10. No money and other problems
Nachdem wir alle fünf frustriert und durchgefroren in Peters Haus eintrafen, setzten wir uns vor den großen Kamin im Wohnzimmer, da das Holz noch ein wenig glühte. Sich aufzuwärmen war jetzt das Wichtigste, bevor wir zu anderen Dingen übergehen konnten. Meine Finger fühlten sich eisig an und die Klamotten schienen klamm zu sein. Hoffentlich hatte ich mir keine Erkältung eingefangen.
Zu unserer großen Überraschung schien der Hausherr noch wach zu sein, denn wir vernahmen plötzlich Schritte und kurze Zeit später stand Peter vor uns.
„Guten Abend", begrüßte er uns freundlich, während er ein Tablett, bestückt mit sechs Teetassen und einer großen Teekanne vor uns auf dem Tisch abstellte.
Konnte er Gedanken lesen? Das war genau das, was ich jetzt brauchte!
„Guten Abend", murmelten wir alle fünf mit zerknirschten Stimmen vor uns hin.
Während Peter den Tee einschenkte, sagte er seufzend: „Das hört sich nicht so an, als ob es gut gelaufen wäre."
Anschließend nahm er in einem großen Sessel Platz, welcher zu meiner Linken stand.
„Was ist passiert?", hörte ich ihn fragen, als ich den heißen Tee vorsichtig in kleinen Schlucken trank.
„Sie ist nicht aufgetaucht", antwortete Liam.
„Oh", machte Peter und schüttelte dann seinen Kopf. „Ich glaube, ihr seid einfach nur an der Kugel vorbei gelaufen."
„Vielleicht, aber du hast uns doch gesagt, dass sie gerne zu jemandem kommen würde, der eine gute Tat begangen hat. Aber das hat sie wohl nicht interessiert", ließ Louis sich vernehmen.
Nun schaute Peter in die Runde. „Und wer von euch war das?"
„Niall." Harry zeigte sofort auf mich.
Peter seufzte leicht, bevor er zu einer weiteren Erklärung ansetzte. „Wenn die Kugel zu weit weg war, kann sie nicht zu demjenigen gelangen, der eine gute Tat begangen hat. Das heißt, ihr wart wahrscheinlich außerhalb des Radius."
„Welcher Radius?", fragte Zayn erstaunt.
„Nun, diese Kugeln können wohl erkennen, wenn menschliche Wesen sich ihnen nähern, allerdings nur innerhalb einer bestimmten Reichweite. Jedenfalls hat Isabel es mir so erzählt."
„Weißt du, wie groß dieser Radius ist?", wollte ich wissen.
„Ungefähr zweihundert Meter."
„Pah, da müssen wir aber mächtig an ihr vorbei gelaufen sein!", meinte Harry entrüstet.
„Knights Bridge ist groß", war alles, was Peter darauf erwiderte.
Dann nahm er einen Schluck aus seiner Teetasse und fragte: „Wann und wo müsst ihr morgen nach ihr suchen?"
„Du meinst wohl eher nachher", kam es von Liam, der prompt den Zettel aus seiner Hosentasche hervor holte, um Peters Frage zu beantworten. Stirnrunzelnd blickte Liam auf das weiße Blatt Papier, um dann seinen Kopf zu heben und mit bebender Stimme zu verkünden: „Hier steht, dass sie nur am ersten Sonntag im Monat auftaucht! Also fällt die Suche nachher aus."
„Was?" Louis sprang von seinem Sessel auf und begann plötzlich im Zimmer auf und ab zu laufen.
„Das geht doch nicht! Dann hat Zayn nur noch eine Chance!", schnaufte er vor sich hin.
So sah es wohl aus. Schlecht für Zayn aber gut für mich, denn ich war mit Lizzy verabredet. Jedenfalls hatte ich jetzt nicht das Problem meinen Bandkollegen erklären zu müssen, weshalb ich an der nächsten Suche nicht teilnehmen würde. Trotzdem bekam ich ein schlechtes Gewissen Zayn gegenüber. Er hatte nur noch eine einzige Chance und die musste und würde ich auch nutzen. Denn wenn jemand diese Kugel einfangen konnte, dann wohl ich. Beruhigend legte ich ihm nun meine Hand auf die Schulter.
