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Taylor
Rosa ist ein wahrer Schatz. Sie nimmt mir so unglaublich viel Arbeit ab. Die Frau in ihren Fünfzigern tut Dinge, die sie nicht machen müsste und ich ihr auch nicht aufgetragen habe. Fast fühlt es sich so an, als sei sie ein Teil unserer Familie.
Selbst Mary strahlt, wenn Rosa das Haus betritt. Sie umarmt sie und erzählt ihr von ihrem Tag. Da kann ich nur blass vor Neid werden. Mit mir geht sie so nicht um.
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es mir nichts ausmacht. Es tut weh. Und zwar höllisch.
Gerade komme ich von der Arbeit und schließe die Tür auf. Im Augenwinkel registriere ich noch das Handwerker Auto, dass schon seit Wochen immer wieder in unserer Straße steht. Da müssen die Nachbarn wohl eine Großbaustelle haben.
Ich trete mir meine Schuhe von den Füßen und laufe in die Küche. Rosa steht am Herd und kocht, während sie Mary und Liona irgendwas Lustiges zu erzählen scheint.
Als ich alle begrüßt habe, trete ich näher an Rosa heran und spähe in die Töpfe. „Rosa, das riecht mal wieder unglaublich! Da knurrt mir direkt der Magen!" Sie beginnt zu schmunzeln und vertröstet mich noch für eine halbe Stunde. Na, das werde ich schon noch aushalten.
„Kinder, zeigt ihr mir bitte noch eure Hausaufgaben.", bitte ich die Mädchen. Beide beginnen zu murren, Liona jedoch erhebt sich und geht in den Flur zu ihrem Schulranzen.
„Rosa hat sie bereits nachgeguckt.", bockt Mary. „Ja, das mag sein. Aber ich möchte sie trotzdem sehen.", lächle ich meine große Tochter an.
„Warum? Rosa hat sie doch schon angeguckt!" Mary wird lauter und ballt ihre Hände zu Fäusten. „Mary, ich möchte einfach nur sehen, was ihr gerade in der Schule macht, das ist alles."
„Genau, du willst mich nur kontrollieren! Ich hasse dich!", schreit sie mir entgegen. Meine Augen füllen sich augenblicklich mit Tränen.
„Sag sowas nicht. Hass ist ein sehr starkes Wort und verletzt deine Mitmenschen." „Ach ja? So wie du mich verletzt hast, indem du Dad verlassen hast? Ich has-„
Weiter kommt Mary mit ihrem Satz nicht. Jonathan steht wie aus dem Nichts vor ihr und schaut auf sie runter. „Wie redest du mit deiner Mutter?", knurrt er ihr entgegen.
Trotzig sieht sie ihm entgegen. „Du hast mir überhaupt nichts zu sagen! Du bist nicht mein Vater!" „Oh Gott bewahre! Wäre ich dein Vater, würdest du dich besser benehmen! Du würdest deine Mutter respektieren und ehren! Und vor allem würde es deiner Mutter wesentlich besser gehen!"
Mary sieht ihn voller Wut entgegen und wendet sich ab. Laut poltert sie die Treppe hoch und knallt daraufhin ihre Zimmertür zu. Erst jetzt bemerke ich, dass Mason im Türrahmen mit verschränkten Armen steht und das Szenario beobachtet.
„Spricht sie immer so mit dir?", fragt mich der dunkelblonde große Mann. „In letzter Zeit, leider ja. Naja, seit ich Nate verlassen habe. Sie verkraftet es nicht, dass er sich uns nicht nähern darf." Ich muss all meine Beherrschung aufbringen, nicht wie ein Baby laut los zu heulen. Der Druck auf meinen Augen ist gigantisch und ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Kampf gewinnen werde.
