A Little Story
Es war Abend.
Die angenehme Stille wurde nur von Grillen gestört. Und einer schwarzen Gestalt, die, einen blauen Streifen hinter sich herziehend, blitzschnell durch den langsam orangefarbenen Himmel flog und dabei ein Gefühl von elektrischer Ladung zurückließ.
'Hoffentlich komme ich nicht zu spät', dachte sich die Gestalt. 'Der Ruf war ziemlich dringend.' In der Ferne tauchte sein Ziel auf, eine tiefe Höhle im Norden der Region.
Langsam senkte er sein Tempo und seine Umrisse wurden deutlicher. Der schwarze Drache landete mit einem spürbaren Aufschlag auf dem grasüberwachsenen Boden vor der Höhle. Nach einem tiefen Ein- und Ausatmen ging er auf die Höhle zu, bog davor aber noch rechts ab.
Die Überreste von etwas, was wahrscheinlich einmal eine Brücke war, waren dort befestigt. Allerdings reichten diese nicht sehr weit und am Ende tat sich eine tiefe Grube auf. Die Grube war ihm unangenehm bekannt.
Wenn man dort herunterspringen würde, hätte man einen kürzeren Weg, da man am Ende des natürlichen Labyrinths landen würde, über welches man wegen des Nebels nicht hinwegfliegen konnte. Für jeden Menschen wäre es Selbstmord. Zum Glück war er kein Mensch.
Der Stromgenerator an seinem unteren Rücken leuchtete blau auf und setzte einen kurzen elektrischen Stoß frei, dessen Energie reichte, um das legendäre Wesen mit Schwung vor die Treppe zum hinteren Höhlenteil zu katapultieren. Dabei fetzte er allerdings aus Versehen einem Baum die Spitze weg und die Wucht des Aufschlages hinterließ einen Krater im Boden.
Nervös und mit einem gezwungenen Lächeln zu sich selbst im Gesicht erklomm er erst langsam, dann immer schneller die Stufen, bis er schließlich in die hintere Grotte kam.
"Kyurem?", fragte er zaghaft. "Ich bin da."
Ein Stückchen weiter hinten ertönte ein Knurren. Danach tauchte langsam eine drachenartige Kreatur mit Eis überall auf ihrem Körper auf.
"Das hat ja lang genug gedauert", beschwerte sie sich. Dann wurden ihre Gesichtszüge weicher und in ihren Augen stand Sorge.
"Schön, dich zu sehen, Zekrom. Komm, es ist dringend."
Der Elektro-Drache aka Zekrom nickte zur Antwort nur, während Kyurem ihn in den hintersten Teil der Höhle führte, wo noch nie ein Mensch gewesen war. Dort hatte sie ihre Ruhe, wenn sie sie brauchte.
Und jetzt brauchte sie diesen Ort aus einem anderen Grund.
"Ihr geht es wirklich nicht gut. Wir müssen etwas tun, und zwar schnell", sagte Kyurem und stellte sich an die Seite. Zekrom sah sich kurz in dem Raum um, bis er auf einem Stein, der günstigerweise fast wie eine Matratze geformt war, einen Drachen mit weißem Fell liegen sah. Hastig lief er auf diesen zu und ließ sich vor dem Stein auf die Knie sinken.
"Reshiram...", murmelte er betrübt. Das Gesicht des bewusstlosen Feuerdrachens war schmerzverzerrt. Auf ihrer Flanke prankten drei tiefe, lange Wunden, die nach langen Klauen aussahen. Das goldene Blut, Zeichen aller Legenden, was langsam aus den Verletzungen tropfte, zischte auf, wenn es auf dem Steinboden landete, und löste sich in einen dunkelvioletten Dampf auf.
"Sie wurde im Kampf verletzt", erklärte der Eisdrache hinter Zekrom. "Eines dieser Dinger hat sie schwer erwischt."
"Das seh ich", grummelte dieser. "Kannst du bitte einfach zum Punkt kommen? Wie bringen wir das wieder in Ordnung?! Und jetzt sag nicht, ich soll sie wachküssen!"
