Chapter 08
„Joshi, was machst du denn so lange? Wir warten schon alle auf dich!" Die Tür zu meinem Zimmer flog auf und Alec trat hinein.
„Was zur ..." Sprachlos ließ er den Blick seiner geweiteten Augen über das heillose Durcheinander a.k.a mein Schlafzimmer gleiten. „Ist hier über Nacht ein Tornado durchgewirbelt, von dem ich nichts mitbekommen habe?"
„Nein." Ich schnaufte und warf mich ein weiteres Mal auf meinen überquellenden Koffer. „Ich packe."
„Du ... Holy shit." Immer noch ungläubig schüttelte er den Kopf. „Joshi...?" Seine Stimme klang zögernd, beinahe vorsichtig, als sei er nicht sicher, ob er die Antwort hören wollte.
„Hm?" Ich stemmte die Füßen gegen meinen Koffer, bevor ich am Reißverschluss riss. Mist aber auch. Dieser Koffer war wirklich zu klein.
„Wofür brauchst du drei weitere Paar Schuhe?" Er deutete auf meine Flipflops, die Turn- und die Wanderschuhe, die ich aus der Tasche hatte verbannen müssen. Ich würde sie nachher einfach in den Kofferraum werfen. Ich wischte mir über die Stirn und ließ für einen Moment von dem sperrigen Gepäckstück ab, um meinem Freund die Sache mit den Schuhen zu erklären.
„Die Wanderschuhe brauche ich logischerweise zum Wandern. Die Turnschuhe sind für alltägliche Strecken nach draußen zum Einkaufen oder so und die Flipflops nehme ich mit, falls der Boden im Haus zu kalt ist und mir Socken nicht reichen."
„Und was ist mit denen an deinen Füßen?"
Ich blickte an mir hinab auf meine schwarzen Vans, meine Lieblingsschuhe, die ich immer mitnahm.
„Das sind meine -", setzte ich zu einer Erklärung an, wurde aber unterbrochen.
„Miles und Eva streiten schon wieder, deshalb hab ich beschlossen, mal nachzuschauen, was hier so lange ... What the fuck?!" Eric stolperte über eine Jeans, die sich um seine Beine gewickelt hatte.
„Joshi packt", beantwortete mein bester Freund die unausgesprochene Frage. Ich hörte den beiden nicht wirklich zu, da ich inzwischen mit dem Kopf unterm Bett steckte.
„Aha!" Triumphierend zog ich den grauen Schal hervor, welchen ich bereits seit Ewigkeiten suchte. „Der kommt auch mit." Unbeachtet des verzweifelten Stöhnens hinter mir, band ich ihn um den Griff meines Koffers. Jetzt musste ich ihn nur noch zubekommen ...
„Ich mach mir nochmal 'ne Tasse Kaffee. Gebt Bescheid, wenn ihr fertig seid." Eric entfernte sich schlurfenden Schrittes und kurz darauf hörte ich das Rattern und Husten unserer Kaffeemaschine.
„Bist du dir sicher, dass du das alles brauchst?" Zweifelnd blickte Alec auf mich hinab.
„Und ob! Ich hab sogar zwei Taschenlampen eingepackt, falls die eine den Geist aufgibt, während wir gerade einen dunklen Wald durchqueren und eine Pfeife, sollten wir dabei Bären begegnen. Das Internet sagt zwar, es gäbe dort keine Bären - ebenso wie Wölfe -, aber ich wollte lieber auf Nummer sicher gehen. Und -"
„Joshua!"
Irritiert hob ich den Kopf.
„Was?"
Alec fuhr sich durch die Haare, bevor er sich neben mich auf den Boden setzte. Dann öffnete er mit einem Grummeln den Deckel meines Koffers, um diesen im nächsten Moment auf den Kopf zu stellen. Hosen, T-Shirts, Jacken und der ganze restliche - teils undefinierbare - Inhalt entfielen ihm. Bestürzt sah ich auf das Chaos vor mir.
„Was soll das denn?"
„Wir packen jetzt nochmal ganz neu. Und zwar nur so viel, wie du für zwei Nächte benötigen wirst." Fachmännisch griff er sich ein Kleidungsstück nach dem anderen. „Entscheide dich für ein Paar Schuhe, das du neben den Wanderschuhen mitnehmen willst."
Ein Paar?!
„Aber -"
„Ein Paar, Josh!"
Niedergeschlagen deutete ich auf die Vans an meinen Füßen.
„Die kommen mit."
„Gut. Geh doch schonmal raus zu den anderen. Ich hab mitbekommen, dass Miles und Britt unbedingt Taylor Swift hören wollen, Eva und Eric sind aber für die Twenty One Pilots."
„Ich wusste gar nicht, dass Miles Taylor Swift mag", sagte ich ehrlich verwirrt.
„Ich auch nicht. Zumindest bis vor zehn Minuten nicht. Meine Vermutung ist, dass er das nur zugegeben hat, um Eva zu beweisen, dass er kein wandelndes Klischee ist."
„Hmhm", meinte ich nachdenklich. „Für was bist du?", fragte ich anschließend, obwohl ich die Antwort längst kannte.
