Kapitel 44 - 1/2 Jahr später
1/2 Jahr später
»Das war so klar.«
Knurrend und seufzend zugleich lief Jeff durch Harrys Appartement und raufte sich die Haare.
Seit gerade mal zwei Tagen war Harrys erstes Soloalbum nun unangekündigt auf den Markt gekommen und hatte sämtliche Erwartungen übertroffen. Entsprechend verkatert von der gestrigen Release-Party saß Harry demnach auch in seiner Wohnung und beobachtete seinen Manager.
Die Freude über seinen Erfolg war allerdings nur von kurzer Dauer gewesen. Schon als Harry heute Vormittag zu drei Anrufen in Abwesenheit aufgewacht war und allesamt von seinem Manager gewesen waren, hatte er geahnt, dass das nichts Gutes zu verheißen hatte. Insbesondere, weil Jeff Azoff letzte Nacht selbst über die Stränge geschlagen hatte.
Als Harry dann, anstatt Jeff zurückzurufen, zuerst einen Blick in seine Kanäle in den sozialen Medien geworfen hatte, war Harry bestätigt worden, dass ihm sein Manager nicht gerade dringende Glückwünsche aussprechen wollte.
David hatte es geschafft, innerhalb von zwei Tagen genügend Aufmerksamkeit zu bekommen und auf sämtlichen Plattformen zu veröffentlichen, wer hinter dem Pseudonym „Townes" auf Harrys Album steckte. Dazu servierte er auch noch die Geschichte von Maryana, Harry und ihm selbst, aus der natürlich er selbst als der hintergangene, arme Kerl hervorging.
»Ich hatte gehofft, dass es doch nicht soweit kommt. Jetzt kannst du dich darauf gefasst machen, dass du bei jeder Gelegenheit, die wir nicht verhindern können, gefragt wirst, was es mit Carolina und der Geschichte dahinter auf sich hat. Ganz zu Schweigen von den Fragen, die nach der Buchveröffentlichung auf dich einprasseln werden«, malte sich Jeff bereits die Zukunft aus und klang hörbar genervt. »Aber wie gesagt - jede Aufmerksamkeit ist gute Aufmerksamkeit«, hielt er sich dann wieder, beinahe meditativ, sein eigenes Credo vor Augen.
Für gewöhnlich hätte Harry diesen kleinen Skandal einfach ausgesessen und hätte abgewartet, bis das Thema von selbst wieder unter den Tisch gefallen wäre. Nachdem er nun aber, wenn auch ausgesprochen wenig, PR für sein Solo-Album machte, war er offensiven Fragen in den Medien ausgesetzt.
Während Jeff Harry aufzeigte, welche Konsequenzen sich also für ihn ergaben, durchforstete der Sänger weiterhin die sozialen Medien und las sich einige Kommentare zum #CarolinaGate, wie es dort genannt wurde, durch.
Es war erstaunlich, wie schnell Informationen durchsickern und plötzlich öffentlich breitgetreten werden konnten. Der Name Maryana Clark schien in aller Munde zu sein und das keineswegs im positiven Sinne.
Die Wenigsten entnahmen Davids Anschuldigungen die Information, dass ein Buch über Harry erscheinen würde und sich die Fans darauf freuen sollten. Die Meisten lasen bloß heraus, dass diese Maryana Clark zwei Herzen gebrochen und verletzt hatte - und dass eines davon das von Harry Styles war. Und anscheinend fühlten sich viel zu viele seiner Fans dazu berufen, Harry zu verteidigen und in diesem Zuge Maryana niederzumachen.
Bilder von ihr, die sie selbst auf ihren Social Media-Kanälen veröffentlich hatte, waren im Umlauf und wurden auseinandergenommen, genauso wie schon jetzt ihre Fähigkeiten als Autorin in Frage gestellt wurden. Kurz gesagt: man hasste sie und nahm in gewohnter Internet-Manier auch kein Blatt vor den Mund.