Trotz dieser Aussage ließ das tiefschwarze Wesen es sich nicht nehmen, Reshiram einen Kuss zu verpassen. So gut es ohne Lippen halt ging.
Aufwachen tat sie zwar nicht, aber Zekrom glaubte, ihr Gesichtsausdruck wäre nicht ganz so qualvoll wie zuvor. Dann merkte er, wie aggressiv er gerade gesprochen hatte.
"Sorry." Resigniert sah er zu Boden und biss sich auf den Teil seiner Schuppen, welche sich unter seinem Maul befanden. Lippenlos zu sein kam mit einigen überraschenden Nachteilen.
"Schon gut", antwortete Kyurem. "Erklär mir nur nochmal, warum ihr nicht gemeinsam gekämpft habt."
Zekrom wich ihrem Blick weiterhin aus. "Also, äh... Es gab ein Notsignal, während wir gerade in einen Kampf verwickelt waren... Und Reshiram wollte direkt dahin, da die Kreaturen, die bei uns noch übrig waren, auch von den anderen Pokémon hätten besiegt werden können..."
Er räusperte sich unwohl. "Aber ich meinte, es wäre sinnvoller, den Rest noch selbst zu bekämpfen, um auf Nummer sicher zu gehen. Also ist sie allein losgeflogen. Ich glaube, sie dachte, ich würde ihr sowieso folgen, allerdings bin ich geblieben... Und als die Kreaturen alle besiegt waren, habe ich sie nicht mehr kontaktieren können."
Kyurem seufzte. "Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich sie noch retten konnte." Sie schüttelte sich. "Aber das ist jetzt erstmal nicht wichtig. Ich habe den Rittern der Redlichkeit schon Bescheid gesagt und sie beschaffen ein Heilmittel. Hol es dir bei ihnen ab."
Zekrom nickte hastig und wollte schon loslaufen. "Halt!", rief Kyurem dazwischen. "Nicht so voreilig. Was, wenn du auch noch verletzt wirst?"
"Das wird schon nicht passieren", winkte Zekrom ab. Kyurem grunzte genervt. "Du weißt schon, dass ich dich jetzt einfach absorbieren könnte?" Sie setzte ein gruseliges Lächeln auf. Der Elektrodrache schaute sie skeptisch an. "Das würdest du nicht-"
Plötzlich trafen vier lilane Strahlen ihn und er verlor das Bewusstsein. Als er wieder aufwachte, war er bereits von Kyurem eingesaugt worden.
"Hey!", knurrte er in Gedanken Kyurem an. "Was soll das jetzt?"
"Entspann dich", antwortete ihre Stimme. "Ich habe dir die Kontrolle überlassen. Zusammen sind wir stärker als getrennt."
Zekrom seufzte. "Eigentlich wollte ich das alleine machen, weil es meine Schuld ist. Außerdem, wer beschützt dann die Höhle?"
"Die Djinnis übernehmen das. Und jetzt los", trieb sie ihn an. Langsam setzte sich die massige Gestalt des Schwarzen Kyurem in Bewegung und erhob sich im Nebel des Kraters in die Luft. Mit einem lauten Knall raste es los und verschwamm wieder im abendlichen Himmel.
"Habt ihr es gefunden?"
So leise wie möglich landete der Drache auf dem Waldboden. Kobalium, Terrakium, Viridium und Keldeo schienen ihn bereits erwartet zu haben, da sie bei der Ankunft schon am Rande der Lichtung standen.
Kobalium als Anführer trat hervor. "Wir haben den Ort ausfindig gemacht, allerdings wird er bewacht." Es deutete mit seinem Kopf Richtung Südwesten. "Diese Kreaturen haben die Quelle des heilenden Wassers blockiert. Ihr beide werdet sie bekämpfen müssen."
"Das schaffen wir", sagte Zekroms Stimme entschlossen. Keldeo machte zögerlich einen Schritt nach vorne, aber bevor es etwas sagen konnte, fuhr Terrakium dazwischen. "Nein, Keldeo, du darfst nicht mitkommen. Das ist zu gefährlich."
