4 || Nachhilfe in Sexualkunde?!
Welcome to My Life - Simple Plan
Montage. Ich hasste Montage, aber wer mochte es schon nach einem entspannten Wochenende zur Schule oder zu Arbeit zurückzukehren?
Ich stieß einen genervten Seufzer aus, während ich einen Zettel am schwarzen Brett aufhängte, auf dem stand, dass ich in Französisch nach Nachhilfe suchte.
"Vielleicht meldet sich ja auch ein heißer Halbfranzose darauf", versuchte mir Leila Mut zuzusprechen und deutete auf den Zettel.
Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf. "Ganz bestimmt, von denen wimmelt es hier an der Schule ja."
"Jetzt sei doch nicht so negativ", ermahnte Leila mich und zog mich an meinem Arm aus der großen Tür nach draußen auf den Schulhof. "Freu dich lieber darüber, dass heute die letzten beiden Stunden ausgefallen sind."
Wir liefen gemeinsam in die Richtung des Parkplatzes, wo Nathan bereits an seinem Auto auf uns wartete. Es war ein kleiner schwarzer Golf, den er liebevoll Ingeborg getauft hatte.
Nur wenige Parkplätze davor, stand der schwarze Aston Martin Vanquish von Noah, an welchen er sich gerade lässig angelehnt hatte und sich mit seinen Freunden unterhielt. Folglich mussten wir direkt an ihnen vorbeigehen, es sei denn wir würden nochmal umdrehen und einen riesigen Umweg nehmen.
Verdammt, ich hatte so sehr gehofft, Noah nach der Party am Wochenende für den Rest des Schuljahres aus dem Weg zu gehen, aber anscheinend wollte wir das Schicksal einen Strich durch die Rechnung machen. Naja, Augen zu und durch, vielleicht interessierten wir die Jungs ja auch gar nicht.
In diesem Moment war ich einfach nur froh darüber, dass Leila ununterbrochen redete, während ich selbst den Atem anhielt.
Wir waren mit den Jungs jetzt ungefähr auf gleicher Höhe, höchstens einen Meter entfernt von ihnen und als ich einen kurzen Blick riskierte, sah ich, wie alle vier uns anstarrten, ohne es auch nur ansatzweise zu verbergen.
Noahs bohrender Blick lag auf mir und plötzlich hatte ich das Gefühl, das Gehen verlernt zu haben. Ein paar Schritte schaffte ich noch, wobei ich jedoch wie ein betrunkener Pinguin aussehen musste, bevor ich über meine eigenen Füße stolperte und stürzte.
Ich schloss die Augen und ging fest davon aus, erneut Bekanntschaft mit dem Boden zu machen, als mich zwei starke Hände an der Hüfte festhielten und mich zurück auf die Beine zogen.
"Du kannst deine Augen wieder öffnen, Kleine", vernahm ich Noahs Stimme an meinem Ohr. So nah, dass ich sogar seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren konnte. Automatisch zog sich eine Gänsehaut über meinen Körper. Schnell öffnete ich die Augen und sah in Noahs belustigt funkelnde Augen.
"Und du kannst mich wieder loslassen", sagte ich bestimmt und blickte auf Noahs Hände hinunter, die immer noch auf meinen Hüften ruhten.
"Sicher? Nicht, dass du nochmal hinfällst. Die meisten Mädchen bekommen in meiner Nähe weiche Knie." Noah ließ mich zwar wieder los, rückte aber kein Stück von mir ab, sodass ich ein Schritt nach hinten machte, um wieder etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Allein durch seine Überheblichkeit brachte er mich immer auf die Palme.
"Cremest du ihre Beine mit Nivea ein oder wieso?", konterte ich und zog spöttisch eine Augenbraue hoch. Als wäre es mir nicht gerade genau so ergangen...
Für einen Augenblick sah Noah mich irritiert an, bevor sich sein Mund zu einem Lächeln verzog. "Nicht schlecht, Kleine. Nicht schlecht", meinte er dann anerkennend.