Als Harry bemerkte, dass Maryanas Profile im Netz inzwischen auf privat gestellt wurden, zog sich seine Magen endgültig zusammen.
Er hatte es so oft mitbekommen, wie sehr Menschen unter diesen Anfeindungen zu leiden hatten, egal wie anonym die Menschen, die diesen Hass verbeiten auch sein mögen.
Eleanor war dafür ein Paradebeispiel. Sie hatte an Louis Seite immer unter fiesen Kommentaren gelitten und egal wie oft ihr die Jungs gesagt haben, dass sie diese ignorieren musste, hatte sie sich das doch zu Herzen genommen. Ähnlich musste es nun auch Maryana gehen.
»Ich muss mit Maryana sprechen«, platzte es plötzlich, mitten in Jeffs Rede, aus Harry heraus.
Grimmig sah dieser seinen Freund an. »Na dann kannst du dich ja gleich bedanken, dass sie es geschafft hat, dass schon wieder dein Liebesleben in den Vordergrund rückt und deine Solomusik überschattet.«
»Nicht sie, sondern David hat das zu verantworten«, nahm Harry sie in Schutz, als ihm sein Notfallplan wieder durch den Kopf schoss.
Für genau diesen Fall hatte er sich eine Option offengehalten, die Maryana aus dem Kreuzfeuer und ihren Namen, insbesondere beruflich, etwas retten konnte. Immerhin fühlte sich Harry, als wäre er Maryana etwas schuldig, nachdem er seinen Herzschmerz so sehr in manches Lied seines Albums gelegt hatte und damit mit dazu beigetragen hatte, dass sie nun so öffentlich am Pranger stand.
»Du, Jeff«, sagte Harry vorsichtig und ließ sein Handy doch noch einmal sinken, obwohl er Maryanas Nummer bereits am Display hatte. »Was, wenn wir einfach erzählen, Maryana und ich wären zusammen und wir hätten uns nun mal verliebt, als wir miteinander gearbeitet haben?«
Seufzend schloss Jeff die Augen und ließ sich erschöpft neben Harry auf dessen Sofa fallen. »Bitte sag, dass du grad zu Scherzen aufgelegt bist und das nicht dein Ernst ist.«
»Wieso?«
»Weil uns das nichts im Geringsten helfen würde«, zischte Jeff gereizt.
»Ich weiß, aber -«
»Aber Maryana würde es helfen, schon klar«, beendete Harrys Manager genervt den Satz des Künstlers und funkelte ihn tadelnd an. »Ich erinnere dich, dass sich einer von euch beiden wirklich verliebt hat und das Ganze überhaupt nicht gut ausgegangen ist. Du willst also einer Frau, die dich nun mal einfach nicht wollte, wirklich diesen Gefallen tun und der Welt damit am Anfang deiner Solokarriere plötzlich auch noch eine Frau an deiner Seite vorstellen?«
Jeffs Zusammenfassung klang tatsächlich vollkommen verrückt, aber trotzdem war Harry bereit dazu und wollte zumindest versuchen, Maryanas Namen etwas zu schützen. Ob sie selbst auch bereit war diesen Schritt zu gehen, war eine andere Frage.
»Ja, will ich«, zuckte Harry also mit den Schultern und nickte, was Jeff ein tiefes Seufzen entlockte.
»Du kannst wirklich von Glück reden, dass dein Manager gleichzeitig dein Freund ist«, raunte er widerum kopfschüttelnd. »Jeder andere würde an dieser Stelle die Reißleine ziehen, obwohl ich mir selbst noch nicht ganz sicher bin, ob ich das als Freund nicht vielleicht auch tun sollte.«
»Lass das mal meine Sorge sein«, winkte Harry ab. »Und lass mich erstmal mit Maryana sprechen.«
Maryana und Harry hatten in den letzten sechs Monaten kaum bis wenig Kontakt gehabt. Hier und da hatte Maryana noch die Albumaufnahme begleitet und die ein oder andere Frage an Harry gehabt. Abgesehen davon waren sie getrennte Wege gegangen und hatten sich jeweils in ihre Berufungen gestürzt.