„Ich fange sie am Montag für dich, Zayn. Hab keine Angst, das wird schon klappen", versprach ich ihm mit entschlossener Stimme.
„Tja, Niall, was anderes wird dir auch nicht übrig bleiben", stellte Harry fest.
Ich nickte nur, denn diese Bürde auferlegt zu bekommen, war nicht gerade das, was ich mir gewünscht hatte. Aber da es nicht zu ändern war, musste ich wohl mein Bestes geben.
„Wo müssen wir denn am Montag danach suchen?", erkundigte ich mich.
„Von zwölf bis sechzehn Uhr in einer Bibliothek", lautete Liams Antwort.
Genervt verdrehte ich meine Augen. Das würde bestimmt wieder chaotisch werden!
„Und in welcher Bibliothek ist das?", hörte ich Louis fragen.
„In der Senate House Library, in der Malet Street."
„Das ist in der Nähe des Britischen Museums", versuchte Peter uns aufzuklären.
Da wir jedoch keine Ahnung hatten, wo dieses sich befand, schauten wir ziemlich ratlos drein.
„Zeigt mir mal bitte euren Stadtplan", forderte unser Gastgeber uns nun auf.
Für uns war eigentlich nur wichtig, wie weit die Oxford Street und Peters Arbeitsstätte davon entfernt lagen, denn es konnte durchaus knapp mit unserer Rückreise werden, wenn diese Bibliothek sich am anderen Ende der Stadt befinden sollte. Glücklicherweise war das aber nicht der Fall. Die Oxford Street war gar nicht so weit entfernt und der Waschsalon lag ebenfalls recht günstig, sodass wir dahingehend nichts befürchten mussten.
Nachdenklich saßen wir noch eine Weile vor dem wärmenden Kamin und beobachteten, wie das Feuer langsam erlosch.
„Leute, ich geh dann mal schlafen", sagte ich, nachdem ich meinen Tee ausgetrunken hatte.
Meine Bandkollegen folgten mir kurz danach und holten mich sogar ein, als ich mit langsamen Schritten die Treppe nach oben ging.
„Was machen wir denn morgen?", fragte Liam unternehmungslustig.
Ein Grinsen machte sich auf meinem Gesicht breit, als ich antwortete: „Ich habe schon etwas vor. Ich bin gegen drei mit Lizzy bei ihr zuhause verabredet und später gehen wir auf ein Konzert im Apollo Theatre."
„Cool! Welches denn?", wollte Zayn wissen.
„U2".
„Du bist ein Glückspilz", meinte Louis kopfschüttelnd. „Aber ich gönne es dir, Nialler."
Bevor wir jedoch dazu kamen, uns eine Gute Nacht zu wünschen, hörten wir Harrys zerknirschte Stimme.
„Ich habe ein Problem, Leute."
Alle drehten sich nun in seine Richtung und schauten ihn an.
„Ich dachte eher, ich hätte das Problem", ließ Zayn sich sarkastisch vernehmen.
Liam wies ihn jedoch sofort zurecht. „Lass Harry einfach ausreden, ok?"
Mit diesen Worten legte er eine Hand auf Lockenköpfchens Schulter und fragte: „Welches denn?"
Harry schluckte kurz, bevor er leise zu sprechen begann. „Ich hab keine Kohle mehr. Nur noch zwei Pfund."
„Was?!" Wir sagten es alle Vier gleichzeitig, während wir ihn erstaunt ansahen.
„Aber was hast du denn mit deinem Geld gemacht?", fragte ich verblüfft.
Harry und ich hatten die meiste Zeit zusammen verbracht aber ich besaß noch vierzig Pfund, mit welchen ich auch über die Runden kommen würde.
„Ich bin mit Crissy ausgegangen und habe sie natürlich immer eingeladen", verteidigte sich unser Lockenkopf.
