Gute Figuren/Charaktere
,,Menschen, die verrückt genug sind zu denken, sie könnten die Welt verändern, sind diejenigen, die es auch tun.''
Charaktere (Figuren) sind der emotionale Anker eines jeden Buches.
Als Leser lernen wir sie kennen, fühlen mit ihnen. Im besten Fall bleiben in unseren Herzen selbst dann, wenn die Geschichte zu Ende ist.
Erfolgreiche Romane, wie die Harry Potter-Buchreihe, haben zumindest immer eines gemeinsam: Einen starken Hauptcharakter, mit dem die Leser mitfühlen und eine gewisse Nähe entwickeln, wie zu einem Freund.
Doch wie gelingt es auch dir einen solchen Hauptcharakter aufzubauen, der deine Leserschaft regelrecht in seinen oder ihren Bann zieht?
Charakterblatt
Es ist sinnvoll, für die wichtigsten deiner Figuren ein kleines Charakterblatt zu erstellen. Dort kannst Du alles notieren, was dir wichtig erscheint. Hierzu können zum Beispiel die äußerlichen Merkmale, Eigenschaften oder die Vorgeschichte der fiktiven Figur gehören. Es ist ratsam dieses Charakterblatt immer zu pflegen und bei Bedarf zu erweitern. Selbst wenn du nicht alle diese Details für dein Buch brauchst, gibst du damit deinen Figuren auf diese Weise mehr Tiefe und so entstehen lebendige Charaktere.
Lass dich von deinen Mitmenschen inspirieren
Die lebendigsten Figuren fühlen sich an wie echte Menschen. Schau dich einmal in deinem Umfeld um.
Welche Menschen aus deinem Leben empfindest du als interessant oder inspirierend und aus welchem Grund?
Ob deine Romanfigur eine getreue Kopie eines anderen Menschen wird oder eher eine Collage aus mehreren Personen bleibt dir überlassen – spiele mit deinen alltäglichen Erfahrungen.
Persönliche Ziele
Wir lieben es, andere Menschen zu beobachten, die ein bestimmtes Ziel erreichen möchten. Das lässt sich auch für die Figurenentwicklung nutzen.
Gib also deiner Figur ein Ziel mit auf den Weg: Sie will unbedingt etwas erreichen, hat einen Traum, einen Wunsch, eine Sehnsucht oder trägt eine große Leidenschaft für etwas in sich.
Dabei kommt es nicht darauf an, wie groß der Wunsch oder das Ziel ist: Das kann ein bestimmter Job sein, ein Haus, eine Fahrt mit dem Heißluftballon, von einer bestimmten Person geliebt zu werden oder die Eroberung neuer Welten.
Wichtig ist nur, dass die Figur mit allen Fasern ihres Herzens das Ziel erreichen möchte. Und die Leser wollen natürlich herausfinden, ob die Figur das schafft, und lesen weiter.
Achtung: Im Laufe einer Geschichte muss das Ziel nicht immer unbedingt gleich bleiben.
Verlier dich nicht in unnötigen äußerlichen Details
Klar, es hilft dir vermutlich, deine Figur vorm geistigen Auge zu sehen. Aber für den Leser ist es nicht zwingend nötig, das Äußerliche deiner Figur zu kennen. Meistens ist es viel schöner, wenn er sich selbst ein Bild von der Figur machen kann. Begehe also nicht den Fehler, dann doch auf Seite 300 deine Figur zu beschreiben. Das würde ganz sicher deine Leser aufregen, weil es nicht mehr zu dem Bild in seinem Kopf passt. Natürlich darfst du aber gern auch das Äußere deiner Figur beschreiben, am besten zu Beginn des Buches. Du musst es sogar dann tun, wenn das Äußere die Geschichte bestimmt. Deine Figur hat rote Haare und wird deshalb immer gehänselt? Sie hat leuchtend grüne Augen und alle Menschen fühlen sich von ihr durchschaut? Solche Auffälligkeiten sollten natürlich beschrieben werden.