"Wie auch immer, wir müssen jetzt weiter. Vielen Dank für deine Hilfe", verabschiedte ich mich schnell und drehte ihm den Rücken zu.
Dieses Mal war ich es, die die staunende Leila am Arm mit sich zog. Mit eiligen Schritten steuerte ich auf Nates Auto zu. Er sah komplett verwirrt und etwas angespannt aus, als wir ihn erreichten.
"Was war das denn gerade?", fragte er auch sogleich.
"Luna hat sich mit ihrer Tollpatschigkeits-Masche an Noah Collins rangemacht, weil sie es bereut, ihm am Freitag eine Abfuhr gegeben zu haben", antwortete Leila ihm so schnell, dass ich noch nicht mal blinzeln konnte.
"Was zur Hölle, Leila?!", entfuhr es mir geschockt und sie brach in schallendes Lachen aus. "Glaub ihr kein Wort, Nate. Und lasst uns jetzt endlich losfahren."
Ich wollte hier endlich weg, weg von Noah. Mir gefiel es nicht, welche Wirkung seine Nähe auf mich hatte.
Zum Glück hörten die beiden auf mich und setzten sich ins Auto. Gedankenverloren lehnte ich meinen Kopf ans Fenster, in meinem Kopf schwirrte eine Gedanke, den ich einfach nicht mehr loswurde.
Ich hatte fest damit gerechnet, dass Noah mich jetzt hassen würde und alles daran setzen würde, um mein Leben zu zerstören. Wieso war er plötzlich so nett zu mir? Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen, oder? Ich bezweiflte nämlich stark, dass er durch meinen Korb eine Erleuchtung bekommen hatte, Mädchen nicht mehr wie Spielzeuge zu behandeln. Ich würde mich auf jeden Fall von ihm fernhalten, da war ich mir sicher.
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Ich saß gerade auf meinem Bett und spielte auf meiner Gitarre ein paar Akkorde vor mich hin, als mein Handy klingelte. Ich blickte auf den Bildschirm, die Nummer kannte ich nicht. Vielleicht ein potentieller Nachhilfelehrer, überkam mich ein Hoffnungsschimmer.
Meine Mutter hatte mich bereits beim Mittagessen gefragt, ob ich schon jemanden gefunden hatte. In ihrer Vorstellung schien es an unserer Schule lauter hilfsbereite Franzosen zu geben, die nur darauf warteten, nach Hilfe gefragt zu werden...
Ich nahm den Anruf ab. "Hi, hier ist Luna Montgomery."
"Hi, Luna." Als ich seine Stimme vernahm, hätte ich am liebsten direkt wieder aufgelegt. Mich überkam ein Anflug von Wut, woher hatte er überhaupt meine Nummer?!
"Was willst du, Noah?!", fauchte ich ihn an. "Und woher hast du meine Handynummer?"
Ich hörte sein raues Lachen am anderen Ende der Leitung, was mich nur noch mehr aufregte. Fand er das etwa lustig?
"Ganz ruhig, Tiger." Ja, Noah machte sich offensichtlich über mich lustig. "Du hast doch schließlich den Zettel aufgehängt, dass du Nachhilfe suchst oder irre ich mich da?", fragte er.
"Ja, aber ich suche Nachhilfe in Französisch und nicht in Sexualkunde, also weiß ich nicht, wieso du mich gerade anrufst", erwiderte ich. Langsam begann mein Geduldsfaden echt zu reißen. So viel zu meinem "Ich-halte-mich-von-Noah-und-seinen-Freunden-fern-Plan", irgendwie schien mir da das Schicksal immer einen Strich durch die Rechnung zu machen.
"Ob du es mir glaubst oder nicht, ich spreche zufällig fließend Französisch, schließlich habe ich bis zum meinem zwölften Lebensjahr in Montreal gewohnt. In Sexualkunde könnte ich dir aber natürlich auch Nachhilfe geben."
Ich konnte sein Grinsen förmlich durch die Leitung spüren.
"Einen besseren Nachhilfelehrer als mich wirst du kaum finden", prahlte er selbstbewusst, woraufhin ich nur die Augen verdrehte, was er wiederum nicht sehen konnte.
