Then claws of fear reach out
*Sunas Sicht*
"Ich bin Suna Asentines."
Dieser Satz änderte alles. Sie starrte auf den abgewetzten Holzboden und versuchte den entgeisterten Blicken so auszweichen. Suna hatte nicht vor sie zu verraten. Nicht Erin, aber Nola. Ihr war egal, aus welchen Gründen Nola ihre Schwester ermordet hatte, für sie zählte, dass Nola es getan hatte. Sie wollte Rache, für ihre Schester, die bis zum Ende hilflos dem System ausgeliefert war. Bei dem Mord ging es nicht um ihre Schwester, sondern um das Zeichen. Das Zeichen, dass es in Durnia noch Rebellen gibt, dass der Herrscher sich in Acht nehmen soll. Sie verfluchte ihren Vater, sie kannte ihn nicht. Manchmal sah sie ihn bei festlichen Banketen. Sie wusste, dass er sie dafür verurteilte, kein Sohn für ihn zu sein. Denn er brauchte einen Erben. Einen Sohn, der die Macht nach seinem Tod übernehmen würde.
Ihre Mutter war oft auf Reisen, jedoch nahm sie sich oft Zeit für ihre Töchter. Meistens brachte sie ihnen Dinge, aus fernen Städten mit oder lehrte sie etwas. Ihr war nicht egal was mit ihren Töchtern, solange sie unauffällig und an die Tradition angepasst waren, passierte. Sie liebte ihre Eltern. Auch nachdem was geschehen war. Suna konnte nicht anders, und doch wünschte sie, dass der Herrscher gestorben wäre, der der an allem Schuld hatte, nicht ihre unschuldige Schwester. Sie blickte auf und starrte hasserfüllt in die Augen der Mörderin. Diese blickte immer noch fassungslos in Sunas Augen. Erin hingegen wirkte etwas hilflos, fast entäuscht. Es schien, als ob ihre Maske gefallen war. Nola jedoch packte sie abrupt an ihrem Arm und zerrte sie unsanft auf den Sessel. Suna zischte sie böse an. Wenn sie mich töten würde, würde ihr das Leben nicht erleichtert werden. Erin drehte sich um und ihr, gerade noch so verletzlicher Blick, festigte sich. Nola zog Erin neben sie. Diese strafte sie mit einem kurzen, bösen Blick. Nola ignorierte ihn gekonnt und baut sich vor dem Sessel auf. Mit ihren schwarzen Augen, fixiert sie Suna.
"Und dann rennst du zu deinem Vater und lässt mich und Erin töten, ist das dein Plan?
Dann lass dir eins sagen, du wirst das nicht tuen. Und weißt du wieso? Du bist keine Mörderin. Mich könntest du vielleicht ins Reich der Toten schicken, aber nicht Erin.
Ich sehs in deinen Augen.", spuckte sie Suna entgegen.
Sie hatte Recht.
Sobald sie es ausgesprochen hatte, wusste Suna, dass es stimmte. Doch sie ließ es sich nicht anmerken. Nola hatte Recht, solange Erins Leben auch auf dem Spiel stand, würde sie es nicht tun können. Und sie mordete nicht Unschuldige. Ausserdem war sie auf der Flucht vor ihrer Familie, sie würde sicher nicht freiwillig zurückkehren. Nicht in das goldene Gefängnis.
"Wieso bist du eigentlich hier?"
Sie schaute Erin an und versuchte möglichst geheimnisvoll auf ihre Frage zu antworten. Nola würde sie vielleicht um die Ecke bringen, wüsste sie das Suna weggelaufen wäre. Obwohl sie dann auch, würde sie gefasst, eine härtere Strafe auferlegt werden würde.
"Ich versuche mein Schicksal zu ändern."
