7 • Hope
Lustlos öffnete ich meine Zimmertür und blickte direkt in die misstrauischen Augen von Alex und George.
,,Hey", begrüßte ich die beiden unscheinbar und setzte ein dünnes Lächeln auf, mit dem ich meine Verwunderung über ihren Besuch zu überspielen versuchte. So war ich davon ausgegangen, dass sie mit Carlos und Max wie üblich im Restaurant saßen und den letzten Abend in Ungarn genossen. Ich hatte mich schon vor dem Rennen mit der Begründung, es wegen zahlreicher Medientermine nicht rechtzeitig schaffen zu können, in unsere Gruppe abgemeldet. Das war zwar eine glatte Lüge gewesen, doch mit Carlos einen Abend lang an einem Tisch zu sitzen und für unsere Freunde so zu tun, als stünde nichts zwischen uns, konnte ich nicht. Der Spanier vermutlich ebenso wenig.
,,Hey", erwiderte Alex angespannt, derweil verschränkte George seine Arme vor der Brust und hakte skeptisch nach:,,Wie waren deine Medientermine?"
,,Ganz gut", antwortete ich scheinheilig, dabei machten mir die missmutigen Blicke meiner besten Freunde deutlich, dass sie mir meine Worte nicht abnahmen und ganz genau wussten, dass sie gelogen waren.
,,Das ist schön zu hören", fuhr George schnaubend fort, ,,denn unser Essen mit Carlos und Max war grauenhaft."
,,Ach ehrlich?", schluckte ich schwer, ahnte nichts Gutes.
,,Ehrlich", stimmte er murrend zu und drückte sich unsanft an mir vorbei in mein Zimmer. Alex tat es ihm schweigend gleich. Zaghaft schloss ich die Tür und folgte den beiden. Dabei war mir nicht einmal sicher, ob ich die weitere Ausführung ihres Abends überhaupt hören wollte oder nicht.
,,Falls es dich interessiert, dein Freund hatte verdammt schlechte Laune und diese durchgängig an uns ausgelassen, bis Max irgendwann der Kragen geplatzt ist und ihn in die Schranken gewiesen hat. Anschließend ist Carlos aus dem Restaurant gestürmt, Max ihm fluchend hinterher", warf der Williams-Fahrer mir direkt entgegen, als wir mitten in meinem Zimmer stehengeblieben waren. Ein bedrückendes Gefühl breitete sich bei seiner Erzählung in meinem Magen aus. Carlos war definitiv kein Mensch, der sich schnell im Ton vergriff und laut wurde, geschweige denn andere aus Lust und Laune heruntermachte und schlussendlich sitzenließ.
,,Einige Minuten später kam Max wieder und hat ihre Sachen mitgenommen", fügte nun Alex sichtlich gefasster als sein Freund hinzu. ,,Währenddessen meinte er, dass wir nach dir schauen sollen, da Carlos der festen Überzeugung ist, dass du mit ihm Schluss machen willst. Du hättest ihm wohl gesagt, dass du ihn einengst und Freiraum brauchst. Stimmt das?"
,,Fuck", entwich es mir reuevoll. Weder war es meine Absicht gewesen, meinen Freund mit meinen Worten so sehr zu verletzen, dass er seine Nerven verlor, noch ihn zu verängstigen. Ich wollte ihn nicht verlassen, niemals. Ich brauchte doch nur etwas Zeit, um Brooks Drohung zu entkommen und uns zu schützen.
,,Lando, was ist los?", erkundigte sich nun George wieder, dessen harscher Tonfall ebenfalls verflogen war. Stattdessen klang er besorgt.
,,Das kann ich euch nicht sagen", gab ich gequält zurück und ließ mich mit glasigen Augen auf die Kante meines Bettes fallen. Brooks hatte mir mehr als deutlich gemacht, was andernfalls passieren würde.
,,Wieso nicht?", hakte der Brite weiter nach und setzte sich zu mir. Verzweifelt versuchte ich die Tränen wegzublinzeln und meine Fassade aufrecht zu erhalten:,,Das kann ich euch auch nicht sagen."
