30. Kapitel
Der rothaarige Zwerg wandte sich ab, ohne ihrer Bitte nachzugehen. Also wirklich! Linda musste sich anderen Gerichten widmen.
Aufgeschreckt wurde sie kurz darauf von Dwalin, der entrüstet und beinahe panisch fragte: „Wo ist das Fleisch?!"
Ach, dann ging es wohl weiter im Film. Nur einen beiläufigen Blick hatte sie für den Zwerg übrig, denn wenn sie noch mehr zu sich nehmen wollte, dann sollte sie es jetzt tun, bevor...
In ihre Tätigkeit vertieft hörte sie ein kurzes Lachen des Zauberers, welcher gerade mit Elrond den Platz betrat. Obwohl, sinnierte die junge Frau, es sagte doch niemand, dass sie nicht zwei Dinge gleichzeitig tun konnte, oder?
Linda grinste und blickte zu Kíli, während ihre Hand zum wiederholten Male zu den – sie hatte sie „Elbensnacks" getauft – wanderte. Sie konnte nicht in das Gesicht des jungen Zwerges blicken, weil er gerade andere, äh, lebendige Dinge anschaute, aber der Seitenblick von Bofur sagte schon alles.
Wie viele Erdenmädchenherzen hatte der Prinz allein während dieser Szenerie wohl schon gebrochen? Ihr verstohlenes Grinsen verbreiterte sich. Auf jeden Fall war das hier lustig.
Kíli unterbrach den Blickkontakt mit der elbischen Harfenspielerin und sah Dwalin an. Der glatzköpfige Zwerg, nun ja, sah so Dwalin-mäßig aus, wie nur er es konnte.
Währenddessen versuchte der Jungzwerg zu retten, was noch zu retten war. Dies gelang ihm allerdings nicht, weder bei den älteren Zwergen noch bei dem Mädchen, das sowieso schon alles wusste. „Nicht ganz mein Geschmack, die Elbenmädchen. Die hohen Wangenknochen, die seidene Haut, zu wenig Gesichtsbehaarung."
Nun, in anderen Kulturen wären dies alles die Vorteile der Maiden, bemerkte Linda amüsiert. Kíli fuhr fort, während er der betreffenden Person nachschaute: „Allerdings – die da ist nicht übel."
Dwalin hatte genug gehört. Er beugte sich leicht vor und sagte mit ausdrucksloser Stimme: „Das ist kein Elbenmädchen."
Thorins jüngster Neffe riss den Kopf herum, ehe alle Zwerge lauthals zu lachen begannen. Linda selbst kicherte verhalten, den Mund voll Salat, aber das war einfach zu göttlich!
Kílis Hundeblicke kombiniert mit der momentlangen Stille – hach. Ein breites Grinsen zog sich über ihr Gesicht.
Wenig später stopfte Óin am anderen Ende des Tisches eine Serviette in seinen Hörtrichter, um die Flötenmusik der hinter ihm stehenden Elbin für ihn erträglicher zu machen. Es schien ihm auf diese Weise besser zu gefallen, was er dem huttragenden Zwerg zu verstehen gab.
Die Musik der Elben... Also, Linda brauchte keine instrumentale Untermalung des Essens. Die Melodien an sich waren nicht die allerschlechtesten, auf Dauer und mit Wiederholungen eher nervig.
So abgeneigt wie ihre Reisegefährten (außer Bilbo, der diese Töne sicherlich gerne mochte) war sie aber nicht. Schlussendlich war es ein ruhiger Hintergrund, dem sie gar nicht zu viel Beachtung schenkte, schloss sie ihre Analyse.
Das Geräusch eines herausgezogen werdenden Schwertes brachte sie ruckartig zurück in die Gegenwart.
Ach, bloß Elrond mit Glamdring. Er hielt die edle Klinge betrachtend in die Höhe. Auf gar keinen Fall durfte der Elbenfürst ihre Waffe in die Hände bekommen, denn in diesem Fall wäre ihr ganzes Versteckspiel in Imladris umsonst.
Verstohlen nahm Kíli eines ihrer heißgeliebten Gebäckteilchen. Misstrauisch biss er hinein, nur um es als annehmbar zu bewerten und den Rest aufzuessen. Da war das Mädchen wohl nicht die einzige mit Riesenhunger.
Durch die zwei Arme eines Kerzenhalters hindurch sah sie Thorin den Tisch ihres Gastgebers, um dem Mahl im Stehen beizuwohnen. Auf die Sturheit der Zwerge kam auch wirklich nichts Vergleichbares!
Linda (weit) gegenüber stopfte Bombur sich mit immer mehr Lebensmitteln voll. Die junge Frau wusste nicht, ob ihm irgendetwas an der Situation nicht gefiel, aber bei Bombur war Essen eben Essen.
