40. Kapitel
Schleppend betrete ich das Büro und setze mich auf den Stuhl in der achten Etage vor meinem Schreibtisch. Wann kann ich nur nur wieder weg? Ich will wieder in die Siebte zurück. Unmotiviert lese ich mir die letzten Artikel des Wochenendes durch. Nichts besonderes. Natürlich sind hier und da Dinge passiert, aber es ist nicht schwierig zu erkennen, dass das einfach nur hoch gepusht worden ist und dass da gar nicht so viel hinter steckt, wie gerade getan wird.
Nichts mit Harry. Er ist von den Titelseiten verschwunden und zeigt sich nicht in der Öffentlichkeit. Seufzend überlege ich, seinen Namen in die Suchleiste einzugeben, lasse es dann aber doch. Was bringt mir das schon? Es gibt wohl kaum Handbücher mit dem Titel Ratgeber, wie man über einen Prinzen hinwegkommt.
Eine Woche habe ich noch; dann muss ich wieder über ihn schreiben, denn dann steht der Winterball an. Kann der dieses Jahr nicht einfach ausfallen? Vergessen werden oder so? Nein, das wird nicht passieren, da esse ich vorher wahrscheinlich eine Avocado, ehe der Ball abgesagt wird. Im Prinzip tue ich also den ganzen Vormittag gar nichts. Ich recherchiere hier und da ein bisschen, aber im Augenblick gibt es keine großen Storys. Oder nein, es gibt keine großen Storys, die nicht schon andere Kollegen bearbeiten. Ich war die ganze Zeit so auf Harry fokussiert, dass jeder andere Journalist auf dieser Etage sich alle anderen Skandale vornehmen konnte und sie haben sie so aufgeteilt, dass ich gerade leer ausgehe.
Ich will Harrys Namen aber einfach nicht in die Suchleiste eingeben. Es würden sowieso nur Bilder seines letzten öffentlichen Auftrittes erscheinen, auf denen er absolut beschissen und fertig aussieht. Ungefähr alle fragen sich, was mit ihm los ist und die wildesten Spekulationen laufen. Manche behaupten, er nimmt wieder Drogen und verknüpfen es mit dem Bild von vor einigen Wochen, andere sagen, dass er Krank ist oder psychische Probleme hat. Dann wurde gesagt, dass Harry wohl unterwegs verfolgt und angegriffen wurde, aber schnell hat sich herausgestellt, dass das völliger Blödsinn ist.
Das kann gar nicht passiert sein, so gut, wie Steven und sein Team auf den Prinzen acht geben, aber das hat die Presse in diesem Augenblick wohl leider vergessen. Ob die wohl in ihrem Studium alle nur gepennt haben? Ach, was frage ich das eigentlich.
Ich bekomme erst gar nicht mit, dass sich die Aufzugtüren öffnen und jemand die Etage betritt, dann kommt sie aber direkt auf mich zu und ich sehe Miss Tremblay verwundert an. Wieso schickt sie nicht Jeff, wenn sie etwas wissen möchte oder braucht? Das macht sie doch sonst auch immer so? „Ähm... was kann ich für Sie tun?" frage ich etwas irritiert und sie zieht sich einen Stuhl heran. „Ich werde sie zurück auf die Siebte versetzten." sagt sie gerade heraus und meine Augen werden groß. „Wirklich? Wann?" möchte ich direkt wissen.
So schlecht ist dieser Tag wohl doch nicht. Trotzdem verstehe ich nicht so ganz, weswegen sie nicht Jeff dafür geschickt hat. Er hätte es mir doch auch einfach sagen können? Oder sie hätte mich in ihr Büro kommen lassen, wie sonst auch. „In zwei, vielleicht drei Wochen." sagt sie und macht eine kurze Pause, ehe sie weiterspricht. „Hören Sie, Mr. Tomlinson. Es geht nur, da es neue Ergebnisse bezüglich der Fotografen in Portland gibt."
„Ich dachte das wäre geklärt?" frage ich nervös. „Richtig, aber die Sicherheitsabteilung des Prinzen hat weitergeforscht und der Computer von Trevor Morgan wurde gehackt. Es ist zuerst nicht aufgefallen, weil derjenige verdammt gut gewesen ist. Trevors Computer wurde sozusagen als Zwischenstopp verwendet. Es sind noch drei weitere Computer betroffen, sodass undurchsichtig wird, von wo genau die Anweisungen und Informationen an die Paparazzi nun kamen."
Mir rutscht das Herz in die Hose, als sie das sagt. „Das bedeutet?" frage ich leise und sie seufzt. „Dass nicht mehr klar ist, durch wen die Paparazzi von Prinz Harrys Standort erfahren haben. Mr. Morgan wird nächste Woche zurückkehren und weiterarbeiten. Er war es nicht, er hat sie nicht verraten, Mr. Tomlinson." Perplex nicke ich und versuche zu verstehen, was sie mir da gerade gesagt hat.
Trevor war es nicht, er hat Harry und mich nicht an die Fotografen verpfiffen. Aber wer soll es sonst gewesen sein? Zu dem Zeitpunkt wusste doch fast niemand von unsere Beziehung? Ich meine, inzwischen weiß es meine Familie, aber das wars dann auch schon wieder. Wirklich viele andere habe ich nicht involviert, also wer könnte bitte davon etwas mitbekommen haben?
Das gibt es doch alles nicht!
