte, reale Angst. Linda wollte nicht, dass ihr Freund verletzt würde.
Der Kampf ging weiter, natürlich. Die Zwerge schlugen ihre Gegner nieder, immer neue Massen von Bolgs Söldnern kamen angerannt und der Waldfluss füllte sich mit Orkleichen. Unter der Brücke hielt sich die Abenteurerin an dem Eisengitter fest, damit Óin und Thorin genügend Platz hatten, die Angreifer abzuschlachten.
Und Kíli sprang noch immer da oben herum. Er hatte sich in den Kopf gesetzt, den Hebel zu betätigen, der das Tor öffnete – eben jenes Tor, von dem sie aufgehalten wurden. Jemand musste es tun, das war klar. Aber warum war nicht irgendein Elb auf die Idee gekommen, den Gefangenen zur Flucht zu verhelfen und damit die Zielscheiben des Angriffs der Orks von seinem Reich wegzuleiten? Linda war nicht wohl bei der Sache, wirklich nicht.
„Kíli!", schrie Fíli entsetzt, die Augen weit aufgerissen.
Für einen Moment schienen die Kampfgeräusche verstummt zu sein. Das Mädchen hörte die schweren Atemzüge des jungen Zwerges, der, getroffen von einem Pfeil, zur Seite taumelte.
„Kíli", flüsterte Thorin verzweifelt.
Bolg, die Brut Azogs, hatte mit seinem Bogen ein Ziel gefunden.
Die junge Frau hatte Angst.
1312 Wörter, 27.01.2021
So, Linda hat also Angst.
Anyways xD
Ähm, ja, kann sein, dass ich in letzter Zeit viel nachdenke. Ihr müsst mir auch nicht immer zustimmen, wenn ich hier unten irgendwas rede xD
Meine nächste Idee: Eine short-version. Short-Version? Wie auch immer geschrieben.
Das heißt: Ein neues Wattpad-Buch mit fast demselben Inhalt, lediglich manche Szenen, viele Szenenbeschreibungen und manche überflüssige Gedanken werden rausgeschnitten bzw. gekürzt. Außerdem: Längere und deshalb weniger Kapitel.
Wie findet ihr das? xD
Dieses Buch hier bleibt natürlich. Ich werde dann auch beide auf denselben Stand bringen, diese Version wäre dann die ausführlichere.
Zeitplanmäßig: Erst Überarbeiten (ich bin beim 27. Kapitel, Stand heute), dann Plot/Logik, außerdem Plot TdF, dann die short-version kürzen (parallel immer weiter TdM schreiben). Veröffentlichen würde ich die s-v dann nach dem Ende von TdM.
Habe ich euch gerade den Titel des zweiten Teils gespoilert? Und dass es überhaupt einen gibt?
: )
Naja, was, denkt ihr, heißt TdF? ^^
Schöne Grüße!
~ eine sehr motivierte Asche, die gestern die vorerst letzte Arbeit geschrieben hat und deswegen ein wenig mehr Zeit hat
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