Kapitel 10
,,Du willst was?",riefen Julian und Snow wie aus einem Mund.
,,Ich will nur bei Miss Winter einbrechen, den Schlüssel fürs Archiv holen, und ins Archiv einbrechen." Lilya verdrehte die Augen. Hätte sie die Reaktion der anderen nur voraussehen können, hätte sie ihre Freunde niemals um Hilfe gebeten.
Oliver stand schweigend am Mittagstisch und hatte seine Hände in seinen Hosentaschen. ,,Ich weiß nicht",sagte er schließlich.
,,Lil, du gefällst mir immer besser!",rief Shira und grinste spitzbübisch.
,,Du willst ihr nicht etwa helfen?",sagte Oliver. ,,Wenn das herauskommt fliegen wir von der Schule."
,,Ich werde ihr helfen!",rief Shira leise, damit keiner der Umstehenden von den Plänen erfuhr. ,,Ich fliege außerdem nicht von der Schule, oder habt ihr jemals einen fliegenden Wüstenfuchs gesehen?"
Julian schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und sagte:,,Bin dabei, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob das gut, oder dumm ist..."
,,Wohl eher beides, aber ich helfe." Snow lächelte.
,,Danke",sagte Lilya erleichtert.
,,Ich komme auch mit",sagte Sam schüchtern.
,,Okay." Alle sahen Oliver fragend an.
,,Ich muss es mir überlegen",sagte er und ging.
Lilya zuckte mit den Schultern. ,,So ist er meistens",sagte sie dann.
,,Wenn du das sagst...?",sagte Julian vorsichtig.
Snow legte Lilya eine Hand auf die Schulter. ,,Ich finde du und Oliver müsst miteinander reden und alles klären."
,,Danke, aber nein danke." Lilya schwieg. ,,Treffen wir uns heute um 23:00 Uhr auf der Haupttreppe?"
Alle nickten.
Lilya lächelte. ,,Danke."
Als sie mit dem Essen fertig waren, gingen sie wieder zur Lichtung, da Mittwoch war, was bedeutete, dass sie Überleben im Freien hatten.
,,Heute üben wir das Jagen!",sagte Miss Winter. ,,Ihr geht zu zweit in das eingegrenzte Waldgelände, und füllt unsere Schulvorräte auf, die wir brauchen, falls es eine Hungersnot geben sollte."
Lilya verdrehte die Augen. ,,Und was ist mit Sam?",fragte sie.
Miss Winter überlegte und sagte:,,Er kann...Kräuter sammeln für... die Krankenstation?"
,,Hat sie nicht daran gedacht, dass wir Malträgern begegnen könnten?",knurrte Shira.
,,Anscheinend nicht",sagte Oliver tonlos.
,,Leute: Sam sammelt mit mir, da er Gefahren begegnen könnte, Shira und Julian jagen, und Oliver, Lilya und Snow." Miss Winter verwandelte sich schnell in einen Adler und Sam sich in einen Hirsch, und sie machten sich auf den Weg. Lilya überlegte kurz, welches Tier sie nehmen könnte, und entschied sich kurzerhand für einen Wolf.
Lilya ließ sich ächzend auf ihr Bett fallen. Shira und Snow taten es ihr gleich. ,,Ich hätte echt nie gedacht, dass Jagen so anstrengend ist!",murrte Shira ärgerlich. Sie hatten Vögeln, Kaninchen, Mäuse und Ratten gefangen, und Sam war sofort schlecht beim Anblick der vielen toten Tiere geworden, sodass er schnell verschwunden war.
Drei Stunden später war Oliver nicht beim Abendessen erschienen, sodass Lilya vermutete, dass sie wohl oder übel auf seine Hilfe verzichten mussten. Den Rest des Abends und der Nacht, las Lilya, lernte, oder spielte mit Shira auf ihrem Handy. Als es zehn vor 23 Uhr war, zogen sich alle drei schwarze Hosen und Sweatshirts an, damit man sie nicht gut erkennen konnte.
Um kurz vor 23 Uhr schlichen Lilya, Shira und Snow aus dem Zimmer. Lilya, als schwarze Katze.
Bei der Haupttreppe warteten bereits Julian und Sam.
,,Ich hoffe, ihr wisst wo Miss Winters Büro ist!",flüsterte Julian.
,,Es ist unten im Lehrerflur",antwortete Lilya. In der Tasche hatte sie ein Draht zum Schlösserknacken dabei.
,,Wie bitte? Könntest du dich bitte zurück verwandeln?",fragte Sam leicht genervt. Stöhnend kam Lilya seiner Bitte nach. ,,Ich weiß wo es ist",raunte sie darauf bedacht, dass niemand etwas von den nächtlichen Plänen erfuhr. ,,Unten rechts im Lehrerflur."
