
12 || Wenn die Vergangenheit einen einholt...
Gangsta - Kehlani
*Flashback*
Wir liefen zu einer Lagerhalle etwas außerhalb des Ortes. Da heute der letzte Abend des Feriencamps war, hatte Ryan etwas ganz besonderes geplant. Es war finstere Nacht, so wie meistens wenn wir loszogen. Ich kuschelte mich in den schwarzen Kapuzenpulli, den Ryan mir zuvor gegeben hatte und atmete verträumt seinen Geruch ein.
"Komm, Prinzessin, die anderen hängen uns sonst noch ab." Ryan hielt mir auffordernd seine Hand hin, welche ich sofort ergriff. Wie jedes Mal durchzuckte mich dabei dieses unglaublich schöne Kribbeln und ich ließ mich bereitwillig von ihm mitziehen.
Wenig später kamen wir an dem großen, abgelegenen Gebäude an.
"Seht ihr das Fenster da?", fragte Ryan, welcher der Anführer unserer kleinen Gruppe war und deutete auf die riesige Glasscheibe. Alle nickten zustimmend. "In das wird jetzt einer von euch diesen Stein werfen, damit wir in die Halle rein können. Wer war denn schon länger nicht mehr dran?" Er blickte abwartend in die Runde.
Ich trat kaum merklich einen Schritt zurück. Mir wuchs das Ganze langsam über dem Kopf, aber ich hatte mich noch nicht getraut Ryan zu sagen, dass ich aussteigen wollte. Ich hatte echt Angst, dass er dann mit mir Schluss machen würde.
Wir verstanden uns total gut, zwischen uns gab es einfach dieses gewisse Etwas, aber dieses Spiel bedeutete ihm wirklich verdammt viel und er sah es gar nicht gerne, wenn Leute kniffen und freiwillig aus unserer Gruppe austraten. Zum Glück passte er auf, dass ich keine gefährlichen Aufgaben machen musste und deshalb hatte ich mich bisher zusammengerissen.
"Luna war schon lange nicht mehr dran", antwortete Kyle, hinter den ich mich gerade geschoben hatte und trat einen Schritt zur Seite. Von den anderen sechs Mitspielern hörte man nur zustimmendes Gemurmel.
Panik breitete sich in mir aus, ich wollte das nicht machen. Ich hatte noch nie in dem Sinne eine Straftat begangen und ich wollte es auch ganz sicher nicht tun.
"Nein, ich mache das nicht. Leute, das ist Sachbeschädigung und Einbruch! Glaubt ihr nicht, dass das alles ein bisschen zu übertrieben wird?", fragte ich mit zitternder Stimme.
"War klar, dass du kneifst. Du bist ja auch nur noch dabei, weil Ryan es so will", hörte ich Amanda hinter mir keifen.
"Sei still!", fuhr Ryan sie daraufhin wütend an. Dann blickte er zu mir und seine Gesichtszüge wurden wieder ganz sanft. "Du musst das nicht tun, Prinzessin."
"Natürlich nimmt er sie in Schutz, dabei hat sie es gar nicht verdient, noch dabei zu sein, da ist ja selbst mein Meerschweinchen mutiger als sie", hörte ich jemanden hinter mir murmeln.
Ich war nicht ängstlich, ich wusste nur wann man besser aufhören sollte. Trotzdem warf ich in diesem Moment alle Vernunft über Bord und griff zitternd nach dem Stein. Ich würde den anderen beweisen, dass ich dazugehörte. Ich würde Ryan zeigen, dass ich alles für ihn tun würde.
Schwer atmend holte ich aus und warf den Stein. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen landete er in der Scheibe, welche augenblicklich zersplitterte. Innerhalb weniger Millisekunden löste sich die Alarmanlage aus. Das Gelände wurde gleißend hell erleuchtet und es ertönte eine schrille Sirene.
Und das war der Moment, in dem ich realisierte, was ich da gerade getan hatte. Ich war zu einer Straftäterin geworden, nur um mich der Person, die ich liebte, zu beweisen. Zu keiner Regung fähig blieb ich wie angewurzelt stehen.
"Verdammt, Luna. Wir müssen hier weg!", drang Ryans Stimme zu mir durch und riss mich aus meiner Trance. Er griff nach meinem Arm und zog mich mit sich.
Ich lief so schnell ich konnte, die anderen waren uns schon einige Meter vorraus. Erst als wir außer Sichtweite der Halle waren, stoppten wir.
"Man war das genial, Luna!", sagte Jonah und klopfte mir anerkennend auf die Schultern. Auch die anderen äußerten ihre Bewunderung.
"Ich hätte nie gedacht, dass du das durchziehst", gestand Amanda. "Es tut mir echt leid, was ich erst über dich gesagt habe, du gehörst natürlich zu unserer Gruppe."