„Du willst, dass ich diese Fahrt überstehe, ohne meinen Verstand zu verlieren? Dann sorg dafür, dass nachher die Twenty One Pilots laufen."
„I'm just gonna shake, shake, shake ... Shake it off, shake it off ..."
Taylors Stimme dröhnte in ohrenbetäubender Lautstärke durch den Kleinbus, den Eric sich von seiner größeren Schwester ausgeliehen hatte. Mit der Geburt ihres fünften Kindes, hatte Ellen sich dieses blaue Ungetüm angeschafft.
Nach zwei Stunden hatten wir für eine Pinkelpause an einer Tankstelle gehalten, uns mit Chips und Gatorade eingedeckt und Eric und Alec hatten Plätze getauscht, damit Eric sich ein wenig ausruhen konnte, während mein bester Freund den Wagen fuhr. Ich saß neben Britt auf der mittleren Bank am Fenster, wohingegen wir die Streithähne Miles und Evangeline auf die hinteren Sitze verwiesen hatten.
„Wie kannst du nur behaupten, Marvel wäre besser als DC! Das sagst du doch nur, weil da Chris Hemsworth mitspielt!", regte sich Miles zum wiederholten Male auf. Eva gab ihm Konter, doch ich hörte schon gar nicht mehr hin. So ging das bereits die ganze Fahrt lang.
Angefangen hatte es mit dem Streit, ob Taylor Swift oder die Twenty One Pilots die besseren Musiker wären - wobei Taylor zu meinem Bedauern den Kürzeren gezogen hatte -, dann ging es damit weiter, ob Chips oder Ernussflips am besten schmeckten und inzwischen waren sie irgendwie von der leckersten Gummibärchensorte zum Superhelden-Universum gekommen.
„Verdammt noch mal, die beiden sollen doch endlich miteinander in die Kiste! Das ist ja kaum noch auszuhalten", beschwerte sich Eric. Alec, der schräg vor mir saß, gab ein schnaubendes Lachen von sich.
„Wie lange noch?", jammerte Brittainy, die ihren Kopf an meine Schulter gekuschelt hatte.
„Nicht mehr lang laut Navi ... Knapp eine Viertelstunde, dann müssten wir da sein."
Erleichtert seufzte ich auf. Ich hatte schon ernsthaft darüber nachgedacht, mich einfach aus dem fahrenden Auto zu werfen.
Die vorhergesagten fünfzehn Minuten später hielt Alec vor der Hütte, die ich bereits von den Kopien kannte.
„Endlich!", kreischte Britt und sprang aus dem Wagen, noch ehe dieser gänzlich zum Stillstand gekommen war. Nach Freiheit lechzend, folgte ihr Eric grummelnd und ächzend auf den Fuß. Ich selbst musste mich noch ein wenig gedulden, da ich während der Fahrt meine Schuhe ausgezogen hatte, um sie als Geschoss gegen Mila zu verwenden. Das war der beste Shippingname für Miles und Eva, den ich hatte bilden können. Laut meinem Freund und Helfer Google bedeutete das Wort ‚angenehm', ‚lieb' und ‚Frieden bringend'. Leider konnte ich sagen, dass die beiden das absolute Gegenteil aller drei Wörter waren.
Sowie Alec das Auto vor der Hütte geparkt hatte, löste ich meinen Gurt und beugte mich zu ihm vor. Mila hatte wohl noch gar nicht mitbekommen, dass wir schon angekommen waren, so vertieft waren sie in ihre Streitereien.
„Kannst du mir meine Schuhe von hinten holen?"
Alec blickte mich an, als hätte ich einen an der Waffel.
„Ähm. Nein."
„Och, bitte!" Jetzt bettelte ich. „Du bist doch so viel größer und stärker als ich!" Ich schob meine Unterlippe vor und blinkerte mit den Wimpern, wie ich es mir von Brittainy abgeschaut hatte.
„Hast du was im Auge?"
Ich schnaubte und verschränkte beleidigt meine Arme vor der Brust. Er öffnete die Tür und schwang seine langen Beine über den Türrahmen. Draußen streckte er sich gähnend, so dass sein T-Shirt ein Stück nach oben rutschte und einen schmalen Streifen nackter Haut entblößte. Ich konnte meine Augen nicht von der Stelle lösen, so sehr ich es auch wollte. Was war mit mir los?
„Deine Schuhe kannst du dir selber holen." Mit großen Schritten eilte er auf das Haus zu, es schien fast, als wäre er auf der Flucht.
„Mistkerl!", rief ich ihm hinterher. Die einzige Antwort, die ich von ihm erhielt, war sein lautes, volltönendes Lachen, von dem mir erst in diesem Moment bewusst wurde, dass ich es schon viel zu lange nicht mehr gehört hatte.
Was haltet ihr eigentlich von meinem Schreibstil?
Ich weiß, dass ich ein Problem mit Füllwörtern habe und anfällig für langatmige Sätze bin. Das probiere ich natürlich so gut es geht zu vermeiden.
Aber ist euch neben diesen beiden Punkten noch Weiteres aufgefallen, an dem ich arbeiten könnte?
Eure Leser*innenmeinung dazu interessiert mich sehr! 😌
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