„Mensch, Styles, du hast vielleicht Nerven!", brummte Liam.
„Ja, und vor allem kannst du vergessen, dass wir dich bis Montag durchfüttern können, denn unser Budget reicht wohl für jeden gerade so aus", meinte Louis.
„Aber wir können doch Harry nicht verhungern lassen!"
Es war Zayn, der das von sich gab und er hatte absolut Recht. Jetzt blieb nur noch die Frage offen, wie wir an Geld gelangen sollten, ohne eine Bank auszurauben oder sonstige krumme Geschäfte zu machen. Fieberhaft begann ich zu überlegen, wie die anderen wohl auch, doch als ich schon aufgeben wollte, durchzuckte ein Gedanke mein Hirn. Es war so naheliegend, das zu tun, was wir am besten konnten: Singen.
„Leute, ich hab's", sagte ich mit entschlossener Stimme. „Wir gehen morgen in den Hyde Park und singen den Leuten was vor."
Zuerst schauten mich alle anderen entgeistert an, doch dann meinte Louis: „Die Idee ist gar nicht so dumm. Ich glaube, wir werden schon ein paar Pfund auftreiben können, zumindest soviel, dass es für Harry reicht."
„Es würde noch besser funktionieren, wenn du eine Gitarre hättest, Niall", meinte Zayn grinsend.
Dass er überhaupt noch lachen konnte, wunderte mich wirklich sehr. An seiner Stelle wäre ich sicher am Boden zerstört gewesen, doch Zayn gab die Hoffnung wohl nicht auf. Meine Gedanken schweiften nun zum Thema Gitarre, aber dafür war die Lösung höchst einfach.
„Ich leihe mir Lizzys Gitarre", sagte ich grinsend.
„Dann solltest du sie aber morgen früh holen, denn wenn du mit ihr nachmittags verabredet bist, müssen wir wohl vorher singen", gab Liam zu bedenken, was mir durchaus einleuchtete.
„Ok, dann lasst mich nach dem Frühstück ins West End fahren, ich hole die Gitarre und wir dampfen anschließend ab in Richtung Hyde Park", schlug ich vor.
„Das klingt nach einem guten Plan", meinte Harry zufrieden.
„Können wir jetzt endlich schlafen gehen?", maulte Louis plötzlich, worauf alle eine Gute Nacht ausriefen und in die beiden Zimmer verschwanden.
„Danke, Niall", höre ich Harry murmeln, als ich mir die Bettdecke über den Kopf zog.
„Ich will hoffen, dass es auch funktioniert", waren meine letzten Worte, bevor ich einschlief.
Am nächsten Morgen stand ich bereits um acht Uhr auf, während Harry noch im Tiefschlaf lag. Auch aus dem Nebenzimmer waren noch keine Geräusche zu vernehmen, was mich jedoch nicht wunderte. So suchte ich zunächst das Badezimmer auf, duschte in aller Ruhe und nahm dann im Erdgeschoß mein Frühstück ein.
Heute war es Peter, der die Pancakes und Rühreier zubereitet. Er wunderte sich zwar, dass ich schon so früh auf den Beinen war, doch er fragte mich nicht aus. Alles in Allem war er ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Wir unterhielten uns zunächst über belanglose Dinge aber irgendwann stellte er mir die Frage, auf die ich die ganze Zeit gewartet hatte.
„Welche gute Tat hast du eigentlich begangen?"
Mein Atmen ging etwas rascher, als ich antwortete. „Ich habe vermutlich jemandem das Leben gerettet."
Seine Augen wurden groß und rund. „Vermutlich?", fragte er dann irritiert.
Nun erklärte ich ihm, dass ich ein Mädchen davon abgehalten hätte, zum Harrods Kaufhaus zu gehen, als der Bombenanschlag stattfand. Natürlich erzählte ich ihm nicht, in welcher Form das geschehen war, denn dies ging niemanden etwas an. Es reichte, dass Harry die Einzelheiten der Geschichte kannte.
