Rache ist salzig
„Werft Sie hinaus!"
Entnervt lehnte der Mann sich in einen Schreibtischstuhl und würdigte die zwei Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, keines weiteren Blickes.
Der eine war ein hagerer, älterer Mann der seltsam zerbrechlich wirkte, obwohl selbst der Mann im Schreibtischstuhl kaum andere Menschen kannte, die ihr Anliegen mit mehr Nachdruck und Entschlossenheit vorbringen konnten. Sein langsam ergrauendes Haar war mühsam zurückgekämmt worden und der teure Anzug, den er trug, schien wie ein Überzug, denn der Mann schien sich offensichtlich unwohl darin zu fühlen.
Neben stand eine Frau Anfang dreißig, die mit ihrem eleganten Hosenanzug und dem strengen Dutt verwachsen schien.
Während sie ihn ruhig, aber durchdringend anstarrte, funkelte der ältere Herr seinen Gegenüber an und spie aus:
„Das werden Sie bereuen! Mich einfach hinauszuwerfen wie einen Bettler! Und irgendwann wird auch ein feiner Pinkel wie Sie merken, dass-
„Das reicht, Mr. Colmer.", wies die junge Frau ihren Begleiter entschieden zurecht.
„Wenn Sie wünschen, kommen wir ein anderes Mal wieder, Mr. Wilson."
Die kaum wahrnehmbare Drohung, dass beide garantiert wiederkommen würden, entging dem Angesprochenen, der sich schon abgewandt hatte.
Stirnrunzelnd rief er:
„Ralph! Muss ich denn alles zweimal sagen?"
Wilson schaute ungerührt aus der Glasfront auf den friedlichen Pier, von wo die Seeleute lossegeln und Austern fischen sollten.
Nein, ein Tierliebhaber wie dieser Greenpeace-Aktivist Colmer und eine Schnüfflerin, die seinem ergebenen Buchhalter nicht über den Weg traute, würden sein erträgliches Geschäft garantiert nicht aufhalten.
Kurz entschlossen nahm der Mann das Telefon zur Hand und wählte. Während es tutete, betrachtete er sein Gesicht in der Fensterscheibe.
Er sah nicht im Geringsten beunruhigt aus. Gut.
„Mr. Wilson?"
Der junge Mann am anderen Ende wirkte überrascht.
„Zwei Wochen halbe Fahrt, Mr. Walters."
Der Geschäftsmann hatte bereits aufgelegt, bevor sein Gesprächspartner etwas sagen konnte.
Die nächste halbe Stunde verbrachte er damit, seinen Buchhalter und andere Köpfe seines Koordinierungskomitees einzuweisen, ihnen neue Befehle zu geben und dabei besonders den Buchhalter zu bearbeiten.
Nach getaner Arbeit lehnte sich Wilson in seinen Stuhl zurück und lächelte versonnen, während er begann, in aller Ruhe zusammenzupacken.
Nicht einmal ein Profi würde erfahren, dass es mehr Schürfnetze in seinem Austernbetrieb gab, als er angegeben hatte, wenn jetzt alle ihre Arbeitsanstrengungen für zwei Wochen halbierten.
„Papa, bitte!"
„Wir können gerne schnorcheln gehen, aber nicht bei meinen Austern. Und daran ändert sich auch nichts, wenn du mein Sohn bist!", meinte Mr. Wilson streng.
„Aber-
„Hör auf deinen Vater, William.", unterbrach seine Frau ihren Sohn sanft, aber bestimmt.
„Die Taucher bekämen doch alle graue Haare, wenn du ihnen zu nah an ihre Muscheln kämest."
„Und wenn sie alle weiße Haare kriegen, ich will dort schnorcheln!", meinte der blonde, fünfzehnjährige Junge trotzig.
Mr. Wilson stand so plötzlich auf, dass sein Stuhl nach hinten kippte.
„Auf keinen Fall wirst du dort auch nur einen Fuß in das Wasser setzen – und das ist mein letztes Wort! Du gehst jetzt sofort auf dein Zimmer!"
Der Teenager öffnete schon den Mund, besann sich dann aber eines Besseren, als er sah, wie dem schwarzhaarigen Mann vor ihm die Halsader pulsierte.
Erst kurz vor seiner Zimmertür wagte er zu sagen:
„Und ich werde trotzdem dort schwimmen, du wirst schon sehen!"