Liona erhebt sich und kommt auf mich zu. Sie schlingt ihre Arme um mich und drückt mich fest an sich. „Ich liebe dich Mom", flüstert sie mir zu. „Ich liebe dich auch, mein Schatz." Okay, den Kampf habe ich eindeutig verloren. Dicke Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen, benetzen meine Lippen und tropfen mir auf die Brust.
Mein kleines Mädchen löst sich von mir und geht ebenfalls hoch in ihr Zimmer. Rosa steht wie angewurzelt da und weiß nicht mit der Situation umzugehen.
„Rosa, ist das Essen fertig?", brummt Jonathan mürrisch. „Ja, Jonny, es ist soweit fertig." „Dann mach jetzt Feierabend. Wir sehen uns morgen." Die kleine Frau packt eilig ihre Sachen zusammen und verabschiedet sich.
Stille nimmt die Küche ein. Jonathan ist derjenige, der das Wort ergreift. „Mason, nimm sie mit hoch. Ich komme gleich nach." Verwirrt sehe ich ihm nach, als auch er jetzt die Küche verlässt.
Jonathan
Mary hat ein mächtiges Problem. Und wenn sie nicht endlich besser mit ihrer Mom umgeht, wird sie ein noch viel größeres haben. Und zwar mit mir.
Ich klopfe an ihre Tür und trete ein. Ein „herein" warte ich erst gar nicht ab. Denn das wird eh nicht kommen. Mein Blick schweift durch das unordentliche Mädchenzimmer und bleibt am Bett hängen. Die Kleine liegt darauf und weint in ihr Kissen.
Langsam nähere ich mich ihr und setze mich auf die Bettkante. „Was genau ist dein Problem, mit deiner Mom?" Mich interessiert es tatsächlich. Ich bin über mich selbst erstaunt.
„Geh weg!", schreit sie in ihr Kissen. Doch so leicht lasse ich mich nicht abwimmeln. „Weißt du Mary, du solltest froh sein, noch eine Mom zu haben. Ich habe keine mehr. Auch keinen Dad und keine Geschwister mehr. Und ja, ich habe meine Mom oft verflucht und gehasst. Aber ich würde alles dafür geben, wenn sie noch bei mir wäre. Denn sie hat uns immer beschützt und uns unendlich geliebt. Egal, wie sehr ich sie manchmal gehasst habe.
Mary dreht sich zu mir um und sieht mich mit verweinten Augen an. „Wo ist denn deine Mom?", fragt sie mich und schnieft.
„Meine Mom ist gestorben.", lächle ich sie traurig an. „Warum ist sie gestorben?" Mary setzt sich auf und lässt mich nicht aus den Augen.
„Weil sie nicht so mutig wie deine Mom war und meinen Dad nicht verlassen hat. Sie ist seinetwegen gestorben. Genauso wie meine Schwester und mein Bruder." Sie senkt den Blick und zupft mit ihren Fingern an der Bettdecke herum.
„Weißt du denn, warum deine Mom deinen Dad verlassen hat?" Mary nickt zögernd. „Dad hat oft meiner Mom wehgetan. Er war nicht gut zu ihr." Ich nicke und sehe sie an. „War er denn gut zu euch?" Nun ist sie diejenige, die nickt.
„Er ist der beste Dad der Welt und ich vermisse ihn so schrecklich." „Hör zu Mary, er mag vielleicht ein guter Dad gewesen sein, aber er ist kein guter Mensch. Wäre deine Mom nicht von ihm weggegangen, würde sie heute vielleicht nicht mehr leben. Deine Mom liebt euch so sehr. Das Einzige was sie möchte, ist euch zu beschützen."
Tief atmet das Mädchen durch und zieht ihren Kopf zwischen ihren Schultern ein. „Ich liebe sie doch auch ganz doll! Aber ich vermisse Dad so sehr. Ich weiß, was er mit meiner Mom gemacht hat.", schluchzt sie nun drauf los. "Es war ganz oft ganz schrecklich. Ich habe gehört, wie er sie geschlagen hat. Liona kam immer zu mir ins Bett gekrochen und zusammen mussten wir uns anhören, wie Mom versuchte leise zu sein, während Dad ihr wehgetan hat. Er hat auch andere Sachen mit ihr gemacht, die Mom nicht wollte. Wir konnten ihr nicht helfen, wir hatten zu sehr Angst."