Für Harrys Teil war das Soloalbum eine willkommene Ablenkung und er hatte kaum Zeit gefunden, Marysna zu vermissen. Doch jetzt, als sie plötzlich wieder ein Thema war, fühlte es sich an, als wäre sie nie weggewesen.
Seitdem das Buch fertiggeschrieben war, hatten die beiden keinen Grund mehr, Kontakt zueinander aufzunehmen - allerdings hatte David nun einen neuen Grund geliefert.
»Harry, ich wollte dich auch schon anrufen«, meldete sich Maryana aufgewühlt am anderen Ende der Leitung. »Aber ich hab's noch nicht geschafft.«
»Dann weißt du wohl, weshalb ich mich melde«, seufzte Harry.
Sechs Monate waren vergangen und trotzdem spürte er schon jetzt, wie es sein Herz zerriss, als er hörte, wie niedergeschlagen Maryana klang. Und trotzdem war es unheimlich schön, ihre Stimme wiederzuhören.
»Ich ahne es, ja«, seufzte sie leise. »Es tut mir leid, er ist einfach so ein Arschloch.«
Was sich in den letzten sechs Monaten nicht geändert hat, war die zerbrochene Liebe zwischen Maryana und David, die in Rekordzeit ins Gegenteil umgeschlagen war.
»Dafür musst du dich nicht entschuldigen«, sagte Harry mit ruhiger Stimme und ignorierte Jeff, der deutlich mit den Augen rollte. »Maryana, können wir miteinander sprechen?«
»Natürlich, was gibts?«
Schweigend schien sie auf Harrys Anliegen zu warten, obwohl sich ihre Welt heute ohnehin längst wieder auf den Kopf gestellt hatte.
»Unter vier Augen, meinte ich«, erklärte Harry daraufhin zögerlich.
»Achso«, verstand nun auch Maryana und geriet dabei hörbar ins Stocken. »Ich - äh - hab Zeit, ja.«
»Schön, dann fahr ich zu dir«, beschloss Harry prompt und war auf der Stelle auf den Beinen, während Jeff ihn überrumpelt beobachtete. Von seinem Kater konnte Harry nicht mehr das geringste spüren. In Jeffs Gesicht hingegen stand geschrieben, wie sehr er am Geisteszustand des Künstlers zweifelte.
»O-Okay«, war offensichtlich auch Maryana überrumpelt, aber einverstanden. »Ich schick dir die Adresse, ich bin umgezogen. Aus bekannten Gründen.«
»Verstehe, alles klar. Bis gleich.«
Schnell hatte Harry aufgelegt und war schon mit einem Bein im Aufzug, als Jeff ihn nochmal ausbremste.
»Du hast sie nicht mehr alle, weißt du das?«, rief er ihm hinterher. »Du führst dich auf, als hättest du nur auf diese Gelegenheit gewartet.«
Bei diesen Worten hielt Harry doch nochmal inne und spürte, wie wahr sie waren.
Er hatte keine Wut auf David, abgesehen davon, dass er mit seiner Aktion Maryana in Verruf brachte. Stattdessen schlich sich sogar etwas wie Dankbarkeit und Erleichterung, dass er ihm diesen Grund gegeben hatte, Maryana wieder in sein Leben holen zu können.
»Ich weiß«, gestand Harry seufzend. »Aber es ist bestimmt kein Zufall, dass Maryana und ich anscheinend einfach nicht voneinander loskommen sollen und jetzt doch noch David auftaucht.«
»Ich würde es dir wünschen«, erwiderte Jeff skeptisch. »Aber eigentlich glaube ich eher, du willst gar nicht von ihr loskommen.«
»Wir werden sehen. Mach alles dicht, wenn du gehst.«
Und schon war Harry auf dem Weg zu Maryana - ohne große Erwartungen oder Hoffnungen, aber mit Glück im Herzen.
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