Das Wasser/Kampf-Pokémon blickte enttäuscht zu Boden. Nun sprach Viridium. "Ich werde euch hinführen. Kommt mit."
Das flinke Wesen verschwand schnell wieder im Wald, als die Kombination von Zekrom und Kyurem die Quelle sahen. Eine Gruppe schattenartiger Wesen standen herum und blickten wachsam in alle Richtungen.
"Bereit?", fragte Zekrom Kyurem. "Bereit", antwortete diese.
Mit Kampfgebrüll stürzten sie sich in die Menge und zerfetzten zwei Gestalten mit einer gezielten Drachenklaue. Die Schatten kreischten auf und rasten wild umher, bevor sie auf den Eisdrachen zurasten.
Trotz der unbändigen Kraft, die in den Armen von diesem steckten, sah es nicht unbedingt gut aus, da die Kreaturen in der deutlichen Überzahl waren. Schnell war das Schwarze Kyurem umzingelt und wurde von allen Seiten attackiert. Immerhin schaffte es, dass durch ständige elektrische Stöße die Gegner hinter ihm nicht allzu viel Schaden anrichten konnten.
Leider ließ die Energie doch relativ schnell nach. Die Schattenmonster ließen keine Pause zu und drängten das grimmig dreinblickende Pokémon zurück.
Da kam Zekrom eine Idee. Mit einem gewaltigen Sprung stürzte es sich in das Wasser, welches daraufhin auf alle dieser Feinde spritzte. Grinsend erhob er sich aus der Quelle und richtete beide Arme nach vorne.
"Hat wirklich Spaß gemacht, aber ich habe ein Leben zu retten." Blitze zuckten um ihn herum und er schloss die Augen. "Kreuzdonner!"
Beim Aufschlag bei der Treppe landete Kyurem genau in dem Krater, den Zekrom vorhin verursacht hatte, wodurch es diesen nur noch vergrößerte. Es seufzte.
"So, jetzt lass mich hier raus", meinte Zekrom im Kopf zu seiner Partnerin. Diese ließ ein genervtes Geräusch hören, bevor sie seinen Wunsch erfüllte.
Keine drei Sekunden später war Kyurem wieder der alte Eisdrache und Zekrom stand neben ihr. Nicht lange, denn er sprintete überraschend energiereich in die hintere Höhle. Neben dem Stein kniete er nieder und nahm die Phiole mit dem heilenden Wasser vorsichtig zwischen die Klauen.
Mit äußerter Bedachtheit entfernte er den Korken und tröpfelte das klare, durchsichtige Heilmittel auf die Schnitte. Tatsächlich schien es zu wirken. Die Bluttropfen verdampften nicht mehr, und als sich die Wunden schlossen, versiegten die Rinnsale auch.
Erleichtert atmete Zekrom laut aus. Jetzt merkte er erst, wie anstrengend der Kampf gegen die Monster gewesen war. Sein Stromgenerator flacktere nur schwächlich in blauem Licht. Trotzdem lächelte er.
Reshiram sah viel entspannter aus. Wenn man sie nun so ansah, hätte sie einfach schlafen können. Dann schlug sie ihre Augen auf und schnellte in eine sitzende Position.
"Die Monster... Ich... was..."
"Bleib liegen", meinte Zekrom erschöpft. "Du musst dich auskurieren."
"Zekrom..." Der weiße Drache sah ihn an und lächelte langsam. "Du bist doch noch gekommen." Dieser erwiderte das Lächeln von Herzen.
"Für dich tue ich alles.", sagte er. "Wir gehören zusammen, und auch, wenn ich Fehler mache, werde ich immer mein Bestes tun, um sie wiedergutzumachen."
Und um diese Worte zu unterstreichen, küsste er sie.
Diese Geschichte ist meiner wundervollen Freundin Annika aka Tarja_Blanke, auch bekannt als Reshiram, gewidmet. Sie wird heute stolze 16 Jahre alt.
Herzlichen Glückwunsch 😘
Ich hoffe, dein neues Lebensjahr wird so perfekt, wie du es bist.
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