Eine große Klappe
Eine Figur zu haben, die anderen gerne ins Gesicht sagt, was sie denkt, kann einer Geschichte unheimlich guttun. Wichtig ist, dass du die Figur so konzipierst, dass ihr bewusstes Anecken einen guten Grund hat. Eine Figur, die bewusst provoziert und die nicht mit ihrer Meinung hinter dem Berg hält, bringt Konflikte ins Rollen und beschleunigt die Dynamik des Plots ungemein. Diese Erfahrung habe ich vor allem in meinem Buch Living Next Door gemacht.
Vergangenheit
Die Vergangenheit deines Charakters ist der Grund, warum deine Figur so tickt, wie sie tickt.
Dabei sind folgende Fragen auschlaggebend:
Wo kommt deine ausgedachte Figur her?
Was hat sie Gutes, was Schlechtes erlebt?
Was hat sie geprägt?
All diese Fragen sollte dann auch im Roman eine Rolle spielen, also deine Geschichte beeinflussen.
Aber aufgepasst: berichte nicht einfach nur, das deine Figur Dies und Das erlebt hat, sondern zeige das darin, wie sie in sie handelt und auf entsprechende Dinge reagiert.
Schwächen
Neben einer unverkennbaren Besonderheit sollte deine Figur eine oder besser mehrere Schwächen haben. Dadurch wird deine Figur menschlich und für den Leser sympathisch. Es können Kleinigkeiten oder Macken sein. Doch diese Schwächen sollten für die Handlung von Bedeutung sein und den Charakter beim Erreichen eines Ziels im Weg stehen. Es ist ratsam, dass Du deine Figur im Verlauf der Handlung einige Schwächen ablegen lässt und so eine Entwicklung stattfindet.
Sprachliche Eigenheiten
Figuren können deinen Leser auch über ihre individuelle Sprache in Erinnerung bleiben. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass sie mit einem Akzent sprechen (z.B. fransösisch) oder immer wieder Worte in einer Fremdsprache einfließen lassen. Das kann aber auch bedeuten, dass sie undeutlich sprechen oder Endungen schleifen lassen („weiß nich") oder Figur spezifische Wörter.
Spezielle Spracheigenheiten einer Figur können mehreren Zwecken dienen:
- Sympathie oder Antipathie für die Figur wecken
- die Person charakterisieren, z.B. Rückschlüsse auf Bildungsstand und Herkunft ermöglichen, Einstellungen zu Personengruppen offenbaren etc. Auch Schweigen offenbart etwas
- Personen während eines Dialoges auseinanderzuhalten
Kenne deine Figur
Wenn ich an Romanfiguren zurückdenke, an die ich mich immer noch erinnere, dann sind das oftmals die, die ich am besten kannte. Und mit kennen meine ich eben nicht, dass ich alle möglichen Dinge auflisten kann, wie das Geburtsdatum oder biografische Details, wie beispielsweise eine Mobbingerfahrung in der Grundschule oder ähnliches. Mit Kennen meine ich, dass ich wusste, wie die Figur sich in bestimmten Situationen fühlte oder fühlen würde. Ich wusste, wie die Figur sich in bestimmten Situationen verhalten würde, noch bevor ich darüber las. Um das zu erreichen musst du deine Figur gut kennen. Am besten erreichst du das, indem du dir Fragen folgender Art stellst:
Wie reagiert meine Figur, wenn sie:
... kritisiert wird?
... gelobt wird?
... herausgefordert wird?
... bedrängt wird?
... belächelt wird?
Zwei Gesichter
Besonders spannend wird eine (Neben-)Figur dann, wenn sie zunächst unsympahisch oder sogar feindselig anmutet, im Verlaufe der Geschichte aber eine gute Seite von sich zeigt und zum unvermuteten Retter in der Not wird. So kann der immer nörgelnde Nachbar sich als größter Tierfreund erweisen. Oder der schlimmste Schurke zum großen Beschützer eines hilflosen Kindes. Diesen Moment, in dem eine Figur ihr zweites Gesicht schließlich zeigt, kannst du sehr wirkungsvoll in Szene setzen, indem du ihn für den Plot deiner Geschichte relevant machst.