,,Okay." Julian nickte. ,,Und was willst du tun, um da hineinzukommen?"
Lilya winkte ab. ,,Ich erkläre es später. Am besten, wir gehen jetzt los."
Lilya konzentrierte sich, und spürte ein Prickeln. Sie wurde kleiner, bis sie die exakte Grüße eines Kolibris erreicht hatte- und auch einer war. Es fühlte sich wunderbar an zu fliegen. Es war nicht das erste Mal, dass sie flog, aber sie genoss es. Sie flog die Treppe hinunter und führte ihre Freunde zum Lehrerflug. Gleich darauf erreichten sie das Büro von der Direktorin.
Lilya krabbelte ohne Erklärung durch das Schlüsselloch, und schloss die Tür von Innen auf.
,,Kommt rein!",flüsterte sie, als Lilya im Türrahmen stand. Zögernd traten Snow, Shira, Sam und Julian ein, und ich knipste ein Schreibtischlicht an. In der Mitte lag ein roter Teppich und ein Holztisch stand auf ihm. In der Ecke standen ein Sessel und der Schreibtisch. Es gab auch noch einen Aktenschrank, in Bücherregal, einen Teekocher und zwei Sofas neben einer Terrassentür.
Das Büro war weitaus gemütlicher, als Lilya es sich je vorgestellt hätte.
,,Wo wollen wir anfangen?",fragte Snow, nachdem sie alles verarbeitet hatten.
Ich schaute mich um, und sah auf dem Tisch einen wunderschönen Schlüssel mit einer Uhr liegen. ,,Der ist es",sagte ich und steckte ihn in die Hosentasche.
Plötzlich stolperte Sam, und krachte gegen die Lampe und die Lampe schepperte zu Boden. Totenstille.
Schritte. Ganz nah.
,,Es...tut mir...leid",stammelte Sam.
,,Jetzt nicht." Julian warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Das große Licht ging an und eine zornige Miss Winter stand in der Tür. ,,Was hat das zu bedeuten?",zischte sie.
,,Lilya! Von dir hätte ich mehr erwartet! Was macht ihr überhaupt um diese Zeit hier!"
Lilya senkte den Kopf. ,,Bestrafen Sie mich. Die anderen hatten damit nichts zu tun!"
,,Erst einmal erklärst du mir, was du hier zu suchen hast."
Lilya holte tief Luft, und sprach ruhig:,,Ich suche die Bücher, um etwas über mich und meine Herkunft herauszufinden. Ich dachte, die Bücher wären im Archiv, darum wollte ich mir den Schlüssel besorgen. Ich... habe es aber nicht geschafft." Ihre schweißnassen Hände umklammerten die Uhr mit dem Schlüssel. Schnell steckte sie beides ein.
Schon allein die Lüge war unangenehm. Und die Strafe erst...
Miss Winter kramte aus ihrem Schreibtisch einen Füller und aus dem Aktenschrank fünf Akten, wobei sie sich viel Zeit nahm. Sie trug in Lilyas Akte die Strafe ein: Unterrichtsverbot, sowie vormittags das Aufräumen der Bibliothek.
Dies trug sie vier weitere Male in die übrigen Akten ein. ,,Und jetzt: Geht schlafen."
In der Nacht schlief Lilya unruhig. Sie lag wach im Bett, und starrte an die Decke.
Unterrichtsverbot, sowie vormittags das Aufräumen der Bibliothek. Die Strafe ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Und auch nicht die wütenden Mienen ihrer Freunde.
Es war Sam, der sie versehentlich verraten hatte. Und sie, die die Verantwortung trug, hatte ihre Freunde in die Sache hineingezogen.
Lilya träumte. In ihrem Traum stand sie in der Bibliothek und blätterte in einem Buch. Sie war vertieft in das Buch, das merkte sie.
Dann kam plötzlich Wind auf, und Snow stand vor ihr. Mit leeren Augenhöhlen!
,,Es war deine Schuld, nicht Sam's! Deine!"
Plötzlich kam wieder Wind auf, und Ophelia, die singende Bibliothekarin stand vor ihr. ,,Lilya",sagte sie, ,,das, was du suchst, ist nicht in dem Archiv! Du hast bereits den richtigen Schlüssel gefunden! Das, was du suchst, ist nicht im Archiv!"
,,Warte Ophelia!",schrie Lilya. ,,Wo sind die Bücher?"
Doch Ophelia war weg.
Wo war das, was sie suchte?
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