Peter hörte meinen Ausführungen interessiert zu und meinte dann nachdenklich: „Du bist der Einzige, der Zayn wirklich retten kann. Bitte tu alles, was in deiner Macht steht, sonst ist er verloren."
Mit einem dicken Kloß im Hals verabschiedete ich mich kurz darauf von Peter, um zur U-Bahn zu laufen. Da es Sonntag war und relativ früh, wirkte London noch ein klein wenig ruhiger als sonst.
Gedankenverloren stieg ich in die U-Bahn und dachte mal wieder über Lizzy nach. Warum konnte ich sie nicht einfach mitnehmen? Sie würde es schon verkraften, dass ich im Jahr 2013 zu den berühmten Stars zählte, aber sie würde mich weiterhin um meinetwillen lieben. Ich wollte nichts mehr als das.
Ein Mädchen, dass mich als Niall, den Iren aus Mullingar liebte und vielleicht noch, weil ich eine schöne Stimme besaß und ihr etwas vorsingen konnte, wann immer sie es wollte. Aber mein Leben im Jahr 2013 war so kompliziert, was Beziehungen anging, dass es mir regelrecht davor grauste, wieder zurück zu müssen.
Seufzend stieg ich im West End aus der U-Bahn und legte die wenigen Schritte bis zu dem Haus, wo Lizzy wohnte, im Eiltempo zurück. Dort angekommen betätigt ich die Klingel und wartete einfach, bis Pauls roter Lockenkopf am Fenster erschien.
„Niall?!", rief er verwundert, „was machst du denn um diese Uhrzeit hier?"
„Ich will zu Lizzy!"
Eigentlich hätte er sich das doch denken können. Kopfschüttelnd beobachtete ich, wie Paul das Fenster schloss und kurze Zeit später vernahm ich das Summen des Türöffners. Lizzys bester Freund empfing mich in der oberen Etage mit folgenden Worten: „Sei leise, ich glaube, sie schläft noch."
Grinsend schlich ich nun in Lizzys Zimmer, die tatsächlich noch auf ihrer Matratze lag und selig vor sich hinschlummerte. Ich konnte einfach nicht widerstehen, beugte mich zu ihr hinab und küsste sie leicht auf die Stirn. Nun begannen ihre Augenlieder langsam zu flattern aber bevor sie diese öffnete, murmelte sie schlaftrunken: „Lass mich doch schlafen, ich hab gerade so schön geträumt."
„Von wem denn?", hauchte ich ihr grinsend ins Ohr, was bewirkte, dass sie ruckartig ihre Augen aufriss, um total überrascht in mein Gesicht zu blicken.
„Niall! Wie spät ist es denn?! Hab ich etwa den ganzen Sonntag geschlafen?"
„Beruhige dich, es ist erst kurz nach halb zehn", flüsterte ich ihr ins Ohr.
Lizzy streckte ihre Hände nach mir aus, damit ich sie umarmen konnte, was ich nur zu gerne tat. Kurz darauf versanken wir in einem leidenschaftlichen Kuss auf der Matratze. Es dauerte einige Minuten, ehe ich dazu kam, ihr zu erklären, warum ich so früh bei ihr aufgetaucht war. Doch sie nahm es mit Humor und sagte: „Nimm die Gitarre und bring sie nachher wieder mit. Ich hoffe, ihr habt Erfolg beim Singen."
„Das hoffe ich auch."
Ich küsse sie nun auf die Wange und flüsterte: „Danke, du bist ein Schatz."
„Du auch."
„Ich muss jetzt leider gehen, Lizzy", wisperte ich leise, bevor ich ihr zum Abschied einen Kuss auf die Lippen hauchte, was wie immer ein immenses Kribbeln in meinem Bauch auslöste.
Fünf Minuten später befand ich mich auf dem Rückweg nach Knights Bridge. Als ich endlich Peters Haus erreichte, warteten Zayn, Liam, Harry und Louis bereits vor der Tür. Sie winkten mir freudig zu, als sie mich erblickten und liefen mir dann entgegen. Wir beschossen keine Zeit zu verlieren und sofort zum Hyde Park zu marschieren, um unseren Gesang den vorbeilaufenden Leuten vorzutragen.
