21
Das leise Rattern des Zuges machte Remus schläfrig und nur noch verschwommen nahm er die vorbeiziehende Landschaft war.
Lily und Sirius jedoch schienen hellwach zu sein und vor allem Lily warf ihm dauernd vielsagende Blicke zu.
Schon den ganzen Tag hatte sie das getan und Remus konnte sich einfach nicht erklären, warum.
Er fragte sich, ob die Blicke mit ihrem Plan zu tun hatten, aber ihn fiel kein Szenario ein, an dem Lily hätte herausfinden können, ob Sirius schwul war oder nicht.
Die ganze Sache beunruhigte ihn sowieso, denn er wollte sich zum einen keine falschen Hoffnungen machen und zum anderen wollte er die Wahrheit gar nicht wissen.
Falls sich bestätigte, dass Sirius nicht schwul war, so wie er es all die Jahre vermutet hatte, würde der Beweis ihn trotzdem verletzten.
Falls er jedoch tatsächlich schwul war, so hatte der Remus keine Ahnung, was er dann tun würde.
Sein ganzer Plan, über seinen besten Freund hinwegzukommen, würde einfach den Bach runter gehen und die Situation zwischen ihnen würde noch unangenehmer werden, als sie ohnehin schon war.
Zusätzlich hatte er keine Ahnung, wie Sirius überhaupt damit umgehen würde.
In der Zaubererwelt wurde Homosexualität zwar deutlich mehr akzeptiert, als bei den Muggeln, doch vor allem reinblütige Zauberfamilien hegten eine Abneigung dagegen, denn so konnte sich der Stammbaum nicht erweitern.
Remus wusste nicht, wie sein Freund zu diesem Thema stand.
Auch wenn Sirius ihn akzeptiert und unterstützt hatte, so konnte es bei sich selbst anders sein.
Er musste selbst einige Jahre mit sich kämpfen, um sich eingestehen zu können, dass er bisexuell war, doch vielleicht würde der Reinblüter sich schneller an den Gedanken gewöhnen können, wenn er Freunde hatte, die ihn unterstützten.
Langsam ging die Sonne unter und die Landschaft draußen vor dem Fenster wurde wilder.
Dicke, weiße Flocken fielen vom Himmel und hinterließen eine dünne Schicht auf den Wiesen.
Es war der erste Schnee des Jahres und der Tag im sonnenbeschienenen Zoo schien auf einmal Tage her.
"Glaubt ihr, der Schnee bleibt liegen? Wir hatten seit Ewigkeiten keinen mehr an Weihnachten."
Trotz der schwachen Beleuchtung konnte Remus die freudige Erwartung in Lilys Gesicht erkennen.
"Hoffentlich", meinte auch Sirius und seine Augen funkelten.
"Oh nein, können wir dieses Jahr nicht mal was anderes machen!"
Die Rothaarige runzelte die Stirn.
"Ihr habt doch nichts gefährliches geplant, oder?"
Die beiden Mitglieder der Rumtreiber lachten.
"Nur eine harmlose Schneeballschlacht. Das ist Tradition bei uns!", versicherte Sirius ihr und sofort wirkte sie entspannter.
"Harmlos? Letztes Jahr hatte Peter eine furchtbare Erkältung, weil ihr ihn so mit Schnee eingerieben habt!"
Der Schwarzhaarige ließ wieder sein bellendes Lachen hören und kriegte sich erst dann wieder ein, als Remus ihm einen Schokofrosch gegen den Kopf warf.
Als sie endlich in Hogwarts ankamen, war es bereits stockdunkel draußen und mittlerweile schneite es so heftig, dass sich alle drei ihre Mäntel kuschelten.
Lily rieb sich die Hände, zitternd vor Kälte und sprang auf und ab während sie auf die Kutschen warteten, die sie endlich ins Warme bringen sollten.
Remus stand lächelnd daneben, obwohl auch er furchtbar fror.
