𝕯𝖗𝖎𝖙𝖙𝖊𝖘 𝕶𝖆𝖕𝖎𝖙𝖊𝖑
Er trat ihn, obwohl er bereits am Boden lag. Der junge Mann stöhnte vor Schmerzen.
„Aufstehen hab ich gesagt!" brüllte der Offizier. Wie gerne wäre ich eingegriffen. Doch es war ein königlicher Offizier, was ich an seiner blau-silbernen Jacke erkannte. Er würde mich erkennen und mitnehmen.
Der Mann war inzwischen wieder auf den Beinen.
„Ich bitte Sie, meine Familie braucht mich. Sie kommen nicht ohne mich zurecht."
Der Offizier schnaubte verächtlich.
„Dann kommt halt ihre Verlobte mit und wird zum Soldat. Juckt mich nicht wer, aber einer aus dieser Familie," er zeige auf das kleine Holzhaus, auf dessen Dach ich mich versteckte, „wird jetzt mit mir mitkommen. Es ist ein Befehl des Königs, das aus jeder Familie sich mindestens ein Freiwilliger melden muss, in die Schlacht gegen Xetras zu ziehen."
Was war bitte daran Freiwillig? Er hatte schließlich keine andere Wahl als mitzukommen. Vor Wut ballte ich meine Hände zu Fäusten. Ich lehnte mich weiter nach vorne, um besser sehen zu können. Diese kleine Gewichtverlagerung reichte, um den Balken unter meinem rechten Arm einkrachen zu lassen.
Schnell krabbelte ich zurück, um nicht von dem Offizier gesehen zu werden. Dieser schaute verwundert auf das Dach.
„Ich glaub du hast nen Dachschaden. Lass das mal reparieren."
„Kann ich ja nicht, wenn ich in der Armee bin."
Der Offizier zuckte mit den Schultern.
„Nicht mein Problem. Kommst du jetzt mit?"
Nach längerem Schweigen nickte der Mann und folgte ihm die Straße hinauf.
Der ,Dachschaden' rutschte langsam vom Dach hinunter und setzte sich auf sein Pferd. Ich musste weg hier, bevor er um die Ecke kam. Also trabte ich in die andere Richtung, noch tiefer in das Dorf.
Gestern Nacht war ich nicht sehr weit gekommen, ich hatte es gerade mal zum Dorfrand geschafft. Dort hatte ich im Freien übernachtet. Am nächsten Morgen war ich dann sofort losgeritten, um das Dorf zu erkundigen. Ich hatte mir sogar eine neue Identität ausgedacht, falls jemand fragen würde. Ich war Lilian Black, ich kam aus Xetras, wo ich eine Kriegsgefangene war. Was erklärte, wieso ich so wenig bei mir hatte. Meine Eltern sind beide gestorben, Geschwister hab ich nicht. Shadow hatte ich seit meiner Geburt, ein Geschenk meines Vaters.
Nun ritt ich durch die verwüsteten Straßen des Dorfes, auf denen erstaunlich viel los war. Überall standen Stände, an denen Handel betrieben wurde. Familien trugen ihre Ernte nach Hause und Frauen holten Wasser von dem schmutzigen Brunnen. Diese Stadt war richtig lebendig! Doch nicht auf die Art, auf die ich es mir erhofft hatte.
Meinem verletzten Bein ging es in zwischen wieder sehr gut, ich konnte ohne Probleme laufen.
Oder auf Dächer klettern.
Immer wieder liefen Offiziere herum, patrouillierten und kontrollierten jeden. Zuerst dachte ich, sie seien auf der Suche nach mir. Doch dann bemerkte ich, dass sie wegen der schlechten Umstände des Krieges ständig auf der Suche nach Straftätern waren, die sie als Strafe in die Fronten schicken konnten. Ich hatte gewusst, das es einen Krieg zwischen Arîs und Xeteras gab. Ich hatte nie verstanden warum und wieso. Und ich hatte nicht gewusst das das Volk so schlimm darunter litt.
