Kapitel 7 - Edin
»Und bei sowas gibst du mir nicht Bescheid?«, quietschte Edin eine Spur zu schrill, was Maryana dazu veranlasste, erschrocken zusammenzuzucken.
Glücklicherweise liefen in LA einige schräge Vögel umher, sodass sich nur vereinzelt ein paar Leute, die ebenfalls die Straße entlang liefen, nach den beiden Freunden umdrehten.
Maryana hätte es besser wissen müssen.
Schon als sie die Auftragsanfrage bekommen hatte, war ihr bester Freund mehr aus dem Häuschen gewesen als sie selbst und wäre beinahe hysterisch geworden, als er den Namen »Harry Styles« gehört hatte.
Um ein Haar hätte er John höchstpersönlich angerufen, um ihm zu versichern, dass Maryana dieses Buch auch ohne Bezahlung schreiben würde, solange sie nur Harrys Kontaktdaten bekommen würde.
Vielleicht hätte sie die Information, dass sie sich eben zum ersten Mal mit Harry getroffen hatte, also doch für sich behalten sollen. Dass dieser Spaziergang somit von nun an kein anderes Thema mehr kennen würde, stand jedenfalls fest.
Begeistert beschleunigte Edin seinen Schritt und machte eine elegante Drehung um 180 Grad, sodass er nun zwar rückwärts lief, dafür aber Maryana ins Gesicht sehen konnte.
Seine Hände hatte er in seinem weinroten, leichten Trenchcoat vergraben, doch trotzdem erkannte Maryana, wie er energisch damit herumfuchtelte.
Man sollte meinen, seine rötlichen Haare würden in Kontrast zu seinem Mantel stehen, doch Edin trug ihn so selbstbewusst und stilsicher, dass sogar dieser auf eine ganz eigene Art und Weise gut an ihm aussah.
»Schlimm genug, dass du Harry schon wieder ohne mich getroffen hast, aber dass du mir noch nicht einmal Bescheid gesagt hast!«
Vorwurfsvoll schüttelte Edin den Kopf, war aber sofort wieder von seiner Neugierde übermannt worden.
»Tja, und genau das war der Grund dafür«, lachte die Blondine kurz auf und machte eine präsentierende Geste auf ihren besten Freund. »Du hättest mir keine ruhige Minute gelassen!«
Augenrollend machte er wieder schwungvoll eine halbe Drehung und lief damit wieder neben Maryana her, den Blick nach wie vor bohrend auf sie gerichtet.
Seine dunklen, braunen Augen waren gleichermaßen ungläubig und erwartungsvoll zugleich als er ungeduldig mit dem Kopf nickte.
»Also los, komm schon. Wie wars? Wie war er?«
Amüsiert zog Maryana eine Augenbraue nach oben und sah den Rothaarigen zweifelnd an.
»Himmel, Edin, wie das klingt«, lachte sie einmal mehr auf. »Es war nur ein Kaffee und auch nur rein geschäftlich.«
Als nun auch Edin seine Wortwahl bewusst wurde, brach er ebenfalls in schallendes Gelächter aus.
»Ja, unverständlicherweise!«, lenkte er dann ein. »Eigentlich sollte man ein Buch über dich schreiben! Dass du ihm nicht auf der Stelle die Klamotten vom Leib gerissen hast, ist eine beinahe unmenschliche Leistung! Also, wenn ich an deiner Stelle gewesen wäre, dann -«»Dann hättest du jetzt eine Anzeige wegen sexueller Belästigung am Hals«, beendete Maryana plausibel seinen Satz, kam aber nicht umhin, doch kopfschüttelnd vor sich hin zu grinsen.
Bevor sie ihm vor einigen Wochen von dem anstehendem Auftrag erzählt hatte, hatte sie nicht die leiseste Ahnung gehabt, dass ihr bester Freund derart Harry Styles verfallen war. Das Thema war nie aufgekommen und vermutlich hätte sie dieser Information damals auch kaum Bedeutung beigemessen.
Wer hätte auch ahnen können, dass sie eines Tages mit diesem Menschen an einem Tisch sitzen würde und auch noch Geld dafür bekommen würde.