Schnell wie ein Wiesel war er in sein Zimmer geschlüpft und schloss rasch die Tür ab, sodass das Gebrüllte:
„Noch ein Wort und du gehst den nächsten Monat nirgendwo hin!", merklich gedämpft wurde.
Beschwichtigend legte Mrs. Wilson ihrem Gatten eine zierliche Hand auf die Schulter.
„Musstest du so streng sein? Ich denke, er hat dich auch beim ersten Mal verstanden."
„Wenn er dabei noch so ein freches Mundwerk haben kann, war ich offenbar noch nicht streng genug."
Abweisend schob er ihre warme Hand von seiner Schulter und starrte weiter bebend auf die Tür, hinter dem sein ungezogener Bengel Schutz suchte.
„Du vergisst da allerdings etwas – besser, jemanden.", sagte sie leise und konnte den Vorwurf dabei nicht aus ihrer Stimme heraushalten.
Überrascht drehte er sich um und seine Wut verpuffte, als er seine kleine Tochter Ann erblickte, die sich ängstlich auf ihrem Stuhl zusammengekauert hatte. Hastig ging er zu ihr und hob sie hoch, wobei er einen Stich in seinem Herzen verspürte, als sie sich möglichst weit weg von ihm lehnte und mit den Tränen kämpfte.
„Alles gut, meine Kleine. Daddy ist bloß ein wenig wütend gewesen, aber jetzt nicht mehr, hörst du?", meinte er sanft und warf sie ein wenig hoch, um sie gleich darauf wieder aufzufangen.
Glücklicherweise war seine Tochter bisher noch relativ leicht zu überzeugen, sodass sie sich bereits wenige Augenblicke später glücklich wieder und wieder hochwerfen ließ.
Da es schon spät war, hatte er eine Ausrede, sein kleines Mädchen ins Bett zu bringen und sich einfach nur neben seine aufmerksame Frau zu setzen und ihre wärmende Gesellschaft zu genießen.
Gedankenverloren spielte er mit ihrem langen, blonden Haar, während sie den Kopf an seine Schulter lehnte.
„Was ist bloß los mit dir?", flüsterte sie irgendwann.
„Es war ein langer Tag heute."
Er seufzte.
Wieder einmal hatte er seine kluge Frau unterschätzt, welche die Lüge sofort enttarnte und dennoch nicht nachhakte. Trotzdem durfte sie die Wahrheit nicht wissen, sonst würde sie noch versuchen, ihm zu sagen, was er auf der Arbeit zu tun und zu lassen hatte. Doch er hatte sich geschworen, beides geflissentlich voneinander zu trennen.
Plötzlich war ihm die sonst so willkommene Anwesenheit seiner Frau unangenehm und so zog er sich unter einem scheinheiligen Vorwand ins Schlafzimmer zurück.
Lange wälzte er sich von einer Seite auf die andere, fiel jedoch nicht in den heißersehnten Schlaf.
Selbst seine recht geduldige Frau hatte sich für ihre Verhältnisse ungehalten gezeigt und die Sorge, sein Sohn könnte seine Worte wahr machen, machte ihn fast wahnsinnig. Doch unter keinen Umständen durfte er ihm seine Worte erneut einschärfen, denn er sollte keine Fragen stellen, die er nicht beantworten konnte. William sollte seinen Vater als einen Mann von aufbrausendem Gemüt und nicht als verhätschelnden Papi sehen, besonders, wenn seine Sorgen fast alberner Natur waren.
Eine Woche war nun seit den Anweisungen an seine Leute verstrichen, und seitdem kämpften die Taucher mit durch die Strömung geringen Erträgen, ungewöhnlich vielen tierischen Räubern und plötzlichen Fällen von verschwundenen Mitarbeitern. Natürlich hatte er sie weiter an die Arbeit geschickt – gewisse Geschäftspartner verließen sich auf einen stetig fließenden Geldstrom – aber seinen William konnte er bei diesen Unruhen unmöglich dort hinschicken. Außerdem würde der leichtsinnige Teenager nur im Weg sein und die Arbeiter behindern.
So beruhigt glaubte er, Schlaf zu finden, blieb jedoch noch lange nach dem Eintreten seiner Frau wach und versuchte, das unangenehme Ziehen in seinem Magen zu verdrängen.