Doch vorher beratschlagten wir, welche Lieder wir singen sollten. Ich war für One Thing, Rock me, Little Things, Moments und What makes you beautiful, was meine Bandkollegen ohne weiteres akzeptierten, da ich die Lieder ja auch auf der Gitarre spielen musste.
Ein geeigneter Platz im Hyde Park war schnell gefunden und so legten wir schließlich los, um Harry vor dem Hungertod zu bewahren, wie Zayn sich so schön ausdrückte.
Peter hatte uns einen alten Hut geliehen, welchen wir vor uns auf dem Boden platzierten, damit die Leute das Geld dort hinein werfen konnten. Somit schien alles perfekt zu sein, auch das Wetter, denn es regnete zur Abwechslung mal nicht.
Wir gaben uns wirklich große Mühe beim Vortragen unserer Lieder und es dauerte gar nicht lange, bis eine beträchtliche Menschenmenge sich um uns versammelt hatte, die auch durchaus bereit war, Geld für unseren Gesang herauszurücken.
Binnen einer halben Stunde hatten wir eine Summe zusammen, die ganz sicher ausreichen würde, um Harry heute und morgen satt zu bekommen. Die Vorstellung, dass die Leute ein kurzes Gratiskonzert einer der berühmtesten Boy Bands der Zukunft erhielten und dies nicht wussten, ließ mich innerlich schmunzeln. Alles, was wir hier erlebten, war total verrückt und kein Mensch würde uns das jemals glauben. Insgesamt nahmen wir fünfzig Pfund ein, die Harry dann überreicht bekam.
„Du schuldest uns was", sagte Louis grinsend, der ihm das Geld in die Hand drückte.
„Was denn?", fragte Harry verblüfft.
„Na jeder von uns bekommt im Jahr 2013 zehn Pfund von dir, weil wir alle gemeinsam das Geld verdient haben, dass du nun auf den Kopf hauen wirst!"
Liam, Zayn und ich begannen schallend zu lachen, als wir Harrys entsetztes Gesicht sahen.
„Das war nur Spaß", meinte Louis und klopfte Lockenköpfchen auf die Schulter, der erleichtert aufatmete.
Nach dieser Aktion machten wir uns wieder auf den Weg nach Knights Bridge, wo ich zunächst die Gitarre in meinem Zimmer in Sicherheit brachte. Anschließend fuhren wir zu McDonalds in die Oxford Street, um unsere Bäuche voll zu schlagen. Da ich relativ zeitig gefrühstückt hatte, knurrte mein Magen wie zu erwarten ziemlich heftig.
Nach dem Essen beratschlagten Zayn, Louis, Liam und Harry, wie sie den restlichen freien Sonntag verbringen sollten, während ich mich verabschiedete und mich auf den Weg zurück nach Knights Bridge machte. Dort wollte ich ein T-Shirt mit U2 Aufdruck, passend zum heutigen Konzert anziehen und außerdem Lizzys Gitarre mitnehmen. Ich freute mich wahnsinnig auf dieses Konzert aber vor allem darauf, Lizzy sehen zu können.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, machte ich mich mit der Gitarre in der Hand auf den Weg ins West End. Nun war die U-Bahn wesentlich voller, als am Morgen und ich musste mich regelrecht hineinquetschen und gleichzeitig aufpassen, dass dem Musikinstrument nichts passierte. Glücklicherweise ging alles gut und ich atmete erleichtert auf, als ich die U-Bahn endlich verlassen konnte.
Keine zehn Minuten später stürmte ich in Lizzys Zimmer, nachdem Paul mir die Tür geöffnet hatte. Ging dieser Typ eigentlich nie aus dem Haus? Da mir das jedoch herzlich egal sein konnte, begrüßte ich nun Lizzy mit einem langen Kuss, den sie erwiderte.
„Ich hab schon auf dich gewartet", sagte sie lächelnd.