Sie heult wie ein Schlosshund und krallt sich in ihre Decke. Ich rutsche näher an sie heran und nehme sie zögerlich in die Arme. Ihre kleinen Hände umschlingen mich, als sei ich ihr Rettungsanker. Ich kenne diese Verzweiflung nur zu gut. Nur, dass ich niemanden hatte, an den ich mich wenden konnte. Alle sahen es und doch wollte es niemand wahrhaben.
"Und warum hasst du dann deine Mom so?" Sachte streichle ich ihr über den Kopf und wiege sie hin und her. "Ich hasse sie doch gar nicht! Ich liebe sie! Sie ist meine starke Mom! Ich weiß doch auch nicht, warum ich so zu ihr bin. Ich bin einfach so... so... wütend!", stößt sie aus.
Ich drücke sie fester an mich und bin mir sicher, dass ich ihr helfen kann. "Morgen machen wir beide einen Ausflug. Ich zeige dir, was mir damals geholfen hat." Sie hebt ihren Kopf, um mich ansehen zu können und ein kleines Lächeln stiehlt sich auf ihre Lippen. Ihre Arme umschlingen mich wieder und sie drückt kräftig zu. Mary nickt an meiner Brust und seufzt. "Danke, Jonny!"
Mein Herz macht einen Satz. Es will mir deutlich machen, dass ich noch lebe. Dass ich noch fühlen kann. Ich beginne die Kinder zu mögen. Und Taylor lässt mich schon lange nicht mehr kalt.
Mason
Taylor kann sich nur schwer beruhigen. Sie ist völlig fertig mit den Nerven. Sie liegt in meinen Armen und weint sich die Seele aus dem Leib. Behutsam streichle ich ihr über den Rücken und versuche sie zu beruhigen. Ihre Hände sind in mein Shirt gekrallt.
"Shh Taylor, alles wird gut." Blöder Spruch. Aber mir fällt momentan nichts anderes ein, da ich mit der Situation dezent überfordert bin. "Willst du mir erzählen, was dir dein Ex angetan hat?" Sie schüttelt an meiner Brust den Kopf und weint leise weiter.
"Kleine, reden wird dir guttun. Du musst es mal loswerden. Und glaube mir, ich bin ein hervorragender Zuhörer!" Sie lacht zwischen zwei Schluchzern reeauf. Ihr Kopf hebt sich endlich, huscht mit ihren Augen kurz zu mir, um sie direkt wieder abzuwenden.
"Hey Kleine, schäme dich nicht. Du bist eine starke Frau und hast es allein geschafft, von ihm loszukommen. Du kannst stolz auf dich sein." Freudlos lacht sie auf und schüttelt ihren Kopf. "Sieh mich doch an Mason. Wo bin ich denn stark? Mein Kind hasst mich, bei jeder unvorhersehbaren Bewegung zucke ich zusammen und erschrecke mich zu Tode, wenn ich eine Situation nicht kontrollieren kann. Ich leide unter Panikattacken und Schlafstörungen!"
Selbst verheult, ist sie so wunderschön. Sie ist eine starke Persönlichkeit, kann es aber nicht erkennen. Wenn ich sie so ansehe, schlägt mein Herz unnormal schnell. Ich habe das große Bedürfnis, sie zu beschützen und diesem verficktem Nate schrecklich wehzutun.
