Kapitel 17
Schnell ging sie ins Bad, um nicht schwach zu werden. Danach beschloss sie, frische Brötchen zu holen. Sie schrieb ihm schnell einen Zettel, falls er aufwachte, zog sich warm an, schnappte sich seinen Schlüsselbund und lief zur Bäckerei um die Ecke.
Der junge, hübsche Bäcker strahlte sie an. „Olala! Je später der Morgen, desto schöner die Kundinnen! Was kann ich für Sie tun, Madame?"
„Sie könnten mir beispielsweise fünf Semmeln verkaufen, zwei Croissants und vier Stück Obstkuchen!"
Mia lächelte. Ein wenig war sie es schon gewöhnt, angeflirtet zu werden, aber seit sie mit Hannes zusammen war, konnte sie auch zurückflirten.
„Aber von ganzem Herzen gerne!" Er legte seine Hand auf sein Herz. „Sind Sie neu hier in der Gegend? Eine Frau wie Sie wäre mir sicher schon aufgefallen!"
„Ich bin brandneu! Ich wohne bei Dr. Maybach!" erklärte sie, damit er sich nicht allzu große Hoffnungen machte.
„Dem oberen oder dem unteren?" Er wollte es schon genau wissen.
Sie schmunzelte. „Dem oberen!"
„Na, denn! Für mich unerreichbar! Aber Ihren Anblick könnten Sie mir in Zukunft schon ab und zu mal gönnen! Dann wären meine Tage nicht immer so trist!"
Jetzt musste sie aber richtig lachen. „Na, Sie haben es aber echt drauf! Ich schicke Ihnen mal ein paar Singlefreundinnen vorbei!"
„Aber denken Sie daran, seit ich Sie gesehen habe, sind meine Ansprüche sehr hoch!"
Mia zahlte und sagte kopfschüttelnd: „Also eine Flirtschule brauchen Sie auch nicht!"
Beschwingt lief sie zurück.
Als sie die Haustüre aufsperrte, fiel ihr Blick auf das Namensschild an der Klingel, ihr Name war unter seinem eingraviert! Wann sollte er denn das gemacht haben? Sie waren doch Tag und Nacht zusammen gewesen! Am Briefkasten ebenso wie oben an der Türe das Gleiche! Das war schon seltsam.
Sie linste noch einmal ins Schlafzimmer, es ging auf zwölf Uhr mittags. Hannes öffnete ein Auge, dann das zweite, lächelte sie an. „Sie ist wirklich da! Es war kein Traum!" sagte er leise.
Sie hielt ihm die Tüte mit Semmeln hin. „Riech mal! Leckere Brötchen!"
Er griff nach ihr, zog sie in seine Arme.
Er schnupperte an ihrem Haar.
„Leckere Mia!" flüsterte er und küsste sie leidenschaftlich. „Und ich habe so einen Hunger!"
Er küsste sie noch leidenschaftlicher. „Aber erst muss ich die leckere Mia auspacken, weil sie sich schon so fest eingepackt hat!"
Er knöpfte ihre Bluse und ihre Jeans auf, liebkoste jeden Zentimeter Haut, den er freilegte.
Er schnupperte und knabberte an ihrem Bauch.
„Und wie sie duftet, die leckere Mia, und wie gut sie schmeckt!"
Mia konnte vor Erregung kaum noch atmen, geschweige denn denken.
Sie warf ihren Kopf willenlos hin und her, keuchte, bog sich ihm entgegen.
„Ich glaube, die leckere Mia hat auch Hunger!" flüsterte er, bevor er in sie eindrang und mit ihr davonflog.
Nach langer Zeit der Erholung, die sie nach diesem Höhenflug brauchten, sah er sie strahlend an. „Guten Morgen, Schönheit! Gibt es jetzt endlich Frühstück? Ich hatte so eine Vision von frischen Semmeln!"
Sie räkelte sich wohlig. „Aber erst musst du mich wieder einpacken!"
Er schüttelte den Kopf. „Im Einpacken bin ich ganz schlecht! Wenn ich damit anfange, wird es die unendliche Geschichte!"
Er sprang aus dem Bett. „Da gehe ich lieber duschen!"
Mia lag im Bett und hielt sich den Bauch vor Lachen.
Heute war er aber gut drauf mit Worten, ihr leckerer Hannes.
Dann packte sie sich halt selber wieder ein, sammelte die Semmeln zusammen, die im ganzen Zimmer herumkullerten.
