~Nyu~

Lachend renne ich durch die Straßen Chinatowns, Tae und der Rest unserer Gang dicht hinter mir. Ein lautes Krachen ist zu hören, dann Sirenen. Mittlerweile sind wir kurz vor unserem Hauptquartier: ein altes, mehrstöckiges Haus, so wie es in dieser Gegend massenhaft viele gibt.

"Ich glaube, dass wir sie abgehängt haben", meint Hoseok keuchend.

Also stoppen wir. Immer noch mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht drehe ich mich zu den anderen um und halte meine Tasche in die Luft. Sie ist voll mit Geldscheinen.

"Wir haben es geschafft, Leute! Wir haben eine der sichersten Banken New Yorks ausgeraubt!"

Lautes Jubelgeschrei bricht los und Tae und ich grinsen uns siegessicher an. Alle zusammen gehen wir rein, wo uns schon der Duft von leckerem Essen entgegeweht.

"Na, wart ihr erfolgreich?", fragt Jin, der mit einem großen Kochlöffel in der Tür steht.

"Natürlich! Wir sind immer erfolgreich", antwortet Jimin überheblich. Daraufhin brechen er und Jungkook in Gelächter aus.

Ich fasse für Jin kurz zusammen, wie wir vorgegangen sind: Zuerst hat Yoongi das Kamerasystem und die Alarmanlage gehackt, wir haben die zwei Polizisten zusammengeschlagen, die Wache stehen sollten und anschließend die Tresore aufgebrochen. Als die Polizei endlich gemerkt hat, dass die Sicherheitssysteme außer Kraft gesetzt wurden, waren wir schon weg.

"Also Leute hört gut zu. Morgen ist Silvester, das heißt alle Menschen sind über Nacht betrunken und abgelenkt. Der perfekte Zeitpunkt für einen Überfall", sagt Namjoon, sobald wir alle am Tisch sitzen. Wir grinsen ihn siegessicher an.

"Hier ist mein Plan..."

***

Wir stehen alle gemeinsam vor dem großen Bankhaus. Mein Herz rast, aber insgeheim freue ich mich schon. Ich liebe diesen Adrenalinschub.

"Es geht los", flüstert Namjoon uns zu. Tae nimmt meine Hand und drückt sie leicht. Ich lächle ihn noch ein letztes Mal an und gebe ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. Dann schleichen wir los. So normal wie möglich gehen wir auf das riesige, protzige Gebäude zu.

Vor der Tür bleiben wir stehen und tun so, als wären wir ganz normale, besoffene Jugendliche zu Silvester. Aber eigentlich verdecken wir nur Yoongi, der gerade dabei ist das Schloss zu knacken.

"Ich habs!", flüstert er. Ein letzter Blick in alle Richtungen und wir sind drin.

"Der Tresorraum ist dort rechts. Die Tür rein, dann den Gang bis ganz nach hinten", erklärt uns Namjoon leise. "Habt ihr alle eure Waffen und die Taschen für das Geld?"

Wir nicken. Namjoon voran machen wir uns schnell auf den Weg. Die Lichter bleiben aus, keine Taschenlampen, nichts. Das wäre zu auffällig. Wir müssen uns auch im Dunkeln zurechtfinden. Ganz leise schleichen wir den Gang entlang, sorgfältig darauf bedacht keine Spuren zu hinterlassen. Fußabdrücke werden ihnen hier nichts nutzen, dafür laufen zu viele Menschen täglich durch diesen Gang.

Hinten angekommen macht sich Yoongi wieder ans Werk und bricht das Schloss des Tresorraums auf. Ich erhasche einen Blick auf seine Finger. Irgendwie schafft er es immer das Türschloss unbeschädigt zurückzulassen. Leise schwingt die Tür auf. Jimin geht voran, dann Jungkook und wir Restlichen hinterher.

Mitten im Raum bleibt Jimin auf einmal stehen und ich laufe voll in ihn rein.