„Ich bin doch pünktlich, oder nicht?", entfuhr es mir sofort.
„Klar. Wie ist es denn mit eurem Gesang gelaufen?", wollte sie nun wissen.
„Super! Wir haben fünfzig Pfund eingenommen", brachte ich stolz hervor.
Lizzy fielen daraufhin fast die Augen aus dem Kopf. „Was?! So viel? Dann müsst ihr aber echt gut sein!"
„Na ja, die Leute in der Zukunft sehen das auf jeden Fall so", erwiderte ich schelmisch grinsend.
Nach diesem kurzen Gespräch machten wir es uns auf der Matratze gemütlich, denn wir hatten noch massig Zeit, bevor wir in Richtung Apollo Theatre aufbrechen mussten. Lizzy schnitt nun ein Thema an, welches mir gar nicht behagte.
„Wann genau musst du eigentlich wieder nach Irland zurück?", erkundigte sie sich.
In jenem Augenblick spürte ich eine tiefe Trauer in mir aufsteigen, denn wenn ich morgen zurück ins Jahr 2013 reiste, würde ich sie nie wieder sehen.
„Morgen", murmelte ich mit gesenktem Kopf vor mich hin.
„Morgen schon?"
Ich sah in ihren Augen, dass sie ebenfalls traurig darüber war, doch sie versuchte dass zu tun, was jeder normale Mensch getan hätte, nämlich den Kontakt mit mir zu halten.
„Du kannst mir doch deine Adresse geben und dann können wir uns schreiben oder ich besuche dich mal in Irland, wenn ich genug Geld für den Flug gespart habe."
Es brach mir fast das Herz und ich konnte nur mit größter Mühe meine Tränen unterdrücken, als ich sie so reden hörte. Aber was sollte ich nun tun? Ich konnte ja wohl schlecht sagen, dass ich meine Adresse nicht herausrücken würde, nachdem wir miteinander geschlafen hatten. Dann würde sie mich erst recht für den größten Arsch der Welt halten. Abgesehen davon wären unsere letzten gemeinsamen Stunden dann sicher keine schöne Zeit mehr. Es würde in einer Art Rosenkrieg ausarten und das wollte ich unbedingt vermeiden.
Schweren Herzens schrieb ich ihr meine Adresse in Mullingar auf einen Zettel. Eine Anschrift, von der ich genau wusste, dass ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht dort lebte. Eigentlich hatte ich keine Ahnung, ob dort im Jahr 1983 überhaupt ein Haus existierte aber mir blieb keine andere Wahl, da ich sie nicht verärgern wollte.
„Kannst du mir deine Telefonnummer auch aufschreiben?", fragte sie lächelnd.
„Kann ich machen aber sie wird nicht funktionieren, erst in der Zukunft", antwortete ich wahrheitsgetreu.
„Niall, du bist so lustig, ehrlich." Lizzy lachte vergnügt, denn wie immer nahm sie mich nicht ernst, wenn ich über dieses Thema sprach.
Also schrieb ich meine Handynummer unter die Adresse und überreichte ihr anschließend den Zettel.
„Wenn du mich in dreißig Jahren mal anrufen willst, wird sie funktionieren", sagte ich mit einem schwachen Grinsen im Gesicht.
Es tat so weh, einem Mädchen, das ich wirklich gern hatte, so etwas anzutun. In jenem Augenblick hasste ich mich dafür aber wie hätte ich es ändern sollen?
„Meine Adresse hast du ja und die Nummer auch", hörte ich sie sagen und beobachtete, wie sie mein Geburtsdatum unter die Telefonnummer schrieb.
„Schreib mir dein Geburtsdatum bitte auch auf", bat ich sie nun.
Ich wusste nicht, warum ich dieses unbedingt haben wollte, doch etwas in meinem Innersten verlangte danach.
„Hast du den Zettel mit meiner Adresse und Telefonnummer dabei?", wollte sie wissen.