Am nächsten Morgen war Mr. Wilson beunruhigt, aber nicht überrascht, seinen aufmüpfigen Sohn nicht im Haus anzutreffen. Diese Tatsache schlug ihm allerdings so auf den Magen, dass er sich ohne Frühstück zu seinem Arbeitsplatz begab, wobei er seinen Fahrer anwies, einen Umweg zum Pier zu nehmen, wo er William vermutete. Einer der Kapitäne der vielen am Pier vertäuten Boote bestätigte ihm, dass William Wilson auf Geheiß seines Vaters die Erlaubnis hätte, einige der erfahrensten Taucher zu begleiten.
Wüst fluchend herrschte ihn der Geschäftsführer an, ihn sofort zu der Stelle zu fahren, an dem die Taucher hinabgegangen waren und auch wieder auftauchen würden.
Und das würden sie bald, versicherte ihm der sichtlich eingeschüchterte Kapitän hastig.
Doch schon bevor sie die Stelle erreicht hatten, war sie deutlich ersichtlich. Ein zweites Boot lud gerade zwei Gestalten ein, die eine dritte, wesentlich kleinere ohne Tauchanzug bekleidete Silhouette hinaufzogen, die schlaff in ihren Armen hing.
Ohne ein Wort seines Vorgesetzten zu benötigen, drehte der Mann am Steuer bei und nahm Kurs auf das andere Schiff.
„Was ist mit meinem Sohn?!", brüllte Mr. Wilson die kauernden Gestalten an.
Hektische Stimmen waren zu hören, doch er verstand kein Wort über den brausenden Wind, der begann, das Meer aufzuwühlen. Also wiederholte er seine Frage lauter.
„Er ist tot, Sir! Eine verdammte Seewespe hat ihn erwischt, hing in einem der verflixten Netze, die er sich ohne einen Tauchanzug anschauen wollte!"
Taumelnd musste sich der sonst so kräftige Mann an der Bordwand festhalten und starrte wie betäubt ins Leere. Nach einigen qualvollen Sekunden schlug sein Unglaube in hilflose Wut um.
„Fahren Sie mich sofort ans Ufer! Und wenn wir nicht in zwei Minuten dort sind, sind Sie ihre Stellung auf unbefristete Zeit los!"
Tatsächlich dauerte es kaum fünf Minuten, bis er in seinem Büro saß – mit je einem Telefon in der Hand und zwei weiteren auf dem Tisch – und seine vier Gesprächspartner zur Schnecke machte.
„Wie konnte das passieren?! Ich dachte, Sie wären Experten! Ich will, dass sie jede einzelne dieser verfluchten Viecher in den Fischergebieten finden und töten! Und nein-", brüllte er eine Frau an, die widersprechen wollte-
„Mir ist egal, ob die Tiere geschützt werden, sie das nicht verdient haben oder ihre Entfernung Gefahren birgt! Dies hier wird sofort erledigt! Sonst prahlen Sie immer mit Ihrer fragwürdigen Kompetenz, jetzt können Sie zeigen, ob Sie das Geld wert sind, was ich Ihnen regelmäßig in Ihren-
Er beherrschte sich mühsam.
„Was ich Ihnen freundlicherweise jeden Monat zukommen lasse."
Ohne ein weiteres Wort legte Mr. Wilson auf und machte sich umgehend auf den Weg nach Hause, um seine Frau nicht am Telefon von der schrecklichen Nachricht zu unterrichten.
Wie zu erwarten war, war seine Frau völlig aufgelöst und ihr Ehemann – der noch nie gut trösten konnte – hielt sie hilflos in seinen Armen und hoffte, ihre Tränen mögen versiegen.
Als seine Tochter nach Stunden von der Schule heimkehrte, hatten er und seine Frau beschlossen, ihrer Tochter nicht die Wahrheit zu erzählen. Die kleine Ann liebte ihren großen Bruder abgöttisch und würde die grausame Wahrheit nicht verkraften. Stattdessen erzählten sie dem ungläubigen Mädchen, dass William schwimmen gegangen und bisher nicht zurückgekehrt war. Irgendwann würde Ann dann sich selbst eine für sie akzeptable Tatsache weismachen, um über das „Verschwinden" ihres Bruders hinwegzukommen.
Schon den dritten Tag hatte sich Mr. Wilson freigenommen, um zu trauern und seine übriggebliebene Familie abzulenken und zu trösten. Dabei ließ er jedoch nie die Verbindung zu seiner Firma abbrechen und überprüfte mindestens einmal täglich die Gewinne und ob die Quallen aufgefunden und unschädlich gemacht wurden.