Das Schicksal zu ändern war nicht möglich. Das würde es auch nie. Aber sie konnte versuchen kleine Pfade einzuschlagen. Vielleicht würde es so in die Verwirrtheit gleiten. Sie blickte vorsichtig in Erins smaragdgrüne Augen. Wieder hatte Suna das Gefühl, als ob Erin ihre Seele erkundete. Erkenntnis und Mitleid spiegelten sich in ihnen. Wie gebannt starrte Suna zurück. In diesem Moment gab es nur diesen Blickaustausch. Alles andere verschwand im Hintergrund. Ihr wurde klar, dass Erin verstand. Das sie verstand, dass sie wegelaufen war, aus dem goldenem Käfig geflohen war. Alles hinter sich lassen wollte. Es erschien ihr, als hätte Erin die Gabe, die innersten Wünsche zu fühlen. Als Nola sich kurz räusperte, brach der mystische Bann in zwei. Erin sah zu Boden und Suna fokussierte Nola. Diese wirkte so unwirklich, in ihrer Kämpferausrüstung, zwischen den blassen Buchbänden. Ihre Augen blitzten und Suna wusste, dass Nola versuchte den Satz in seinen Einzelheiten zu sezieren und analysieren. Sie war nicht so verständig wie Erin und brauchte ein paar Momente, in denen ihre dunklen Augen neugierig Suna anblitzten. Doch dann war auch sie in Erkenntnis, des verschlüsselten Satzes gekommen. Obwohl Suna versuchte hatte, zu verheimlichen, was sie in gewisser Weise verbrochen hatte, war es wohl nicht sehr schwer zu erkennen. Allein schon die Vermutung, wieso sie nicht in dem wohlbehüteten Palast war und hier als Verkäuferin ohne Lohn arbeiten wollte, sagte vieles aus. Und dadurch, dass nun auch noch ihr Name bekannt war, offenbarte sich schnell, dass sie geflohen war. Was Suna überraschte, war das so etwas wie Respekt und Anerkennung in Nolas Augen erschien. Sie nickte ihr langsam zu, ehe sie ruhig und leise zu Suna sprach.
"Du bist geflohen, oder?"
Nola hatte sie bedroht und ihr wehgetan und das vor nicht langer Zeit, und nun war die feindselige Stimmung plötzlich etwas milder. Suna fürchtete nicht um ihr Leben. Das hieß nicht das sie keine Angst vor Nola hatte, nur nicht Angst davor, dass ihr von ihr bald das Leben genommen werden würde. Sie verzieh ihr damit nicht den grauenvollen Mord an ihrer Schwester. Es war nur eine Entlastung und sie fühlte sich freier. Als Antwort auf die Frage deutete sie ein leichtes Nicken an. Doch Erin wandte sich nun fast wütend an sie.
"Ist dir eigentlich bewusst, in welcher Gefahr ich schwebe? Ich beherberge eine Mörderin, die mich übrigens schon bedroht hat und von dem Herrscher gesucht wird und die geflohene Tochter des Herrschers bei mir. Wie soll das den weitergehen?", richtete sie sich anklagend an die Beiden. Eine kurze Stille folgte und Nola wippte etwas mit den Füßen, während sie scheinbar überlegte. Suna fühlte sie schuldig. Nola und sie hatten Erin in etwas hinein gerissen, mit dem sie nichts zutun hatte. Wegen ihnen schwebte sie in Lebensgefahr. Denn der Herrscher würde keine Gnade mit ihr walten lassen. Sie durfte das Erin nicht antun. Sie erhob sich aus dem Sessel und ging zwischen den Regalen hin und her. Dabei stieß sie versehentlich gegen ihren kleinen Rucksack, denn sie vor ihrer Flucht in Eile gepackt hatte. Und plötzlich wurde ihr bewusst, dass es nur eine einzige Möglichkeit gab, Erin aus der Gefahr zu ziehen.
"Ich werde weiter fliehen."
Sie ignorierte Erins fassungslosen Blick und erschreckte fast, als Nola sich leise zu Wort meldete.
"Ich auch."
"Das könnt ihr nicht machen! Wo wollt ihr den bitte hin?", versuchte Erin die Beiden davon abzubringen.
"An die Grenzen.", gleichzeitig wandten sich die Beiden an Erin. Es überraschte Suna, dass Nola an die Grenzen fliehen wollte. Sie gehörte der Rebellion an, diese würde sie nicht einfach fliehen lassen. Außerdem wäre sie dann dazu gezwungen, ein neues Leben zu beginnen. Eine neue Arbeit und das in der Ferne, außerhalb Durnias. Im Gegensatz zu Nola, blieb Suna nichts anderes übrig, als ein neues Leben zu beginnen. Wie das auch immer aussah. Nola könnte in Durnia untertauchen, die Rebellion könnte ihr helfen unterzutauchen, alle Spuren zu verwischen. Es war, als könnte Nola ihre Gedanken lesen.
"Die Rebellion wird sich von mir abwenden, die Gefahr wegen mir aufzufliegen ist ein zu großes Risiko für sie. Auf ihre Hilfe kann ich vergeblich warten.", meinte sie bitter an die Beiden gewannt. Jetzt verstand wohl auch Erin, wie nötig es war aus Durnia zu fliehen. Denn sie gab sich geschlagen.