Ich nahm einfach mal an, das Xeteras den Thron von Arîs wollte. Arîs war das größte und mächtigste Reich. Viele wünschten sich, es zu regieren wie mein Vater. Der es anscheinend noch schlechter tat als ich es bereits annahm. Ich schämte mich unglaublich und hatte riesige Gewissensbisse. Doch ich konnte nichts tun. Wenn ich einem einzelnen Helfen würde, würde das höchstens bewirken, das man mich erkennt und wieder in den Palast schicken würde.
Ich weiß, dass das ziemlich egoistisch klingt. Aber ich sah in dem Moment keine andere Lösung. Also ritt ich weiter ziellos durch die Gegend, auf der Suche für einen sicheren Schlafplatz für die Nacht.
Ich war an einer kleinen Kneipe angekommen und ließ Shadow an der Tränke vor der Hütte trinken. Ich suchte mir etwas zum Essen aus der Satteltasche. Da bemerkte ich drei Offiziere, die mich beobachteten. Schnell schaute ich weg. Ich durfte auf keinen Fall auffällig sein. Nach einigen Sekunden schielte ich wieder zu Ihnen hinüber. Sie starrten mich immer noch an und ich zog die Kapuze des Mantels noch tiefer in mein Gesicht. Dann kamen die Männer auf mich zu. Mit langsamen, aber zielsicheren Schritten.
Shadow spürte meine Nervosität und schaute auf.
„Du musst jetzt gleich wegrennen, wenn ich es dir sage." flüsterte ich ihr ins Ohr.
Die Männer kamen immer näher.
„Ma'm, hätten sie einen Moment?"
Das sie mich so höflich Ansprachen hieß gar nicht gutes. Ich schaute zögerlich zu Ihnen auf.
„Ja?"
„Vielleicht verwechsele ich sie, aber sind sie nicht die vermisste Prinzessin Asena?"
Ich schüttelte ein wenig zu übertrieben den Kopf.
„Ich heiße Lilian Black und ich..."
„Nein, ich täusch mich nicht!" unterbrach der zweite mich. „So rotes Haar hat doch keiner! Prinzessin, wir haben den Befehl..."
„Jetzt." flüsterte ich Shadow ins Ohr. Sie stieg und die Männer wichen ein paar Schritte zurück. Ich rannte los bevor sie begriffen was passierte. Wenn ich schneller als sie sein wollte, brauchte ich diesen Vorsprung. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Shadow in die andere Richtung davon rannte. Ich machte mir keine Sorgen um sie. Sie war das schlauste Lebewesen das ich kannte und ich war mir sicher, dass wir uns wiederfinden würden.
Die Männer hatten mein Ablenkungsmanöver mittlerweile durchschaut und rannten in meine Richtung. So schnell ich konnte drängte ich mich durch die Masse von Menschen, die in der Dorfmitte versammelt waren. Doch der Abstand zwischen uns wurde nicht größer. Im Gegenteil, er verringerte sich. Ich hatte, um ehrlich zu sein, nie daran gedacht, was ich tun würde, wenn ich wieder zurück musste. Irgendwann musste ich zurück. Und um so länger ich warten würde, um so schwieriger würde es sein, es meinem Vater zu erklären. Doch jetzt wollte ich nicht nach Hause. Noch nicht. Ich drängte mich an den Rand der Dorfmitte und drehte mich schnell um. Dann sah ich, wie sich einer der Offiziere auf den Brunnenrand stellte, um über die Masse hinweg zu schauen. Er erblickte mich und rief seinen Komplizen zu. Dann sprang er vom Brunnen und drängte sich zu mir. Ich hatte keine Fluchtwahl mehr, als wieder in die Menge zu schlüpfen. Und dann würden sie mich irgendwann kriegen. Ich hatte verloren.
In dem Moment packte jemand grob meinen Arm und zog mich in das Haus hinter mir. Er schloss die Tür und hielt mir die Hand vor den Mund, als ich schreien wollte.
„Psst! Ich helfe dir nur also halt verdammt nochmal die Klappe!"
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