Gerade versuchte er, mithilfe von einer Anleitung und seiner Frau eine kleine Leckerei für seine süße Ann zuzubereiten, als ebenjene an seinem Ärmel zupfte.
„Was gibt es, Schatz?", fragte er und versuchte dabei, möglichst unbeschwert zu klingen.
„Können wir an den Strand gehen?"
Der Vater zögerte.
„Bitte! Vielleicht finden wir ja Will!"
Da konnte er natürlich nicht widersprechen, wechselte aber dennoch einen fragenden Blick mit seiner besorgten Frau, bevor er sanft erwiderte:
„Du hast recht, vielleicht finden wir ihn. Aber vor allem werden wir lustige Dinge wie Drachen fliegen machen, okay?"
Er wuschelte ihr durch die kurzen, schwarzen Haare und zum Glück begannen ihre Augen bei dieser Erwähnung zu leuchten.
Den traurigen Ausdruck und die zaghafte Hoffnung in ihren Augen hätte er auch nicht länger ertragen können.
Auf dem Weg zu einem weniger stark befischten Strandgebiet ging der Familienvater noch einmal in sein Büro.
„Ich will, dass hier umso härter gearbeitet wird. Der Verlust durch die verstrichenen Stunden vor einigen Tagen müssen aufgeholt werden. Außerdem darf die Konkurrenz keinen Anlass zu einem Skandal haben können. Also, ich erwarte doppelt so engagierten Einsatz!", schärfte er seinem Vertreter ein, der es sich für seinen Geschmack schon zu bequem auf seinem Schreibtischstuhl gemacht hatte.
„Wie Sie wünschen, Mr. Wilson.", meinte der mit für seinen Gegenüber nicht hörbaren Spott.
Der trauernde Trottel wusste ja nicht, dass die Leute unter seiner Anweisung schon längst angefangen hatten, ihr Austerngebiet drastisch zu vergrößern und den Gewinn durch mehr Arbeit und gewisse „Geschäfte" verdreifacht hatten.
Wieder am Küstenabschnitt gingen die drei einträchtig am Strand entlang, weg von den vielen Booten an ein unscheinbares, leeres Fleckchen Ufer und ließen den Drachen steigen. Die ganze Szenerie hätte friedlich wirken können, würde die kleine Ann nicht ständig über das Wasser schauen. Zudem kämpfte Mrs. Wilson mit den Tränen, während ihr Mann den Haltegriff so stark umklammert hielt, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. Nur die kleinen, warmen Hände seiner Ann, die zwischen seinen Armen stand, hinderten ihn daran, die Beherrschung zu verlieren und den Ausflug abzubrechen.
„Will!", schrie das Mädchen plötzlich, schlüpfte unter seinen Armen hindurch und rannte auf das Ufer zu, bevor ihre Eltern reagieren konnten.
Abgesehen von einigen kleinen Wellen, konnte der Familienvater nichts und niemanden sehen.
„Was ist los, meine Kleine? Ich kann ihn nicht sehen."
Beunruhigt sah er zu, wie sie auf das aufgewühlte Wasser zulief und begriff erst, dass sie nicht an der Wasserlinie haltmachen würde, als sie schon mit einem Fuß im Wasser stand.
„Ann, komm bitte da vom Wasser weg!", rief ihre Mutter.
„Aber er ist da, ich habe ihn ganz sicher gesehen!"
Plötzlich verschwand sie, als hätte ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen.
Einen Moment lang stand er wie erstarrt, dann ließ er den Drachen los und stürmte in die stärker werdenden Fluten.
Entsetzt hörte er sich rufen:
„Ann! Daddy holt dich da raus! Halte nur noch ein wenig durch!"
Er hatte die Stelle fast erreicht, an der seine Tochter verschwunden war, als er mit einem Fuß ins Leere trat und sich nur mühsam strauchelnd vor einem Sturz retten konnte.
Kopflos vor Angst steckte er seinen Kopf in die salzigen Fluten und versuchte etwas zu erkennen, doch der Meeresschaum und das Brennen in seinen Augen machte es unmöglich, mehr zu erkennen, als aufgewirbeltes Wasser.
Prustend richtete er sich wieder auf.
„Ann! Ann, Kleines! Ann!"