Auch wenn alle anderen total begeistert von meiner Aktion waren, konnte ich mich nicht freuen. Ich fühlte mich schrecklich. Verdammt, ich hatte riesige Scheiße gebaut und dafür sollte ich geradestehen.
Ich bewegte diesen Gedanken noch den ganzen Rückweg in meinem Kopf hin und her. Es gab nur eine Lösung, ich musste mich der Polizei stellen.
*Flashback Ende*
Ich hatte noch einige Tage darüber nachgedacht, aber für mich führte kein Weg darum herum, mich der Polizei zu stellen. Mit diesem schlechten Gewissen konnte ich nicht mehr weitermachen.
Als ich Ryan dies eröffnet hatte, war er total ausgetickt, dabei hatte ich ihm versichert, keine Namen zu nennen und die ganze Schuld auf mich zu nehmen. Er hatte mir gesagt, dass es Konsequenzen haben würde, wenn ich ich mich stellte.
Trotzdem tat ich es. Da ich mich freiwillig gestellt hatte und noch nicht voll volljährig war, sorgten diese strafmildernden Umstände dafür, dass die Anzeige gegen mich fallen gelassen wurde und ich nur eine Ausgleichszahlung leisten musste. Diese Zahlung bezahlte ich von meinem Gesparten, sodass weder meine Eltern noch irgendwer sonst etwas davon mitbekam. In dieser Hinsicht war ich sozusagen glimpflich davongekommen.
Doch als ich an diesem Abend nach Hause kam, stellte ich mit Schrecken fest, dass Ryan seine Drohung wahrgemacht hatte. Auf seinem Instagram-Profil hatte er ein Video von unserem ersten Mal hochgeladen, mit der Bildunterschrift: "Schlampen lassen sich doch am besten ficken."
In diesem Moment war eine Welt für mich zusammengebrochen. Nicht nur, dass mein damaliger Freund unser erstes Mal gefilmt hatte, nein, er lud dieses Video auch noch sichtbar für die Öffentlichkeit hoch. Er hatte mein Herz auf dem Boden zerschmettert und es anschließend mit Füßen getreten.
Ich weiß nicht, was ich an diesem Abend getan hätte, wäre Logan nicht vorbeigekommen... Er war schon immer ein Ass in Informatik gewesen und hatte sofort nachdem er auf das Video gestoßen war, Ryans Profil gehackt und das Video gelöscht. Zum Glück hatten zu diesem Zeitpunkt nur zwei weitere Menschen außer Logan und mir das Video gesehen, sodass diese Sache nie an die Öffentlichkeit gelangte.
Offensichtlich plagte auch Ryan nach seiner Tat das schlechte Gewissen, denn er versuchte verzweifelt, sich zu entschuldigen, aber ich blockte ab. Das würde ich Ryan nicht verzeihen können. Niemals.
"Ich weiß, Luna. Was ich getan habe ist unverzeihlich, aber Menschen können sich ändern", flehte Ryan mich an. "Bitte gib mir eine Chance, dir das zu beweisen."
"Nein, Ryan. Alle Gefühle, die ich je für dich hatte, sind in dem Moment gestorben, als ich das Video gesehen habe. Du bedeutest mir nichts und wirst es niemals wieder. Und wenn du mich jetzt nicht in Ruhe lässt, dann rufe ich die Polizei", drohte ich ihm und bemühte mich, meine Stimme dabei möglichst fest und bestimmt klingen zu lassen, dabei war ich kurz vorm Heulen.
Und tatsächlich trat Ryan einige Schritte zurück. "Es tut mir leid, wirklich", murmelte er noch, bevor er geknickt davonging. Von dem selbstbewussten jungen Mann in den ich mich damals verliebt hatte, war nichts mehr zu sehen, Ryan wirkte in diesem Moment eher wie ein gebrochener, kleiner Junge, aber das hatte er verdient.
Nachdem er gegangen war, blieb ich noch einen Augenblick verloren stehen. Ich brauchte eine Zeit, um mich zu sammeln, nachdem all diese schrecklichen Erinnerungen wieder in mir hochgekommen waren. Ich fühlte mich so schrecklich einsam und ausgenutzt. Warum passierte immer mir so eine Scheiße?!
Ich machte mich auf den Rückweg zur Bushaltestelle, der Abend war ja mal sowas von gelaufen. Mit einem Blick auf den Fahrplan stellte ich fest, dass der nächste Bus erst in einer halben Stunde kam. Frustriert schüttelte ich den Kopf, heute war echt nicht mein Tag. Dann müsste ich wohl gehen.