"Da bin ich mir nicht so sicher, es haben sich schon Einige gemeldet, die sehr vielversprechend klangen", log ich. "Ich sage dir sonst einfach bescheid, wenn ich meine Entscheidung getroffen habe. Schönen Abend noch."
Dann legte ich einfach auf und schmiss mein Handy neben mir aufs Bett. Frustriert raufte ich mir die Haare. Wieso konnte Noah mich nicht einfach in Ruhe lassen? Was wollte er von mir? Denn eins war sicher, Noah Collins war zu niemandem grundlos nett.
In diesem Moment rief meine Mutter mich zum Essen. Ich trottete runter in die Küche, wo meine Eltern und Tyler bereits am Tisch saßen.
Es gab Spaghetti, eigentlich eines meiner Lieblingsessen, aber heute stocherte ich nur gedankenverloren in den Nudeln herum und legte irgendwelche Muster aus ihnen.
"Ist alles gut bei dir, Spatz?", fragte mich meine Mutter besorgt. Sie hatte eine Unmenge an peinlichen Kosenamen für mich und Tyler und hatte leider keine Hemmungen diese in der Öffentlichkeit zu nutzen.
"Ich bin einfach ein bisschen müde", antwortete ich ihr lächelnd und zum Glück hakte sie nicht weiter nach.
Tyler berichtete von seinem Studium und meine Eltern von ihrer Arbeit und so fiel es niemandem weiter auf, dass ich weiterhin fast nichts von mir gab.
Nach dem Essen räumte ich gemeinsam mit Tyler den Tisch ab.
"Gucken wir heute Abend zusammen einen Film?", fragte ich ihn, ich könnte gut etwas Ablenkung von Noah gebrauchen.
"Tut mir leid, Lu. Ich muss heute Abend noch weg." Tyler lächelte mich entschuldigend an und wuschelte mir kurz durch die Haare.
"Du machst aber nicht bei einem dieser illegalen Autorennen mit, oder?" Ich musterte Tyler skeptisch, um zu erkennen ob er log.
"Nein, damit habe ich doch aufgehört. Mach dir keine Sorgen", antwortete er nur knapp. "Ich muss jetzt wirklich los, bis später", verabschiedte er sich schnell und ließ mich einfach mit dem Abwasch alleine.
Traurig setzte ich mich auf einen der Stühle. Tyler verbarg etwas vor mir, da war ich mir sicher und es verletzte mich, da wir uns sonst immer alles erzählen konnten. Naja, fast alles…
Ich machte mir einfach Sorgen um ihn, nachdem er letztes Jahr nach einem dieser Rennen in einem lebensbedrohlichen Zustand ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Auch wenn Tyler schon zwanzig Jahre alt war, verhielt er sich in dieser Hinsicht nicht besonders vernünftig.
Da er mich ja alleine gelassen hatte, rief ich Nathan an und fragte ihn, ob er Lust hätte rüberzukommen, was er sofort bejahte.
Kurze Zeit später klingelte es schon an der Tür, Nathan wohnte direkt nebenan und hatte deshalb keinen weiten Weg. Ich machte ihm auf und führte ihn hoch in mein Zimmer, wo wir es uns auf meinem Bett bequem machten.
"Welchen Film wollen wir gucken?", fragte ich ihn.
"Die haben Doctor Strange neu auf Netflix hinzugefügt, lass uns den nochmal gucken", antwortete er mit leuchtenden Augen und ich machte den Film an. Nate und ich waren beide riesige Marvelfans und so fiel uns die Filmauswahl nie schwer.
Gegen 23 Uhr machte sich Nate wieder auf den Weg nach Hause. Ich begleitete ihn zur Tür und schaute auf dem Weg zurück kurz in Tylers Zimmer, er war noch nicht wieder da. Schnell zog ich mich um und putzte mir die Zähne, schließlich war morgen Schule. Dann legte ich mich hin und fiel in einen traumlosen Schlaf.
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