Die einzige Antwort bestand aus dem wütenden Krachen brechender Wellen, die ihn ebenfalls in ihre tödlichen Tiefen ziehen wollten.
Stunden später bargen zwei Taucher aus seinem Unternehmen das kleine Mädchen, denn Mr. Wilsons Handy hatte irreparable Schäden durch das salzige Wasser erhalten, sodass sie zu Fuß Hilfe holen mussten.
„Sie ist gestürzt, hat sich dabei das Bein gebrochen und ist schließlich ertrunken. Das Meer hat die Kleine so weit weg vom Unfallort getragen, dass wir sie fast nicht gefunden hätten.", sagte einer der Taucher leise.
Während seine Frau schluchzend den kleinen Körper umarmte, fühlte er sich leer und unendlich müde.
Kraftlos bat er einen der Helfer um ein Handy und rief seinen Vertreter an, der ihm die zwei Menschen in sein Büro ordern sollte, die er nie wieder zu sehen geglaubt hatte.
Wie betäubt ließ er sich von seinem Fahrer zu dem klobigen Gebäude fahren und suchte fahrig nach dem Schlüssel, der ihn zu den Aufzeichnungen über die Schwarzarbeit führen würde, die er geführt hatte, um nicht von seinen Arbeitern über das Ohr gehauen zu werden.
Er war voll trocknendem Salz und begann bereits, anzulaufen, aber immerhin war er nicht in den Fluten verloren gegangen. Merkwürdig apathisch stieg er die Stufen zu seinem Büro hinauf und schickte seinen wütenden Vertreter hinaus, ohne auf dessen Verwünschungen oder seinen Bemerkungen über Respektlosigkeit zu beachten.
Keine Viertelstunde später trafen die beiden ein und erschraken sichtlich.
Kein Wunder; aus dem beeindruckenden, unergründlichen Gegenüber war ein klatschnasses, zusammengesunkenes Häufchen Elend geworden.
„Was wollen Sie?", zischte Mr. Colmer, der sich als Erster erholt hatte.
„Eine Schuld begleichen.", erwiderte der Gefragte müde.
„Das Meer selbst scheint mir mein Geschäft und meine Gier übel zu nehmen und hat mir in wenigen Tagen meinen Sohn und meine Tochter genommen. Vielleicht kann ich es irgendwie besänftigen, damit es nicht noch mehr meiner unschuldigen Mitarbeiter in den Tod reißt. Darum gebe ich Ihnen diese Papiere."
Er deutete auf drei Stapel ordentlich gehäufter Ordner.
„Links finden sich die Ihnen bekannten Interaktionen. In der Mitte die, die Ihnen bisher unbekannt waren. Und rechts meine gesamten Geschäftspartner. Machen Sie damit, was Sie wollen, nur, lassen Sie mich gehen. Ich bin durch den Tod meiner Kinder mehr gestraft, als ein Gericht es je könnte und ich will mit diesen Geschäften nichts mehr zu tun haben."
Fassungs- und sprachlos starrten die beiden den sonst so verschlossenen und widerspenstigen Mr. Wilson und gierig die Ordner an, sodass sie die merkwürdige Begründung – das Missfallen des Meeres – nur am Rande mitbekamen.
Wie Raubtiere stürzten sie sich auf die Unterlagen, als ihnen der gebrochene Mann die Erlaubnis dazu erteilte und bekamen so erst mit, dass Mr. Wilson verschwunden war, als sie ein Auto davonfahren hörten.
Innerhalb der nächsten Wochen suchten Mr. Colmer und seine Begleiterin vergebens nach dem Mann, fanden jedoch keine Spur von ihm. Irritiert, aber keineswegs beunruhigt - sie hielten diesen gebrochenen Menschen für ungefährlich - krempelten sie im gleichen Moment das Unternehmen zu einem Wasserschutzgebiet um und trieben dort mithilfe von einem Großteil des Gewinns der ursprünglichen Firma Projekte wie „Ocean Cleanup" maßgeblich an.
Doch trotz dieser vorbildlichen Veränderungen vergaßen weder Mr. Wilson noch das Meer, das Blut an den Felsen in den Wassermassen klebte.
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Die Inspiration stammt von "Schreibspiele von Panem" und dem Lied "Blood in the Water" von grandson. Diese Geschichte soll vor Augen führen, wie hoch der Preis für die eigene Gier sein kann.
Nuoli
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