Er liebte Schnee über alles und die Atmosphäre, die gerade herrschte, konnte gar nicht betrüblich sein.
Im Schein der wenigen Lampen, die den Bahnhof beleuchteten, glitzerte der Schnee und die dicken Flocken verfingen sich in seinen langen Wimpern, sodass er immer wieder blinzeln musste.
Hätten sie jetzt noch eine heiße Schokolade getrunken, wäre die Weihnachtsvorfreude perfekt gewesen.
"Wann kommen die Kutschen endlich?", wollte er gerade sagen, doch auf einmal wurde ihm etwas sehr kaltes, nasses ins Gesicht gedrückt.
"Sirius Black!", rief er, als er sich den Schnee aus den Augen gewischt hatte und sofort ein Paar grauer Augen schelmisch aufblitzen sah.
"Na warte", zischte er und formte einen runden Schneeball.
Sein Freund wich lachend aus, als er ihn warf und rannte davon.
Sofort nahm Remus die Verfolgung auf und bald hatte er ihn eingeholt.
Manchmal waren die Folgen seines Werwolfdaseins auch praktisch, denn mit Leichtigkeit hatte er Sirius zu Boden geworfen, der mit Sicherheit nicht schwach war und ihm das Gesicht mit Schnee eingerieben.
Keuchend und lachend ergab er sich schließlich, die Arme abwehrend vor sein Gesicht gehalten.
Schwer atmend blickte Remus auf dem Jungen unter ihm.
Sirius lange Haare waren völlig durchnässt und hingen ihm in Strähnen ins Gesicht, doch er grinste und seine grauen Augen funkelten ihm spielerisch entgegen.
Er rutschte ein wenig nach oben, sodass er auf Sirius' Bauch saß und unterdrückte die Versuchung ihm eine Strähne aus dem Gesicht zu streichen.
Er konnte spüren, wie sein Magen einen Purzelbaum machte, als der Kleinere ihn immer noch direkt ansah.
Remus musste schlucken, denn, verdammt, sah Sirius gut aus, mit seinen hohen Wangenknochen, die nun von der Kälte gerötet waren und den kleinen, grünen Punkten in seinen sonst so grauen Augen, die dem Werwolf jetzt zum ersten Mal auffielen.
"Geh runter von mir, du Idiot!",
protestierte der Schwarzhaarige schließlich und riss damit Remus aus seinen Gedanken.
Noch immer lächelnd versuchte Sirius den Größeren von sich zu drücken, ohne Erfolg.
Remus lachte nur, bei dem verärgerten Blick, erhob sich aber schließlich doch von Sirius Bauch.
Er streckte ihm die Hand entgegen, die der Schwarzhaarige dankend entgegen nahm, und zog ihn hoch.
"Jungs!", rief Lily und deutete auf die pferdelosen Kutschen, die gerade ankamen.
Beide warfen sich einen Blick zu und lachten aus unerfindlichem Grund laut los.
Immer noch nass und grinsend stiegen sie mit Lily in die Kutsche ein, die ebenfalls lächelte, allerdings aus einem anderen Grund, denn schon wieder warf sie Remus diesen vielsagenden Blick zu.
"Uargh", machte Sirius, "Wenn wir wieder in Hogwarts sind, geh ich als erstes in die Badewanne! Ich hab überall Schnee und langsam fängt der an zu schmelzen."
Er schüttelte sich ein wenig, wobei ihm seine feuchten Haare ins Gesicht flogen.
Mit ebenso nassen Fingern versuchte er sie sich aus dem Gesicht zu streichen, gab es dann aber schließlich auf.
Bald konnten sie das riesige Schloss erkennen und Remus wünschte sich nichts sehnlicher, als eine heiße Suppe und sein Bett.
Hey Spargelchen!
Für alle, die keine Ferien haben, zum Wochenendbeginn ein neues Kapitel.
Ich freue mich wie immer über Kritik und Feedback
-Lea
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