"Gut, aber nur wenn ihr eure Flucht plant und ich euch durch ein bisschen Proviant unter eure Arme greifen darf.", meinte sie fest und es war klar, dass sie keinen Widerspruch duldete. Die beiden nickten und Suna war bewusst, dass sie sich gerade auf eine lebensgefährliche Reise, mit der Mörderin ihrer Schwester eingelassen hatte. Ob das gut oder schlecht war, würde sich noch herausstellen. Vielleicht war es gut Nola dabei zuhaben, so konnten sie sich verteidigen. Außerdem hatte sie sicher gute Kontakte in der Rebellion. Alles in allem wäre es sicher gut Nola dabeizuhaben.
Erin verschwand hinter einem der zugestellten Regalen und kam nach kurzer Zeit wieder, diesmal mit einem dicken Wälzer in ihren langen Fingern. Diesen legte sie vorsichtig auf dem wackeligem Tisch ab und winkte Nola und Suna zu ihr zu kommen. Als Suna ihrer Anweisung nachgekommen war, betrachtete sie den Wälzer und stellte fest, dass es sich dabei um ein Buch mit vielen Landkarten handelte. Das erstaunte sie, denn der Herrscher gestattete so etwas nicht. Das lag daran, dass er eine Flucht aus Durnia oder eine Vorstellung der Landesgrenzen Durnias unterbinden wollte. Sie selbst wusste nur, in welchen Richtungen ungefähr welche Grenzen lagen. Wie weit diese entfernt waren, oder wie diese aussahen war ihr unbekannt. Auch Nola wirkte durch den Wälzer kurzzeitig verwirrt. Auf Sunas fragende Blicke rechtfertigte sich Erin unbehaglich.
"Das Buch ist schon älter und es ist unverkäuflich, außerdem ist es nicht leicht zu entdecken. Wir besitzen es, weil es zu schade wäre es zu zerstören."
Das hieß Erin setzte ihr Leben aufs Spiel und das wegen diesem Wälzer. Diesen bedrohlichen Gedanken versuchte Suna schnell aus ihren Gedanken zu vertreiben. Nola nickte langsam, als sie Sunas verzweifelten Blicke zu dem Buch bemerkte, versuchte sie Erin zu verteidigen.
"Ich versteh das. Sie kämpft für etwas. Ob das nun eine bessere Zukunft oder ein Buch ist, es ist mutig. So etwa wie deine Flucht aus dem System. Sie kämpft für etwas, dass bewundere ich. Wir kämpfen alle für etwas.", versuchte sie ihren Standpunkt Suna zu vermitteln. Als Erin Nola anlächelte, rang sich diese auch ein kleines Lächeln ab, bevor sie wieder ihre eiserne Maske aufsetzte.
"Hiermit könnt ihr eure Fluchtroute planen.", dann griff sie fast verzweifelt nach einem Messer und trennte mit großem Widerwillen einige Seiten vorsichtig hinaus. Sie reichte Nola die Seiten und stützte sich vorsichtig auf dem Tisch ab, bedacht darauf, denn kleinen Tisch nicht kippen zu lassen. Suna wurde bewusste wie schwer es für Erin gewesen sein musste, die Blätter aus dem Buch heraus zu trennen. Sie ging mit Büchern sehr vorsichtig um und schätzte sie. Wegen ihnen hatte sie ein Werk geringfügig zerstören müssen. Sie fühlte sich schuldig, beruhigte sich aber damit, dass es Erins Endscheidung gewesen war, die Seiten hinaus zu trennen. Suna stellte sich hinter Nola um auch einen Blick auf die Seiten werfen zu können. Die Landkarten zeigten Durnia und ihre Grenzen. Außerdem waren Viertel und Städte eingezeichnet. Suna suchte nach dem Punkt an dem sie sich im Augenblick befanden und Nola tat es ihr gleich und zeigte mit ihren blassen Fingern auf das Viertel. Dankbar nickte Suna und versuchte sich Gedanken zu der Route zu machen.
"Wir könnten nach Süden, durch die Wälder und ein paar Seen, dann müssten wir auch durch ein paar große Städte. Das wäre aber besser, als wenn wir nach Norden gehen würden, da würde nur Kälte uns in den Bergen erfrieren lassen. Und Osten und Westen sind von vielen Städten besiedelt.", meinte sie leise.
