17. Saint-Amarin
An einem Abend einige Tage später sprach Louis mit Liam über den Vorfall in der Bibliothek.
Liam hörte sich den Bericht seines Freundes an und verschränkte dann nachdenklich die Arme vor der Brust. „Warum sagst du ihm nicht einfach die Wahrheit?"
Louis verdrehte die Augen. Liam verstand ihn einfach nicht.
„Er ist so begeistert von diesem Buch", erklärte er. „Ich habe Angst, dass er mich danach mit anderen Augen sieht und-"
Louis wurde von der Wohnungsklingel unterbrochen.
Das mussten Harry und Niall sein.
Die Männer hatten sich für den heutigen Abend verabredet, um einander kennenzulernen und sich ein wenig zu unterhalten.
Als Louis die Wohnungstür öffnete, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Harry's Backen und die Nasenspitze waren gerötet von der kalten Winterluft und das leichte Zittern seiner schulterlangen Locken verriet, dass er fröstelte.
Louis trat einen Schritt zur Seite und bat die beiden Männer herein. „Lasst die Schuhe einfach bei der Garderobe stehen."
Harry sah sich erstaunt um.
Im Gegensatz zu seiner eigenen, sehr modern eingerichteten Wohnung, hatte er hier das Gefühl, aus der Zeit gefallen zu sein.
Louis' Mobiliar schien regelrecht antik zu sein, und es fand sich kaum ein Fleck, an dem nicht ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit stand.
Dunkelhölzerne Regale ersetzten im Flur die Wände.
Diese Regale führten sich im Wohnzimmer fort, bis auf die große Glasfront, die einen wunderschönen Blick über Westminster freigab.
Einen Fernseher gab es selbstverständlich nicht.
Um Louis' Beine schlängelte sich eine kleine, schwarze Katze.
Sie schnurrte und schmiegte sich an ihn, beinahe, als wolle sie klarstellen, dass Louis ihr gehörte – und nur ihr.
Harry grinste. „Du hast gar nicht erzählt, dass du einen Mitbewohner hast."
„Eine Mitbewohnerin", korrigierte Louis ihn grinsend, ehe er die Tür hinter den beiden Männern schloss. „Das ist Celeste, meine eifersüchtige Assistentin."
Niall kicherte und folgte Louis ins Wohnzimmer, wo ein ihm unbekannter Mann auf dem Sofa saß.
Er stand auf und ging auf sie zu, ehe er ihnen jeweils seine rechte Hand reichte.
Der Unbekannte stellte sich ihnen mit dem Namen ‚Liam' vor, während Louis allen ein Glas guten Rotweins einschenkte.
Eigentlich seltsam, dacht er dabei, wie normal und selbstverständlich es war, mit Nervengift - nichts anderes war Alkohol – seine Gäste zu empfangen und den Abend über immer und immer wieder nachzuschenken.
Die Männer stießen an, ehe Louis die Ente aus dem Ofen holte.
Harry nutzte die Gelegenheit, sich mit Liam bekannt zu machen.
„Ich arbeite als Pilot", erzählte dieser. „Ich bin froh, dass ich dieses Wochenende frei habe. Die Pause war dringend nötig."
Harry schenkte ihm einen bewundernden Gesichtsausdruck. „Ich glaube, das ist wirklich der spannendste Job, den man haben kann."
Liam zuckte die Schultern. „Irgendwann wird das zum Alltag", sagte er und nahm einen Schluck Wein aus seinem Glas. „Es hat seine Vor- und Nachteile."
„Ich stelle es mir schwierig vor, die Verantwortung für so viele Menschenleben zu tragen", überlegte Niall.
Während Harry den ersten Schluck aus seinem Glas nahm, stellte er verwundert fest, dass er noch nie einen Rotwein getrunken hatte, der ähnlich schmeckte.
Er hatte etwas Fruchtiges, gleichzeitig etwas so Herbes, dass er nicht sagen konnte, welche Geschmacksrichtung vorherrschend war.
Als die Männer sich am Tisch niederließen, konnte Louis nicht anders, als zu grinsen. „Ich stelle mir das ja schon ziemlich angenehm vor", witzelte er. „Morgens in London, Mittags in Paris und Abends auf Mallorca."
Liam verdrehte die Augen. „Ganz so ist es nun auch wieder nicht", erklärte er. „Zumindest nicht so, wie du dir das vorstellst."
Niall kicherte. „Wahrscheinlich macht ein völlig verkaterter, noch halb betrunkener Pilot tatsächlich keinen so guten Eindruck."
Liam schüttelte den Kopf. „Man würde mich sofort rauswerfen."
Die Männer ließen sich am Tisch nieder, und während sie aßen, unterhielten sie sich angeregt über die verschiedensten Themen, bis sie irgendwann bei Niall und dessen Familie angekommen waren.
„Französischer Rotwein hat es mir irgendwie angetan", erzählte Louis irgendwann, nachdem er sein erstes Glas geleert hatte.
Harry grinste und wandte sich an Niall. „Eigentlich ist es eine Schande, dass du kein Wort Französisch sprichst, wo du doch schon eine Französin als Frau hast."
Niall verdrehte die Augen. „Das ist doch keine Sprache", gab er zur Antwort. „Das ist ein astreicher Zungenbrecher, und ich verstehe bis heute nicht, wie man diese Wörter überhaupt aussprechen kann."
Louis hätte sich beinahe verschluckt.
Er war ein großer Freund der französischen Kultur. Er liebte die Landschaften in der Bretagne und im Elsass, und er hatte sich bereits unzählige Male in den Charme der Hauptstadt Paris verliebt, die er dutzende Male selbst bereist hatte.
„Woher genau kommt sie denn?", wollte Liam wissen, ehe er sich die Gabel in den Mund steckte.
„Aus dem Elsass", antwortete Niall schließlich, als hätte er Louis' Gedanken gelesen. „Genauer gesagt aus Saint-Amarin."
Louis ließ beinahe seine Gabel fallen.
Er erinnerte sich an die geschichtliche Bedeutung des Ortes im ersten Weltkrieg und hatte seit Jahren vorgehabt, an diesen Teil der ehemaligen Westfront zu reisen.
Leider hatte er diesen Plan bis jetzt noch nicht in die Tat umsetzen können.
Harry lächelte. „Sag ich doch", beharrte er. „Eine Schande."
Niall stieß ihn unsanft in die Seite. „Ich habe mir vor Jahren mit Amélie dieses Museum angesehen, das es dort in der Stadt gibt", erzählte er. „Dort befindet sich eine wahnsinnig große Dokumentensammlung, in denen Kämpfe und die Lebensbedingungen der Soldaten damals geschildert werden."
Louis' Augen weiteten sich. „Von der Dokumentensammlung wusste ich gar nichts."
Harry schüttelte den Kopf. „Ich auch nicht."
„Dann fahrt doch hin und seht sie euch an", schlug Liam eigentlich mehr zum Spaß vor. „Dann könnt ihr eure geschichtlichen Interessen mit einer romantischen Reise nach Frankreich verbinden."
Louis' Backen verfärbten sich in einem dunklen Rotton.
„Warum eigentlich nicht?", hakte Niall nach. „Das hört sich doch nach einer wunderbaren Idee an."
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Hallo meine Lieben,
ich melde mich zurück. :) Letzte Woche kam kein Kapitel, da ich aufgrund einer Sehnenscheidenentzündung nicht tippen durfte/konnte.
Jetzt ist aber alles wieder gut.🤍
Wie hat euch das Kapitel gefallen?🤍
All the love,
Helena xx
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