Das hieß aber noch lange nicht, dass er auch dem (Bruchtal) entsprechende Tischmanieren hatte. Obwohl Linda selbst bei ihrer Zwerge-beobachten-und-gleichzeitig-essen-Sache ebenfalls ein paar Krümel auf ihren Schoß hatte fallen lassen.
Nori meinte: „Könntet ihr nicht mal was anderes spielen? Ich komm mir vor wie auf 'ner Beerdigung!" Der – sicherlich wirklich gute – Dieb beschwerte sich bei den Musikern, nachdem er einen kunstvollen Salzstreuer in seinem Mantel hatte verschwinden lassen. Der hatte vielleicht Nerven...
Óin fehlinterpretierte dies und fragte erstaunt nach: „Ist jemand gestorben?"
Bühne frei für den brillanten Bofur! Linda grinste und schnappte sich den letzten Elbensnack.
„Na gut, Jungs, ich glaube, da hilft nur eins." Der schwarzhaarige Zwerg schob seinen Stuhl zurück, nur um über diesen auf den Tisch und anschließend auf den Ring-Präsentierteller zu steigen.
Also, auf den Steintisch da, auf dem später mal der Eine Ring liegen würde. Hoffentlich.
Er sah Elrond direkt an – wirklich? Die junge Frau runzelte die Stirn. Ja, null Respekt vor ihrem Gastgeber – mit einer Hand weit ausholend, und begann zu singen: „Alter Krug, alter Krug, in dem alten Steinkrug im Gasthaus gleich am Hang-"
Begeistert stampften, klopften und klatschten die kleineren Besucher dieses Mahls den Takt des Liedes mit. Auch Linda – nur Bilbo war etwas verwirrt.
Teilweise grölten – oder sangen, es klang noch nicht einmal so schlecht – die Zwerge die Zeilen mit.
„-dort brauen sie ein Bier so braun, dass selbst auch der Mann im Mond kommt schaun', und lag im Rausche lang."
Dwalin schien sich nun viel wohler im Elbenheim zu fühlen und auch sein Bruder sprach die Zeilen, das Weinglas in der Hand, mit. Und – wusch – da kam das erste Lebensmittel in Richtung der Elben (und Gandalf) geflogen.
„Oh, der Knecht hat einen Kater frech, spielt Fiedel ganz behände-"
Die passenden Bewegungen durften natürlich auch nicht fehlen. Der Boden bebte beinahe von dem energischen Rhythmus. Oder der Tisch? Linda grinste nur und fuhr fort, zu stampfen.
„-sein Bogen sägt die Saiten quer!"
Kíli führte die Essensschlacht nur zu gerne weiter. Anfixieren und Spitzohren treffen, so einfach ging das!
„Mal quietscht sie hoch – mal brummt sie tief-"
Die Elben sahen ziemlich geschockt aus, doch unternahmen sie nichts.
„-in Sicht ist gar kein Ende!"
Bofur wäre ein fantastischer Kinderentertainer, dachte das Mädchen, als sie ihn dort auf dem Stein tanzen sah.
„Der Kater spielt Heidel-didel-dum auf der Fiedel, als rief' er die Toten herbei!"
Rechts von ihr hatte Bifur nicht wirklich ein Rhythmusgefühl, er schlug einen nicht vorhandenen Takt an. Aber auch er war mit Freude dabei – soweit sie dies aus dem grimmigen Gesicht herauslesen konnte.
„Er sägt und spielt die Töne schnell-"
Immer schneller und schneller und lauter ging es und immer mehr Geschosse flogen durch die Luft. Aus dem Grunde, dass sie nach diesem hier sowieso vom Essen verbannt werden würden, nahm Linda sich selbst ein Gebäckstück und warf es in keine bestimmte Richtung. Zu versuchen, jemanden zu treffen - nein, dafür hatte sie zu viel Respekt vor allen hier.
„-und der Mondmann ruft, es wird schon hell-"
Sie fand großen Gefallen an diesem Tun, weshalb sie es wiederholte – und dann gleich noch einmal.
„-längst schlug die Glocke drei!"
Mit dieser Schlusszeile endete das Lied, was die Zwerge in ein finales, lautes Gelächter und Gegröle ausbrechen ließ. Auch das Mädchen beteiligte sich an diesem Freudenausbruch, sie half Bifur, den Inhalt seines Tellers regenartig über sie alle zu verteilen. Das Lachen der feiernden Zwerge konnte man sicher noch bis in weite Ferne vernehmen.
Kíli warf einen Apfel zielgenau auf eine Vogelstatue, wenige Zentimeter von Lindirs Gesicht entfernt.
1161 Wörter, 26.11.2020
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