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Taylor
Benommen blinzle ich gegen die Sonnenstrahlen, die mir ins Gesicht scheinen. Völlig orientierungslos, versuche ich mich vom kalten Boden aufzuraffen und irgendetwas um mich herum wahrzunehmen. Keine Geräusche sind zu hören. Sehr gut. Die Kinder schlafen noch.
So Elend habe ich mich schon lange nicht mehr nach Nates Attacken gefühlt. Mit solch einer Wut, hat er mich auch noch nie verprügelt. Aber ich habe es provoziert. Ja. Das habe ich. Denn so will ich nicht mehr weitermachen.
Schon lange habe ich den Verdacht, dass er mich betrügt. Und endlich habe ich die Bestätigung. Das ist meine Fahrkarte aus der Hölle. Als Maddy, meine Nachbarin und beste Freundin mir berichtete, ihn mit einer anderen im Arm und wild knutschend abends in einer Bar gesehen zu haben, wusste ich, dass das Martyrium bald ein Ende haben wird.
Wie oft kam er spät Nachts nach Hause, stank nach Zigaretten und billigem Frauenparfum. Dabei wusste ich nie, ob es eine Nutte oder eine Geliebte war. Am Ende ist es auch egal. Denn gefickt hat er mich trotzdem ohne Wenn und Aber, ohne Kondom. Schließlich bin ich ja seine Frau!
Allein bei dem Gedanken, raffe ich mich auf, krabble zum Klo und halte mein Gesicht darüber. Die Galle kommt mir hoch und ich versuche auch noch das letzte bisschen rauszuwürgen.
Wie oft hat er mich einfach gefickt, obwohl ich es nicht wollte. Wie oft ist er über mich drübergerutscht, ohne auch nur ein einziges Mal auf mich einzugehen.
Jetzt habe ich ihn. Es wird ein harter Weg, aber es wird sich lohnen, ihn zu gehen. Für meine Kinder. Für mich!
Langsam erhebe ich mich mit zittrigen Knien und betätige die Toilettenspülung. Meine Füße schlurfen zum Waschbecken und meine Hand stellt den Hebel der Waschtischarmatur auf eiskalt ein. Kaum kommt das kalte Nass aus der Leitung, schöpfe ich meine Hände damit voll und klatsche es mir ins Gesicht.
Schmerz zieht durch meine Haut, welche mit dem Wasser benetzt wurde. Mein Kopf hebt sich langsam, das Wasser läuft immer noch in einem kräftigen Strahl in den Abfluss. Meine Augen treffen mein Spiegelbild und ein erstickter Laut entkommt meiner Kehle.
Was. Zur. Hölle.
Mein Linkes Auge ist so geschwollen, blau und aufgeplatzt, dass es nicht mehr zu sehen ist. Meine Nase ist dick, die Lippe von Blut verkrustet. Auf meinem Jochbein prangt ebenfalls eine große Platzwunde. Meine Haare stehen zu allen Seiten ab und als ich darüber streiche, habe ich einen Büschel davon in meiner Hand.
Das ist die erste Sondierung der Lage. Dass offensichtliche. Doch wenn ich nun mein Shirt hochheben würde, wüsste ich, was ich zu sehen bekäme. Also lasse ich es und schlurfe aus dem Badezimmer.
Laufen fällt mir ziemlich schwer, da ich solche Schmerzen im Bauch habe. Er hat aber auch ordentlich zugetreten. Normalerweise beschränkt er sich nur auf die Stellen, die von Kleidung bedeckt sind, damit es niemand zu sehen bekommt. Aber dieses Mal... hat er alles gegeben. So wie ich es wollte. Leugnen ist nun absolut zwecklos. Weder für ihn, noch für mich.
Auf leisen Sohlen gehe ich das Haus ab, um mir sicher zu sein, dass er weg ist. Im Schlafzimmer angekommen, öffne ich seine Schrankseite und atme erleichtert aus. Seine Kleidung ist weg.
Er hatte ja gestern Abend, bevor er mich zusammenschlug, angekündigt, dass er mich verlässt. Zwar habe ich daran stark gezweifelt, aber er hat doch sein Wort gehalten. Kam bisher eher selten vor.