„Weiß Harry davon?" frage ich dann leise und meine Chefin zuckt entschuldigend mit den Schultern. „Sein Sicherheitschef konnte mir dazu keine Auskunft geben, aber unter uns, ich gehe davon aus, dass er, wenn er es denn weiß, erst kürzlich erfahren hat. Er hätte Ihnen doch sonst sicher Bescheid gegeben?" Ich zucke mit einer Schulter. Hätte er das? Ich kann es nicht einschätzen, ich habe keine Ahnung, ob er mir gesagt oder geschrieben hätte, dass die Situation sich um 180 Grad gedreht hat. Vielleicht darf er es ja auch gar nicht, wer weiß das schon, bei all den Regeln.
„Ich müsste sie noch um einen Gefallen bitten." sagt sie dann und ich muss mich zusammenreißen, nicht die Augen zu verdrehen. „Sie werden mit Mr. Morgan zu dem Winterball gehen. Eigentlich war Miss Chevalier dafür eingeteilt, aber sie hat mir heute morgen Bescheid gegeben, dass es ihr im Augenblick nicht so gut geht. Auch wenn es ein sehr wichtiger Termin ist, ihre Gesundheit darf man natürlich nicht vernachlässigen. Mittwoch morgen wird entschieden, ob sie hingehen wird oder nicht, dann werden Sie einspringen.
Das ist ein sehr wichtiges Event, aber das brauche ich Ihnen wohl kaum zu sagen, daher sollten sie dennoch anfangen, sich darauf vorzubereiten. Die Gästeliste sollte bereits per Email an sie gesendet worden sein und wie immer kümmert Mr. Malik sich um Ihre Garderobe." beendet sie ihre kurze Ansprache.
Ich muss einen Moment sacken lassen, was sie mir gerade alles eröffnet hat. Trevor ist zurück, der Verräter immer noch unbekannt und ich werde wohl oder übel zu diesem Winterball im Palast gehen müssen. Vorausgesetzt jedenfalls, dass sich Vickys Zustand nicht bessert. Oh Gott, bitte lass sie gesund werden. Ich will nicht einen Schritt in diesen riesigen Saal machen, wo der Ball stattfinden wird. Danke, aber nein danke.
Kurz schließe ich die Augen und sage mir selbst, dass es das letzte Mal sein wird, dass ich für die Achte Etage einen derartigen Auftrag ausführen muss. Es ist sozusagen meine Feuerprobe, auf der Siebten endlich Supervisor zu werden. Das muss klappen! Ich darf das nicht verhauen! Also nicke ich und sehe Miss Tremblay entschlossen an. „Ich werde da sein, natürlich." Sie lächelt und nickt zufrieden.
„Ich hatte nichts anderes erwartet, Mr. Tomlinson. Falls sie anschließend im Palast bleiben möchten, wird Mr. Morgan ihre Unterlagen mitnehmen können." schlägt sie vor und ich schlucke, schüttle leicht den Kopf und sehe zur Seite. „Das.. ähm.. wird nicht notwendig sein, aber vielen Dank. Der Prinz hat leider keine Zeit, also werde ich zeitgleich mit Mr. Morgan den Ball verlassen." entgegne ich zögerlich. Irgendetwas in mir stäubt sich dagegen, ihr von der Trennung zu erzählen. Ich weiß nicht woran es liegt, aber mir ist diese Ausrede leichter über die Lippen gekommen, als es wohl die Wahrheit getan hätte.
Kurz danach ist Miss Tremblay auch schon wieder weg. Ich seufze und fahre mir verzweifelt durch die Haare. Wie soll das nur funktionieren? Ich weiß wirklich nicht, wie ich den Abend überstehen soll. Mir war klar, dass ich mehr als nur einen Artikel über den Abend schreiben werde, aber selbst hingehen? Oh Gott, bitte nicht.
Ich sehe mir die Gästeliste an und stelle fest, dass einige Sportler da sein werden. Vielleicht kann ich mit Trevor ja vereinbaren, dass er sich um die Royals kümmert und um die Highsociety und ich versuche, Interviews mit Sportlern und anderen wichtigen Leuten zu ergattern. Aufteilen werden wir uns sowieso müssen. Ich schließe die Augen und schüttle leicht den Kopf. Mein Leben will mich wirklich verarschen.
Ob ich Harry wohl sagen sollte, das ich da bin? Bei dem Charity-Spiel hat es mich geärgert, als er plötzlich vor mir stand und ich mich nicht darauf vorbereiten konnte, es wäre als nur fair, jetzt nicht das gleiche zu tun; zudem ich ja weiß, dass er dort sein wird. Es ist sein Zuhause! Ob er Miss Tremblay dann wohl sagen wird, das sie doch bitte einen anderen Journalisten schicken solle? Verstehen könnte ich es jedenfalls. Ich bin hin und her gerissen, zwischen der Möglichkeit, Harry Bescheid zu sagen, auf dass ich nicht dahin muss oder es durchzuziehen, um Supervisor zu werden.
Ich will ihn nicht sehen, nicht schon wieder. Ich werde mich kaum konzentrieren können, wenn er vor mir steht, wenn ich auch nur weiß, dass er im gleichen Raum ist, wie ich. Nein, ich muss es durchziehen, irgendwann vergeht dieser beschissene Liebeskummer schon noch und dann werde ich froh darüber sein, die Beförderung bekommen zu haben, weil ich mich zusammen gerissen habe. Das wird schon werden. So schwierig kann es ja nicht sein. Oder?
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Ob Louis den Ball unbeschadet überstehen wird? Und wie denkt ihr, reagiert Harry darauf? Was haltet ihr davon, dass Trevor nur eine Spielfigur von dem war, der den Fotografen die Informationen weitergeleitet hat? Hättet ihr damit gerechnet?
Love L
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