Meine Hand wandert an ihre Wange, beginnt ihre Tränen wegzuwischen. Mein Daumen streicht über ihre Unterlippe und meine Augen fixieren die ihren. "Mary scheint verwirrt. Ich glaube, sie weiß nicht wohin, mit ihren Gefühlen. Gib ihr etwas Zeit. Gib dir Zeit. Ich weiß nicht, was du alles durchgemacht hast, ich habe allerdings so eine Ahnung. Du brauchst Zeit, um das Geschehene zu verarbeiten. Taylor, wenn du dich nur so sehen könntest, wie ich dich sehe. Du bist eine bildhübsche, starke junge Frau, die ihre Kinder mit ihrem Leben verteidigen würde. Unter deinem Trauma strahlst du. Du musst es nur wiederfinden."
Gott, das klang ja selbst in meinen Ohren abgefuckt kitschig. Aber ich meine alles genau so, wie ich es sagte.
Die Schönheit schmeißt sich in meine Arme und beginnt wieder zu weinen. "Nate hat mich jahrelang verprügelt. Immer im Stillen, wenn die Kinder geschlafen haben oder nicht da waren. Er war brutal und skrupellos. Er hat mir immer wieder eingebläut, dass ich wertlos bin und mich keiner haben will. Das ich froh sein soll, dass er bei mir bleibt.
Wie oft er sich genommen hat, was er wollte, kann ich nicht mehr zählen. Wie oft er nach Frauenparfüm stinkend nach Hause kam, mich vergewaltigt hat, obwohl er vorher irgendeine Nutte gefickt hatte, weiß ich nicht mehr. Wie oft ich beim Arzt war und mich auf Aids und Geschlechtskrankheiten habe testen lassen, kann ich nicht mal mehr erahnen."
Ihre Worte schocken mich. Ich wusste, dass es schlimm sein musste. Aber das ein Mann mit seiner eigenen Frau so umgeht, die er vermeintlich liebt, entsetzt mich. Dass ein Mann seine eigene Frau vergewaltigt und wie ein Stück Scheiße behandelt, macht mich so unglaublich wütend. Dieses verfickte Dreckschwein sollte mir besser nicht unter die Augen treten.
"Und es nimmt einfach kein Ende. Ich habe zwar eine einstweilige Verfügung erwirkt, wo er sich demnach uns nicht mehr als fünfzig Metern nähern darf, aber er lässt keine Chance aus, mich zu tyrannisieren. Er ruft ständig an, bedroht mich oder sagt auch einfach gar nichts und lacht einfach nur. Ich fühle mich ununterbrochen beobachtet, sobald ich das Haus verlasse. Ich habe Angst. Ich habe Angst, dass er mich früher oder später umbringen wird."
"Okay, sieh mich an!" Ich hebe ihr Kinn mit meinen Fingern an, damit sie mich ansehen muss. "Du bist nicht mehr allein. Du hast Jonny und mich. Wir werden euch beschützen, das verspreche ich dir! Du brauchst keine Angst mehr zu haben."
Taylor sieht mir mit schimmernden Augen entgegen und lehnt sich langsam zu mir vor. Sie haucht mir einen zarten Kuss auf meine Wange und verharrt so unglaublich nah bei mir. "Danke, Mason", flüstert sie mir ins Ohr.
Ich drehe ein wenig meinen Kopf, sodass sich unsere Lippen berühren. Genauso zart, wie sie es zuvor getan hat, küsse ich sie auf ihren herrlichen Mund. Ich kann nicht anders, als sie an mich zu drücken und den Kuss zu vertiefen.
Vor einer Weile habe ich schon Jonny bemerkt, wie er im Türrahmen steht und uns beobachtet. Ich bin mir sicher, dass er da schon länger steht und uns zugehört hat.
Hello Leute. 🤗
Heute ein Upload aus bella Italia 😍🇮🇹
Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel. Es passiert nicht viel, aber es gibt einige Hintergrundinformationen. Und die Beziehungen der Fünf sollen sich ja auch festigen. 😁
Bis dahin,
Eure Maggie Eliza 💕
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