"Wir sollten,aber erst einen Weg nach Norden machen, nur einen kurzen, dann könnten wir falls wie verfolgt werden, die Wachen besser abhängen.", flüsterte Nola leise, nachdem sie kurz überlegt hatte und die Route in Erwägung gezogen hatte. Erin nickte zustimmend. Suna war sich nicht sicher, ob das wirklich eine gute Idee war, verließ sich aber auf Nola und Erin. Also nickte auch sie und die Route ihrer Flucht stand fest. Erin griff nach einer dünnen Kohlemine um die Route leicht einzuzeichnen.
"Ich kann euch nicht versichern, wie lange die Flucht dauert. Von so etwas weiß ich nicht wirklich viel.", meinte Erin endschuldigend zu Nola und Suna. Nola blickte Suna an und Suna blickte zurück, während sie überlegten, ob sie wirklich bereit waren.
Dann sahen sie Erin an und Suna nickte, gefolgt von Nola. Es gab kein zurück mehr. Suna hätte niemals gedacht, dass sie so weit gehen würde. Das sie sich auf eine Flucht durch Durnia mit einer Mörderin im Gepäck begeben würde. Wobei in den letzten Stunden viel mehr geschehen war, als sie sich je ausmalen gekonnt hätte. So schnell hatte sich alles geändert, und das nicht nur zum Schlechten. Suna wusste das sie in gewisser Weise ihr Leben aufs Spiel setzte, denn sie wusste nicht was passieren würde, wenn man sie finden würde. Dann würde sie in den Palast zurückkehren oder in das Reich des Todes. Was es auch immer war, Suna konnte nicht sagen, was für sie schlimmer wäre. Und das war der Grund warum sie eine lebensgefährliche Reise auf sich nahm. Damit sie lebte.
Erin wirkte mitgenommen, als sie den Beiden, die wohl bedeutendste Frage stellte.
"Wann werdet ihr aufbreche?"
"So schnell wie möglich, oder?", fragend blickte Nola Suna an, die zustimmend nickte.
"Dann brecht morgen in der Frühe auf, die Wachen werden in den Straßen nur vereinzelt auftreten. Wir sollten uns noch um eure Ausrüstung kümmern. Besonders da wir nicht wissen, wie lange eure Reise ins Unbekannte dauern wird."
"Ja, das sollten wir.", wortkarg wandte sich Nola Sunas Rucksack zu, während Erin in das Büro ging und mit einigen Kleidungsstücken wiederkam. Sie breitete diese auf dem Tisch aus. Zu sehen waren mehrere ausgeblichene Hosen und Leinenpullover.Dann verschwand sie in der Küche. Während Nola Sunas Rucksack auf dem Tisch ausleerte, pfiff sie beeindruckt. Einige nachtblaue, lange Kleider und rotlila Hosen, sowie einige laubgrüne Hemden fielen heraus und Nola musterte beeindruckt den Stoff. Doch dann bemerkte Suna, wie sich ihr Blick grimmig verdunkelte. Dann wandte sie sich zu Suna.
"Mit diesen Kleidern, Hosen und Hemden werden wir auffallen, es sieht nach Reichtum aus. Wir könnten sie Erin für die Kleider, die sie uns gegeben hat geben. Als kleiner Dank?", fragend blickte sie zu Suna hinüber. Diese sammelte wortlos alle ihre Kleider ein und ging in die Küche. Dort sah sie, wie Erin Proviant in einen ausgeblichenen Rucksack stopfte und fühlte sich schlecht. Erin hatte nicht viel und doch, doch gab sie vieles ihnen. Sie hatte die teuren Kleider reichlich verdient. Erin hatte Suna noch nicht bemerkt und erschreckte leicht als diese ihr auf die Schulter tippte. Wortlos drückte Suna ihr die Kleidung in die Arme. Erin stammelte, doch Suna unterbrach sie.
"Nimm du sie. Wir brauchen sie nicht mehr und du gibst uns doch auch so viel.", sie sah bittend in Erins geweiteten Augen und wartete auf ihre Antwort. Als diese schließlich nickte und dankbar lächelte, winkte Suna ab. Sie kehrte Erin den Rücken zu und lief, wie beflügelt zu Nola. Diese hatte schon den Proviant, der aus frischem Brot, Obst und Wasser bestand, auf dem Tisch ausgebreitet. Suna stellte sich neben sie und versuchte einzuschätzen, inwiefern der Proviant reichte. Erin kam leise summend aus der Küche und packte den gefüllten Rucksack neben den restlichen Proviant auf den Tisch. Alles in allem sah es so aus, als ob der Proviant eine längere Zeit, sprich zwei, drei Wochen. reichen würde. Aber da sie die Route durch einen Wald folgen würde und Nola mit dem Bogen schießen konnte, würde das sicher kein großes Problem darstellen. Suna war bewusst, dass auf der Flucht sich alles ändern könnte. Sie wollte sich erst gar nicht ausmalen, was passieren würde, würden sie gefangen genommen werden. Davor hatte sie große Angst. Doch eine andere Möglichkeit blieb ihr im Grunde nicht. Sie kämpfte für ein besseres Leben. Im Wege stand das Schicksal, Suna hoffte, dass es sich als gnädig genug erweisen würde, ihr wenigstens den Moment der Freiheit zu gönnen. Sie hoffte. Das Schicksal war unbesiegbar und alles hörte auf seinen Befehl.