Zum Glück hatte sie den Kuchen und die Croissants vorher in der Küche abgelegt.
Sie deckte den Tisch, ließ Kaffee aus der Maschine, schäumte Milch auf. Er kam ins Zimmer, die Haare noch feucht und verstrubbelt, den Zweitagesbart nur vorsichtig rasiert, dass ein Bartschatten stehen geblieben war.
Der Kerl weiß genau, wie er mich um den Verstand bringen kann! dachte sie.
Er sah den Tisch an. „Oh, Kuchen hast du auch mitgebracht! Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich gleich aufgestanden!" Er grinste sie an. „Und warum werde ich heute so verwöhnt?"
„Fürs Lesen und Briefeschreiben!"
Da fiel ihm das Manuskript wieder ein. „Mensch, Schönheit, das Buch ist der Hammer! Das ist echt gut! Ich konnte wirklich nicht aufhören zu lesen!" Sie drückte ihn dankbar.
„Weißt du, dass du der erste Mensch bist, der etwas gelesen hat, das ich für mich geschrieben habe? Und ich habe als Kind schon geschrieben, aber nie jemandem auch nur eine Zeile gezeigt!"
„Ich danke dir, Süße! Das ist wirklich etwas Besonderes für mich, dass du mir so vertraust!" Er sah sie ernst an, streichelte mit einer Hand ihr Gesicht, küsste sie auf die Stirne. „Und du bist auch etwas Besonderes für mich, etwas ganz Besonderes! Du bist nämlich die Liebe meines Lebens, weißt du das, süße Mia?" Er nahm sie ganz vorsichtig in den Arm, denn sie war der kostbarste Schatz, den er hatte.
„Jetzt frühstücken wir mal, du hast dir so viel Arbeit gemacht!" seufzte er. Sie langten beide kräftig zu, konnten den Blick nicht voneinander lassen. „Aber nicht, dass du jetzt glaubst, ein Hausmütterchen werden zu müssen!" neckte er sie.
„Da brauchst du dir bei mir keine Sorgen zu machen! Ich bin eine äußerst unwillige Hausfrau!" lachte sie.
„Das ist sehr gut!" Er freute sich ernsthaft. Er sah sie wirklich nicht am Herd oder am Staubsauger!
Da fiel ihr wieder etwas ein. „Du, Hannes, auf den Türschildern ist mein Name eingraviert!"
„Was?" Er war total überrascht.
Sie gingen zur Wohnungstüre, er las: Dr. Hannes Maybach
Dr. Mia Leissen
„Das gibt es doch gar nicht! Das kann nur Markus gewesen sein!"
„Unten ist es auch so und am Briefkasten!"
„Das war aber nett von ihm!" Hannes hatte ein wenig schlechtes Gewissen seinem Bruder gegenüber, samstags frühstückten sie meistens zusammen, außer es hatte gerade einer von ihnen Damenbesuch.
Sie hatten immer alles zusammen gemacht, auch während der verschiedenen Beziehungen hatten sie immer Zeit gefunden für einen gemeinsamen Abend oder ein Essen.
Seit Mia in seinem Leben war, hatte er Markus fast vergessen.
„Warum siehst du so bedrückt aus?" fragte sie, als sie wieder am Tisch saßen.
Was sollte er antworten?
Ich habe Markus fast vergessen, seit es dich in meinem Leben gibt?
Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich keine Zeit mehr für meinen Bruder habe?
Sie sollte sich doch keine Schuld geben!
„Willst du Markus vielleicht zum Kaffee einladen? Es ist genug Kuchen für drei da!" fragte sie, weil sie ahnte, was in seinem Kopf vorging.
Er sah sie ungläubig an. „Kannst du jetzt schon meine Gedanken lesen?"
„Vielleicht? Manche?" Sie lächelte ihn an. „Hannes, wir beide haben vor unserer gemeinsamen Zeit auch ein anderes Leben gehabt! Und wir brauchen dieses Leben doch jetzt nicht komplett aufzugeben, oder? Diese Woche war eine Ausnahmesituation, das wird auch jeder verstehen, aber wir dürfen auch alle anderen, die uns lieben, nicht komplett ausschließen, oder?"
Er drückte sie liebevoll an sich. „Meine kluge Frau Doktor!"