Ich holte meine Kopfhörer raus, machte die Musik an und lief los. Mit jedem Schritt, den ich machte, wurde ich ruhiger, die frische Luft tat gut, um den Kopf frei zu bekommen.
Plötzlich hupte ein Auto direkt neben mir und ich zuckte vor Schreck zusammen. Genervt drehte ich mich um, im Begriff dem Fahrer einen meiner Todesblicke zuzuwerfen. Aber ich hielt inne, als ich Ashton erblickte, der einen Arm lässig aus dem Fenster eines schwarzen Mercedes gehängt hatte und mich angrinste.
"Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?", fragte er mich.
Ich überlegte nicht lange, sondern nickte. "Das wäre super", antwortete ich und schenkte ihm ein dankbares Lächeln.
"Dann hüpf rein."
Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen, sondern nahm schnell auf dem Beifahrersitz Platz.
"Was machst du überhaupt alleine um diese Uhrzeit hier?" Ashton sah mich fragend an und ließ seinen Blick über meinen Körper gleiten, ohne es auch nur ansatzweise verbergen zu wollen. "Vor allem in diesem Outfit."
"Ich wurde von meinem Date versetzt." Im übertragenden Sinne stimmte das ja sogar, schließlich war 'Carlos' nicht gekommen und ich wollte schließlich nicht vor einem von Ryans besten Freunden schlecht über ihn reden. Das gehörte sich einfach nicht und vor allem legte auch ich keinen gesteigerten Wert darauf, dieses Thema noch einmal aufkommen zu lassen.
Ashtons Grinsen entgleiste und seine Augenbrauen zogen sich wütend zusammen. "Das hätte ich echt nicht von Noah erwartet, ich…-", begann er sich aufzuregen, doch ich unterbrach ihn.
"Doch nicht mit Noah!", entruschte es mir schneller als geplant.
Wieso mussten alle mich nur darauf ansprechen? Irgendwie war diese Situation so komisch, dass ich anfing, wie eine Bescheuerte zu lachen. Ashton musst jetzt sonst was von mir denken, aber das war mir in diesem Moment völlig egal.
Meine Gedanken und Gefühle spielten gerade einfach verrückt. Ein Tornado aus Ängsten, Sorgen und Wünschen drohte mich zu verschlingen und es war, als würde ich nicht mehr wissen, wo oben und wo unten war.
Ashtons Gesichtszüge hingegen entspannten sich wieder etwas, aber er fokussierte immer noch finster die Straße. "Trotzdem, was für ein Spast. Sag mir seinen Namen und wir fahren bei ihm vorbei und stellen ihn zur Rede."
"Das ist echt lieb von dir, aber ich komm schon zurecht", lehnte ich ab, dabei kam ich überhaupt nicht zurecht. Meine Welt hatte sich innerhalb weniger Wochen zu einem riesigen Chaos entwickelt, in dem ich nicht mehr wusste, was ich fühlte und wem ich vertrauen konnte. Und all das hatte damit begonnen, dass Noah Collins an unsere Schule zurückgekehrt war.
"Okay, aber nur das du es weißt, ich bin für dich da, wenn du mich brauchst."
Seine Worte lösten warmes Gefühl in meiner Magengegend aus, es war schön zu wissen, dass man nicht alleine war. Und das gerade Ashton mir seinen Beistand anbot, überraschte mich zwar, aber freute mich um so mehr.
"Danke, Ash."
Wenig später kamen wir bei mir zu Hause an.
"Vielen Dank fürs Fahren. Wir sehen uns dann bestimmt irgendwann in der Schule", verabschiedte ich mich von Ashton.
"Habe ich doch gerne gemacht. Bis morgen, Kleine", antwortete er mir und fuhr dann los.
Ich hingegen lief den Weg zu unserem Haus und grübelte darüber nach, was für ein falsches Bild ich von Noah und seine Freunden gehabt hatte. Sie waren gar nicht die abgehoben Arschlöcher, für die ich sie gehalten hatte, sondern echt nette und anständige Kerle. Naja, bis auf einer…
I'M BACK!!
Ich habe meine ersten beiden Abiklaursuren gut überstanden und jetzt habe ich erstmal drei Wochen Zeit, bis es weitergeht und deshalb habe ich auch wieder mehr Zeit für Wattpad. Ich war diese Woche einfach von Sonntag bis gestern nicht auf Wattpad und glaubt mir, ich habe es echt vermisst😅💗
Aber jetzt bin ich wieder da und wünsche euch ganz viel Spaß bei der Lesenacht! Der erste Teil kommt sogar tatsächlich pünktlich 😂
Was sagt ihr zu Ryan's Verhalten?
Ich bin echt gespannt, was ihr über ihn denkt🙈
Dann bis gleich!
Eure Amy
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