,,Kannst oder willst du nicht?", wollte Alex wissen, der sich auf die Bettkante auf meiner anderen Seite setzte.
,,Ich darf nicht", hauchte ich tonlos.
,,Du darfst nicht?", wiederholte der Thailänder meine Worte verdattert, währenddessen streckte George seinen Arm aus und fuhr mir beruhigend über den Rücken. Behutsam setzte er hinter:,,Lando, was auch immer passiert ist, wir kriegen das wieder hin, okay? Es gibt für alles eine Lösung. Du musst uns nur erklären, wofür du eine brauchst."
,,Dafür gibt es keine Lösung", stellte ich zitternd klar. In den letzten 24 Stunden war ich alle Möglichkeiten durchgegangen, hatte über nichts anderes nachgedacht, jedoch schien alles vergebens.
,,Dann erfinden wir eben eine", bestimmte Alex entschlossen. ,,Es sei denn, du willst Carlos wirklich verlassen."
,,Nein!", platzte es panisch aus mir heraus, konnte mir ein Leben ganz ohne den Spanier nicht ansatzweise vorstellen. ,,Nein, nein, nein, das ist wirklich das letzte, was ich will. Allerdings verlangt Brooks das."
,,Wer ist Brooks?", fragte George verwirrt nach, womit ich die Wahrheit endgültig nicht mehr zurückhalten konnte, genauso wenig wie meine Tränen.
,,Carlos PR-Assistentin. Sie war gestern nach dem Teambriefing in meinem Fahrerzimmer und meinte, dass sie Carlos und mich in der Vergangenheit knutschend im Motorhome erwischt hätte. Wie sich später herausstellte, hat sie uns dabei gefilmt, und droht damit diese Videos zu veröffentlichen, wenn ich mich nicht von Carlos fernhalte", brach es schluchzend aus mir heraus, hielt den Druck von Drohung und dem Wissen, den Menschen, den ich liebte, zutiefst verletzt zu haben, nicht mehr stand.
Einen Moment war es still. Meine besten Freunde schienen etwas zu brauchen, bis sie meine Worte verstanden und verarbeitet hatten, gaben mir vermutlich auch absichtlich ein paar Minuten, in denen ich mich beruhigen konnte. Schließlich unterbrach Alex die Stille mit einem verächtlichen:,,Was eine hinterhältige Bitch!"
,,FACT! Aber Pöbeleien bringen uns nicht weiter", fasste George mit kühlem Kopf zusammen und strich mir weiterhin über den Rücken. ,,Lando, du musst mit Carlos darüber reden."
,,Das geht nicht. Ich hätte nicht einmal euch davon erzählen dürfen. Wenn Brooks das rauskriegt, wird sie die Videos ebenso online stellen", erklärte ich kopfschüttelnd.
,,Was willst du dann tun, Carlos auf Abstand halten und damit ihrer Drohung nachkommen?", entgegnete der Williams-Fahrer entsetzt. Verzweifelt sprang ich auf und zuckte mit den Schultern:,,Nur bis ich einen Ausweg gefunden habe."
,,Den könnt ihr zusammen finden. Hier geht es immerhin um euch beide", fuhr er mir vor Augen, woraufhin Alex nickend mit einstimmte:,,George hat recht, Lando. Lass dich von dieser Brooks nicht einschüchtern. Und lass vor allem nicht zu, dass sie sich zwischen Carlos und dir drängt. Das, was ihr habt, ist etwas Besonderes und Einmaliges, was du dir von niemanden kaputt machen solltest. Ihr seid ein perfekt eingespieltes Team."
,,Ich habe schon selbst kaputt gemacht. Carlos denkt, dass ich mich von ihm trennen will", murmelte ich verzweifelt und hätte mich wider mein Tränen hingeben können. Dass sich jemals irgendjemand oder irgendetwas zwischen dem Spanier und mir drängt, hatte ich nie gewollt und trotzdem zu gelassen. Unser perfekt eingespieltes Team hatte ich mich nie entziehen wollen und trotzdem getan.