„Ich meine, du musst ja nicht gerade mit deinem Bruder um die Häuser ziehen, aber wenn du mal einen Abend mit ihm verbringen willst, oder ihn zum Essen einladen willst, ist das doch kein Problem! Ich bin jetzt echt keine Frau, die man rund um die Uhr beschäftigen oder bespaßen muss, meistens jedenfalls!" Sie lächelte ein bisschen anzüglich.
Seine Augen wurden wieder einmal feucht.
Sie war ein so wunderbarer Mensch!
„Dann geh ich mal runter und frage ihn, okay?"
„Klar! Und wenn du mit ihm allein quatschen willst, dann bleib ruhig!"
Er fragte jetzt nicht so was wie: „Du willst mich wohl los sein?" Das waren Spielchen, und er hasste das, und er war sicher, sie auch.
„Schaun wir mal, vielleicht halte ich es fünf Minuten ohne dich aus!" Er küsste sie noch einmal zärtlich.
„Ich rufe mal bei meiner Schwester an!" sagte sie noch, bevor er nach unten lief.
Markus war erstaunt, seinen Bruder zu sehen. „Hei, Kleiner!" zog Hannes den Bruder auf.
Er war schließlich zwei Minuten älter. „Danke für die Namensschilder!"
„Ich dachte halt, ich habe mehr Zeit als du für so etwas!"
„Das war echt eine Superidee! Hast du Lust heute zum Kaffee zu kommen?"
„Und euch beim Turteln zusehen?" Markus grinste.
„Wir können uns schon eine Weile zusammenreißen, so ist das auch nicht!"
„Was heißt eine Weile? Zehn Minuten, fünf?"
„Na, so in etwa, ja!" Hannes war ins Wohnzimmer gegangen, setzte sich in einen Sessel.
„Du, großer Bruder, du hast aber jetzt kein schlechtes Gewissen mir gegenüber, dass du diese Frau liebst und viel Zeit mit ihr verbringen willst? Das ist doch das Natürlichste der Welt."
Unter Zwillingen war es nichts Außergewöhnliches, dass sie sich in den anderen hineinversetzen konnten.
„Ein bisschen vielleicht!"
„Jetzt hör aber auf! Hannes, alles hat seine Zeit! Jetzt ist die Zeit der Liebe für dich und Mia, und ich wünsche euch, dass sie ewig anhält! Deswegen ändert sich doch für uns nichts! Wir sind Zwillinge, aber keine siamesischen!"
Hannes war erleichtert, dass Markus das so sah.
Er hatte auch Recht.
Er konnte ja schlecht sein Leben mit seinem Bruder verbringen!
Im umgekehrten Fall hätte er ja auch Verständnis!
„Und wie läuft es so mit euch?"
Hannes grinste.
„Ja, das meine ich nicht!" lachte Markus.
„Ja, sonst läuft auch alles bestens!" Er erzählte ein wenig vom Stress mit ihrem Ex. Als er von der Abfindungszahlung hörte, hob Markus leicht die Augenbraue, sagte aber nichts. Sie erteilten sich nie ungefragt Ratschläge.
Hannes sah das leichte Zeichen der Missbilligung gleich. „Das klingt jetzt komisch, ich weiß schon, aber das hättest du nicht anders gemacht! Sonst hätten wir den Deppen unser ganzes Leben mit gezogen! Jeden Monat, wenn Zahlungen fällig gewesen wären, wäre sie fast erstickt dran! Das hätte ich nicht gepackt, dass sie ihr sauer verdientes Geld ihm ihr Leben lang in den Rachen schmeißen muss!"
Markus verstand jetzt schon die Gedankengänge des Bruders. Und Geld hatte er ja genug. Wenn er damit die Frau, die er liebte, freikaufen konnte von dem Trottel, war es okay. Das war ja wirklich eine gute Investition in die gemeinsame Zukunft.
„Was macht Mia eigentlich?"
„Sie ist Studienrätin am Goethe, Deutsch und Mathe."
„Na, dann ist ja alles in Ordnung!"
„Du ziehst aber jetzt keine Parallelen zu Caro, oder? Das war eine späte Jugendsünde, da musste ich halt ein wenig Lehrgeld bezahlen!"
Er erzählte von ihrer Doktorarbeit, die ein Bestseller geworden war, von ihren Diskussionen über seine Doktorarbeit, von ihrer Intelligenz, von ihrer schnellen Auffassungsgabe am Computer. Im Nu war eine Stunde vergangen. „Also, was ist jetzt, kommst du gegen halb vier?"
„Ja, okay, für 5 bis 10 Minuten!" stimmte Markus lachend zu.
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