"Jimin, was soll-" Die Lichter gehen an und es ist taghell im Raum. Vor Schreck kann ich mich nicht mehr bewegen. Überall stehen Polizisten mit Pistolen und Maschinengewehren. Sie sind alle auf uns gerichtet. Wir sind hier in eine perfekt konstruierte Falle getappt.

Scheiße, kann ich nur noch denken, da werde ich auch schon von Tae aus dem Raum geschoben. Ich glaube so schnell wie jetzt, bin ich noch nie in meinem ganzen Leben gerannt. Als sie realisieren, dass wir uns nicht ergeben, sondern lieber fliehen, bricht ein Kugelhagel los. Geduckt sprinten und schlittern wir über den polierten Boden der Bank. Ich stolpere um die Ecke aus dem Gang und in das Foyer. Tae fängt mich am Ellenbogen und gemeinsam rennen wir den anderen hinterher.

"LAUFT!!!", schreit uns Hobi zu. Er steht am Eingang und hält uns die Tür auf. Als wir draußen sind, verrammeln die Jungs sie mit einer Parkbank.

"Schnell, wir müssen weg hier! Das wird sie nicht lange genug aufhalten!"

Diesmal rennt Jimin voraus, denn er kennt sich hier am Besten aus. Tae nimmt mich an die Hand und zusammen fliehen wir vor den Polizisten. Ich höre ein Klirren. Wahrscheinlich haben sie gerade die Tür aufgebrochen. Jetzt erschallen auch noch Sirenen. Sie scheinen von überall her zu kommen.

"Scheiße, scheiße, scheiße!", flucht die ganze Bande um mich herum.

"Schneller! Wir sind zu langsam! Wir müssen uns irgendwo verschanzen!"

"Hier entlang! Da vorn sind ein paar Ruinen! Da können wir uns verteidigen!", keucht Jimin.

Meine Beine schmerzen. Ich kann nicht mehr und stolpere bei jedem zweiten Schritt. Aber Tae hält mich fest und zieht mich immer weiter hinter sich her.

"Komm schon, Nyu! Du schaffst das! Tu es für mich!", versucht er mich zu motivieren.

"Ich liebe dich, Tae", flüstere ich.

"Dort sind sie. Beeilt euch!" Jimin ist schon über die niedrige Mauer geklettert und duckt sich dahinter. Wir klettern ihm alle hinterher. Als wir drüben sind, nimmt Tae mich in den Arm und versucht mich zu beruhigen. Mein Herz klopft so sehr, dass es schmerzt. Ich bekomme kaum noch Luft.

"Stellt euch alle in eine Reihe hier hin. Du bleibst unten Nyu!", befielt Namjoon. Gesagt, getan. Die Jungs verteilen sich hinter der Mauer und halten ihre Waffen bereit. Die Polizisten sind nicht die Einzigen, die gute Gewehre und Pistolen haben.

Plötzlich höre ich Reifen quietschen. Das müssen sie sein! Sie sind da! Sie haben uns! Türen knallen und eine Stimme, durch ein Megafon verstärkt, ertönt: "Hier spricht die Polizei! Ergeben Sie sich! Sie sind umstellt!"

"Das glaubt der ja selber nicht. Die stehen doch nur vor uns! Hinter uns ist ein fucking Haus!", flüstert Yoongi grimmig.

"So schnell geben wir nicht auf!"

"Genau Jungs, FIGHTING! Wir sind keine Verlierer!", werden sie von Namjoon, unserem Anführer, ermutigt.

"Auf drei feuert ihr Warnschüsse ab." Sie nicken und ich ziehe den Kopf ein. Jetzt wird es gefährlich!

"Eins."

"Wenn ihr euch nicht ergebt, müssen wir schießen!", rufen die Polizisten.

"Zwei."

"Eure letzte Chance ist jetzt!"

"DREI!!!" Und der Kugelhagel geht los. Erst schießen die Jungs. Dann höre ich Gebrüll von den Polizisten und wie sie sich hinter ihre Autos retten. Jetzt schießen auch sie und ich mache mich kleiner als ich es sowieso schon bin, um nicht getroffen zu werden.