Ich hatte ihn mit Maddys Entdeckung konfrontiert, ihm gesagt, dass ich die Scheidung will. Daraufhin ist er vollkommen ausgerastet. Nate beleidigte mich aufs übelste und drängte mich in die Ecke.
"Du kleine billige und nutzlose Schlampe. Du bist so schlecht im Bett, was denkst du dir eigentlich? Das ich mich damit zufriedengebe? Du taugst zu nichts, außer mal schnell Druck abzulassen. Den richtigen Sex hole ich mir bei Frauen, die wissen, wie es geht!"
Die Frage ist eher, was er sich denkt. Wie sollte ich nicht wie eine reglose Puppe daliegen? Es war ihm egal, ob ich Lust hatte, oder nicht. Ob ich Feucht war, oder nicht. Wenn er wollte, hatte ich breitbeinig dazuliegen. Das war mir immer noch lieber, als verprügelt zu werden. Sobald er abgespritzt hatte, drehte er sich entweder einfach um oder ging in irgendeine Bar und vergnügte sich dort weiter.
Leise öffne ich die erste Kinderzimmertür und luge hinein. Liona schläft noch selig. Genau wie Mary, als ich in ihr Zimmer hineinschaue. Der nächste Raum ist die Küche, in dem mein Handy liegt. Meine Hand greift danach und wählt über die Kurzwahltaste Maddys Nummer.
"Tay, ist alles in Ordnung? Warum rufst du so früh an?" Mein Mund versucht Worte zu formen, doch schnell muss ich feststellen, dass die Schmerzen dabei überwiegen und ich keinen klaren Satz bilden kann.
"Maddy. Nein, ist es nicht. Bitte komm rüber und bleibe bei Mary und Liona. Ich muss ins Krankenhaus und zur Polizei." "Wa-was? Verdammt Tay! Jetzt sag mir sofort, was passiert ist! Sind die Kinder okay? Shit! Okay, warte, ich komme in fünf Minute rüber. Ich muss nur Jason Bescheid sagen.
Ohne ein weiteres Wort lege ich auf und hole mir die Kühlpads aus dem Gefrierschrank. Ich bete einfach nur, dass ich auf dem Weg bin, ehe die Mädchen aufwachen. In meinem jetzigen Zustand wird es für mich schwer, etwas zu erklären, zumal mein Aussehen eventuell auch etwas beunruhigend sein könnte.
Keine zwei Minuten später klopft es an der Haustür und ich erstarre. Nein, denke ich mir. Als ob Nate anklopfen würde. Es ist schließlich auch sein Haus. Ich gehe auf den Eingang zu und schaue trotzdem nochmal sicherheitshalber durch den Spion. Keine andere als Maddy steht davor.
Langsam öffne ich die Tür und sehe meiner geschockten besten Freundin entgegen. Ihr Mund ist aufgeklappt und mit ihren blauen großen Augen, die sich allmählich mit Tränen füllen, starrt sie mich an. Ihre Hände schlägt sie sich über den Mund und keucht erstickt auf. Ja, so ging es mir auch, als ich mich im Spiegel sah.
"Taylor!, flüstert die blonde, top gestylte Barbie mit dem rosa Lippenstift. Mit einem Satz, trete ich näher an sie heran und greife nach ihrem Arm, um sie ins Haus zu ziehen. Hinter ihr schließe ich die Tür und sehe sie eindringlich an.
"Hör mir jetzt genau zu, Maddy. Das war Nate. Und das war nicht das erste Mal. Ich habe ihn damit konfrontiert, dass er mich betrügt und das ist die Quittung. Ich werde jetzt ins Krankenhaus fahren, mich untersuchen und verarzten lassen und danach Anzeige erstatten. Ich will, dass du die Mädchen nimmst, sobald sie wach sind und mit ihnen rübergehst. Sie dürfen auf keinen Fall hier sein, wenn ich nicht da bin. Zu groß ist die Gefahr, dass er zurückkommt und sie vielleicht mitnimmt. Hast du mich verstanden?