»Vielleicht. Aber das wär's vermutlich wert gewesen«, zuckte Edin gut gelaunt mit den Schultern, bevor er dann wieder gespannt an Maryanas T-Shirt zupfte. »Aber jetzt erzähl schon!«
Seufzend zuckte die Blondine mit den Schultern.
»Was willst du denn hören? Er war total nett.«
Sofort war ein unzufriedenes Grummeln seitens Edin zu hören, als er auch direkt bockig die Bremsen einlegte und stehen blieb.
»Nett? Ist das wirklich alles, was ich bekomme?«, fragte er mit einer beleidigten Stimme, die schon wieder in eine erschreckend hohe Tonlage abdirftete.
Entgeistert starrte er seine beste Freundin an, als diese ebenfalls stehen blieb und sich ihm zuwandte.
Fragend breitete er seine Arme aus.
»Jetzt erzähl' mir bloß nicht irgendwas von wegen Schweigepflicht!«
Lachend legte Maryana ihren Kopf in den Nacken, als sie Edin an der Hand packte und ihn weiter mit sich zog.
»Quatsch«, schüttelte sie den Kopf.
Wenn sie jemandem vertraute und sich sicher sein konnte, dass er schweigen konnte wie ein Grab, dann war es Edin.
So viel er den lieben langen Tag auch reden mochte und so gekonnt er an ihren Nerven sägte, ebenso loyal und zuverlässig war er auch.
»Ich weiß nur echt nicht, was ich dir erzählen soll«, gestand Maryana ehrlich.
Die letzten Stunden, die sie mit Harry an einem Tisch gesessen hatte und er ihr gegenüber so offen und ehrlich gewesen war, waren so bedeutend gewesen und doch konnte sie es in diesem Moment nicht in Worte fassen.
Glüchlicherweise musste sie das aber auch gar nicht, hatte sie die Antwort doch ohnehin schriftlich bei sich.
Reflexartig tastete sie nach ihren Notizen, um Edin endlich seine verlangten Informationen zu liefern.
»Hier. Lies selbst.«
Maryana hatte ihr Notizbuch noch gar nicht vollständig aus der Tasche gezogen, schon hatte Edin es ihr aus der Hand gerissen und wissbegierig aufgeschlagen.
Mit großen Augen scannte er hektisch die linierten Seiten, auf die wenige Stichpunkte notiert waren:
- höflich
- charmant
- unheimlich freundlich jedem gegenüber
- umwerfendes Lächeln
- aufmerksam
- offenherzig
- Familienmensch
- reflektiert
- nachdenklich
- wortgewandt
- weiß mit 23 Jahren immer noch nicht, wer er ist
»Hm«, kam es skeptisch von Edin, den Blick immer noch auf die Notizen gerichtet.
»Das ist alles, was du hast? Habt ihr nicht ein paar Stunden zusammengesessen?«
Tatsächlich war auch Maryana bewusst, dass sie sich ungewöhnlich wenig aufgeschrieben hatte, doch sie hatte es schlichtweg nicht für nötig gehalten.
Jedes von Harrys Worten war in ihrem Kopf und hatte sich dort nachhaltig festgesetzt, anstatt direkt wieder zu verschwinden und sie an ihre Notizen zu binden.
»Naja, er ist eben ein guter Redner«, räumte Maryana seufzend ein. »Da muss man sich nicht viel notieren, das merkt man sich auch so.«
Nun löste Edin doch grinsend seinen Blick von dem Notizblock und musterte stattdessen wieder seine beste Freundin.
»Aber dir ist schon bewusst, dass du ein Buch und keinen Liebesbrief schreiben sollst?«, stellte er lachend die Frage in den Raum und wedelte demonstrativ mit Maryanas Notizen.
»Was ich hier lese, klingt ziemlich begeistert.«
Strafend erwiderte Maryana den Blick des Rothaarigen und entriss ihren Block wieder seinen Händen.
»Erstens«, hielt sie ihm sofort entgegen, »kann ich ihn auch in dem Buch nicht total kritisieren, er sollte da schon gut wegkommen.«
»Und zweitens?«, stand Edin sein Grinsen immer noch im Gesicht.