Abwechselnd ducken sich auch die Jungs hinter die Mauer, um nachzuladen. Gerade sitzt Tae neben mir und knirscht mit den Zähnen. Ich schaue ihm in die Augen und er lächelt.

"Wir werden es nicht schaffen! Es sind zu viele!", brüllt da Jin auf einmal.

"Natürlich schaffen wir es!", antwortet Hobi und duckt sich, um nicht getroffen zu werden. Tae springt wieder auf und feuert eine Kugel ab. Ein Todesschrei erklingt. Ich halte mir die Ohren zu, nehme aber die Hände sofort wieder runter, weil ich hören möchte, was die Jungs sagen.

"Du musst es ihr jetzt sagen!", wird Tae gerade von Jungkook angeschrien. "Später kannst du es vielleicht nicht mehr tun!" Ich werde hellhörig. Wem soll er was sagen? Habe ich was verpasst?

"Du hast recht! Nyu?", wendet sich mein Taetae mir zu. "Ich wollte dich das eigentlich nach unserem geglückten Einbruch fragen heute. Aber mir scheint, das wird nichts mehr! Also ... willst du mich heiraten?" Ich starre mit großen Augen zu ihm auf. War das jetzt sein Ernst? Er hockt sich wieder zu mir runter und sieht mich an. "Willst du oder nicht?"

"Ja natürlich will ich, du Nuss!" Ich kann es nicht fassen, dass er mich das gerade wirklich gefragt hat! Plötzlich höre ich die Schüsse um uns herum nicht mehr, sondern sehe nur noch ihn.

"Hey Jin! Hast du nicht 'ne Ausbildung, dass du Leute verheiraten darfst?", fragt da auf einmal Jungkook und duckt sich vor einer Kugel.

"Yup." Er duckt sich und richtet sich wieder auf. "Hab ich!"

"Na worauf wartest du dann noch?", wird er von Namjoon angefahren.

"Also gut. Machen wir es schnell: Willst du Choe Nyu den hier anwesenden Kim Taehyung-" Jin duckt sich und schießt zurück. "-zu deinem rechtlich angetrauten Ehemann nehmen und ihn lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet, so antworte mit 'Ja'."

"Ja, ich will." Ich muss schon beinahe schreien, weil man mich sonst über den ohrenbetäubenden Lärm gar nicht gehört hätte.

Jin schießt noch einmal und hockt sich dann zu uns nach unten, um seine Pistole zu laden. "Und du Kim Taehyung? Willst du die hier anwesende Choe Nyu zu deiner-" Er steht wieder auf und wir schauen ihm nach. "-rechtlich angetrauten Ehefrau nehmen und sie lieben und ehren, bis dass der Tod euch scheidet, so antworte mit 'Ja'." Den letzten Satz brüllt er, während er die Bullen abknallt.

"Ja, ich will", schreit er vor Freude.

"Dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau." Er hockt sich wieder neben uns und grinst uns an. "Sie dürfen die Braut nun küssen!"

Das lässt sich Tae nicht zweimal sagen. Er nimmt mich in den Arm und küsst mich. Die Jungs stehen immer noch da und feuern auf die Polizisten, aber sie lachen und jubeln. Auf einmal schlägt eine Uhr in der Nähe zwölf und pünktlich um Mitternacht brechen die Feuerwerke los. Tae hält mich glücklich im Arm.

"Wartet, ich habe doch da noch was", meint Hobi und kramt etwas aus einer Tasche hervor. Es ist ein Tischfeuerwerk, das er jetzt anzündet. Es knallt und das Konfetti verteilt sich funkelnd über uns. Es fliegt so hoch, dass es sogar die Polizisten hinter der Mauer sehen müssten. Sie haben mittlerweile aufgehört mit schießen und denken bestimmt sonst was. Aber das ist mir egal.

Noch einmal ziehe ich Tae in einen Kuss. Über uns leuchten die Feuerwerke der Stadt und neben uns jubelt unsere Gang.

"Ich liebe dich."

"Ich liebe dich auch."

"HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH UND EIN FROHES NEUES JAHR!"