Ich rede langsam und wähle meine Worte mit Bedacht. Denn jeder Laut, der aus meinen Lippen dringt, schmerzt höllisch. Geschockt nickt Maddy ganz langsam und und formt mit ihrem Mund ein "Okay". Ich lasse sie im Flur stehen, gehe die Treppe rauf und ins Schlafzimmer. Aus meinem Schrank ziehe ich mir irgendwas zum Anziehen heraus und schmeiße es mir über. Mein letzter Halt im ersten Stockwerk ist das Bad. Schnell kämme ich über meine Haare, ziehe weitere Strähnen heraus und vermeide den Blick in den Spiegel. Der Haarverlust ist mir nur allzu bekannt. Immer wenn er mich an den Haaren durch das Haus schliff, fand ich Tage danach noch überall Büschel verteilt.
Unten angekommen, gehe ich zu Maddy in die Küche, die dabei ist, für meine Kinder Frühstück vorzubereiten. "Ist Jason bei Hannah und Tracy?" Sie schafft es nicht mal mich anzusehen, antwortet mir, während ihre Augen fest auf ihr Tun gerichtet sind. "Ja. Ja, er ist da und kümmert sich um sie, wenn sie aufwachen. Aber du weißt ja, das kann dauern, so lange wie die beiden immer schlafen." Ein Lächeln huscht auf ihr Gesicht und nun schaut sie doch für den Bruchteil einer Sekunde zu mir. Allerdings erstirbt ihr zaghaftes Lächeln abrupt und Tränen treten ihr aus den Augenwinkeln.
"Sei stark, Maddy. Ich bin es auch. Wir müssen es jetzt sein. Bald ist es zu Ende." Ich schenke ihr ein liebevolles Lächeln, was wahrscheinlich eher einer Fratze in meinem Zustand gleichkommt und verabschiede mich.
Kurz atme ich ein paar Mal tief durch, als ich im meinem Auto sitze. Einen Augenblick dauert es, bis ich es wieder schaffe, mich zusammenzureißen und den Motor zu starten. Das Krankenhaus ist nicht weit von uns aus. Vielleicht acht Kilometer.
Wie ich angekommen bin, weiß ich nicht mehr. Aber ich bin da. Vor der Rezeptionistin räuspere ich mich kurz, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Es klappt. Genervt schnaubt sie und hebt ihren Blick. Ihre Mimik ändert sich in entsetzt. Die Frau Springt auf, kommt um den Tresen herum und fasst mich an meinem Arm. Kurz zucke ich bei der Berührung zusammen. Das tue ich schon eine Weile. Ich ertrage es nicht mehr, angefasst zu werden. Außer von meinen Kindern.
"Oh Liebes, was ist denn mit Ihnen passiert?" Ihr Blick sagt mir, dass sie genau weiß, was mit mir passiert ist und sie solche Frauen, wie mich, nicht das erste Mal sieht. "Kommen Sie, setzen Sie sich erstmal. Ich hole sofort einen Arzt!"
Die Frau, wie auf dem Namensschild zu erkennen ist, Sarah heißt, drückt mich auf einen Stuhl im Wartebereich und eilt davon. Zehn Minuten Später kommt sie wieder und hat eine Ärztin im Schlepptau. Vor mir kommen die beiden zum Stehen und ich erhebe mich von dem unbequemen Stuhl.
"Guten Morgen. Mein Name ist Taylor Gardner und mein Mann hat mich verprügelt. Ich brauche bitte ihre Hilfe." Ich bin da. Ich bin angekommen und begebe mich nun in fremde Hände. Ich spüre, wie die Erschöpfung und die Schmerzen über mich einbrechen und meine Beine anfangen zu zittern. Mein Sichtfeld wird immer kleiner und die Worte der Ärztin rücken in den Hintergrund.
Ich fühle noch, wie meine Beine endgültig wegknicken, ehe mich die wohlwollende Schwärze mit offenen Armen empfängt.
Was sagt ihr zum ersten Kapitel? Ich hoffe, der Einstieg ist gut und flüssig zu lesen. Falls es euch gefällt, lasst mir gerne ein Sternchen da ⭐️
Bis dahin,
Maggie Eliza
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