Sie half Nola die Ausrüstung in die zwei Rucksäcke zu stopfen und nahm sich einen der Beiden, in diesem Fall ihren Rucksack, in dem jetzt die Kleidung und etwas des Wassers gelagert wurde. Zur Probe hob sie den Rucksack an und probierte ihn vorsichtig an. Nola tat es ihr gleich. Der Rucksack war leichter als Suna gedacht hatte, jedoch noch immer sehr schwer. Ihr blieb keine andere Wahl und sie gab sich damit zu Frieden, ihn wahrscheinlich über Tage zu tragen. Sie wusste, dass Nolas Rucksack schwerer war, als der ihrer. Obwohl Nola eine hagere Gestalt besaß und durch die ernsten Züge gealtert aussah, wusste Suna, dass Nola jünger sein musste, als sie. Als sie zu Erin hinüberspähte, wurde ihr bewusst, dass Nola die jüngste der drei Frauen war. Suna schätzte, dass sie etwas älter sein musste als Erin und damit die Älteste, jedoch Unerfahrenste. Wieder wurde ihr der Unterschied bewusst, dass sie selbst in dem goldenem Käfig aufgewachsen war, während die andern Beiden, wahrscheinlich in einem kleinem Laden oder sogar auf der Straße aufgewachsen waren. Es erschien ihr unfair. Es war nicht so, dass sie das sie das Leben im goldenem Käfig, diesem hier vorzog. Eher das es ihr ungerecht erschien, dass Erin und Nola sich, alles was sie selbst besaßen, selbst erarbeiten mussten. Sie nun ja auch. Aber jeder sollte eine Chance auf gerechtes Leben haben.
"Wie alt bist du?", fast beiläufig wandte sich Suna an Nola. Diese starrte sie misstrauisch an.
"Es interessiert mich nur, du musst es mir nicht verraten.", rechtfertigte sie und wandte sich wieder dem Rucksack zu. Nach einer kurzen Stille, als Suna schon keine Antwort mehr erwartete, flüsterte Nola schon fast.
"Vierzehn."
Das überraschte Suna und machte sie traurig. Sie hatte Nola auf fünfzehn geschätzt. Mit vierzehn war sie noch ein halbes Kind. Das bedeutete nicht, dass Suna ihr den Mord an ihrer Schwester verzieh, nur, ließ es sie etwas Verständnis für Nolas Verhalten aufbringen. Sie musste nie eine Wahl gehabt haben, sie hatte keine andere Wahl als zu morden.
Auch Erin wirkte erschüttert. Suna bemerkte, dass Nola sich unter den mitleidsvollen Blicken unwohl fühlte. Das war vielleicht auch ein Grund dafür, dass Nola eine Gegenfrage stellte.
"Wie alt seit ihr?", es war ihre Angewohnheit schon fast wütend zu zischen, fiel es Suna auf. Vielleicht lag es auch nur, an der Situation.
"Sechzehn.", brachte Suna hervor und sie merkte, wie Nola fast unmerklich die Augenbrauen zusammen zog.
"Fünfzehn.", Erins klare, helle Stimme wehte zu ihnen hinüber. Suna hatte Recht gehabt, sie war die Älteste. Die Älteste einer Gruppe, die nur aus Not zusammenhielt. Getrennt in viel Zwiespalt.
Nola lachte leise, fast bösartig. Suna konnte sich den Grund nicht erklären. Nolas leises Lachen ging in ein Zischen über, als sie die fragenden Blicke, der andren bemerkte. Suna bemerkte immer mehr Ähnlichkeiten, die Nola mit einer Schlange teilte. Sie unterschied sich sehr von ihr, aber sie und Erin wirkten zusammen, als wären sie grundverschieden. Sie war die Außenseiterin ,fiel es Suna auf. Jedoch rügte sie sich sofort wieder. Sie alle waren grundverschieden.
Sie alle waren Außenseiter, zwingend verbunden durch das Schicksal.
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