Nickend holte ich diesen aus der Tasche meiner engen Jeans, um in ihr zu reichen. Lizzy kritzelte ihr Geburtsdatum unter die Adresse, faltete den Zettel wieder zusammen und überreichte ihn mir grinsend mit folgenden Worten: „Ich habe im Juni Geburtstag, du hast also noch reichlich Zeit, um eine Karte zu schreiben."
Im Jahr 1983 schrieb man sich also Geburtstagskarten. Eigentlich hätte ich mir das denken können, denn es gab ja kein Internet oder Handynetz. Somit fielen E-Mails, SMS und WhatsApp wohl aus. Diese Menschen wussten gar nicht, was ihnen alles entging!
Lizzy erhob sich nun kurzzeitig von der Matratze, um das Radio an ihrer Stereoanlage einzuschalten. Nachdem sie den gewünschten Sender gefunden hatte, verkündete sie grinsend: „Das musst du dir jetzt leider antun, Niall. Ich höre immer vor Weihnachten die Top 20 aus den britischen Charts. Aber so wie es aussieht, habe ich den Anfang verpasst."
„Ich werde es überleben", erwiderte ich lässig.
Nun war ich echt gespannt, was die Charts im Jahr 1983 zu bieten hatten.
„Auf Platz dreizehn ist Bonnie Tyler mit Total eclipse of the heart", vernahm ich die Stimme des Moderators.
Das war jetzt wirklich ein dummer Zufall, den diesen Song kannte ich nur zu gut. Wir hatten ihn während unserer Auftritte der X Factor Staffel im Jahr 2010 performt.
„Ich liebe diesen Song", sagte ich erfreut.
„Echt? Ich auch!", kam es von Lizzy, die sich jetzt wieder an mich kuschelte.
Nur zu gerne nahm ich sie in meine Arme, denn die Stunden, welche wir noch gemeinsam miteinander verbringen konnten, vergingen viel zu schnell. Gespannt hörte ich nun zu, wer sich in den Top 10 behaupten konnte. Es waren durchaus ein paar bekannte Namen dabei, die auch mir etwas sagten. David Bowie, The Police, Rod Stewart und UB 40 kannte ich. Als jedoch der erste Platz verkündet wurde, verzog ich angewidert mein Gesicht, denn dieser wurde von Culture Club belegt, jene Band, in der Boy George der Sänger gewesen war. Die Leute schienen ja wirklich an Geschmacksverirrung zu leiden!
Nachdem die Sendung im Radio zu Ende gegangen war, schielte Lizzy in Richtung Gitarre.
„Spielst du mir nochmal In these arms vor?", fragte sie lächelnd.
Da konnte ich wohl kaum nein sagen. Schmunzelnd griff ich nach der Gitarre und sang zu der Rockballade, deren Text ich inzwischen im Schlaf beherrschte, genauso wie die Noten der Musik. Ich konnte in ihren Augen sehen, wie sehr sie diesen Song liebte und ich hätte ihr diesen jeden Tag vorgespielt und dazu gesungen, wenn die Möglichkeit bestanden hätte, hier zu bleiben.
Als ich den Song beendet hatte, schaute Lizzy auf die Uhr.
„Wir sollten uns langsam fertig machen und zum Apollo Theatre fahren", meinte sie.
Mein erster Konzertbesuch im Jahr 1983 stand also an. Ich war schon mächtig gespannt darauf.
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Wie fandet ihr die Gesangseinlagen der Jungs im Hyde Park? Stellt euch mal vor, einfach so ein Gratis-Konzert von 1D zu bekommen. Das wäre traumhaft!
Tja, wieder nichts mit der Kugel und nur noch einen Versuch. Ich würde sagen, das schmälert Zayns Chancen beträchtlich.
Niall und Lizzy hingegen freuen sich auf das Konzert. :)
Ich hoffe, ihr mochtet das Kapitel und freut euch auf das nächste. Eigentlich wollte ich schon in der vergangenen Nacht updaten, doch Watty hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Seiten konnten nicht richtig geladen werden. Nun ja, auf jeden Fall ist das Kapitel jetzt da.
LG, Ambi xxx
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