Zwischenmenschliche Beziehungen
Es ist denke ich kein Geheimnis, dass zwischenmenschliche Beziehungen in Büchern eine sehr große Rolle spielen. Der Mensch ist ein soziales Wesen, um ihn zu verstehen müssen wir auch sein Verhältnis zu anderen Menschen beleuchten. Wollen wir lebendige Figuren erschaffen, gilt dies auch hier. Wir können sie dementsprechend nicht isoliert von anderen Figuren beleuchten. Vielmehr sollte das Verhältnis der einzelnen Romanfiguren zueinander eine wichtige Rolle bei der Figurenentwicklung spielen. Fasse unterschiedliche Lebensbereiche ins Auge, zum Beispiel die Familie, Bekannte oder berufliche Kontakte und halte fest, wer für deine Figur jeweils von Bedeutung ist.
Welche Beziehungen haben sie geprägt und zu dem gemacht, was sie heute ist?
Welche Feinde und Gegenspieler stehen deiner Figur gegenüber?
Welche Freunde und Unterstützer hat sie?
Der Entwicklungsprozess
Figuren sollen sich im Laufe eines Romans entwickeln. Diesen Spruch haben wir wohl alle schon einmal (oder zweimal, oder hundert Mal?) gelesen oder gehört.
Aber was genau bedeutet dieses „sich entwickeln" eigentlich?
Interessant wird es dann, wenn Figuren an sich selbst, an ihren eigenen Eigenschaften oder Prinzipien oder Umständen scheitern und dieses Scheitern zum Anlass nehmen, sich zu verändern. Eine Figur bekommt nämlich erst dann ein gewisses Maß an Tiefe, wenn sie sich im Laufe des Buches durch gesammelte Erfahrungen verändert. Dies ist ganz natürlich, da niemand nachdem ihm einige Sachen zugestoßen sind, er neue Leute kennenlernt etc. der gleiche Mensch ist. Dabei muss der Unterschied gar nicht zu krass sein. Die Person muss nicht vom schüchternen Mädchen zur selbstbewussten Frau werden. Das geht auch gar nicht, weil der Kern der Person sich nie so stark verändern könnte. Es reicht schon, wenn durch die Entwicklung der Horizont erweitert oder sich eine sehr wertvolle Erkenntnis erhält. Dadurch merkt auch der Leser am Ende, dass die Geschichte sozusagen nicht umsonst war und man etwas mitnehmen kann. Der Charakter ist als Mensch gewachsen und das schließt seine Entwicklung ab.
Konzentriere dich aufs wesentliche
Der letzte und wichtigste Punkt: Überfrachte deinen Charakter nicht!
Bestimmt hast du hunderte tolle Ideen für Charaktereigenschaften, Ziele, Motivationen, prägende Vergangenheitserlebnisse und so weiter. Und auch wenn du all deine Ideen so gerne umsetzen würdest, solltest du übersichtlich bleiben, damit deine Leser eine Chance haben deinen Charakter auch in der Kürze der Zeit kennenzulernen. Du schreibst vielleicht ein oder zwei Jahre an deinem Roman, denkst ständig über die Geschichte nach, bis dich deine Figuren selbst im Traum besuchen. Gelesen sind Bücher aber in wenigen Stunden. Gerade Autoren neigen manchmal dazu, das zu vergessen.
Ich bin mir bewusst, dass dieser Teil besonders lang geworden sind. Aber Figuren/Charakter sind nun mal für ein Buch unglaublich wichtig. Du solltest dir also umbedingt die Zeit nehmen und diese ausführlich alle Figuren bei deinem Schreibprozess herauszuarbeiten.
Liebe Grüße
Natalia
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