,,Dann mach ihm deutlich, dass du das nicht willst genauso wie uns eben. Carlos liebt dich und steht mit dir selbst die schwersten Zeiten durch. Du musst ihn nur lassen", forderte Alex bestimmend und weckte damit ein Stück Zuversicht in mir. Vielleicht würden wir es tatsächlich zusammen schaffen, den Ausweg finden, der für mich alleine unersichtlich war. Und selbst wenn wir es doch nicht täten, würde ich lieber mit Carlos an meiner Seite durch die Hölle gehen, als in einer sicheren Welt ohne ihn zu leben.
,,Ist er immer noch bei Max?", wollte ich zögerlich wissen.
,,Vermutlich, aber anstatt dort jetzt aufgelöst aufzutauchen, solltest du herunterfahren und etwas schlafen, genau wie Carlos. Der Tag war mit dem Rennen und eurem Gefühlschaos nervenaufreibend genug. Ihr könnt euch morgen früh in Ruhe aussprechen", antwortete George aufmunternd, was ich mit einem verstehenden Nicken quittierte. Ich merkte selbst, wie ermüdet ich von meinem Gefühlschaos und all den Tränen war.
,,Danke", erwiderte ich und fühlte mich nach dem Gespräch mit meinen besten Freunden befreiter. Endlich sah ich einen hoffnungsvollen Lichtblick am Ende des düsteren Tunnels. Mit einem schwachen, aber dennoch ehrlichen Lächeln blickte ich zwischen ihnen hin und her:,,Danke für eure Worte. Danke, dass ihr hier seid und mir zuhört."
,,Selbstverständlich, Superstar. Wir sind immer füreinander da", merkte der Williams-Fahrer liebevoll an. Zustimmend lächelte Alex, ehe er sich die Schuhe von seinen Füßen streifte und es sich in meinem Hotelbett bequem machte:,,Wo ist dein Laptop? Wir haben so lange nicht mehr The Fast and the Furious geschaut."
,,Du willst jetzt allen Ernstes einen Film schauen?", erkundigte ich perplex mich von seinem plötzlichen Themenwechsel. Belustigt schmunzelte er:,,Natürlich, du weißt ganz genau, dass wir dich nicht alleine lassen, wenn es dir nicht gut geht, niemals."
,,Außerdem bestellen wir eine fette Pizza Chorizo beim Zimmerservice!", schloss sich nun auch sein Freund an, hatte ebenfalls seine Schuhe ausgezogen und griff nach dem Telefon des Hotels auf meinem Nachttisch. Damit krabbelte er neben den Thailänder, dessen Hand sofort auf Georges Oberschenkel glitt. Grinsend hakte er nach:,,Hast du etwa noch Hunger? Du hast im Restaurant ein ganzes Steak verdrückt."
,,Nein, habe ich nicht. Deshalb bestellen wir sie für Lando, nicht für uns. Ich gehe davon aus, dass er noch kein Abendessen hatte, richtig?", wandte der Angesprochene ein und richtete sich wissend, dass er recht hatte zu mir. Ich gab ein beifälliges ,,Richtig" zurück, womit er zufrieden die Nummer des Zimmerservice wählte und meine Lieblingspizza bestellte. Derweil forderte Alex ein weiteres Mal meinen Laptop an, den ich anschließend aus meiner Nachttischschublade fischte und ihm reichte. Danach kuschelte ich mich zu ihnen ins Bett.
Ich könnte mich nicht glücklich schätzen, zwei beste Freunde zu haben, die ihre Zweisamkeit unterbrachen, um mich abzulenken und aufzumuntern. Auch wenn ihre Nähe, nichts gegen die Geborgenheit und Sicherheit war, die spürte, wenn ich Carlos Armen lag, tat ihre Gesellschaft gut und ließ mich meine Sorgen zumindest für einen Moment vergessen.
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Es tut mir leid, dass das Kapitel nicht schon gestern kam, aber nach 10 Stunden online Unterricht hatte ich dann doch keine Lust mehr, vor dem Rechner zu sitzen und etwas zu überarbeiten.😅
Lasst gerne Feedback da und habt noch einen schönen Abend!🧡
Lg. T.
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