»Zweitens macht er's einem auch nicht schwer. Er ist wirklich ausgesprochen lieb und aufmerksam, das hätte ich nicht erwartet.«
Maryana wusste inzwischen selbst nicht mehr, wie oft sie heute bereits mit den Achseln gezuckt hatte, um ihre fehlende Einschätzung oder auch einfach ihre Neutralität der Situation gegenüber zu demonstrieren.
Auch dieses Mal zog sie wieder die Schultern nach oben, ohne zu wissen weshalb.
Es fühlte sich seltsam an, Harry Styles als »lieb« und »aufmerksam« zu bezeichnen, doch genau das war der Eindruck, den sie von ihm hatte.
»Soso.«
Amüsiert beobachtete Edin die Blondine.
»Ich bin hier sicherlich der Letzte, der dir irgendwelche Vorwürfe machen wird. Ich hab ihn mir auch ganz genau so vorgestellt, muss ich gestehen. An deiner Stelle würde ich in der Liste vielleicht noch ergänzen, dass er verdammt heiß ist.«
Inzwischen warf Maryana ihrem besten Freund nur noch einen müden Blick zu, obwohl sie ihm in diesem Punkt auch gar nicht widersprechen konnte.
Hässlich war Harry definitiv nicht, das war ihr selbstverständlich auch aufgefallen.
Edin verrannte sich allerdings soeben einen Hauch zu lebhaft in die Vorstellung, Maryana hätte eine Zukunft mit Harry Styles.
»Und du hättest endlich einen guten Grund, David abzuschießen«, sagte er, als er ihr gerade die Vorteile, die ein Verhältnis zu dem jungen Künstler mit sich bringen würde, aufzählte.
Maryana hatte nur mehr halbherzig zugehört, doch an diesem Punkt musste sie doch einhaken.
»Fang nicht schon wieder damit an«, unterbrach sie ihn und warf ihm einen scharfen Blick zu, als er den Namen ihres Freundes in den Mund nahm.
»David ist kein übler Kerl, sei nicht immer so zu ihm.«
Mit offenem Mund und erhobenen Augenbrauen starrte Edin ihr entgegen, als er schon wieder abrupt stehen blieb und theatralisch die Hände in die Hüften stemmte.
»Ich soll nicht so zu ihm sein?«, wiederholte er pikiert Maryanas Worte. »Der Kerl hasst mich.«
»Er hasst dich überhaupt nicht«, seufzte sie und kam damit ebenfalls wieder zum Stehen, um Edin anzusehen.
Sie war es leid, ihren Freund ständig verteidigen zu müssen, doch leider gab er den Menschen auch immer wieder Anlässe, ihn misszuverstehen.
»David ist eben eher konservativ aufgewachsen«, versuchte sie einmal mehr sein Verhalten zu erklären. »Und naja, du bist eben nicht unbedingt der klassische Typ Mann, der in sein Weltbild passt.«
»Sag's doch, wie's ist. Er hasst Schwule«, warf Edin ihr, oder viel mehr David, schnippisch vor.
»Ach komm, das ist überhaupt nicht wahr! Er ist -«
Doch bevor Maryana ihren Freund noch weiter vehement verteidigen konnte und die beiden sich schon wieder in dieser Diskussion zu verlieren drohten, hob Edin einhaltend die Hand.
»Wie dem auch sei«, würgte er die Blondine entschieden ab. »Ich will jetzt eigentlich auch echt nicht von David sprechen, wenn du gerade von einem Treffen mit Harry Styles kommst. Also bitte - zurück zu Harry.«
Zwar war sich Maryana nicht ganz sicher, ob sie dieses Thema weiterhin ausgerechnet mit Edin besprechen wollte, doch zumindest war das im Moment noch das kleinere Übel.
David und er würden in diesem Leben keine Freunde mehr werden - und wenn Maryana einmal ehrlich zu sich war, war David daran nicht ganz unschuldig.
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Hallöchen, ihr Lieben!
Eine kurze Ankündigung: Ich hab eine neue Harry-Story am Start :)
Sie heißt »Namaste« und ist - surprise, surprise - auf meinem Profil zu finden, falls jemand vorbeischauen möchte.
Ich würde mich jedenfalls freuen.
In diesem Sinne:
Ich wünsch euch ne wunderbare Woche!
♥♥
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